Subwoofer - sensorgeregelt/geschlossen vs. Bassreflex

Raumantwort
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Beitrag von Raumantwort »

O.Mertineit hat geschrieben: natürlich nur, falls dies von den Teilnehmern im Thread gewünscht wird, sonst kann ich mir die Mühe auch sparen
Ich nehme zwar nur lesend Teil, aber falls du dir die Mühe machen magst, wegen mir gerne. Dieser Thread hier gestaltet sich wieder sehr interessant und lehrreich und beantwortet einige von mir nicht gestellte Fragen.

Danke für eure Mühen und bitte weitermachen :cheers:

schöne Grüße
Andreas
Nachhall
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Beitrag von Nachhall »

O.Mertineit hat geschrieben: ( ... natürlich nur, falls dies von den Teilnehmern im Thread gewünscht wird, ...)
Unbedingt!
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Oliver

Ich finde deine Beiträge sehr informativ, gut erklärend dargestellt, lesenswert und unverzichtbar.

Grüße Hans-Martin
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Oliver,

Ich schließe mich meinen Vorrednern an, und würde es sehr begrüßen, mehr über die genaue Funktionsweise der BR-Gehäuse zu erfahren! Du hast mit Deinen Beiträgen schon ordentlich mein Verständnis über diese vermeintlich primitive Technik umgekrämpelt - Danke dafür!

Zudem würde mich auch mal ein praktisches Beispiel interessieren, wie Du ein BR-System genau auslegen würdest (Abstimmfrequenz und Volumen abhängig von Treiberdaten - welche Gehäuse-Güte nimmst Du an?).

Grüße,
Jörn
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

eine Frage dazu:

verändert sich die Wirkweise der BR-Öffnung mit Verschieben des LS (Abstand zu den Wänden) bzw. anderen Raumverhältnissen?

Gruß

Bernd Peter
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Bernd Peter,

fangen wir mit den Bündelungsmaßen bei einer geschlossenen Box im Freien an ...

... im Freien: 0dB
... vor/neben einer einzelnen Wand: +3dB
... vor/neben einer Kante aus 2 Wänden: +6dB
... in einer aus 3 Wänden gebildeten Ecke: +9dB

Das sind natürlich idealisierte Modell-Vorstellungen, aber so würden die Anhebungen des Schalldruckes durch Wandeinflüsse im Freien aussehen.

"Wandnähe" heißt dabei immer "frequenz- und wellenlängenbezogene Nähe", daß also der Abstand klein in Relation zur Wellenlänge (z.B. kleiner als lambda/4) ist.

Ein LS, der z.B. 0,5m von einer Wand entfernt steht, ist bei 40Hz zwar in dieser Hinsicht als "wandnah" zu betrachten, jedoch bei 300Hz eindeutig nicht mehr ... denn der Schalldruck "seiner Spiegelschallquelle hinter der Wand" kann nicht mehr als "korreliert" betrachtet werden und addiert sich nicht mehr vollständig und in alle Richtungen gleichmäßig zum "Direktschall".

Rücke ich einen LS näher an eine Wand, dann wirkt die "unmittelbare Wandnähe" dadurch auch für höhere (Tiefton- ) Frequenzen z.B. im oberen Bassbereich.

Raummoden und andere Effekte in geschlossenen Räumen lasse ich jetzt mal zur Vereinfachung weg.


Jetzt kommt der "Radio Eriwan" Teil:

Frage an Radio Eriwan: "Reagiert ein Bassreflex-Gehäuse in gleicher Weise auf Wandnähe wie ein geschlossenes ?"

Radio Eriwan: "Im Prinzip ja, aber ... " :wink:

Die Reflexöfnung ändert an dem Charakter des LS als "Monopol-Strahler" zunächst gar nichts. Bei einer Reflexöffnung auf der Vorderseite (also auf der Schallwand, wo auch das Tiefton-Chassis sitzt) wäre der Unterschied in der Platzierung zur geschlossenen Box meist nicht spürbar.

Habe ich eine Reflexöffnung jedoch unten, hinten oder seitlich am Gehäuse, dann ist eine unmittelbare Nähe von Boden, Rückwand oder Seitenwand zu vermeiden, es sei denn diese Nähe ist in die Abstimmung schon einkalkuliert, das kann man z.B. bei bodennahen Reflexöffnungen mit fix vorgesehenen Standfüßen des LS durchaus so machen (habe ich auch schon gemacht).

Spätestens wenn ich ca. den 2-fachen Durchmesser eines runden Reflexrohrs als Wandabstand unterschreite (das ist schon sehr nah), findet eine Beeinflussung in der Richtung statt, daß sich die Massereaktanz des Ports vergrößert (ähnlich einer scheinbaren Verlängerung des Reflexkanals): Das System stimmt sich durch diese "Behinderung der Strömung" einen Tick tiefer ab. Kommt die Wand noch näher, dann ist die Funktion irgendwand ernsthaft behindert, was auch davon abhängt wie "eingeengt" die Umgebung der Öffnung ist (z.B. durch das LS-Gehäuse selbst, vorstehende Kanten im Raum, Bücher in einem Regal etc.).

Auch dadurch, daß die Reflexöffung hohe Strömungsgeschwindigkeiten aufweist und im Gegensatz zu einer üblichen Membran nur kleinen Querschnitt hat, ist es für die Raumanpassung nach meiner Erfahrung "nicht ganz egal", wohin die Reflexöffnung "bläst":

- In senkrechter Richtung auf eine nahe Wand kann eine etwas geringere Tieftonabstrahlung an der Abstimmfrequenz zur Folgen haben, als wenn die Reflexöffnung z.B. "frei in Richtung einer Raumecke" pusten kann.

- Insofern kann das geringfügige Versetzen oder Verdrehen einer BR-Box in Einzelfällen - nämlich wenn die Bedingungen ohnehin schon etwas auf der Kippe standen - etwas merklicheren Einfluss haben als bei einer geschlossenen Box.

Das sind aber eher Einzelfälle und es besteht kein Grund zur Dramatisierung. Eine einzelne Wand in der Nähe des Ports ohne Behinderung der Strömung und parallel zur Strömumgsrichtung würde ich z.B. als "völlig harmlos" einstufen. Bei flächigen Objekten senkrecht zur Strömung ca. 2-fachen Durchmesser bei runden Reflexöffnungen als Mindestabstand einhalten, mehr ist auf jeden Fall besser, aber manchmal kann es ja aus unvermeidlichen Gründen eng werden ...



Grüße Oliver
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O.Mertineit
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BR-Gehäuse: Grundlagenartikel und Anmerkungen

Beitrag von O.Mertineit »

Hallo an die Interessenten dieses Threads,

... und danke auch für's Feedback durch manche sonst stilleren Mitleser ... :wink: .

Wie versprochen folgt eine kurze Auswahl einschlägiger Grundlagenartikel zum Gehäuseprinzip "Closed Box" (geschlossene Box) und "Vented Box" (Bassreflex-Box), wobei letzteres hier den Schwerpunkt der Liste bildet. Doch zuvor einige Anmerkungen dazu:

Wer die Interpretation von Ersatztschaltbildern elektromechanischer Komponenten in Kraft-Strom Analogie gewohnt ist, findet in
"Vented-Box Loudspeaker Systems—Part 1: Small-Signal" von Richard H. Small
m.E. einen guten Einstieg.
Fig. 3 auf S. 319 zeigt ein vereinfachtes Ersatzschaltbild eines Treibers im ventilierten Gehäuse.

Der o.g. Artikel beschreibt auch die verwendeten Symbole ausführlich. Für Neueinsteiger ist es evt. hilfreich, die Artikel von Richard H. Small über das geschlossene Gehäuse vorweg zu lesen. Diese können dann als Einstieg für die ventilierte Box dienen:

Im Wesentlichen wird bei der "Vented-Box" das Ersatzschaltbild des Treibers im geschlossenen Gehäuse um eine Massekomponente "Cmep" und eine Widerstandskomponente "Rel" im Ersatzschaltbild ergänzt, welche in der geschlossenen Box so nicht vorhanden sind (eine effektive Leckage gem. Rel kann es jedoch auch beim geschlossenen Gehäuse geben).

Der so gebildete Reihenschwingkreis - nach Kraft-Strom Analogie - entzieht dem Treiber im Bereich der Abstimmfrequenz Energie. Gleichzeitig kann der durch "Cmep" dargestellte Port Schall abstrahlen.
Dazu muss im Ersatzschaltbild die Geschwindigkeit des Ports (genauer "der durch den Port dargestellten Massereaktanz", welche typischerweise viel größer als die "reale" Luftmasse im Port ist ... ) entsprechend der Spannnung über "Cmep" betrachtet werden ("Cmep": Compliance, Mass Equivalent (to) Port), welche im realen Objekt einer Volumengeschwindigkeit entspricht, die wiederum proportional zu einem durch den Port erzeugten Schalldruck ist.

Die wesentlichen Frequenzbereiche eines Gehäuses 4. Ordnung (Ventiliertes Gehäuse, Bassreflex-Gehäuse) mit Abstimmfrequenz fb können grob vereinfachend so dargestellt werden:

f<fb: Membran und Port bewegen sich mechanisch in Phase, aufgrund von Phasenumkehr durch den Port (Außenseite des Ports strahlt ab !) ist dies jedoch nach außen eine gegenphasige Bewegung zur Membran, der Schalldruck nimmt daher zu tieferen Frequenzen stark ab.

f=fb Maximale Schallabstrahlung des Ports, minimaler Hub der Treibermembran. Phasenunterschied von Membran und Port ca. 90 Grad. Die Treibermembran trägt hier nur gering zur Schallabstrahlung bei.

f>fb Die Schallabstrahlung des Ports nimmt stark ab. Treibermenbran und Port sind mechanisch in Gegenphase, durch Phasenumkehr (Außenseite des Ports strahlt ab !) sind Membran und Port zu höheren Frequenzen hin jedoch nach außen in Phase. Schallabstrahlung durch die Membran allein dominiert mit steigender Frequenz immer mehr: Der Unterschied zu einer geschlossenen Box "verschwindet" zu mittleren bzw. höheren Bassfrequenzen weitgehend. (Vgl. dazu z.B. auch die Messungen an meinen Subwoofern.)

... das war jetzt "BR im Schnelldurchlauf" (!) für extrem Ungeduldige, denen das Prinzip bis jetzt evt. noch nicht geläufig war.

Die unten gelisteten Artikel von Neville Thiele und Richard Small sind vom technischen Inhalt m.E. immer noch "up to date" und absolut richtungsweisend. Natürlich sind sie in einer Zeit entstanden, in der die Nutzung von Digitalcomputern noch nicht so weit verbreitet war. Daher wurde u.a. mit "Analog Circuit Simulatoren" gearbeitet. So etwas Ähnliches mache ich heute in digitaler Form auch, denn ich berechne meine BR-Systeme meist aufgrund von Ersatzschaltbildern mit einem "Spice" ähnlichen Programm für die Schaltungssimulation ... Ich hatte sehr früh begonnen, eigene Simulationsprogramme zu schreiben, nachdem ich die Aufsätze von Richard Small gelesen hatte, und meine ersten BR-Gehäuse zuvor mehr aus "Intuition und Glück" einigermaßen funktionierten. Die eigene Beschäftigung mit der Materie gab mir früh die Gelegenheit, die "Welt der Standardabstimmungen" zu verlassen und meine BR-Gehäuse von vornherein z.B. auf einen "raumfreundlichen" sanft abfallenden Freifeld-Frequenzgang meiner Wahl abzustimmen oder bei Bedarf auch etwas anderes zu tun.

Außerdem konnte ich dadurch früh die Auswirkungen oder den Bedarf von Modifikationen an Tieftonchassis berechnen (Darf es eine etwas höhere Luftspaltinduktion sein ? Was passiert mit einer durch dämpfende Beschichtung um N-Gramm schwereren Membran ? ...) und ebenso die oft nicht ganz unerheblichen Auswirkungen von passiven Weichenbauteilen, welche man in die Gesamtabstimmung u.U. einfließen lassen muss (z.B. merkliche Serienwiderstände von Spulen, falls vorhanden, etc.).

Meine erste intensive Beschäftigung mit den Aufsätzen war, als ich so Anfang 20 war in der Freizeit als Student, das ist jetzt bald 30 Jahre her ...

Die damals von mir entwickelte eigene Software - über die Jahre auch weitergepflegt - verwende ich mittlerweile nicht mehr: Ich verwende nun Standardsoftware, jedoch mit meinen eigenen Ersatzschaltbildern (die natürlich auf denen von Thiele und Small beruhen ...) und eigenen Abstrahlmodellen. Hier gibt es einige Varianten und auch im Internet veröffentlichte (teils auch mal fehlerbehaftete ...) Schaltbilder. Die vereinfachte Version aus Fig. 3 S. 319 s.o. ist jedoch immer noch "völlig OK" und durchaus schon als Basis für Simulationen zu gebrauchen. Freilich fehlen hier noch viele Komponenten für eine brauchbare Simulation inklusive realer Dimensionierung von Gehäusen ...

Mit den heutigen Simulationsprogrammen muss sich auch der "Nicht-Programmierer" schon lange nicht mehr sklavisch an die von Thiele und Small untersuchten Filter "Alignments" halten. Die Autoren hatten das aber m.E. auch nie so gedacht(!):
Sie haben damals nur exemplarische Filteralignments (Gehäuse 4ter Ordnung sind Tiefpässe) erzeugt und beschrieben. Daraus zu schließen, ihre Aufsätze seien "veraltet" ist m.E. ein Irrtum: Es sind bis heute anwendbare Grundlagenartikel, auch wenn in der Zwischenzeit noch Aspekte ergänzt wurden.

(Sorry für die teils autobiografischen Anklänge, hier kommt die Liste ....)


Richard H. Small, Grundlagenartikel Geschlossene Box

Closed-Box Loudspeaker Systems-Part 1: Analysis
Author: Small, Richard H.
Affiliation: School of Electrical Engineering, The University of Sydney
JAES Volume 20 Issue 10 pp. 798-808; December 1972
Publication Date:December 1, 1972
###
http://www.atps.net/notes/Closed-Box-Lo ... alysis.pdf


Closed-Box Loudspeaker Systems-Part 2: Synthesis
Author: Small, Richard H.
Affiliation: School of Electrical Engineering, The University of Sydney
JAES Volume 21 Issue 1 pp. 11-18; February 1973
Publication Date:February 1, 1973
###
http://diyaudioprojects.com/Technical/P ... thesis.pdf



Richard H. Small, Grundlagenartikel Vented Box (Bassreflex-Box)

Vented-Box Loudspeaker Systems—Part 1: Small-Signal Analysis
Author: Small, Richard H.
Affiliation: School of Electrical Engineering, The University of Sydney
JAES Volume 21 Issue 5 pp. 363-372; June 1973
Publication Date:June 1, 1973
###
http://www.northreadingeng.com/R_Small_Part_I.pdf

Vented-Box Loudspeaker Systems-Part 2: Large-Signal Analysis
Author: Small, Richard H.
Affiliation: School of Electrical Engineering, The University of Sydney
JAES Volume 21 Issue 6 pp. 438-444; August 1973
Publication Date:August 1, 1973
###
http://diyaudioprojects.com/Technical/P ... art-II.pdf

Vented-Box Loudspeaker Systems-Part 3: Synthesis
Author: Small, Richard H.
Affiliation: School of Electrical Engineering, The University of Sydney
JAES Volume 21 Issue 7 pp. 549-554; September 1973
Publication Date:September 1, 1973
###
http://www.northreadingeng.com/R_Small_Part_III.pdf

Vented-Box Loudspeaker Systems-Part 4: Appendices
Author: Small, Richard H.
Affiliation: School of Electrical Engineering, The University of Sydney
JAES Volume 21 Issue 8 pp. 635-639; October 1973
Publication Date:October 1, 1973
###
http://diyaudioprojects.com/Technical/P ... art-IV.pdf



Neville Thiele, Grundlagenartikel Vented Box

Loudspeakers in Vented Boxes: Part 1
Author: Thiele, Neville
Affiliation: Australian Broadcasting Commission
JAES Volume 19 Issue 5 pp. 382-392; May 1971 Import into BibTeX
Publication Date:May 1, 1971
###
http://diyaudioprojects.com/Technical/P ... Part-I.pdf

Loudspeakers in Vented Boxes: Part 2
Author: Thiele, Neville
Affiliation: Australian Broadcasting Commission
JAES Volume 19 Issue 6 pp. 471-483; June 1971
Publication Date:June 1, 1971
###
http://diyaudioprojects.com/Technical/P ... art-II.pdf


E.J. Jordan, Artikel zu einem ventilierten Gehäuse mit Widerstandskomponente

Sehr interessanter Artikel von 1956 über ein "modifiziertes Reflex-Gehäuse"
mit kontinuierlich ansteigender Membrangeschwindigkeit zu tiefen Frequenzen

A Cabinet of Reduced Size With Better Low-frequency Performance
Author: Jordan, E.J.
Wireless World, Feb. 1956
###
http://www.ejjordan.co.uk/PDFs/A-Cabine ... rmance.pdf


____________________________

Der letzte Artikel ist für mich mehr ein "Goodie", er wird nicht benötigt, um das BR-Prinzip zu verstehen. Er zeigt jedoch, daß es schon vor mittlerweile kanpp 60 Jahren in diesem Umfeld ziemlich anspruchsvolle und ausgeklügelte Ansätze gab. Ich habe u.a. noch als Schüler ein Gehäuse nach diesem Artikel gebaut und untersucht: Es gibt ein paar Nachteile, welche der Autor m.E. verschweigt: U.a. ist das Gehäuse zu tiefen Frequenzen hin nicht mehr sehr effizient und der Treiber macht viel Hub.

Aber das Einschwingverhalten ist selbst bei Treibern mit eher geringen Güten damit sehr gut zu kontrollieren und die lobenden Worte über die saubere unaufringliche Basswiedergabe ließen sich nach vielen Jahrzehnten immer noch nachvollziehen. Damals waren BR-taugliche Treiber wohl eher unüblich und die Gehäuseabstimmung war sicher geeignet - für die Zeit vor Thiele & Small - etwas sehr Brauchbares aus verfügbaren Komponenten herzustellen.


Viel Spaß bei der Lektüre !

Grüße Oliver
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Und für alle, die immer noch meinen für das WE zu wenig zum Lesen zu haben hier das (sehr ausführliche) Meyer Patent zu deren gegengekoppeltem Bassreflex System:

http://worldwide.espacenet.com/publicat ... cale=en_EP

Gruss

Charles
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Oliver, Charles,

bin noch nicht ganz durch mit der Lektüre, aber ich habe ja noch diesen verregneten Sonntag Zeit dafür :mrgreen:

So muss hier aufhören zu schreiben, sonst schaffe ich das heute nicht mehr die Artikel ab zu arbeiten :?
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

phase_accurate hat geschrieben: Und für alle, die immer noch meinen für das WE zu wenig zum Lesen zu haben hier das (sehr ausführliche) Meyer Patent zu deren gegengekoppeltem Bassreflex System:
Hallo Charles,

eine Frage zu
http://worldwide.espacenet.com/publicat ... cale=en_EP :

Aus welcher Stelle der Patentschrift von "Meyer Sound" schließt Du, daß das Patent sich auf ein geregeltes Bassreflex System bezieht ?

Ich habe die - m.E. entsetzlich aufgedunsene - Patentschrift nur überflogen, finde aber auf Anhieb weder in den Zeichnungen noch in den Patentansprüchen einen Hinweis auf BR.

Die in der Patentschrift angegebenen Messwerte zeigen durch Einführung der auf Schalldruckmessung beruhenden Gegenkopplung eine merkliche Verbesserung der Klirrwerte vor allem für die "hubintensiven" untersten Oktaven:

Es wird dort jedoch in den besten Fällen (20Hz bis 60Hz) nur knapp eine Halbierung des Klirrs in % erreicht, was einer Verbesserung der Klirrdämpfung um weniger als 6dB entspricht, vgl. dazu "Table 1" auf S.6 u. S.7 der Patentschrift US6584204B1 .

Gegenüber der Veränderung der Klirrwerte, die ich in den Messungen meiner Subwoofer durch Einführung einer optimierten BR-Auslegung gegenüber CB erreicht habe (zwischen 13dB und 17dB) sind das jedoch nur "Peanuts" ...

Ich weiß, das Meyer-Sound BR-Systeme baut, welche durch ein Mikrofonsignal geregelt sind:

http://www.meyersound.com/news/press/mix600_x-10.htm

Jedoch bezieht sich das o.g. Patent m.E. nicht auf BR-Gehäuse, bringt uns also - bis auf ausufernde Detailbeschreibung der "Meyer Sound" Elektronik - m.E. keinen Erkenntnisgewinn.

@Charles: Sollte ich mich geirrt haben, kannst Du ja mal den BR-bezogenen Teilanspruch im Patent posten. Mir ist die "Aufwands/Erkenntnis" Relation für die Lektüre des "Meyer Sound" Patents eindeutig zu dünn.

M.E. wird hier u.a. sehr ausführlich die Aufbereitung des Mikrofonsignals beschrieben, welche natürlich auch Eigenschaften des Mikrofons selbst berüchsichtigen muss.

Als Anmerkung:
Vor einiger Zeit hat Meyer Sound versucht, sich u.a. ein LS-Gehäuse in Form einer "Resistance Box" als Kardioid Strahler patentieren zu lassen, welche der Konstruktion von Kalusche aus den 50ern weitgehend entspricht.

Gegen die Erteilung des deutschen Patents, wurde dann von einer deutschen Firma Widerspruch eingelegt.

Meyer Sound hat zweifelsohne kreative Produkte, betreibt aber möglicherweise auch das, was ich eine "typisch angelsächsisch geprägte" Patentstrategie nennen würde. Diese basiert meist auf 3 Hauptkomponenten:

- "Wir haben die Welt auch dann erfunden, auch es einer schon 50 Jahre vor uns getan hat."

- "Wir blasen auch übliche Technologien durch 'breite' Darstellung auf die benötigte 'Erfindungshöhe' auf."

- "Wir verklagen jeden, der unsere Marktposition stören könnte"


Viele Grüße

Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Charles,

nochmal zum - vermeintlichen ? - Meyer Sound Patent:

Woher weißt Du, daß das Meyer Sound Produkt auf diesem Patent beruht ?

Ich bin mir zwischenzeitlich gar nicht sicher, ob z.B. der mikrofongeregelte "Control Room Monitor" von "Meyer Sound"

http://www.meyersound.com/news/press/mix600_x-10.htm

direkt mit dem Patent US6584204 (B1) ― 2003-06-24

http://worldwide.espacenet.com/publicat ... cale=en_EP

in Verbindung steht:

- Als Erfinder werden 3 Personen genannt ohne Hinweis auf eine Firma
- Als Bevollmächtigter tritt die Universität von Kalifornien auf

Die Patentschrift wurde 1998 eingereicht. Die Besprechung des Produkts von "Meyer Sound" ist aus dem Jahr 2000. Zeitlich und vom Aufbau der Skizzen könnte es schon passen.

Aber woher hast Du die Verbindung von "Meyer Sound" zu diesem Patent ?


Edit: OK, sorry hier steht es ja :oops: :

"This patent, issued to the University of California and licensed by Meyer Sound, defines the servo system used in the X-10 high resolution linear control room monitor, technology borrowed from the avionics industry. The patent defines a system for improving frequency response (magnitude and phase) in the sub-bass region of 20 – 100 Hz. Linearity is extremely difficult to achieve in this region, mostly due to three factors: non-uniformity in the magnetic field surrounding the voice coil, voice coil self-inductance variations with cone position, and the non-linear spring behavior exhibited by the surround and spider. " Aus: http://www.meyersound.com/about/patents/

Meyer Sound ist in diesem Fall Lizenznehmer der Universität von Kalifornien.

Für mich sieht es so aus, daß die Anwendung für ein BR-System - falls mir nichts entgangen ist - nicht Teil der Patentansprüche ist, und das Patent daher auch keine spezifischen Komponenten enthält, welche die dort beschriebene Regelung an ein BR-System anpasst.

Trotzdem wird das Patent von "Meyer Sound" offenbar in einem BR-System eingesetzt. Das kann man zwar so machen, aber wir erfahren m.E. leider nichts darüber, wie diese Regelung konkret an ein BR-System angepasst wurde.

Grüße Oliver
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O.Mertineit
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Bassreflex System mit Sensor-Regelung

Beitrag von O.Mertineit »

O.Mertineit hat geschrieben: Das kann man zwar so machen, aber wir erfahren m.E. leider nichts darüber, wie diese Regelung konkret an ein BR-System angepasst wurde.
... was auch nicht so schlimm ist, denn auf dazu geeignete Ideen bin auch selbst schon gekommen:

Man könnte z.B. einen Sollwert für die Membrangeschwindigkeit des Treibers direkt aus einer dem Ersatzschaltbild der betreffenden Bassreflex-Box entsprechenden Schaltung ermitteln. U.a. das Ersatzschaltbild aus
"Vented-Box Loudspeaker Systems—Part 1: Small-Signal Analysis" von Richard H. Small, Fig. 3 auf S. 319
liefert eine zur Soll-Membrangeschwindigkeit des Systems proportionale Spannung am mit
"Cmes" bezeichneten Kondensator. Damit ist das BR-Ersatzsschaltbild selbst in der Lage, die Führungsgröße für eine Regelung der Membrangeschwindigkeit zu liefern.
Diese kann dann z.B. mit dem Signal eines Geschwindigkeits-Aufnehmers (etwa einer im Magnetfeld bewegten Spule als einem dynamischen Sensor) an der Treinber-Membran verglichen werden, um so einen Regelkreis aufzubauen.

( Wenn stattdessen der Membranhub als Ausgangsgröße ermittelt wird - z.B. durch ein optisches Element - sind Führungsgröße und Erfassung des Ist-Wertes entsprechend aneinander anzupassen.)


(Der obige Abschnitt in kursiv war jetzt kürzer als das Meyer Sound Patent und enthält m.E. dafür das Gesuchte ...)

Das heißt nicht, das man es genau so realisieren muss: Es sind im Prinzip auch andere Hochpassfunktionen zur Erzeugung einer Führungsgröße denkbar.

Aber die o.g. genannte Methode hätte m.E. etwas sehr "instruktives": Das Regelsystem würde sich im einfachsten Fall von der Zielsetzung auf das "Mindern" nichtlinearer Verzerrungen beschränken und ansonsten das BR-System "lassen wie es ist": Eine Veränderung der Hochpass Charakteristik wäre zunächst nicht das Ziel.

Wenn man auf diese Art ein stabiles System hergestellt hat, könnte man sich immer noch mit der Beeinflussung von Parametern der Hochpass-Funktion des geregelten BR-Systems befassen, falls man dies wünscht.

Grüße Oliver
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Der Vorteil der akustischen Gegenkopplung ist der Umstand, dass Nichtlinearitäten des Reflexsystems auch mitberücksichtigt werden können. Andererseits wäre eine SchnellegegenkoppIung sicher "sauberer".

Ich weiss nicht, wie der X-10 effektiv tönt aber ich gehe mal davon aus, dass es definitv ein "no-nonsense" Produkt ist.
Wieviel Klirrunterdrückung die Gegenkopplung der Serienausführung hat weiss ich nicht. Aber eine Angabe von 1% bei 120 dB/1m tönt ja schon mal vielversprechend.
Die Versuche, welche im Patent erwähnt wurden, basierten auf einem Versuchsaufbau mit einen Aura Sound 18" Woofer, der ganz sicher auch von schlechten Eltern ist.
Im X-10 hingegen werkelt ein speziell für diesen Monitor entwickelter 15" mit unterhängiger Schwingspule.

Gruss

Charles
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

phase_accurate hat geschrieben:Der Vorteil der akustischen Gegenkopplung ist der Umstand, dass Nichtlinearitäten des Reflexsystems auch mitberücksichtigt werden können.
...
Hallo Charles,

ich halte es für schwierig, auf nichtlineares Verhalten von Gehäuse und Port "adäquat" zu reagieren, ganz gleich mit welcher konkreten "Regelstrategie".

Mein bevorzugter Ansatz wäre tatsächlich z.B. nur die Membrangeschwindigkeit des Treibers zu regeln. Gehäuseseitig müsste man m.E. durch Dimensionierung und Qualität der Ausführung einen geringen Klirr durch Gehäuse und Port selbst garantieren:

Daß Gehäuse und Port bei geeigneter Auslegung wesentlich(!) weniger Klirr produzieren als der Treiber, wenn er vergleichbare Verschiebevolumina bei tiefen Frequenzen aufbringen müsste, habe ich durch die Messungen an meinen eigenen Subwoofern m.E. bereits sehr deutlich gezeigt.

Ich halte es jedoch durchaus für möglich, durch eine Regelung des Treibers auch den Klirr im Bereich der Abstimmfrequenz noch etwas zu senken.

Dadurch würde ich für BR-Gehäuse mit einer möglichen Reduktion des Klirrs um knapp 6dB, so wie es auch in der Patentschrift der Universität von Kalifornien beansprucht wird, rechnen: Ich halte die dort genannten Werte für "ehrlich". Im unmittelbaren Bereich um die Abstimmfrequenz fb dürfte aufgrund der geringeren Membranauslenkung beim BR-System jedoch die relative Verbesserung durch eine mögliche Regelung noch geringer ausfallen.

Damit ist m.E. klar:

- Wichtig ist es zunächst, ein gutes BR-Design zu haben. Wenn man für ein bestimmtes treiberseitg
installiertes Verschiebevolumen und eine bestimmte Gehäusegröße möglichst wenig Klirr haben möchte, dann erreicht man mit BR gegenüber CB mit vergleichbaren Treibern z.B. eine um ca. 13dB bis über 17dB verbesserte Klirrdämpfung (1/4 bis weniger als 1/8 des Klirrs, wenn in Prozent gerechnet wird).

- Eine Regelung der Treibermembran kann dann evt. noch ein (weniger als 6dB) "Sahnehäubchen" an Klirrdämpfung "draufsetzen" (d.h. weniger als eine Halbierung des Klirrs in Prozent) bewirken (vgl. o.g. Patentschrift der Universität Kalifornien, lizensiert durch "Meyer Sound").

Man sollte hier m.E. nur deutlich zwischen der technischen "Hauptmahlzeit" und einem möglichen "Dessert" unterscheiden.


Viele Grüße aus Reinheim

Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

O.Mertineit hat geschrieben: Mit den heutigen Simulationsprogrammen muss sich auch der "Nicht-Programmierer" schon lange nicht mehr sklavisch an die von Thiele und Small untersuchten Filter "Alignments" halten. Die Autoren hatten das aber m.E. auch nie so gedacht(!):
Sie haben damals nur exemplarische Filteralignments (Gehäuse 4ter Ordnung sind Tiefpässe) erzeugt und beschrieben. Daraus zu schließen, ihre Aufsätze seien "veraltet" ist m.E. ein Irrtum: Es sind bis heute anwendbare Grundlagenartikel, auch wenn in der Zwischenzeit noch Aspekte ergänzt wurden.

Korrektur:

Gehäuse 4.Ordnung (Bassreflex-Gehäuse) stellen natürlich Hochpass-Filter 4. Ordnung dar.


Grüße Oliver
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