Subwoofer - sensorgeregelt/geschlossen vs. Bassreflex

Fujak
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Subwoofer - sensorgeregelt/geschlossen vs. Bassreflex

Beitrag von Fujak »

Hallo zusammen,

Ich trage mich seit einiger Zeit mit dem Gedanken, zwecks präziserer Bass-Wiedergabe einen besseren Sub zuzulegen und beschäftige mich in dem Zusammenhang mit der Frage, welche Faktoren zu einer präzisen Bass-Wiedergabe beitragen.

Ausgangspunkt dabei sind die Threads:

Aktive geregelte Subwoofer, aber welche?
und
SVS Subwoofer PB13-Ultra

sowie die vonmir dort seinerzeit geposteten Messungen (http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 536#p45536) bezüglich Klirr beim ungeregelte Sub SVS PB 13 Ultra und dem geregelten und geschlossenen Velodyne DD 12. Auch in den Berichten, in denen der Velodyne DD18 (ohne Plus) im Vergleich zum SVS PB 13 Ultra gehört wurden, wird dem ungeregelten SVS PB13 Ultra eine präzisere Bass-Wiedergabe bescheinigt.

Dies wundert mich umso mehr, als der SVS PB 13 Ultra eine Bassreflex-Abstimmung, der Velodyne das geschlossene Prinzip plus Sensor-Regelung aufweist. Zwar kann der SVS-Sub auch in der sog. Sealed-Variante betrieben werden (Bassreflex-Öffnungen werden verschlossen), die Hörvergleiche basieren aber auf der Bassreflex-Variante.

Zwei konstruktionsbedingte Nachteile fallen mir bei dem (ungeregelten) Bassreflex-Prinzip ein:

1. Die Gruppenlaufzeiten zwischen Direkt-Schallanteil und Bassreflex-Schallanteil.

2. Die Tatsache, dass ein ungeregeltes und zudem "frei im Raum schwingendes" Chassis theoretisch länger nachschwingt als ein geregeltes, welches zusätzlich die in geschlossenen Gehäusen vorhandene Luftdämpfung nutzt, um schneller in die Ausgangssposition zurückzukehren.

Ersteren Nachteil kann man mit Acourate korrigieren. Bleibt also noch der 2. Punkt und damit für mich folgende Fragen:

1. Inwieweit ist der Unterschied theoretischer und inwieweit hörbarer Natur?
2. Inwieweit kann eine gute Chassis-Qualität und ein potenter und gut abgestimmter Verstärker das Nachschwingen ohne Sensor-Regelung in einem Bassrefelex-System verhindern?

Natürlich würde ich am liebsten je einen Sub von SVS, Velodyne, Audiodata Soutien, B&M und ACT (8x4 oder 2x6) ordern und diese direkt vergleichen. Allein das Gewicht der Kandidaten (und damit die Statik meines Hörraumes) schreckt mich davon ab, dies zu tun. Daher möchte ich vorab schon - so weit dies überhaupt möglich ist - eine gewisse Vorauswahl treffen.

Insofern würde mich Eure Erfahrung / Einschätzung / Meinung dazu interessieren.

Grüße
Fujak
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Apfelstrudelmampfer
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Beitrag von Apfelstrudelmampfer »

Moin Fujak!

Na, Dich beschäftigt das Thema auch noch, oder? Bin auch noch nicht zum Zuge gekommen. Da ich im Heimkino mal einen großen Nubert Bassreflex-Subwoofer besaß und der dort vorzüglich spielte, kann ich nur diesen Part beurteilen und ihn uneingeschränkt dafür empfehlen. Für Musik war er leider für meinen Geschmack etwas zu träge und bei größeren Membranauslenkungen mischten sich leichte Strömungsgeräusche am Bassreflexrohr dazu, welche auch bei sehr großem Wand- und dann Bodenabstand (geht hinten raus) nicht besser wurden. Ich ziehe zum Vergleich immer eine sehr gut abrufbare Erinnerung an meine Wehrdienstzeit zu Rate. Dort gab es einen Bunker, der von einem manuell verschließbarem Tor (etwa 5 x 12 m, Eisen, mehrere Tonnen schwer) verschlossen werden konnte. Der Raum dahinter war sehr groß und lang. Hat man das Tor mal mit Schmackes zugeschoben (mit mehreren Leuten), rammte es gegen einen sehr massiven mehrere Meter hohen Gegenzug aus Eisen und es entstand ein so tiefer und trockener Ton, den man weniger im Zwerchfell, viel mehr in den letzten Darmregionen spührte (kein Schweinkram!). Unglaublich dumpf, hart, trocken und intensiv.
Diese Art, einen tiefen Ton so prägnant wiederzugeben, war bei meinen Bassreflexwoofern in Haus wie Auto stehts durch ein Wumm oder Wind begleitet. Spektakulär, aber nicht eben echt. Ein System von vier Velodyne DD18-Woofern zeigte mir auf einer kleinen Hifimesse vor Jahren mal, wie gut das aber eben doch schon geht. Und die waren geschlossen.

Das ist bei Bassreflextypen eben auch eine Problematik, die ich mal mit meinen Eigenbauerfahrungen so beschreiben würde:

- Windgeräusche durch Bassreflexrohrdurchmesser (klein/groß)
- Windgeräusche durch Verwirbelung am Rohrrand (gut wäre trompetenförmig)
- Addition durch Direkt- und Bassreflexschall (Gruppenlaufzeit)
- Wahl des Ortes der Reflexöffnung (gen Raum oder gen Wand)
- meist zu weiche Sicke/Zentrierspinne des Chassis für Taumelneigung

Diese Probleme gibt es bei geschlossenen Gehäusen nicht. Dort bedarf es aber eben eines passenden Chassis und entsprechender Leistung. Klanglich fand ich für Musik die geschlossenen Systeme immer etwas besser, wenngleich ich hier auf etwas Tiefgang aufgrund des natürlichen Subsonicfilters (Gehäuseprinzip) verzichten musste. Das ist aber mit DSP/Acourate und einem belastbaren Chassis unproblematisch. Für Filmton scheinen mir die ventilierten Varianten immer optimal, weil spektakulärer. Für Musik würde ich eine geschlossene Variante wählen, wirkte immer griffiger, schneller und direkter. Ich fand Filmton mit geschlossenem Gehäuse und großem Chassis aber auch beeindruckend. Noch besser natürlich eher viele kleinere Chassis als wenige große.
Somit würde ich mich aufgrund meiner Musikvorliebe eher für die geschlossenen und geregelten Varianten entscheiden, auch wenn ich den SVS nie gehört habe. Preislich kann das ja recht gleich sein, aber ich verlasse mich lieber auf das, was ich weiß, als wuf das, was ich nur vermute und mir nicht nachweisen kann. Es bleibt wohl nur der Blindkauf, will man soetwas testen.

Gruß,

Remo
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Thias
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Beitrag von Thias »

Hallo Fujak,

ich sehe bei Bass/Subwiedergabe hauptsächlich folgende Probleme.

1. durch niedrige Ankoppelfrequenzen (um 60-80 Hz um die Ortung zu erschweren) und damit verbunden steilen Filtern werden die Gruppenlaufzeitverschiebungen hörbar.
Mit FIR-Filtern ist das aber kein Problem mehr, acourate kann das. Damit ist das ganze Thema der "musikalischen" Bässe erschlagen.

2. deutlich wichtiger schätze ich die Probleme des Hörraumes ein, die manchmal eine Tiefbasswiedergabe unmöglich machen. Ohne die Raummoden in den Griff zu bekommen nützt auch ein zeitrichtiger Bass nicht viel.
Schwer haben es da "harte" Hörräume mit Betonwänden, da braucht man riesige Bassfallen. In meinem Hörraum habe ich Leichtbauwände, das sind riesige Plattenabsorber und ich habe kaum Probleme mit Raummoden.
Eine weitere sehr gute Lösung ist das DBA, also die "Absaugung" der Schallwellen an der Rückwand, allerdings etwas aufwändig und mit 4 Subs auch groß und teuer.
Eine sehr gute Kompromisslösung ist die gerichtete Bassabstrahlung (Niere) bei MEG (z.B. Basis 14K). Da wird der Bass seitlich und nach hinten nur mit -10 dB abgestrahlt und so die Raummoden deutlich verringert.
Den würde ich in deine Überlegungen mit einbeziehen.

3. den geregelten Bass halte ich nur bedingt für wichtig. Die Regelung macht ja nichts weiter als das der Schalldruckverlauf dem Führungssignal entspricht. Damit wird niedriger Klirr erreicht, das schafft man aber auch bei ungeregelten Subs, solange man nicht über die Grenzwerte geht. Die Hauptdämpfung der Membran kommt durch die Gegeninduktion in der Spule, weniger durch die Luft (bei geregelten Systemen sowieso). Es könnten also auch offene System sein...
(für mich stellt sich die Frage der Sinnfälligkeit der Regelung von Lautsprechern generell, Regelung braucht man nur bei sich ändernden Störgrößen. Und das ist bei Lautsprechern in einem begrenzten Arbeitsbereich nicht gegeben, es sei denn man will sehr hohe Pegel fahren. Eine Regelung bringt zahlreiche andere Probleme mit sich und kann sogar kontraproduktiv sein. Ein geregeltes System muss nicht zwangsläufig besser sein. Aber ich weiß, das wird in diesem Forum anders gesehen :wink: )
Punkt 2 und 1 sind nach meiner Meinung deutlich wichtiger.

Viele Grüße
Thias
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shakti
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Beitrag von shakti »

Hallo,

fuer mich ein weiteres klanglich relevantes Kriterium ist die Art der Ansteuerung. Steht bereits ein fuer den subwoofer aufbereitetes Signal zur Verfuegung (dh eine externe Frequenzweiche, digital oder analog wird genutzt), klingen Dubwoofer ohne eigene Weichen oftmals besser, dh schneller und direkter.

Ich habe zB mit dem KS-Digital ADMW/0 diesbezueglich sehr gute Erfahrungen gemacht (Ansteuerung erfolgt ueber externe Velodyne SMS oder Krell HTS Vorstufe oder ueber den subwoofer Ausgang der B&M 35 oder den Subwooferausgang der KS-Digital ADM20).

netten Gruss
Juergen
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amdrax
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Beitrag von amdrax »

Hi Fujak,

Nach meinem Verständnis können Bassreflexboxen vereinfacht durch die Kopplung eines angeregten Oszillators und eines gekoppelten Oszillators, beide mit unterschiedlicher Resonanzfrequenz beschrieben werden.

Rein von der Theorie ist der zweite von Dir genannte Nachteil damit nicht heilbar. Er ist einfach Teil des Systems und notwendig, um die tiefere Grenzfrequenz einer Bassreflexbox zu erreichen. Daher können aus meiner Sicht, weder Verstärker noch Chassis wirklich was helfen. Eine stärkere Gegenkopplung nimmt vielleicht etwas von der Problematik, aber eben nur im "ersten Teil" der Kette (dem Chassis), aber nicht im eigentlichen Bassreflexsystem.

Aus meiner Sicht ist daher ohne Regelung das "Nachschwingen" nicht zu heilen. Ein Bassreflexsystem ist dann aber auch schwieriger durch Sensoren zu regeln (aber nicht unmöglich - vgl. die neue BM 30).

Bester Gruß,

S.
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo zusammen,

erstmal vielen Dank für Eure bisherigen Antworten.

@Remo:
Wenn Du bei Deinen Sub-Erfahrungen den Nubert AW 1000 meinst, den hatte ich hier mal im Vergleich zu meinem jetzigen Teufel M11000 und habe ihn zurückgesandt, da er deutlich schwammiger klang. Gerade bei Orgelmusik konnte man auf einigen Aufnahmen im Pedalregister keinen Melodieverlauf mehr erkennen, weil es so breiig klang, auch bei komplexer Orchestermusik verschwammen schnellere Passagen im Bassbereich. (Beide Subs waren damal übrigens mit Acourate korrigiert und an die Hauptlautsprecher angekoppelt).
- Windgeräusche durch Bassreflexrohrdurchmesser (klein/groß)
- Windgeräusche durch Verwirbelung am Rohrrand (gut wäre trompetenförmig)
- Addition durch Direkt- und Bassreflexschall (Gruppenlaufzeit)
- Wahl des Ortes der Reflexöffnung (gen Raum oder gen Wand)
- meist zu weiche Sicke/Zentrierspinne des Chassis für Taumelneigung
Wenn ich die von Dir gelisteten "Problemzonen" auf den SVS PB 13 Ultra beziehe: Probleme mit Windgeräuschen an den Bassreflex-Ports waren in den Tests nicht feststellbar. Die Gruppenlaufzeit ließe sich mit Acourate beheben. Ob die Sicke und/oder Zentrierspinne zu einer Taumelneigung führt, würde ich anhand der Klirrmessung bei besagtem SVS als eher gering ansehen. Denn dort müsste sich das nach meiner Einschätzung am ehesten zeigen.
Es bleibt wohl nur der Blindkauf, will man soetwas testen.
Da hast Du wohl recht; deshalb ist mir eine gewisse Vorauswahl wichtig. 2 unterschiedliche Modelle könnte ich sicher mal im Vergleich ordern (und die Treppen hochwuchten).


@Thias:
Dein 2. Aspekt (Raumakustik) sehe ich ebenfalls als wichtig an. Hier bin ich glücklicherweise mit vielen unregelmäßigen Flächen und einer Reihe von natürlichen Plattenresonatoren gesegnet (sprich: Rigips-Verschalungen). Wenn man Raummodennicht in den Griff bekommt, sollte man lieber auf die letzten 1 - 1,5 Oktaven verzichten.
Aber die Präzision der Bass-Wiedergabe ist m.E. auch hier ein wichtiger Faktor: Je weniger ein Chassis nachschwingt, desto weniger werden Raummoden angeregt.

Mit Deiner Anregung eines halben oder ganzen DBA triffst Du auch eine Überlegung von mir: Investiere ich mein zur Verfügung stehendes Budget zu 100% in einen präzise spielenden Einzel-Sub oder teile ich das Budget auf in zwei Subs mit geringerer Präzision und stelle sie diagonal im Raum auf (mit entsprechender Phasenumkehr und Delay). Was erbringt dann die präzisere Wiedergabe am Hörplatz?

Zu Deinem 3. Aspekt über den Sinn einer Sensor-Regelung würde mich interssieren, welche "anderen Probleme" Du im einzelnen meinst, die eine Sensor-Regelung schafft.


@Juergen:
Ich lese vor allem immer wieder, dass man die Hauptlautsprecher nicht über die im Sub eingebauten Hochpass-Filter laufen lassen sollte, dass dies auch für den Sub gilt ist für mich neu. Dem gehe ich mal nach. Durch mein Fireface habe ich ja die Möglichkeit, separate Signale zur Verfügung zu stellen. Danke für den Hinweis.


@amdrax:
Rein von der Theorie ist der zweite von Dir genannte Nachteil damit nicht heilbar. Er ist einfach Teil des Systems und notwendig, um die tiefere Grenzfrequenz einer Bassreflexbox zu erreichen. Daher können aus meiner Sicht, weder Verstärker noch Chassis wirklich was helfen. Eine stärkere Gegenkopplung nimmt vielleicht etwas von der Problematik, aber eben nur im "ersten Teil" der Kette (dem Chassis), aber nicht im eigentlichen Bassreflexsystem.
Damit hast Du auf den Punkt gebracht, was mich für ein geregeltes/geschlossenes Prinzip votieren lässt. Was mich schwanken lässt, sind die übereinstimmenden Berichte der überragenden Präzision dieses ungeregelten Bassreflex-Ungetüms von SVS.

Ich kann mich noch gut an meinen Besuch bei Dir erinnern, wo Du u.a. das erste Stück der Missa Criolla mit Mercedes Sosa gespielt hattest, was ich als beliebtes Teststück in- und auswendig kenne. Obwohl Deine BM 35 damals noch nicht auf den Raum entzerrt waren, klang die angeschlagene Rahmentrommel so knochentrocken und abgrundtief, wie ich es mit meinem jetzigen Sub nicht hinbekomme. Genau diese Präzision aber möchte ich erreichen. :P (Ich freue mich übrigens auf meinen nächsten Besuch bei Dir nächste Woche)

Viele Grüße
Fujak
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musikgeniesser
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ES KOMMT DARAUF AN

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Forenten,

ich finde das alles nicht weiter schwierig. Die richtige Antwort auf die Frage lautet auch hier:

  • Es kommt darauf an.

Um das zu erklären, habe ich mich nun doch entschlossen, ganz von vorne anzufangen, denn so lässt es sich immer noch am besten verstehen.

Noch ohne Regelung: geschlossen oder Bassreflex?
Das Bassreflex-Prinzip hat einen höheren Wirkungsgrad als das geschlossene, da es die rückwärtig abgestrahle Energie nicht ungenutzt verpuffen lässt, sondern durch geeignete Löcher oder Röhren hörbar macht. Das geht nur notwendigerweise auf Kosten der Präzision, denn dieser rückwärtige Schall hat einen Nachteil, der vor allem diejenigen interessieren dürfte, die einen exakten Phasengang für wichtig halten: er ist nämlich zunächst einmal um 180° gedreht. Das muss so sein, da es ja der Schall ist, den die Rückseite der Membran abgibt. Theoretisch ergibt sich also in Abhängigkeit von der Frequenz -- sie beeinflusst die Wellenlänge -- und der Boxenbeschaffenheit -- sie legt die Wegstreckendifferenz zwischen dem rückwärtigem und dem frontseitigem Schall (und dies für alle abgestrahlten Frequenzen gleichermaßen) fest -- völlig unterschiedliche Phasenadditionen. Dies gilt übrigens für alle ventilierten Systeme gleichermaßen, also Transmission-Line, Rear-Loaded Horn und Bassreflex und Bandpass. Beim Bandpass ist es allerdings kein Problem, weil dort ja der frontseitige Schall in Wärme umgewandelt wird. Doch zurück zum Bassreflex-System. Der theoretische Frequenzgang eines solchen Systems -- bei einem sauberen Sinus -- sieht also so aus:

Bild

Jo, dies ist dann mein erstes Bild hier! Der gute alte Guido J. Wasser hat diesen Artikel in dem Sonderheft Lautsprecherbau der Zeitschrift Elektor geschrieben, den ich hier nach über 25 Jahren einmal zitieren mag, hoffend, dass das urheberrechtlich keine allzu großen Probleme heraufbeschwört. Da der Artikel über 6 Seiten geht und keine weitere Seite hochgeladen wird, hoffe ich auf Kulanz des Verlages. Wasser schreibt dort, dass sich der Frequenzgang für komplexe Signale nicht einmal mehr berechnen ließe. Lassen wir das mal dahingestellt sein, für mich ist klar: das ist eine Verkomplizierung, die mir Unbehagen bereitet. Ach ja, es geht um den Frequenzgang unten, der der einer auf 40 Hz abgestimmten Bassreflex-Box ist.

Wieso gibt es dann Bassreflex-Boxen?
Die Frage habe ich mir zunächst auch gestellt, aber die Antwort ist ganz einfach: weil sie, diesen Kammfiltereffekt überlagernd, schlicht lauter sind. Ich habe die Schalldruck-Formeln aus
  • stereoplay Juni 1988
    spl=112+10*(LOG(50*2*PI()*1,18*r^4*f^4*(n*h)^2/344;10)-18
    +WENN(Bassreflex=ja;LOG(8*(MAX(MIN(f(abst);f)/MAX(f(abst);f);0,5))^3;10);0))

    sowie aus dem

    Elektor-Sonderheft 12 (?)
    spl=94,3+20*(LOG(r*h*2;10)-3)+40*LOG(f;10)+40*(LOG(r*2;10)-3)+20*LOG(1;10)
    +WENN(Bassreflex=ja;10*LOG(8*(MAX(MIN(f(abst);f)/MAX(f(abst);f);0,5))^3;10);0)
einmal umgeformt und auf eine gemeinsame Form gebracht. Dann ergibt sich
  • stereoplay Juni 1988
    =-67,68+20*LOG(n*h;10)+40*LOG(f*r;10)
    +WENN(Bassreflex=ja;10*LOG(8*(MAX(MIN(f(abst);f)/MAX(f(abst);f);0,5))^3;10);0)

    sowie aus dem

    Elektor-Sonderheft 12 (?)
    =-67,64+20*LOG(n*h;10)+40*LOG(f*r;10)
    +WENN(Bassreflex=ja;10*LOG(8*(MAX(MIN(f(abst);f)/MAX(f(abst);f);0,5))^3;10);0)
was nur um 0,04 dB voneinander abweicht. Woher diese Abweichung kommt, weiß ich nicht. Vielleicht hat einer der Formelentwickler einen Fehler gemacht. Zum Beispiel bei den Konstanten, denn
  • LOG(50*2*PI()*1,18/344) = 0,03
    Ln(50*2*PI()*1,18/344) = 0,07
was genau diese Differenz wäre und mit Logarithmen zu arbeiten ist nicht jedem gegeben. Wie dem auch sei, 0,04 dB machen mich jetzt auch nicht weiter nervös, obgleich ich im Rechnungswesen arbeite (wer hat da gelacht?).

Interessant für uns ist der zweite Teil der Gleichung, den ich von einer der beiden Gleichungen -- ich weiß nicht mehr, welcher -- einfach in beide Übernommen habe. Dieser zweite Teil der Gleichung weist den Zugewinn durch das Bassreflex-System aus. Dieser Zugewinn beträgt bei der Abstimmfrequenz glatte 9 dB, sprich, die Bassreflex-Box ist Wurzel 8 mal so leistungsfähig wie die geschlossene. Also genau bei der Abstimmfrequenz. Dieser Zugewinn geht bis zur Oktave darunter ebenso auf Null zurück wie bis zur Oktave darüber. Es gibt auf der bei geschlossenen Boxen zu den tiefen Frequenzen hin weich abfallenden Linie also einen "Höcker" um die Abstimmfrequenz herum, der die angenehme Eigenschaft hat, den Frequenzgang der Oktave über der Abstimmfrequenz fast zu begradigen: von den 12 dB Abfall bügelt sie glatt 9 dB weg.

Geschlossen brauche ich also fast die dreifache installierte Leistung. Und das ist nicht schwer zu verstehen: sowas kostet Geld. Eine Plastikröhre ist viel billiger als ein komplettes, noch dazu aktives, System. Also genau genommen ja sogar zwei Systeme, da wollen wir mal schön bei der Wahrheit bleiben.

Darüber hinaus kann ich ein Bassreflex-System fast beliebig abstimmen, wenn ich es nur entsprechend dimensioniere. Das geht bei geschlossenen Systemen nicht. Will ich ein optimales, sprich kritisch bedämpftes System, muss ich zu einem QTC von 0,5 kommen und damit ist für ein gegebenes Chassis alles automatisch vorgegeben: die Resonanzfrequenz und das erforderliche Gehäusevolumen. Viele Systeme -- eben jene, die für sich schon ein QTS von 0,5 oder darüber haben -- führen nach der allseits bekannten Formel
  • VTC = VAS * 1/((QTC/QTS)-1)
sogar zu negativen, sprich überunendlichen Werten für das erforderliche Gehäusevolumen und das ist nicht praktikabel. Ich kenne kaum ein System, das ungeregelt geschlossen kritisch bedämpft wirklichen Tiefbass ermöglicht. Die Resonanzfrequenz rutscht derart hoch, dass das alles nichts wird. Das ist vielleicht sogar der Hauptgrund dafür, dass sich das Bassreflex-System durchgesetzt hat. Denn ein gutes geschlossenes würde sich kaum vermarkten lassen: die Membran muss schwer sein statt leicht -- das versteht schon keiner -- und die Magnete klein statt groß -- und spätestens da würde man ausgelacht.

Wenn schon, denn schon: Regelung
Wir sind natürlich ganz anders drauf und sehen die Sache nüchterner und lachen Ingenieure nicht gleich aus, sondern sehen uns ganz im Gegenteil die Dinge genauer an. Und da haben wir die Regelung für uns entdeckt: einerseits kann man mit ihr die Thiele-Small-Parameter des Chassis beliebig einstellen, so dass man zu einem kritisch bedämpften Gesamtsystem kommen kann -- was für sich genommen den Bedarf an nachträglicher, sprich Gegenkopplung im Ansatz stark vermindert --, das wirklichen Tiefbass erzeugen kann und zum anderen kann man es, wenn man schon mal dabei ist, gleich so arg treiben, dass man das erforderliche Gehäusevolumen stark reduzieren kann. Nur gilt auch hier: die Regelung kostet nochmal wieder Geld und das, wo wir eh schon bei Faktor 3 angekommen waren.

Es kommt also drauf an
Und so lässt sich im Ergebnis sagen, dass es eben darauf ankommt: in erster Linie auf das verfügbare Budget und die erforderliche Maximallautstärke. Ein überforderter, noch so präzise geregelter, geschlossener Bass schlägt an und klingt daher schlecht. Wenn er nicht sogar schweren Schaden nimmt. Dann ist ein Bassreflex-System klar die bessere Wahl. Der SVS-Woofer bietet da wohl ein Nebenoptimum. 2.000 Euro sind ein spektakulärer Preis. Vergleichbar wäre vielleicht ein geschlossenes System mit mindestens 2 38er- oder 4 30er-Bässen, mal so als erste, ungeschützte Schätzung. Und das geht bei A.C.T. bei 4.500 Euro überhaupt erst los. Einmal ganz davon abgesehen, dass sie keineswegs kompakter sind, obwohl geregelt: so ganz ohne Gehäuse geht es denn doch nicht: wenigstens zusammendrücken lassen muss sich die Luft im Gehäuse.

Aufstellung und so
Raumankopplung, DBA, das alles ist enorm wichtig, klar, hat aber mit dem ins Auge gefassen System gar nichts zu tun. Hier stehen wir -- mal wieder -- in der Gefahr, Korrelationen zu Kausalitäten zu erheben: wenn jemand, der sich für ein geschlossenes, geregeltes System entscheidet, mehr Aufmerksamkeit auf die Raumankopplung verwendet, dann tut er das nicht, weil er ein geschlossenes, geregeltes System gewählt hat, sondern, weil er insgesamt mehr Aufmerksamkeit auf das Thema verwendet. Die raumakustischen Maßnahmen und die Wahl des geschlossenen, geregelten Systems sind dann gemeinsam Wirkung der selben Ursache -- der höheren Aufmerksamkeit insgesamt -- und nicht das eine ist die Wirkung des anderen oder umgekehrt das andere die Ursache des einen.

Das Leben kann so einfach sein.

Herzliche Grüße

PETER
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Thias
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Beitrag von Thias »

Fujak hat geschrieben:Aber die Präzision der Bass-Wiedergabe ist m.E. auch hier ein wichtiger Faktor: Je weniger ein Chassis nachschwingt, desto weniger werden Raummoden angeregt.
Das ist richtig, aber ein Chassis sollte bei einer guten Box nicht nachschwingen. Überschwinger sind aber von der Amplitude so klein, dass sie keine Raummoden mehr anregen können. Das Überschwingen wird sich nur im Klirr äußern, also der Abweichung vom Eingangssignal zum Ausgangssignal.
Mit Deiner Anregung eines halben oder ganzen DBA triffst Du auch eine Überlegung von mir: Investiere ich mein zur Verfügung stehendes Budget zu 100% in einen präzise spielenden Einzel-Sub oder teile ich das Budget auf in zwei Subs mit geringerer Präzision und stelle sie diagonal im Raum auf (mit entsprechender Phasenumkehr und Delay). Was erbringt dann die präzisere Wiedergabe am Hörplatz?
Ein DBA ist schon eine feine Sache, in "harten" Räumen für eine gute Basswiedergabe fast Pflicht. (ich brauchs aber aus den genannten Gründen nicht).
Für ein DBA braucht man aber 4 Subs, da eine Wellenfront erzeugt werden muss, damit es richtig funktioniert. Eine einzelne Absaugung wird nicht so effektiv sein.
Wenn das nicht machbar ist, dann würde ich lieber auf einen einzelnen Sub (mit Richtwirkung :wink: ) setzen und auf die Rigipswände...
Zu Deinem 3. Aspekt über den Sinn einer Sensor-Regelung würde mich interssieren, welche "anderen Probleme" Du im einzelnen meinst, die eine Sensor-Regelung schafft.
Ein Regelkreis:

Bild
(wiki)

Ich komme aus dem Maschinenbau, deshalb ein Beispiel für einen Servomotor.

Recht guter Vergleich, denn es bestehen hohe Anforderungen an Dynamik, Genauigkeit der Bewegung.
Um das zu erreichen benötigt man Lageregler, Geschwindigkeitsregler und Stromregler, also 3 Regler, die sich gegenseitig beeinflussen und zudem noch von den Störgrößen abhängig sind.

Analoge Regler sind sehr schwer einzustellen, da braucht man ganz viele Erfahrungen. Falsch eingestellte Regler sind "unruhig", entweder zu weich, sind zu gart, schwingen über, erzeugen Oberwellen oder kommen ganz zum Schwingen wei wechselnden Lasten. Bei digitalen Reglern ist das einfacher beherrschbar, aber sie sind nur begrenzt schnell... Reglungstechnik kann man studieren. :wink:

Wenn man das auf Lautsprecher anwendet, ist leicht zu erkennen, dass bei nicht idealer Einstellung eher Klirr erzeugt wird, als zu reduzieren.

Deshalb bin ich skeptisch bzw. von der Notwendigkeit nicht voll überzeugt. Reglung ist da sinnvoll, wenn die Störgröße nicht vorhersehbar eintritt und ausgeregelt werden soll. Bei einem Lautsprecher sind die Störgrößen aber vorhersehbar, deshalb ist eine einfache Steuerung ohne Regler ausreichend, jedenfalls in eingegrenzten Bereichen.

Dein Link hat ja auch deutlich gezeigt, dass die tiefen Frequenzen bei Reglung zwar weniger Klirr haben, allerdings zu Lasten eines höheren Klirr bei höheren Frequenzen. Eine RL901K kann man eben nicht mit 110 dB unter 50 Hz betreiben...


Grüße
Thias
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amdrax
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Registriert: 24.05.2010, 11:55

Beitrag von amdrax »

Hallo Peter,

Deine Darstellung ist natürlich richtig. Ein aus meiner Sicht wichtiger Parameter fehlt jedoch: Das Ein- bzw. Ausschwingverhalten bzw. die Zeitrichtigkeit. Diese war aber insbesondere zu Zeiten von Herrn Wasser noch kein Parameter, an dem man "drehen" konnte (bis auf ein paar "spinnerte" Vorreitern namens Backes und Müller, die eine Regelung hierfür in die Lautsprecher einbauten ;) ), weil die notwendige Technik ja bekanntermaßen sehr komplex ist. Daher stand die Zeitrichtigkeit damals aber auch noch nicht so im Fokus.

In Bezug auf die Zeitrichtigkeit gibt es neben Frequenzgang und Amplitude noch einen weiteren zentralen Unterschied zwischen geschlossenen und Bassreflexboxen.

Geschlossene Boxen haben eine stark reduzierte Einschwingzeit, Bassreflexboxen brauchen hierfür wegen der zwei gekoppelten Schwingkreise naturgemäß länger. Die Resonanz, die zur Pegelerhöhung führt, muss sich erst mal aufbauen. Der Effekt ist besonders gut bei den kastenförmigen Bose-Subwoofern (oftmals bei "Dorfdiskos" in Ergänzung zu 802s genutzt) zu hören, die bei "bumm-bumm" Musik fast einen halben beat zu spät "bumm" machen. Klingt sehr lustig...

Das selbe gilt aber in ähnlicher Form auch für das Ausschwingverhalten. In Summe können Bassreflexboxen nicht so zeitexakt spielen, wie geschlossene Boxen.

Zeitrichtigkeit gilt streng genommen nur direkt am Lautsprecher. Ein-und Ausschwingvorgänge im Hörraum, machen diese wieder (teilweise) kaputt.

Bester Gruß,

S.
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KSTR
inaktiv
Beiträge: 1221
Registriert: 08.05.2008, 11:51

Beitrag von KSTR »

Jeder LS ist ein Hochpass, mindestens 2ter Ordnung (CB oder CB geregelt, ist egal. Entzerrter Dipol ebenfalls). BR ist 4ter Ordnung. Da meistens noch ein Subsonic wünschenswert ist (nochmal ein Hochpass, 2ter Ordnung) kommen wir auf typsicherweise 4ter Ordnung, bzw 6ter Ordnung.

Solange alles sauber gemacht ist, stimmt das auch in der Praxis und mit hohen Pegeln.

Das "Ein-und Ausschwingverhalten" bestimmt sich allein aus der Charakteristik des Hochpasses, nicht aus dem Konstruktionsprinzip an sich.

Es spielt also keine Rolle, wie man den Hochpass realisiert, d.h. z.B. CB mit Subsonic und BR ohne sind erstmal gleichwerit und identisch einstellbar. Aktiv betrieben (entzerrt und/oder mit passender Quellimpedanz -- auch zB negativer), spielen auch die Chassisparameter keine Rolle. Vor allem gibt es keine zu kräftigen Chassis oder zu leichte Membranen, das gilt alles nur im Passiv-Betrieb an Spannungsquelle ohne Entzerrung. Bestenfalls gibt es unpassende (zu harte und zu progressive) Einspannungen.

Der Unterschied besteht im Grenzbereich, im nichtlinearen Bereich, bzw wieviel Pegel man sauber rausholen kann.

BR muss wenn es sauber tief und laut gehen soll, ganz zwangsläufig groß werden. Tiefe Abstimmung und hoher Pegel erfordert große Portfläche, das erfordert großes Boxvolumen weil anderfalls der Port zu lang und im Volumenverhältnis ggü Vb zu groß wird (ist unintuitiv).

Beim Chassis ist es immer besser, Verschiebevolumen durch Fläche zu holen statt durch Hub.

BR ist durch vergurkte Konstruktionen in Verruf geraten (weil diese sehr schnell sehr nichtlinear werden), richtig gemacht ist sie der beste und effizienteste Kompromiss. Die etwas erhöhte Gruppenlaufzeit spielt bei sehr tiefer Abstimmung (20Hz) keine Rolle mehr. Clever gemachte BR nutzen unterhalb der der Resos auch den Dipoleffekt und clevere Nutzer den Nahfeldeffekt was dann resultierend mehr Tiefgang erlaubt bzw eine resultierend niedrigere Ordnung.

Wer einmal eine gute BR erlebt hat wird sich mit weitere Kritik an diesem Prinzip schwer tun. Gut gemacht heißt viel Volumen und verlustfreier Port, ein Chassis mit hoher innerer Gegenkopplung (brutaler Motor), möglichst leichter bewegter Masse aber stabiler Membran, viel Fläche (12 Zoll oder größer), thermisch überdimensioniert, ausreichend Xmax und deutlich mehr Xdamage (sonst muss die Elektronik den Hub begrenzen, was nicht trivial ist). Das genaue Verhalten im Grenzbereich stellt man durch das passende Impedanzprofil des Amps ein, den Frequenzgang durch Entzerrung. Das verbraucht keineswegs mehr Leistung im Chassis, ausser die Einspannung ist zu brutal hart. Die Entzerrung kostet in einer A/B-Endstufe Verlustleistung und Headroom, das umgeht man durch Class-D.
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amdrax
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Beitrag von amdrax »

Hallo KSTR,

ich gebe Dir in fast allen Punkten recht, ich sehe das mit dem Ein- und Ausschwingverhalten jedoch anders:
KSTR hat geschrieben: Das "Ein-und Ausschwingverhalten" bestimmt sich allein aus der Charakteristik des Hochpasses, nicht aus dem Konstruktionsprinzip an sich.
Das ist des Pudels Kern. Bei gegebenem Chassis und Gehäuse liegt dann iW auch der Hochpass fest. Und dieser führt ja gerade dazu, dass bei niedrigeren Frequenzen weniger Energie "durchgelassen" bzw. umgesetzt wird. Die Energie, die ich reinstopfe ist aber nicht in beiden Szenarien gleich (und damit auch nicht die Impulsantwort), denn um die tiefen Frequenzen trotzdem "hörbar" zu machen (im Vergleich zur Closed Box), kann ich bei gleicher Eingangsenergie nun eine tieffrequente Gehäuseresonanz ergänzen (das ist dann Bassreflex), oder die investierte Energie hochfahren (das ist dann halt das aktiv geregelte System).

Beim Bassreflex bin ich nun aber darauf angewiesen, dass sich die Gehäuseresonanzen aufbauen und abklingen. Das brauche ich beim aktiv geregelten System nicht. Dafür muss ich dieses "mit Gewalt" nämlich mit mehr Leistung zwingen, die Energie im gewünschten Pegel abzustrahlen. Dies bedeutet, dass ich unter der Annahme ausreichender Endstufenleistung "schneller" den höheren Basspegel bekomme(n kann).

Welches nun das "bessere" System ist, liegt primär an der Umsetzung. Grundsätzlich, wenn Ressourcen, Geld etc. keine Rolle spielten, hielte ich das geschlossene System für besser. Die technischen Anforderungen sind aber natürlich enorm, da ich bei den tiefen Frequenzen eine um Größenordnungen höhere Leistung zur Verfügung stellen und im Chassis verarbeiten können muss. Und daran krankt es dann auch leicht. Daher stimme ich zu, dass ein geeignet konstruiertes Bassreflexsystem mit weniger Aufwand vernünftige Resultate generieren kann - um den Preis eines zusätzlichen Resonators und seinem Ein- und Ausschwingverhalten.

Je nach Größe des Subwoofers ist dann irgendwann die Regelung keine Option mehr, da die benötigte Spitzenleistung für eine korrekte Regelung nicht mehr generiert werden kann. Im PA-Bereich kenne ich daher auch kein verbreitetes System, dass mit Regelung arbeitet. Die hierfür benötigte Leistung ist mit den herkömmlichen Endstufen nicht mehr darstellbar - die laufen bei Konzerten ja ohnehin immer schon am oberen Rand. Da geht dann halt nur noch Bassreflex.

Den von Fujak genannten Top-SW von SVS habe ich aber noch nicht gehört. Vielleicht kuriert der mich von meiner Bassreflex-Aversion (die aber nur für HiFI zu Hause, aber nicht für Livekonzerte gilt).

Bester Gruß,

S.
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Da mir keine Subs ungeregelt/geregelt zum Vergleich zur Verfügung stehen kann ich nur etwas "theoretisieren". Vielleicht hilft es trotzdem bei der Diskussion:

Angenommen eine CB und eine BR aben denselben Frequenzgang. Dann hätten sie als rein minimalphasiges System auch denselben Phasengang und damit auch dasselbe Zeitverhalten. Unabhängig davon, ob sich irgendwelche Resonanzen aufbauen und abbauen müssen.

Wenn nun aber die BR das von Amdrax beschriebene Verhalten zeigt, dann bedeutet es nicht anderes als dass parallel zu Minimalphase noch eine Exzessphase vorliegt. Welche als Allpass eben nicht den Frequenzgang (was für ein Hochpass auch immer) beeinflusst, sondern nur die Phase. Da könnte das Zeitverhalten denn auch beliebig sein (natürlich nicht entgegen physikalischer Prinzipien). Mal als extremes Beispiel formuliert: die Schallwelle könnte dann den Port 3 Tage später verlassen.

Um nun nachzuweisen, dass das BR-Prinzip solche Eigenschaften hat, braucht man nur herzugehen und aus der Pulsantwort die Exzessphase zu berechnen. Dann könnte die Diskussion sich allenfalls darauf verlagern, inwieweit man denn eine klangliche Auswirkung aus der Exzessphase wahrnimmt oder nicht.

Grüsse
Uli

PS: natürlich gibt es noch Tücken, nämlich die Messung selbst. Die sollte so sein, dass nicht die Umgebung, z.B. Raum, allzusehr ins Ergebnis mit reinspucken. Einfach nachweisbar wäre es, wenn man für eine CB und eine BR Box per steiler FIR-Filter denselben Frequenzgang aufzwingt und dann vergleichsweise an einem Messort misst. Vielleicht hat Klaus da mal die Möglichkeit ...
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Jürgen
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Beitrag von Jürgen »

Eine ähnliche Untersuchung wurde schon 1986 gemacht:

http://www.hoeffchen.de/?action=Helfer& ... uefen.html

Was bleibt denn in diesem Abstand noch vom vorteilhafteren Impulsverhalten der geschlossenen Box übrig? Nur am vergleichsweise etwas höheren ersten Impuls erkennt man noch, dass es sich in Bild 17 um die geschlossene Box und in Bild 16 um die Bassreflexbox handelt. Schon nach wenigen Millisekunden mischt sich bei beiden der reflektierte Schall mit dem Direktschall und verformt die Kurvenform bis zur Unkenntlichkeit.

Und deswegen nutzt eine Regelung hier nichts. Was nützt, ist geeignete Aufstellung/Hörort sowie Raumakustik, DBA (bereits erwähnt, aber nicht immer möglich) und parametrische EQ/DSP, die dort, wo Überhöhungen durch Raummoden stören, den Pegel verringern.

Allerdings haben BR-Systeme auch ihre Tücken. So funktionieren sie in kleineren Räumen oft schlechter als geschlossene, weil der BR-Resonator mit Druckunterschieden im Raum reagiert und der Tiefbass geringer wird.

Das von Peter verlinkte Diagramm zeigt keine BR-Box, sondern eine TML, die in der Tat diese Nachteile hat.
amdrax
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Beitrag von amdrax »

... es gibt zu diesem Kontext nach meiner Erinnerung auch einen ganz interessanten Artikel zur Entwicklung der neuen BM30, die eben gerade BR und Regelung kombiniert. War in irgendeiner HiFi-Zeitung? War aber nicht sooo sehr technisch - Da ich leider derzeit (und auch noch bis nä Wo) auf Reisen bin, kann ich nicht in meinen Hardcopies schauen. Kennt Ihr den Artikel? Es waren nach meiner Erinnerung ein oder zwei Absätze zum Thema Regelung und BR und der Auslegung der BM30 drin.
uli.brueggemann hat geschrieben:PS: natürlich gibt es noch Tücken, nämlich die Messung selbst. Die sollte so sein, dass nicht die Umgebung, z.B. Raum, allzusehr ins Ergebnis mit reinspucken. Einfach nachweisbar wäre es, wenn man für eine CB und eine BR Box per steiler FIR-Filter denselben Frequenzgang aufzwingt und dann vergleichsweise an einem Messort misst. Vielleicht hat Klaus da mal die Möglichkeit ...
Das fand ich eine coole Idee. Nach ein bisschen (aber nur 60 Sek.) Nachdenken kommen mir aber Zweifel: Ich deponiere dann ja wieder ein unterschiedliches Maß an Energie in den "Anregungsfrequenzen". Ist das egal?
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo zusammen,

meine Ausgangsfrage, bestand ja darin, ob für eine präzise Basswiedergabe das geschlossene und sensorgeregelte Prinzip unabdingbar ist oder auch über ein gut umgesetztes Bassreflex-Prinzip erreichbar ist.

Nach den bisherigen Beiträgen, die ich allesamt sehr interessant finde, ist es wohl in der Tendenz so: Das geschlossene und geregelte System weist rein von der Konstruktion gesehen mehr Vorteile für die präzise Bass-Wiedergabe auf als das Bassreflex-Prinzip. Wenn ein Bassreflex-Sub aber konstruktionstechnisch gut umgesetzt wird, so war auch zu lesen (KSTR), dann ist es zumindest theoretisch möglich, an die Präzision eines sensorgeregelten und geschlossenen Sub heranzukommen.

Ich habe nun beschlossen, diesen von mir erwähnten Bassreflex-Sub von SVS (PB13 Ultra) zu ordern und mal einen praktischen Hörtest damit zu veranstalten.
amdrax hat geschrieben:Den von Fujak genannten Top-SW von SVS habe ich aber noch nicht gehört. Vielleicht kuriert der mich von meiner Bassreflex-Aversion (die aber nur für HiFI zu Hause, aber nicht für Livekonzerte gilt).
Sollte der SVS-Sub mich überzeugen, bist Du herzlich eingeladen, ihn Dir mal vor Ort anzuhören, zumal ja meine Gegeneinladung ohnehin noch aussteht. Mal sehen, was sich dann hinsichtlich Deiner Bassreflex-Allergie tut. :wink:

Grüße
Fujak
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