Mikrofonregelung (bei Backes & Müller Beta)

Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Das Mikrofon ist eben so angeordnet, das es eben nicht den Schalldruck misst, sondern die Bewegung der Membran als Beschleunigung. Es ist also liegend aufgebracht. Die Membran des Mikrofones selbst soll auf Grund seiner Trägheit idealerweise still stehen, ( was es natürlich nicht tut ). Das Mikrofon selbst erfasst die Differenz zwischen Lautsprechermembranbewegung und Mikrofonmembranbewegung.

Ralph
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dietert
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Beitrag von dietert »

Nein, die beiden Membranen und ihre Bewegungen stehen aufeinander senkrecht. Da bildet sich keine Differenz, sondern beide erfolgen unabhängig voneinander. Die Lautsprechermembran bewegt sich aufgrund und entlang der Bewegungsrichtung des Antriebs, die Mikrofonmembran bewegt sich aufgrund des Schalldrucks vor der Membran entlang der Achse des Mikrofons, die zu der Lautsprecherachse senkrecht steht

Wie gesagt, wenn das Mikrofon nicht genau unter 90° liegend aufgeklebt ist, dann vermischen sich die beiden Bewegungen und das Mikrofon liefert keine einwandfreie Messung des Schalldrucks mehr.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

So (Mikrofon-Membranachse senkrecht zur LS-Membranbewegungsachse) sehe ich das auch, die optimale Platzierung ist dort, wo die Schwingspule an die Membran geklebt ist, dieser Ort ist am stabilsten, um z.B. Nebeneffekte von Partialschwingungen der Membran zu vermeiden. Am Rand der Staubschutzkalotte geht vermutlich auch, die hat ja meist mehr Durchmesser als die Schwingspule, stabilisiert aber oft die Membran in diesem Bereich.

Grüße Hans-Martin
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dietert
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Beitrag von dietert »

Ein anderes Ergebnis der Diskussion sollte hier nicht auf der Strecke bleiben:
Für die Totzeit bei der Messung mit einem Mikrofon ist ein Abstand des Mikrofons von der Membran unerheblich, der weniger als der halbe Radius der Membran beträgt. Davon kann man sich durch Messungen überzeugen. Dass das Mikrofon auf die Membran geklebt werden muss, ist ein Mythos. Dadurch besteht im Gegenteil das Risiko einer Verfälschung der Schalldruckmessung, wenn nämlich der 90°-Winkel zur Lautsprecherachse nicht exakt eingehalten wird.
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Dieter,

Deine Vorbehalte gegen ein Mikro auf Membran sind durchaus nachvollziehbar (abgesehen davon, dass die B&Ms ganz gut "gehen" :wink: ). Wenn man das Regelmikro vor der Membran montiert, bräuchte man doch eigentlich eine sehr stabile Halterung. Das ist designmäßig wahrscheinlich nicht unbedingt "schön" (nebenbei auch ein Kostenfaktor :wink: ) und mechanisch wie resonanzmäßig nicht so ganz einfach zu realisieren. Was ist hier Deine Einschätzung bzw. Erfahrung?

Es gibt bei den verschiedenen Montagemöglichkeiten natürlich unterschiedliche Kompromisssätze.

Gruß,
Winfried

2973
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Dieter

Wenn ich einen Zylinder tangentiell in die ringförmige Kerbe zwischen Membrankonus und Staubschutzkalotte lege, ergibt sich der rechte Winkel fast automatisch. Halber Radius Abstand schließt eine seitliche Montage am Gehäuse aus, dann müsste das Mikrofon resonanzarm vor der Membran montiert werden, gleichzeitig vor Beschädigungen an dieser exponierten Stelle geschützt werden.

Die elektrische Mikrofonverbindung von der bewegten Membran zur Elektronik dauerelastisch und ohne Nebeneffekte zu gewährleisten, ist ein Problem für sich, welches offenbar als geringer eingeschätzt wird als andere, sonst würden Hersteller sich wohl kaum für diesen Weg entscheiden.

Abstandsbedingte Phasendrehungen dürfen nicht im Transitbereich der Frequenzweiche liegen. Mit der Anbringung im Zentrum ist das naheliegenderweise am sichersten.

Grüße Hans-Martin
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dietert
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Beitrag von dietert »

Ja, bei B&M hatte das vielleicht wirtschaftliche und optische Gründe, das Mikrofon auf die Membran zu kleben. Und es ist eine einfache Lösung, sowas lieben Ingenieure. Tatsächlich ist ja der erzeugte Schalldruck in etwa proportional zur Membranbeschleunigung. Vielleicht ist das der Grund, warum es bei den B&M AFB Boxen gut funktioniert, auch wenn das Mikrofon unter der Vibration Störungen produziert. In diese Richtung ging ja auch die Argumentation von Ralph.

Ich habe aber auch schon andere Lösungen gesehen, auch bei renommierten Herstellern, aber das wäre dann wohl Off-Topic. Vielleicht mache ich nochmal einen Thema über die Mikrofonregelung nicht modifizierter Lautsprecherchassis, so wie Cay-Uwes Thema über den Doppelspulentieftöner. Für mich war interessant, dass ein Mikrofon im Nahbereich keine richtige Wellenfront von der Membran sieht, sondern die Beiträge vom Rand der Membran kommen später. Deswegen ist der Frequenzgang nicht nur im Tieftonbereich anders (zu viel), sondern auch im Hochtonbereich (zu wenig).
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Das waren keine optische und wirtschaftliche Gründe, sondern technische Gründe. Nämlich die Totzeit so klein wie möglich zu halten, welches entgegen deiner Meinung einer der limitierenden Faktoren für die Regelbarkeit eines Chassis ist.

Es ist übrigens auch einer der Gründe weswegen der kapazitiv abgetastete 38mm Kalotte sich nur bis ca. 9KHz gegenkoppeln lässt, und war auch der Hauptgrund, warum die damalige Monitor5 4 Stück 13cm Tieftöner statt einen großen Tieftöner verwendet hatte.

Bei der Monitor5 wurde die 38mm Kalotte übrigens nur bis 3KHz verwendet, der Hochtonbereich wurde durch eine 19mm Kalotte abgedeckt.

Unteranderem deswegen hat man den induktiven Sensor eingeführt, weil da direkt an der Schwingspule die Regelinformation abgenommen wurde und somit die Totzeit bedingt durch die Schalllaufzeit in der Membran vermieden hat. Ansonsten ist die kapazitive Regelung nämlich die bessere Variante, weil sie die gesamte Membran integriert über die Fläche erfasst.

Ralph
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bob_lage
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Beitrag von bob_lage »

Hallo Aktive,

nach etwas Theorie hier etwas Neues von der aktiven Bastlerfront: ;-)

Ich habe nun das defekte original Mikrofon meines ersten Basslautsprecher gegen ein MCE 4000 getauscht. Der Basslautsprecher funktioniert jetzt wieder. Der Klang ist subjektiv genauso wie beim Original. Leider kratzt er ein wenig. Dies ist wahrscheinlich auf die krumme Schwingspule zurück zu führen, die ich mir bei meinen ersten Versuchen eingehandelt habe (siehe weiter oben).

Fazit: Mit einer sehr ruhigen Hand, stahlharten Nerven, einem Skalpell und Tepichmesser lassen sich die Töner der AFB Serie für 1,69 Euro (Ebaypreis) reparieren.

Der zweite defekte Basslautsprecher mit nicht verzogener Schwingspule wartet jetzt auf sein Mikrofon. Leider habe ich eines meiner vor ein paar Wochen bestellten Mikrofone mit dem eigentlich viel zu großen Lötkolben verdaddelt (Stichwort: ruhige Hand).

Weitere Versuche folgen ....

Beste Grüße

Thomas
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Thomas,
Glückwunsch zu geglückten Reparatur!! Bild

Ich halte Dir jedenfalls die Daumen, dass Du den zweiten TT ohne "Flurschaden hinkriegst! :cheers:

Gruß,
Winfried

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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Dieter und Ralph,

das Thema "Mikrofonregelung - Theorie & Praxis" ist so interessant, dass auch ich vorschlagen würde, es auszulagern und weiterzuführen.

Zum Thema Punktsensor vs. "Multi"sensor: Ich könnte mir vorstellen, dass (trotz möglicher Laufzeitunterschiede) mehrere , gleichmäßig über die Membranfläche verteilte Mikrofone (z.B. eins mittig, sechs weitere auf halbem Radius oder ...) "aufsummiert" ein"brauchbareres" Sensorsignal erzeugen könnten als ein einzelnes, auf der Membran befestigtes und kräftig durchgeschütteltes Mikro. Die Regelungstechnik dahinter, mit Totzeiten, Phasenrand, optimaler Summation, usw. müsste vielleicht berechnet werden.

Boaahh! Wie das duftet...! Ein Leckerbissen für unseren Roman <RPWG>: Differentialgleichungsspaghetti "al denke", geschwenkt in etwas frisch ausgelassenem Gehirnschmalz, gewürzt mit einem kräftigen Schuss "Mathematica" und abgerundet durch eine süße Nachspeise aus LT Spice Simulationsmodellergebnissen ... :mrgreen: .

Gruß,
Winfried

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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Winfred

Die Totzeitprobleme sind ein Tod einer jeden Proportionalregelung. Man kann das nur ganz schwer überlisten.

Roman hat das schon hinter sich gelassen, weil er einsehen musste, das es sich mit einem induktiven Sensor ungleich besser regeln lässt als mit dem aufgeklebten Mikrofon. Sein erster Prototyp war mit einem Mikrofonsensor ausgestattet. Die mit einem Mikrofon erzielbare Gegenkopplung ist lange nicht so effizient wie mit einem induktiven Sensor. Hinzu kommen aufwendige Entzerrungsnetzwerke in der Regelschleife, um die Regelung überhaupt ruhig zu bekommen. Phillips hatte in den 60er Jahren mal was Ähnliches probiert, halt eben mit einen Piezo Beschleunigungsaufnehmer. Nannte sich damals MFB.

Ich kann mir nicht vorstellen, das Roman sich damit nochmals befassen will.

Ralph
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dietert
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Beitrag von dietert »

@ Ralph
Ralph Berres hat geschrieben:Nämlich die Totzeit so klein wie möglich zu halten, welches entgegen deiner Meinung einer der limitierenden Faktoren für die Regelbarkeit eines Chassis ist.
Wie bitte, das darf ja wohl nicht wahr sein. Nein, was ich mitgeteilt habe, ist:
Die Totzeit bei der Verwendung eines Mikrofons hängt nicht entscheidend davon ab, ob das Mikrofon auf der Membran aufgeklebt ist, oder davor fest montiert ist, so lange der Abstand von der Lautsprechermembran klein im Verhältnis zum Membrandurchmesser ist.

Genauso ein B&M Mythos ist eventuell die Behauptung, dass ein MC-Tonabnehmer eine wesentlich bessere Regelung ergibt als ein Doppelspulentieftöner. Dazu konnte ich selbst bisher allerdings nur an Sony-Chassis ähnlicher Bauart Messungen durchführen, siehe meine Beiträge weiter oben. Und ein Chassis, was bis in den Kilohertzbereich regelt, ist mir bisher noch gar nicht begegnet, leider. Das kann aber noch kommen.

@ Thomas
Auch von mir weiterhin viel Erfolg bei der Restauration deiner B&M Boxen, dafür kann etwas Hintergrundwissen sicher nicht schaden.
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Dieter,

Aufregung ist unnötig und kontraproduktiv... :roll: Lass uns bei der interessanten Sache an sich bleiben:

Also zu Totzeiten hattest Du Dich ja entsprechend geäußert und ich habe das auch aufgenommen. Eine gemessene Größe ist klein gegen eine vergleichbare, wenn ein Multiplikator von mindestens 10, besser 50-100 dazwischen liegt. Nach Deiner Maßgabe sollte der Mikrofonabstand (andere Verzögerungen zu null angenommen) bei einem 200 mm näher als 20 mm, besser bei 2 mm liegen, Kompromiß 10 mm um dem TT genügend Hub zu lassen, was 30 µs Schalllaufzeit entspricht. Hmmm... das ist wirklich nicht viel wenn man den TT Bereich regeln will (und ich mich nicht verrechnet habe :wink: ). Bleibt die Befestigungs- und Schwingungsproblematik sowie die Justage der Mikrofonabstände bei der vorgeschlagenen Multimikroanordnung sowie die Regelungstechnik. Es hört sich recht interessant an, aber der Aufwand scheint hoch. Man müsste halt wissen ob die Mikrofonregelung hörbare Verbesserung gegenüber Moving Coil bringt...

Noch eine kleine Klarstellung: Die kapazitive Regelung der Kalottenhochtöner geht (z.B. beim SHT der alten BM20) wirklich bis in 10 kHz Bereich. Dort wird der Umladestrom des aus Kalotte und dahinterliegendem Gitter gebildeten Kondensators gemessen. Das geht recht gut.

Na dann mal weiter im Text! :wink: :mrgreen:
Gruß,
Winfried

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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Was hat denn der Membrandurchmesser mit der Schalllaufzeit in der Luft zu tun? wenn das Mikrofon nicht auf der Membran montiert ist, sondern davor?

Die Regelbarkeit hat bei mir immer da ein Ende gefunden, wo durch die Laufzeit innerhalb der Membran der Phasenrand zu klein wurde. Wir sind uns doch (hoffentlich) wenigstens darüber einig, das die Schalllaufzeit innerhalb der Membran um deutlich kleiner ist, als in der Luft. Erschwerend kam allerdings zumindest bei dem Hochtöner dazu, das bei der ersten Partialschwingung ( bei ca. 21 kHz ) sich die Phase ziemlich abrupt dreht. Da war dann endgültig Ende der Fahnenstange.

Wenn du ein Chassis suchst , was bis in den Kiloherzbereich sich regeln lässt, musst du nur dir eine BM 6 nehmen. Der Mitteltöner hat bei 800 Hz noch einen Gegenkopplungsfaktor von locker 4 und erst bei ca.3 kHz ist Ende. Der 20 cm Tieftöner der BM 7 lässt sich immerhin noch bis 1,2 kHz gegenkoppeln, und hat bei 300 Hz einen Gegenkopplungsfaktor von 6 erreicht.

Die Versuche mit Doppelschwingspule habe ich übrigens auch gemacht. Es scheiterte regelmässig am übersprechen des Treibersignals auf die Sensorspule. Es war irgendein Chassis von Visaton mit dem ich das probiert hatte. Habe es aber schnell aufgegeben, weil eine elektrische Kompensation des Übersprechens von der Lage der Membran abhängig war. Wenn das so zielführend wäre, dann würden die Herren Müller, Ziegler, Volk usw. nicht sich die Mühe machen, eine Sensorspule ins Chassis zu implementieren.

Ich will dir das nicht abspenstig machen, und ich will mich eigentlich auch nicht hier im Forum streiten. Aber man sollte die Physik doch so akzeptieren wie sie ist, und dessen Grenzen akzeptieren.


Winfred, vergiss bitte nicht, das aufgrund der Geschwindigkeitsregelung du ohnehin nur ein Phasenrand von 90° bestenfalls hast, der durch die Laufzeit sehr schnell kleiner wird. Zu dem wird der Pegel mit zunehmender Frequenz immer kleiner, man muss also immer mehr Verstärkung einstellen, wenn man bei hohen Frequenzen überhaupt noch gegenkoppeln will.

Ralph
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