Wer baut Dipol- bzw. Ripol-Subwoofer?

Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

O.Mertineit hat geschrieben:Raummoden in Längsrichtung, welcher der Dipol von einer Position stark anregen kann (als "Schnellewandler"), werden vom Hörer (als "Druckempfänger") vermindert empfangen und umgekehrt.
Hallo Oliver,

Danke für deinem ausführlichen Bericht! Ich habe diesen obigen Kernsatz noch einmal per Zitat wiederholt, weil ich diese wichtige Aussage als absolute Besonderheit in dem vielen Text nicht untergehen lassen wollte.

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Haralds Grafik zeigt die 4 Längsmoden, stellt man den Dipolbass in einen Knoten (Node), regt er diese Mode maximal an, in einem Knoten nimmt der Hörer aber nur ein Minimum wahr. Dort wo der Hörer das Maximum hört, wird die Mode aber praktisch nicht angeregt.

Daraus ergeben sich für mich 2 Fragenkomplexe:

1. Wie ist das mit den anderen Frequenzen, die auch zum Spektrum gehören, aber nicht zu den Raummoden zählen, der Hörer sitzt quer zum Dipol, also auf dessen Auslöschungsachse. Wie misst sich so ein Frequenzgang im Raum an diesem Punkt (Hörplatz in der Mitte, Monosignal, beide Dipol-Bässe arbeiten)?
2. Angenommen, es sind 2 und er sitzt (nicht auf einem) in der Mitte, wie fügt sich dieser Bass zeitlich mit dem darüber anschließenden Bass-Mitteltöner zu einem homogenen Klang zusammen?

Und wie verhält sich das mit einem kardioiden Bass anstelle des Dipol?
So lassen sich einige Konfigurationen finden, mit denen selbst in modenbehafteten Räumen - Räume mit schallharten Wänden haben deutlicher ausgeprägte Eigenmoden als z.B. Räume mit bedämpften Trockenbauwänden - ein nahezu "modenfrei" anmutender Frequenzgang im Bereich der Hörplätze möglich ist.
Hast du eine Grafik, in der schematisch solche möglichen Sitzplätze eingezeichnet sind? Die obige Grafik ist schematisch, die Teilerverhältnisse sind einfach ganzzahlig, mehr braucht man nicht, weil andere Parameter nicht ins Gewicht fallen, und gerade wegen des dipolaren Charakters laterale und vertikale Moden nicht angeregt werden.
Diese Möglichkeiten in der Aufstellung einzelner oder weniger Schallquellen treffen nur für Dipol Subwoofer zu, jedoch kann der Subwoofer dafür meist nicht (mit) ins normale Stereodreieick gestellt werden: Es sind 1-2 separat aufstellbare Dipol-Subwoofer zu bevorzugen, die z.B. seitlich neben den Hörplätzen in einer Raumkante verschwinden können.

Mit Dipol Subwoofern sind - meist nicht perfekte - praktisch aber sehr brauchbare Annäherungen an dieses Ideal bereits mit 1-2 Subwoofern möglich.
Naja, eine 0-Lösung brauchen wir wohl nicht besprechen, und so lässt dieser Satz (durch das "bereits mit 1-2...") darüberhinaus nur 3-4 Dipolwoofer vermuten -aber, Spaß beiseite- ist das sinnvoll?

Grüße Hans-Martin
P.S. Bei Interesse kann ich gerne noch ein paar Literatur Links nachliefern ...
Oh, ja, bitte, bitte...
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hans-Martin hat geschrieben:2. ... wie fügt sich dieser Bass zeitlich mit dem darüber anschließenden Bass-Mitteltöner zu einem homogenen Klang zusammen?
Nachsatz: Ursprünglich dachte ich darüber nach, ob es der Reflexion an der Raumwand bedarf, um die Ankunft der abgestrahlten Welle zeitlich festzumachen. Aber dummerweise kommt ja zeitgleich von hinten das entgegengepolte Signal und nicht nur der Lautsprecher hat an dieser zentralen Stelle eine Null, auch der Raum.

Ich denke, die Raummitte (hier gemeint auf Längsachse) ist auch bei Einsatz von Dipolen keine gute Position für alles. Und im Modenmuster ist die Idee, wo das eine ein Maximum hat, bietet das andere ein Minimum, wenn man von den zu vermeidenden Bereichen zwischen der Wand und der ersten Node absieht.
Ja, ich tendiere sogar zu der Meinung, dass die Hörposition zwischen den Dipolbässen keine Vorteile bietet, wo auch immer sie (symmetrisch) stehen. Kardioide mögen sich da wesentlich anders verhalten, aber wie?

Die klassische mir bekannte Dipol-Aufstellung ist bei 1/3 der Raumlänge, dazu passender Sitzplatz bei 2/3. Während der positive Direktschall den Hörer passiert, an der Rückwand reflektiert zum Hörplatz zurückkehrt, trifft er dort auf den rückwärtig abgestrahlten invertierten Schall, der reflektiert am Lautsprecher vorbei zum Hörer gelangt und den Erstgenannten kompensiert. Hätte man eine Ausdehnung des Lautsprechers bis zur Decke, und bei 2 Stück eine seitliche Verteilung bei 1/4 und 3/4 der Raumbreite, wäre es eine minimalistische Variante des DBA - zumindest in meiner vereinfachten Betrachtung. Die Integration mit Mittel/Hochtonbereich ist vermutlich auch kein Problem.

Aber bei all solchen Überlegungen bleibt die Frage: Wie verhält sich an dieser Stelle ein kardioider Bass?
Gibt es für ihn einen herleitbaren besten Platz im Modenmuster (2 Stück Stereo mit Monosignal, bei gleichzeitiger Berücksichtigung eines Hörplatzes, nur Längsmoden betrachtet)?

Grüße Hans-Martin
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O.Mertineit
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Dipol Subwoofer und Multisub im Hörraum

Beitrag von O.Mertineit »

Hans-Martin hat geschrieben:
... mehr braucht man nicht, weil andere Parameter nicht ins Gewicht fallen, und gerade wegen des dipolaren Charakters laterale und vertikale Moden nicht angeregt werden.
Hallo Hans Martin,

leider ist eine solche Aussage in dieser Absolutheit vollkommen unhaltbar. Man kann den Raum so nicht auf eine Dimension reduzieren.

Deshalb habe ich oben von "verminderter" Anregung von Quer- und Längsmoden gesprochen. Will man den Raum vom Verhalten her innerhalb eines bestimmten Frequenzbereiches quasi auf eine Dimension reduzieren, dann müsste man ihn mit mehreren Dipol-Subwoofern anregen ... ein DBA oder ein SBA ist letztlich ebenfalls eine Strategie, mit der das Verhalten des Raums auf eine Dimension reduziert werden soll.

Inwieweit das gelingt, hängt von der Konsequenz der Umsetzung und der Dichte der für das Array verwendeten Schallquellen in Relation zur kleinsten abgestrahlten Wellenlänge ab. Auch DBAs und SBAs kann man "näherungsweise" umsetzen.

Die meisten Lösungen für reale Installationen sind nicht "perfekt". M.E. ist es auch nicht sinnvoll und vollkommen realitätsfremd im Bereich der Tieftonanregung akustisch kleiner Räume nur nach "perfekten" Lösungen zu suchen: Die scheinbar "perfekten" Lösungen sind meist mit hohem Installationsaufwand verbunden und daher für "real existierende" Anwender vollkommen praxisfern. Gefragt sind m.E. "gute und umsetzbare" Lösungen. Eine Lösung in diesem Sinne ist m.E. keinesfalls eine "0-Lösung", wie Du es formulierst.

Als "0-Lösung" könnte man ebenfalls solche bezeichnen, die zwar theoretisch perfekt sind, die aber in der Realität aufgrund des Installationsaufwandes und der damit verbundenen Kompromisse im Wohnraum kaum jemand umsetzen wird. Breitbandige und "perfekte" DBAs und SBAs halte ich z.B. zu den eher "schwierig" umsetzbaren Lösungen. Natürlich gibt es Hörer, die auch diese Lösungen praktisch in ihrem Raum umsetzen.

Es macht jedoch m.E. keinen Sinn, Aussagen mit absolutem Charakter zu treffen, welche dann nicht haltbar sind. Manchmal ist es daher durchaus sinnvoll, Aussagen abwägend oder relativ zu formulieren, wie ich es oben bezüglich der Anregung von Quer- und Längsmoden durch (einzelne) Dipole getan habe.

Ich kann nicht im Detail auf alle Deine Fragen eingehen, sehe aber gewisse Verständnisprobleme, welche ich wohl nicht so einfach - mal eben in 2 Sätzen - ausräumen kann u.a.: Es gibt unterhalb der Schröderfrequenz im modalen Bereich des Raums de facto keinen Direktschall in dem Sinne, wie wir ihn oberhalb der Schröderfrequenz kennen. Es gibt nur modale Einschwingvorgänge.

Reines Nahabhören lasse ich jetzt mal außen vor, um die Sache nicht noch komplizierter zu machen, den hier geht ohnehin schon zuviel durcheinander (unterhalb der Schröderfrequnenz vs. oberhalb, Mono vs. Stereo, ...).

Wenn man vom Bereich unterhalb der Schröderfrequnenz spricht, dann sollte man die Verhältnissse nicht mit Begriffen für höhere Frequenzen vermischen. Erfahrungsgemäß weiß man sonst - besonders in Forendiskussionen - nach 2-3 Posts übeerhaupt nicht mehr wovon der andere jeweils spricht.

Die von Dir genannten "1/3 vs. 2/3" Ansätze zählen aber trotzdem zu den möglichen Aufstellungsstrategien beim Dipol:

"Setze den Hörer in Proportion etwa so weit von der Rückwand weg, wie die Dipol-Schallquelle zur Frontwand steht." Dass wäre eine grobe Formuliererung dieser Strategie. Sie führt aber nicht zur "Perfektion", sondern ist lediglich als eine heuristische Annahme zu sehen, in deren Umgebung dann vermehrt praktische Lösungen in einem konkreten Raum gesucht werden können.

Die theoretisch "perfekte" Mutter dieser Lösungen (würde man ähnlich wie beim DBA mehrere Dipole "links, rechts, oben unten" im Raum verteilen ist tatsächlich die "1/2 zu 1/2" Aufstellung. Sie kann zwar in der Praxis nicht oft umgesetzt werden, hier ist sie jedoch beschrieben. Es handelt sich um eine Arbeit, welche auf sehr ausführlichen Simulationen beruht:

(1)"MODAL COUPLING OF DIRECTIONAL SUBWOOFERS IN RECTANGULAR ROOMS",
Philip Feurtado, The Pennsylvania State University, 2013

https://etda.libraries.psu.edu/paper/18841/17442

Hinweis: Die heruntergeladene Datei muss vernmutlich mit der Extension ".pdf" versehen werden, um
sie im Reader direkt anszusehen.

>> Die o.g. Lösung findet sich in Kapitel 4.2 Figur 4.1.2 S.61. Auch diese Lösung ist jedoch in der Praxis nur näherungsweise umsetzbar, denn der Hörer müsste mit der Einzelschallquelle quasi mitten im Raum schweben.

Hans-Martin hat geschrieben: Naja, eine 0-Lösung brauchen wir wohl nicht besprechen, und so lässt dieser Satz (durch das "bereits mit 1-2...") darüberhinaus nur 3-4 Dipolwoofer vermuten -aber, Spaß beiseite- ist das sinnvoll?
Die im Folgenden dargestellten - realen - Lösungen sind unter Verwendung von 1-2 Dipol-Subwoofern in meinem Hörraum zustande gekommen und es mag sich jeder selbst ein Bild davon machen, ob es sich hier um "0-Lösungen" handelt oder nicht:

Bild:
http://www.dipol-audio.de/subwoofer-mod ... Octave.JPG

rot: einzelner Dipol-Subwoofer in linker Raumkante
blau: einzelner Dipol-Subwoofer in rechter Raumkante
grün: Summe, wenn beide Subwoofer in Betrieb sind.

Bereits mit einem einzelnen Subwoofer sind die Ergebnisse im Frequenzbereich von ca. 26... 80Hz, wo diese Subwoofer eingesetzt werden - "äußerst brauchbar" um es vorsichtig auszudrücken. Auf meiner Webseite sind auch Frequenzgänge mit geringerer Glättung (z.B. 1/12 Oktave) zu finden.


Bild:
http://www.dipol-audio.de/subwoofer-mod ... ngated.JPG

Zeigt einen Burst Decay - in Schwingungsperioden(!) skaliert - bei Anregung meines Hörrams nur mit einem Subwoofer, hier ohne Tiefpassfilter. Ich denke, das Ergebnis spricht im Bereich ca. 26...80Hz - wo dieser Subwoofer bevorzugt eingesetzt wird - für sich selbst.

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Stereophone Wiedergabe mit Subwoofern ...

Noch eine eine Anmerkung zu stereophoner Wiedergabe bei Subwoofern unterhalb der Schröderfrequenz:

Hier muß eine Abwägung getroffen werden, ob vorhandene Subwoofer vornehmlich zur Herstellung einer ausgewogenen Raumanregung genutzt werden sollen, oder ob 2 Kanäle stereophon übertragen werden sollen. Man kann hier die Prioritäten durchaus unterschiedlich setzen:

- Bei Earl Geddes z.B. ist die Antwort ganz eindeutig, die stereophone Wiedergabe aufzugeben und mit einem Mono-Signal und mehreren Suboofern zu arbeiten, um den Raum ausgewogen anzuregen.

- U.a. bei David Griesinger findet man Ansätze, die auf manchen Aufnahmen evt. vorhandene Stereo- Information im tiefen und mittleren Bass auch im modalen Bereich des Hörraums zur Erzeugung von "Einhüllung" zu nutzen.

Ich bin persönlich für beide Ansätze offen, fürchte jedoch, daß der Geddes'sche Ansatz in Bezug auf die meisten verfügbaren Stereo-Aufnahmen realistischer und zielführender ist. Hier verweise ich trotzdemn auf den m.E. interessanten Artikel von David Griesinger:

"Loudspeaker and listener positions for optimal low-frequency spatial reproduction in listening rooms."
Author: David Griesinger, Location: Lexicon, 3 Oak Park Dr., Bedford, MA 01730-1441

http://www.davidgriesinger.com/asa05.pdf
_______________


Einige weitere Artikel zu Ansätzen, wie u.a. zu Multisub Systemen sind hier sicher schon bekannt,
eine Auswahl ist immer etwas willkürlich ...

Multisub etc.:

(2) Welti, “How many subwoofers are enough”, Audio Eng. Soc. preprint 5602 (2002)

(3) Welti, “In-room low frequency optimization”, Audio Eng. Soc. preprint 5942 (2003)

(4) Welti, “Low-frequency optimization using multiple subwoofers”, J. of Audio Eng. Soc. 2006, S.347

(5) "Optimierung der Tieftonwiedergabe in Tonstudios und Abhörräumen"
Anselm Goertz, Markus Wolff, Lutz Naumann

(6)Vanderkooy (2007), “Multi-source room equalization: reducing room resonances”,
Audio Eng. Soc. Preprint 7262

(7) Earl Geddes, "Setting Up Multiple Subs", 2011

(8) Earl Geddes, "Why Multiple Subs", 2011


Dipol:

(9) Linkwitz (2003), “Why is bass reproduction from a dipole woofer in a living room often subjectively more accurate than from a monopole woofer”,
J. of the Audio Eng. Soc., p.1062


Weitere Links:

Dipol und Monopol Interaktion mit dem Hörraum:

Interessante Grundlagen zu Platzierung und Raumantwort Dipol, Monopol, Kardioid
http://www.musicanddesign.com/Dipole_modesA.html

http://www.linkwitzlab.com/AES%2798/aes-98.htm

http://mehlau.net/audio/dual_nearfield_sub/


Kardioid Quellen:

Vergleich H- und U-Frame Woofer
http://www.linkwitzlab.com/H-U%20woofer2.htm

Ausführung als U-Frame Woofer:
http://www.musicanddesign.com/u_frame.html


Grüße aus Reinheim

Oliver
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