Der Doppler-Effekt

phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Von der Wirkung her ist es eh nur eine andere form von IMD.

Gruss

Charles
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Die moderne Auseinandersetzung mit dem Thema hier, durch Keith Howard, den ich auch schon an anderer Stelle mit seinen Simulationen zitiert habe, baut gern auf mathematische Modelle.
James Moir und Paul W. Klipsch haben dazu früher schon Daten geliefert:

James Moir: Doppler distortion in loudspeakers 1967 (What Hifi, AES)
Paul W. Klipsch: Modulation Distortion in Loudspeakers, 1968

Klipsch zeigt, dass die Amplitudenmodulation (k2,k3, second order sidebands) ausgeprägter ist als die Frequenzmodulation (Flutter, Doppler, first order sidebands)

Ein Backloaded Horn für einen Breitbandlautsprecher hat normalerweise eine Druckkammer, somit einen Tiefpass ins Horn, eine Verbesserung bei tiefen Frequenzen, allerdings keine Wirksamkeit bei Frequenzen unter der Horngrenzfrequenz. Da sollte man bei den Chassisparametern sehen, wie das Chassis mit seiner eigenen Resonanzfrequenz hochrutscht.

Das Volumen hinter dem Klipschorn-Treiber ist so dimensioniert, dass die Treiberresonanzfrequenz nicht unter der Hornresonanz liegt, um eine hinreichende Dämpfung zu bekommen. Klipschorn ist ein Frontloaded Horn für Eckaufstellung, um die maximale Mundöffnung zu bekommen. Beim Backloaded Horn ist das so einfach nicht möglich.

Bose 901 ist einer der weltweit erfolgreichsten Breitbänder-Lautsprecher, zudem noch mit Equalizer in Bass und Höhen angehoben. Da müsste es vor Dopplereffekten nur so strotzen, dennoch, dessen Mitteltonwiedergabe würde ich nicht als schlecht bezeichnen, auch wenn ich mich sonst nicht positiv über dieses Konzept und seine Marketing-Argumente äußern möchte.

Zumindest in der Analog-Welt und speziell in der Zeit vor der Digitaltechnik gab es Frequenzmodulationsprodukte von Bandlängsschwingungen (bis 30Hz), die sich noch addierten, wenn das Aufnahmeband im Masterinstudio bearbeitet auf ein anderes Bandgerät überspielt wurde. Und schließlich in der Plattenproduktion vom Bandwiedergabegerät vor der Schneidemaschine.

Beim Plattenspieler: System-Tonarm-Resonanz (7-10Hz), Subchassis (2Hz), Elliptizität der Rille (0,5-Hz) und Motorvibrationen und Unrundheit (50/60Hz) schon in der Aufnahme bzw. unausweichlich beim Abspielen des Tonträgers vorhanden. Die größte Amplitudenstörung verursacht ein Höhenschlag der Schallplatte, wie man am Subwoofer sehen kann.

Aber besonders niedrige Frequenzen verursachen Seitenspektren, die besonders nahe am Originalton liegen und wenn überhaupt, weniger störend wahrgenommen werden als die weiter entfernten. Da spielt die Amplitude eine untergeordnete Rolle.

Da die vertikale Auslenkung auf beiden Kanälen gegenphasig ist, sind 1-Subwoofer ergänzte Systeme im Vorteil, weil die Störung herausfällt. Bei 2 Subwoofern kann man bei mittleren Lautstärken dann Nebengeräusche der Sicken / Membranbewegung hören, weil jeder den vom Signal vorgegebenen Hub machen muss. Das kann zwischen Flappen und Quietschen liegen, abgesehen von Geräuschen der Bassreflexrohre.

Außerdem muss man sich mal vorstellen, dass ein Fahrzeug mit Martinshorn langsam fahren kann, ab welcher Geschwindigkeit kann man den Dopplereffekt hören? Mit Amplitude hat das doch nichts zu tun, sondern nur mit Schnelle/Geschwindigkeit der Ortsveränderung gegenüber dem Hörer. Je schneller die Ortsveränderung, um so deutlicher die Wahrnehmbarkeit.

Ich hatte in den 1970er Jahren Wireless World abonniert, und erinnere mich spontan an Leserbriefe von James Moir und eine lebhafte Diskussion bei den Briefen an die Redaktion über die Wahrnehmbarkeit und Bedeutung der Dopplereffekte, auch der Phase.

Es scheint - spontan hergeleitet - sinnvoll zu sein für ein 5-Wege System zu plädieren, um die Chassis in einem kleinen perfekten Frequenzbereich zu betreiben, der dann dopplereffektfrei betrieben werden könnte. Wenn ich an die vielen Lautsprecherkonstruktionen mit mehreren Wegen denke, die ich so auf Messen gehört habe, bei denen eine fokussierte räumliche Abbildung absolut nicht zu den Stereoeigenschaften gehörte, denke ich, man muss abwägen, wo man seine Prioritäten setzt.

Ein Horn, das 5 Oktaven unverfärbt abdecken kann, um ein befriedigendes 2-Wegsystem zu bauen, habe ich noch nicht gefunden. Gut 3 Oktaven sind idR möglich, naheliegend dass Paul W.Klipsch auf Eigenschaften seiner Konstruktion hinweist, die bei Mitbewerbern im Vergleich nicht so gut wegkommen. Man muss sich mal vorstellen, auf welcher Tonhöhe eine Stimmgabel schwingt. Beim Klipschorn ist das sehr nahe der Übergangsfrequenz zwischen Bass und Mitteltonhorn, noch im Transitbereich der Filter.

Wenn Keith Howard seinen Artikel mit dem Vorschlag beendet, die Übergangsfrequenz zwischen Bass und Mittelton in den Bereich zwischen 400-500Hz zu legen, fällt mir sofort ein, dass es keine Weiche sein sollte, die die Polartär des Mitteltöners invertiert verlangt, weil damit die absolute Polarität der Musikwiedergabe gleichermaßen positiv und negativ im Grundtonbereich der Instrumente wiedergegeben, folglich gestört wird.

Ich bin mir sicher, dass es viele Effekte bei Lautsprechern gibt, die auffälliger sind als der Dopplereffekt.

Auf der Orgelempore ist man im maximalen Druckbereich. Beschäftigt man sich mit dem Residualton, um fehlende lange Pfeifen quasi zu ersetzen, könnte man auf Gedanken kommen, die das harmonische Gefüge betreffen. Spielen Instrumente in einer Tonart, welche Mischprodukte können dann entstehen, die als disharmonisch empfunden werden, die nicht nicht in die natürliche Grund-/Obertonreihe einfügen?

Grüße Hans-Martin
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

@ Roman,

ich kannte Dein "Teilchen" schon und wollte hier nichts vorweg nehmen. Nichts desto trotz, es zeigt, wie es so oft gehen kann; man "beseitigt" ein Problem und schafft sich ein Neues.

Anderseits, zeigt aber diese Diskussion einmal mehr wie komplex das Design eines Lautsprechers sein kann. Am Ende ist es so wie Hans-Martin sagt, man muss seine Prioritäten setzen und nach den Erfahrungen die ich in den letzten 30 Jahren gemacht habe, liegen für mich die offensichtlicheren Probleme an anderer Stelle :wink:

Toll finde ich auch Klipschs Schlußwort: Wie jemand das empfindet, wird von Hörer zu Hörer sehr unterschiedlich ausfallen.

Ein Tannoy Chefentwickler wiederum bringt es auch kurz und bündig auf den Punkt: "If it sounds good, its good". :mrgreen:
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Zu den vielen Einflussgrößen gehört auch die Intermodulation, die sich an Konaktübergängen ergibt, bei Passivlautsprechern z.B. zwischen oberflächlich korrodierendem Kupfer und Anschlussklemmen, oder an verzunderten Schutzschaltungs-Relaiskontakten. Auf das erstgenannte weist Nelson Pass hin:
Nelson Pass hat geschrieben:However, we could easily install the finest amplifiers, cables, and terminating impedances and achieve 100 times the distortion of the amplifier alone. Loose, dirty, or oxidized connections can, while measuring well with an ohmmeter, cause high amounts of harmonic and intermodulation distortion. When high distortion occurs during an amplifier checkout at Threshold one of the first things we do is replace or tighten the cable from the amplifier to the load; we have thus cured many "defective" amplifiers.

Copper and aluminum oxidize quickly and oils from our fingers find their way to the conductor surfaces, causing poor contact; so on more than one occasion the dramatic improvement provided by an exotic cable has merely demonstrated the extremely poor quality of the previous cable's long neglected connections
Aktivisten sind da zwar zunächst aus dem Schneider, aber irgendwann sind die Relais auch fällig. Und da könnten die SolidState Relais ein Ersatz sein (hier im Forum auch diskutiert).

Weich federnd gelagerte Boxen, "entkoppelt" vom stabilen Untergrund, könnten stattdessen mit Spikes unverrutschbar angekoppelt werden und dieses bewirkt eine Verbesserung der Reinheit der Höhen, Brillanz, Deutlichkeit, Ausdruckskraft etc.

Ich habe die Auswirkungen der Rückstoßkräfte aus dem Antrieb am Gehäuse und am LS-Ständer gemessen. Dass der Tieftöner mit dem Gehäuse gut verschraubt sein sollte, der Hochtöner hingegen entkoppelt, zeigt schon der Hörvergleich mit orchestraler Musik. Die Abbildungsschärfe wird besser, die Löslösung vom LS unterstützt den Gedanken.

Weniger Intermodulationsprodukte sind besser, deshalb bin ich keineswegs ein Gegner des Gedankens, dass Dopplereffekte den Klang überlagern und verschlechtern. Die entscheidende Frage ist, wie der Hörer diese bei seinen bereits vorhandenen Boxen reduzieren kann.

Grüße Hans-Martin
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