Trennfrequenz Hochtöner

Bernd Peter
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Trennfrequenz Hochtöner

Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

aus gegebenen Anlass möchte ich folgende Trennfrequenzwerte von Hoch- zu Mitteltonchassis - auch im Hinblick auf Belastung des Hochtöners - zur Diskussion stellen:

Dynaudio Focus XD 600: 3100 Hz mit 27 mm Kalotte

Dynaudio Focus XD 200: 2500 Hz mit 27 mm Kalotte

Prisma 2: 1200 Hz mit 25,2mm Kalotte

Sonus Fidelis 2: 870 Hz mit 25 mm Kalotte

Gruß

Bernd Peter
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Wenn man nur so grob einen Blick auf die Angaben wirft, sieht es schon merkwürdig aus, dass gerade die kleineren Kalotten mit tieferer Uebergangsfrequenz angesteuert werden.

Diese Uebernahmefrequenz alleine sagt aber noch nicht viel aus. Wie sieht es z.B. mit dem X-max der Tweeter aus ? Was für eine Filterfunktion mit welcher Ordnung wurde implementiert ?
Was ist der maximale Schalldruckpegel der ganzen Konstruktion ?

Gruss

Charles
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Charles,

danke für die aufschlußreichen Fragen.

Allein mit diesen beiden von mir genannten Werten ist es also nicht getan.

Lassen sich trotzdem - vorsichtig formulierte - allgemeingültige Aussagen treffen?

Gruß

Bernd Peter
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo Bernd-Peter,

Ich kenne die genannten Konstrukte bis auf die P2 leider nicht im Detail, vermute bei den Dynaudios jedoch ein linearphasiges FIR-Filter, welches im Amplitudengang an ein normales LR4 Filter approximiert wurde. Davon unterscheidet sich die P2 recht stark, da sie wesentlich steilere FIR-Filter verwendet. Die lineare Peak-Auslenkung beträgt bei der Kalotte laut den mir zugrunde liegenden Daten beidseits 1 mm.

Solange man nicht die Randdaten der jeweiligen anderen Konstruktionen kennt, ist es ein Äpfel-Birnen-Vergleich.

Was ist denn der gegebene Anlass?

Beste Grüße,
Roman
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Bernd Peter

Zur Betrachtung eines Einzelchassis: Mit Xmax und Sd sind die maximal möglichen Wiedergabepegel in Abhängigkeit der Frequenz gegeben. Das ist für alle Chassis so. Je tiefer hinunter Du ganz allgeimein einen Lautsprecher betreibst, desto weniger Schalldruck wirst Du damit produzieren können. Die Formeln sind bekannt. Du kannst im Extremfall z.B. mit zwei Kalotten-Hochtönern und einem Bügel einen prima Fullrange-Kopfhörer basteln - absolut gut zu gebrauchen ab 20Hz. Wenn es ein bisschen mehr Schalldruck sein darf, dann wird es allerdings schnell mal etwas anspruchsvoller in Bezug auf die Erwärmung der Strukturen. Diese Parameter können konstruktionsbedingt sehr unterschiedlich sein. Und dann haben Hochtöner in der Regel einen individuell begrenzten Frequenzbereich, in welchem sie mit akzeptablen Verzerrungswerten wohnzimmertaugliche Maximalpegel (d.h. ca. 95...105dB @ 1m) reproduzieren können.

Zur Betrachtung eines Gesamtsystems: Je weiter zwei Chassis (Mittel- und Hochtöner) auseinanderliegen und desto höher die Übergangsfrequenz gewählt wird, desto kleiner wird der Winkel sein, welcher in der Vertikalen einigermassen homogen, d.h. von Interferenzen ungestört, abgestrahlt wird. Auch dieses Lobing, d.h. die Einbrüche des Schalldrucks auf der Vertikalen können recht präzise berechnet werden, wenn der die Weichencharakteristik und die Distanz zwischen den Chassis bekannt sind.

Somit wird ziemlich alles praktisch beliebig kombinier- und abwägbar: Abstrahlverhalten, Belastbarkeit, max. Schalldruck, Verzerrungen und Weichencharakteristik sind bloss einige der wichtigen Paramter, welche das Gesamtkonzept schliesslich als Kompromiss auf dem Ladentisch und in der Hörstube charakterisieren werden.

Undeterminierte Grüsse
Simon
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo,

ein kurzer Hornansatz ("Waveguide") wird manchmal benutzt, um den Frequenzgang bei 1 bis 2 KHz anzuheben und damit den Hochtöner zu entlasten. In dem Moment, wo man den Frequenzgang korrigiert, merkt man, dass die Trennfrequenz niedriger liegen darf.

Neulich habe ich verschiedene Neodym-Hochtöner verglichen, weil ich mir einen Koax-Lautspecher aus hochwertigen Einzelchassis kombinieren wollte. Das Volumen hinter der Kalotte macht anscheinend einen großen Unterschied. Hochtöner mit etwas mehr Volumen haben tendenziell eine niedrigere Resonanzfrequenz, d.h. man könnte dann niedriger trennen.

Sowas kann man bei zaphaudio http://www.zaphaudio.com/tweetermishmash/ sehr gut studieren.

Es ist auch die Frage, für welchen Pegel man eine Box auslegt. Besonders bei passiven Zweiwegelautsprechern kommen die Hochtöner schon früh an ihre Grenzen. Durch die üblichen 12 dB/Oktave Weichen kriegen die Hochtöner dann Leistung zwischen bei 1 KHz und darunter und fangen bei gehobener Lautstärke an zu klirren. Einen Aha-Effekt bekommt man, wenn man mal Musik nur auf dem Hochtonkanal anhört, mit Weichen von 12, 24 und 48 dB/Oktave, bei gleicher Trennfrequenz, z.B. 2 KHz. Eine schöne Demo für aktives, digitales Audio.

Grüße,
Dieter T.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Dieses Thema wird aus meiner Sicht immer wieder verkannt und ich habe es gerade vor Kurzem im Open End Forum versucht etwas zu verdeutlichen, wobei ich das hier an einer anderen Stelle mit einem Beispiel von einen Mitteltöner auch schon gemacht habe.

Ich habe zwei Boxen simuliert, die mit den gleichen Komponenten, bestückt sind. Zu dem gehört eine 25mm Kalotte mit einen xmax = 0,25mm ( sehr typisch ), die einmal mit 24dB Linkwitz-Riley bei ca. 1 kHz trennt und das andere Mal mit 6dB ( weil ich das so gerne mag :mrgreen: ) bei ca. 2,5kHz.

Beide Versionen besitzen einen sehr ähnlichen Frequenzgang auf Achse und sieht wie folgt aus:

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Die etwas versteckte gestrichelte Linie ist der FG für 24dB Trennung, die durchgezogene Linie für die 6dB Filterung.

Der errechnete Maximalpegel würde wie folgt ausschauen:

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Auch hier ist die durchgezogene Linie der Verlauf mit 6dB Filterung und die gestrichelte mit 24dB Linkwitz-Riley.

Gut zu erkennen ist, dass die Version mit dem steilen tiefen Filter einen Einbruch zeigt, der vom xmax des Hochtöners her rührt.

Geht man nun auf eine 19mm Kalotte, mit nur 0,1mm Maximalhub, dann sieht der Maximalpegel wie folgt aus:

Bild

Die durchgezogene Linie ist die 19mm Kalotte und die gestrichelte die vorherige 25mm Kalotte. Mit der 19mm Kalotte und xmax = 0,1mm wird das Ganze sehr bedenklich ...
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo,

ich habe manchmal den Verdacht, das sich im High-End-Bereich womöglich schlechte Lautsprecher besser verkaufen als gute. Damit meine ich, dass ein hörbarer Klirr beim Hörer irgendwie Interesse weckt, vielleicht weil das Gehör Klirr mit Lautstärke assoziiert. Ein klirrender Lautsprecher wird deswegen für laut und imposant gehalten. Ein wirklich einwandfreier Lautsprecher, der auch gehobene Pegel ohne hörbaren Klirr wiedergibt, erscheint dagegen eher unauffällig. Vielleicht begründet diese "akustische Täuschung" auch den besonderen Ruf von Röhrenverstärkern und Elektrostaten.

Ist aber nur so eine Idee, immerhin zum Thema: Wieso sind teure Lautsprecher kommerziell erfolgreich, bei denen man anhand der technischen Konzeption eigentlich schon weiß, dass das noch nicht mal HiFi ist? Auch zu dieser Frage gibt es bei zaphaudio.com interessante Messungen, Stichwort Bändchenhochtöner.

Grüße,
Dieter T.
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Cay-Uwe
cay-uwe hat geschrieben:... eine 25mm Kalotte mit einen xmax = 0,25mm ( sehr typisch ), die einmal mit 24dB Linkwitz-Riley bei ca. 1 kHz trennt und das andere Mal mit 6dB ( weil ich das so gerne mag :mrgreen: ) bei ca. 2,5kHz. ...
Eine 25-mm mit Sd 7mm^2 und Xmax=0.25mm "kann" bei 1000Hz 87.3dB. Gemeinsam mit dem Mitteltöner, welcher bei der Trennfrequenz nochmals genau gleichen Schalldruck additiv produziert, d.h. 6 dB dazu beiträgt, ergibt dies einen Schalldruck von gesamt und max. 93.3dB, was ein sicherlich bloss etwas schwachbrüstiges System hergibt. Deshalb finde ich eine Simulation bei 1000Hz für einen Kalottenhochtöner in einem Mehrwege-Lautsprecher zwar interessant (s.u.), aber für meinen Gusto nicht besonders praxisbezogen.

Dieselbe Hochtonkalotte kann demgegenüber bei 2500Hz exkursionsbedingt immerhin 103.2dB an Schalldruck produzieren, was für mich persönlich in etwa dem Schalldruck entspricht, den ich für Einzelchassis in meinen aktuellen Weichenprojekten anstrebe. D.h., ich dimensioniere meine Gesamtsysteme für theoretisch exkursionbegrenzte minimale 110dB (@1m). Das ergibt komfortable Reserven, auch in Hinsicht auf die Verzerrungen bei den üblichen tieferen Wiedergabepegeln.

Last not least zum Lobing, welches ebenso von der Trennfrequenz (und von der Distanz zwischen den Treibern) abhängt. Ich nehme mal hypothetisch an, dass der Mitteltöner einen Aussendurchmesser von 12cm aufweist, und der Hochtöner einen solchen von 10cm. Das ergibt einen Abstand von Zentrum zu Zentrum vom 11cm, falls beide Treiber ohne weiteren Zwischenraum aneinander verbaut werden. Zwei Punktstrahler in einem Abstand von 11cm produzieren nun folgendes vertikales Lobing, resp. folgende Schalldruckeinbrüche auf der vertikalen Symmetrielinie:

Bei 11cm Zentrumsdistanz sowie bei 2500Hz (wo die Schalldrücke beider Systeme gleich hoch sind) entsteht rechnerisch bei einem Winkel von 38.6° Gegenphasigkeit. D.h. theoretisch eine Auslöschung des Schalldrucks.

Diese Nullstelle bei 38.6° ist unabhängig von der Weichencharakteristik. Die Weichencharakteristik bestimmt jedoch die Weite des Sektors, in welchem sich der interferenzbedingte Einbruch des Schalldrucks bemerkbar macht: Je steiler die Weiche ist, desto kleiner wird der Sektor, in welchem die Störung auftritt. Beispiele:
NT2 - Weiche, 11cm, 2500Hz: Bei 30.6° -1dB, bei 33.7° -3dB, bei 35.8° -6dB, bei 38.6° -undendlich
LRK 4 - Weiche, 11cm, 2500Hz: Bei 21.1° -1dB, bei 28.8° -3dB, bei 31.6° -6dB, bei 38.6° - unendlich
6dB/Okt - Weiche: Da beginnt der Einbruch des Schalldrucks bei noch kleineren vertikalen Winkeln. Ich habe die exakten Winkel nicht berechnet, da ich diesen Weichentyp bei Lautsprechern nicht anwende.

Fazit: NT 2 ergibt erwartungsgemäss (wegen der Steilheit) die beste vertikale constant directivity, die Weiche 1.Ordnung (flache -6dB/Okt) die schlechteste. Deshalb verwende ich NT 2 oder Horbach-Keele, seit es Acourate gibt.

Mit den zuvor verworfenen 1000Hz-Übergangsfrequenz und den immergleichen 11cm Zentrumsdistanz wäre im Gegensatz zu den 2500-Hz-Weichen praktisch kein Lobing zu erwarten - mit NT2 gar keines, und mit LKR4 bei 64.3° unbemerkbare -1dB. Als Leisesprecher könnte man dieses 1000Hz-Konzept denn getrost als "constant-directivity-concept" aufs Verkaufsregal bringen - Aber, wie schon gesagt, sicherlich nicht in meine Wohn- und Hörstube.

Alles ist Kompromiss ...

Trigonometrische Grüsse
Simon
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Simon,

vielen Dank für Deine Erläuterungen, die auf andere Aspekte der Weichencharakteristik eingehen. Wie immer wird es ein Kompromiss sein, wie man entwickelt.
Man sollte sich im klaren sein, wo man Vorteile bekommt und wo man sich Nachteile einhandelt. Persönlich liegen meine Ziele bei:

1. Pegelfestigkeit, aber nicht um laut zu hören, sondern um Dynamik bestmöglich wiedergeben zu können
2. Abstrahlcharakteristik, wobei hier für mich das Gesamtergebnis, also das Bündelungsmaß wichtig wäre

Das habe ich gerade in Bezug auf der hier erwähnten Audio Optimum versucht zu erläutern, zwar anhand von Simulationen, die eventuell nicht ganz die Praxis abbilden, jedoch aber die Tendenzen aufzeigen.

Dabei geht es um eine D'Apolito Anordnung und wenn man das Bündelungsmaß im Auge behält, dann kann man mit flacher Filterung doch Einiges erreichen:

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Wie bei den vorher gezeigten Frequenzgang, ist die durchgezogene Linie das Bündelungsmaß für 6dB Filterung, die Gestrichelte für 24dB LR4.
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Cay-Uwe
cay-uwe hat geschrieben: 1. Pegelfestigkeit ...
2. Abstrahlcharakteristik ...
Deine Antwort hat mich etwas zum Recherchieren, Rechnen und Resümieren verführt. Und immer ausgehend von den Trennfrequenzen des Hochtöners, da mich die ultratiefe Einsatzfrequenz der Eton 26HD1 ab 870Hz in der Fidelis 2 schon etwas irritiert hat...

Zur Fidelis 2

HT: Eton 26HD1 ab 870Hz
Xmax=1.2mm (Schwingspulenhöhe/Polplattenhöhe 1.3mm/2.5mm)
Sd=6.8cm^2
SPL_max@870Hz=98.2dB
D_Frontplatte=90mm

2x MT/TT: Eton 7-200/A8/32, resp. 7-202/C8/32 HEX bis 870Hz
Xmax=9mm (Schwingspulenhöhe/Polplattenhöhe 17/8mm)
SD=137cm^2
Vd=123.3cm^3
D_Chassiskorb=175mm
SPL_max=104.3dB@71Hz / 98.2dB@50Hz

Daraus sich ergebende Hypothesen zur Fidelis 2:

Xmax/Sd-limitierter Schalldruck:
Die Fidelis 2 ist dank des HT mit (überdurchschnittlich grosser) Xmax von 1.2mm in der Lage, bei tiefen 870Hz beachtliche 98.2dB abzustrahlen, was im Gesamtsystem gemeinsam mit dem TMT bei 870Hz einen Xmax/Sd-limitierten max. Schalldruck von 104.2dB ermöglicht. Dieser Schalldruck kann bis 71Hz hinunter erbracht werden. Falls die Fidelis 2 mit einem Subwoofer ausgestattet würde, könnte die Übergangsfrequenz für einen gleichbleibend hohen Schalldruck bis minimal 50Hz hinunter gelegt werden.

Lobing:
Bei einer Distanz von ca. 280mm zwischen den Tiefmitteltönern ist ab +-45° in der Vertikalen ein Lobing mit einem Einbruch von -6dB (-6dB @ 870Hz) zu erwarten. Dieser Einbruch verstärkt sich nach oben und unten hin bis +-90° (bei +-90 @ 613Hz).


Zur Fidelis 3

HT: Eton 26HD1 ab 1200Hz
Xmax=1.2mm (Schwingspulenhöhe/Polplattenhöhe 1.3mm/2.5mm)
Sd=6.8cm^2
SPL_max@1200Hz=103.8dB
D_Frontplatte=90mm

2x MT Eton 4-200/A8/25 HEX, resp. 4-202/C8/25 HEX, 100Hz-1200Hz
Xmax=4mm (Schwingspulenhöhe/Polplattenhöhe 10mm/6mm)
SD=55cm^2
D_Chassiskorb=116mm
SPL_max@100Hz=95.3dB

22cm Audax-HDA-plus Konuslautsprecher als Subwoofer bis 100Hz

Daraus sich ergebende Hypothesen zur Fidelis 3:

Xmax/Sd-limitierter Schalldruck:
Die Fidelis 3 hat denselben HT mit einer Xmax von 1.2mm wie die Fidelis 2. Der HT in der Fidelis 3 ist aufgrund der höheren Übergangsfrequenz in der Lage, bei 1200Hz 103.8dB abzustrahlen, was im Gesamtsystem gemeinsam mit dem TMT einen Xmax/Sd-limitierten max. Schalldruck von 109.8dB ermöglicht. Des weiteren weist der 26HD1 bei ca. 1000Hz eine Verzerrungsspitze auf, weswegen die Trennfrequenz von 1200Hz diese Verzerrungspitze etwas minimiert. Von den beiden Mitteltönern kann ein Xmax/Sd-limitierter Schalldruck von 109.8dB im Alleingang ab einer Frequenz von 230Hz erbracht werden, und in Kombination mit dem Tieftonkanal ab 163Hz (103.8dB@163Hz). Allerdings ist bei der Fidelis 3 die Frequenzweiche zum Subwoofer hin noch tiefer, d.h. bei 100Hz angelegt. Deshalb wird der Xmax/Sd-limitierte Schalldruck des Gesamtsystems nicht von der Übergangsfrrequenz zwischen HT und MT definiert, sondern von dieser Trennfrequenz bei 100Hz. Mit der Gesamtmembranfläche von 110cm^2 der beiden Eton 4-200/A8/25 HEX beträgt der erreichbare Xmax/Sd-limitierte Schalldruck bei 100Hz für die beiden MT alleine 95.3dB, in Kombination mit dem Subwoofer 101.3dB. Des Weiteren: Der Eton 4-200/A8/25 HEX weist laut Datenblatt bei 1 W Eingangsleistung folgende Verzerrungserte auf: 0.75% @ 150Hz, 3.25% @ 100Hz.

Lobing:
Bei einer Distanz von ca. 220mm zwischen den Tiefmitteltönern ist ab +-40° in der Vertikalen ein Lobing mit einem Einbruch von -6dB (-6dB @ 1200Hz) zu erwarten. Dieser Einbruch verstärkt sich nach oben und unten hin kontinuierlich bis +-90° (bei +-90 @ 780Hz).


Und nun ein aufgrund der obigen Werte abgeleitetes, theoretisches Mixkonzept für ein zentrales D'Appollito-Array:

Offenbar scheint es prinzipiell möglich, den Eton 26HD1 Hochtöner in Extremis mit einer LKR4-Weiche ab 870Hz einzusetzen. Besser erscheint es jedoch und in der Fidelis 3 vorgeführt, für diesen Hochtöner eine Übergangsfrequenz von 1200Hz vorzusehen. Dafür wird bei der Fidelis 3 ein etwas kritischeres Lobing als bei der Fidelis 2 in Kauf genommen (-6dB@40° vs. -6dB@45°). Unter Verwendung von etwas kleineren Mitteltönern, wie sie in der Fidelis 4 verbaut sind (Eton 3-400/A8/25 MG) kann die Übergangsfrequenz zwischen HT und MT sowie das sich daraus ergebende Lobing als neuer Kompromiss angelegt werden. Dabei soll im Mixkonzept von einer noch etwas besseren, vertikalen Charakteristik als jene der Fidelis 2 ausgegangen werden.

HT: Eton 26HD1 ab 1200Hz
Xmax=1.2mm (Schwingspulenhöhe/Polplattenhöhe 1.3mm/2.5mm)
Sd=6.8cm^2
D_Frontplatte=90mm
SPL_max@1200Hz=103.8dB

2x Eton 3-400/A8/25 MG, 320Hz-1200Hz
Xmax=3mm (Schwingspulenhöhe/Polplattenhöhe 7mm/4mm)
SD=34cm^2
D_Chassiskorb=94mm
SPL_max@240Hz=103.8dB / max@320Hz=108.8dB

2x beliebige Bass-Systeme bis 320Hz

Daraus sich ergebende Hypothesen zum Mixkonzept:

Xmax/Sd-limitierter Schalldruck des Inneren d'Appolito-Arrays:
Der HT ist wie in der Fidelis 3 augrund der höheren Übergangsfrequenz in der Lage, bei 1200Hz 103.8dB abzustrahlen, was im Gesamtsystem gemeinsam mit dem TMT einen Xmax/Sd-limitierten max. Schalldruck von 109.8dB ermöglicht. Von den beiden Mitteltönern kann ein Xmax/Sd-limitierter Schalldruck von 109.8dB im Alleingang ab einer Frequenz von 338Hz erbracht werden, und in Kombination mit einem Tieftonkanal ab 240Hz (103.8dB@240Hz). Mit 240Hz ist die Übergangsfrequenz für den Einsatz eines Subwoofers definitiv zu hoch, weswegen wie bei der Fidelis 4 ein weiteres, äusseres TT-Paar zur Anwendung kommen soll. Da die Klirrwerte des 3-400/A8/25 MG laut Datenblatt unterhalb 300Hz relativ stark ansteigen (0.8%@240Hz ... <0.3%@320Hz), empfiehlt sich ein Einsatz erst ab 320Hz mit Werten <0.3% von 320Hz ... 4kHz. Theoretisch wäre ein einzelnes Paar von 3-400/A8/25 in der Lage, einen Xmax/Sd-limitierten Schalldruck von 108.8dB @ 320Hz zu erzeugen, mit der Unterstützung des Basskanals also insgesamt 114.8dB. Diese hohen Auslenkungsreserven kommen bei realistischerweise niedrigeren Pegeln dem Klirrverhalten zugute. Bei der Fidelis 4 liegt die Trennfrequenz zwischen TT und MT bei 257Hz.

Lobing des inneren d'Appolito-Arrays:
Die einzelnen Treiber werden in einem sehr geringen Abstand mit einem Zwischenraum von 3mm auf der Schallwand montiert. Bei der sich ergebenden Distanz von 190mm zwischen den Tiefmitteltönern ist ab +-48° in der Vertikalen ein Lobing mit einem Einbruch von -6dB (-6dB @ 1200Hz) zu erwarten. Dieser Einbruch verstärkt sich nach oben und unten hin kontinuierlich bis +-90° (bei +-90 @ 900Hz).


Zusammenfassend kann ich folgendes festhalten:

Ich habe bei meiner etwas vertiefteren Beschäfigung mit den Fidelis den Eindruck bekommen, dass diese Systeme sehr schön (sprich wunderschön) aufgebaut und gut durchdacht sind. Dazu kommt der Einsatz von feinstem Rohmaterial. Gratuliere.

Berechnungen, resp. Simulatonen mit den Fidelis 2 und Fidelis 3 haben ergeben, dass ich es als Selbstversorger eigentlich feudal gut habe. Ich kann mir beliebiges, und auch nach meinem Ermessen (noch) Stimmigeres zusammenstellen, resp. meine Weichen und anderen Kompromisse selbst wählen. Das habe ich mit meinem hypothetischen schon mal gemacht und vorexerziert.

Die Fidelis 1 und 4 habe ich nicht berechnen können, da ich keinen Aufschluss gefunden habe über die zur Anwendung kommende 19mm-Kalotte, und mir deshalb deren Werte fehlten. Beim von mir postulierten Mixkonzept habe ich mich dennoch an die Gegebenheiten bei der Fidelis 4 angelehnt, um zu schauen, was dabei herauskommt. Statt der unbekannten 19-er Kalotte kam die 25-er Symphony von Eton aus der Fidelis 2, resp. 3 zum theoretischen Einsatz.

That's it. Kannst Du meine Erörterungen einigermassen nachvollziehen? Insbesondere natürlich würde es mich sehr interessieren, ob Du meine Erwartungen zum von mir errechneten Lobing bestätigen kannst: Hast Du eine vertikale Polare der Fidelis 2, resp. 3 handy, um "rasch mal" nachzuschauen? Des weiteren würden mich natürlich Verzerrungsmessungen der Fidelis 2 und Fidelis 3, bei 96dB im Abstand von 1 m gemessen, natürlich brennend interessieren. Denn bei 96dB "hubt" die Membran des HT in der Fidelis 2 schon beachtliche 0.47mm (peak-to-peak) vor sich hin ...

Beste Grüsse
Simon

PS:

D'Appollito's sind eigentlich eine Unterklasse von zentralsymmetrischen Chassisanordnungen, genauso wie Horbach-Keele's. Letztere eröffnen nach meinem Wissensstand in Bezug auf das vertikale Abstrahlverhalten noch bessere, da eindeutig definierte und beliebiger auslegbare Optionen als die d'Appolito's. Die für HK-Systeme notwendige Weichencharakterstik lässt sich allerdings nicht mehr so wie bei den d'Appolito's mit analoger Schaltungstechnik bewerkstelligen.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Simon,

danke für Deine Bemühungen.

Die Simulationen, die ich gemacht habe sind wie unschwer zu erkennen ist, mit BOXSIM durchgeführt und fallen erfahrungsgemäß etwas optimistischer aus.

Bei meinen Beispielen ging es mir eher aufzuzeigen, welche Tendenzen sich bei unterschiedlichen Einsatz ergeben, sei es vom Maximalpegel, oder der Abstrahlcharakteristik.

Persönlich bin ich kein Freund von zu tief angekoppelten Hochtönern, denn sie werden typischerweise aufgrund der Abstrahlcharakteristik etwas zu dominat in Erscheinung treten.
Beschreibungen wie vorlauter Hochton, schriller oder nerviger Klang, sind oft bei solchen Konstrukten zu finden und das spiegelt sich im Bündelungsmaß.
In meinen Beispiel ist das dadurch zu erkennen, dass der Präsenzbereich relativ breit abgestrahlt wird, was in normalen Hörräumen zu einer Überbetonung führen kann.

Auch der abverlangte Hub wird einen Einfluss haben können, wie Du vermutest, da er tatsächlich nicht linear ist, und nicht lineare Verzerrungen verursachen wird.

Dass das durch Weiche, bzw. Konstruktion des Lautsprechers mit Waveguides, Line Arrays, etc. optimiert werden kann ist ein anders Thema.
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo ihr beiden,

darf man somit sagen, daß echte D'Appollito Lautsprecher bei 10-15 cm TMT Chassis grundsätzlich - durch die höhere Trennfrequenz - weniger Gefahr laufen, den Hochtöner ggf. zu überlasten?

Kann mich erinnern, daß D'Appollito selbst die Empfehlung für 13 cm TMT ausgesprochen hat.

Eiskalte Ostergrüße

Bernd Peter
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Cay-Uwe
cay-uwe hat geschrieben:... Persönlich bin ich kein Freund von zu tief angekoppelten Hochtönern, denn sie werden typischerweise aufgrund der Abstrahlcharakteristik etwas zu dominat in Erscheinung treten. ...
Ich bin u.a. deshalb auch kein Freund von "... zu tief ..." angekoppelten Hochtönern, da sie irgendwann mal auch aufgrund thermischer Überlastung als repetitives Reparatur-Ärgernis "... dominant in Erscheinung treten ...". Und damit kommen wir doch zur Eingangsfrage von Bernd-Peter zurück, welche eigentlich noch nicht beantwortet wurde:
Bernd Peter hat geschrieben:... aus gegebenen Anlass möchte ich folgende Trennfrequenzwerte von Hoch- zu Mitteltonchassis - auch im Hinblick auf Belastung des Hochtöners - zur Diskussion stellen: ...
Ich lese da "... auch im Hinblick auf thermische Belastung ... ". Und hier wäre es interessant zu wissen, welchem thermischen Stress tatsächlich der Eton 26HD1 in der Fidelis 2 ab 870Hz ausgesetzt ist. Ich vermute, bei Dauerbetrieb und etwas höheren Pegeln kann die Schwingspule dann schon mal beachtliche Temperaturen erreichen. Der Hersteller spezifiziert 100W Belastbarkeit "with Crossover" ohne weitere Angabe, und empfiehlt an anderer Stelle die Verwendung des 26HD1 ab 2000Hz. Es wäre in diesem Kontext doch auch hochinteressant, die Hochtöner einer Fidelis 2 und einer Fidelis 3 nebeneinander bei derselben (höheren, d.h. mit Spitzenpegeln von ca. 96...100dB@1m) Lautstärke mit einer Thermokamera zu betrachten, resp. nach ca. 30' zu messen. Es ist sicherlich zu erwarten, dass der HT in der Fidelis 3 seinen Dienst wesentlich "cooler" verrichtet als sein Kollege in der Fidelis 2. Und deshalb in diesem Sinne konsequent und bange weiter:
cay-uwe hat geschrieben:... 1. Pegelfestigkeit, aber nicht um laut zu hören, sondern um Dynamik bestmöglich wiedergeben zu können ...
Ist das eine Warnung davor, mit der Fidelis 2 über längere Zeit "... laut ..." zu hören, da sonst sehr konkret die Gefahr besteht, dass die Hochtöner tatsächlich (ab)rauchen?

Beste Grüsse
Simon

PS: Immerhin, bei Aktivweichen muss man sich wenigstens keine Gedanken über die power compression heisser Schwingspulen machen. Die sich daraus ergebenden Freiheitsgrade sind jedoch leider auch wieder beschränkt.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Ich möchte erst mal klar stellen, dass meine Beispiele losgelöst sind von irgendein anderen Produkt auf dem Markt, jedoch die Audio Optimum Anlass für mich waren, das Ganze mal theoretisch etwas genauer zu analysieren, gerade das kleinste Modell, weil dort eine 19mm Kalotte benutzt wird, die ein xmax = +-0,1mm hat, wie auf der Webseite beschrieben wird. Aus Sicht der Belastbarkeit, Pegelfestigkeit und Bündelung finde ich das sehr bedenklich ...

Die von mir gemachten Simulationen berücksichtigen auch bis zu einen gewissen Grad die Belastung des Chassis. Ich sage bewusst bis zu einen gewissen Grad, weil die Belastung von Hochtönern eher eine Phantasiezahl für mich sind. Breitbandig genutzt liegt die Belastung von Hochtöner weit niedriger als in den Datenblättern angegeben.

Ansonsten, die thermische Belastung ist aktiv oder passiv bei gleicher Weichengestaltung ähnlich, sogar gleich, solange die Chassis mit einen üblichen Verstärker betrieben werden. Erst wenn man z.B. das Chassis mit einer Gegenkopplung versieht, z.B. Stromgegenkopplung wie bei Romans Boxen, dann werden auch thermische Einflüsse kompensiert :wink:
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