Aktives Vintage: Philips MFB 586 Optimierung

Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

cay-uwe hat geschrieben:Bild

...die erste Spitze nach unten rührt von dem verpolten Hochtöner, gefolgt von einem Überschwinger nach oben des Hochtöners. Nach dem kommt die Sprungantwort des Tief- Mitteltöners mit einen ersten "Buckel" nach oben, gefolgt vom Überschwinger die von der Hochpasscharakteristik jedes Lautsprechers her rühren.
Auch wenn Philips in Sachen Forschung einige Meriten gesammelt hat, der Rotstift ist beim Gehäuse unübersehbar angesetzt worden. Dem Stereo-Gebot, Symmetrie strikt einzuhalten, wurde durch die Lieferung identischer Paare unsymmetrisch angeordneter Hochton-/Bass-Chassis eine Grenze gesetzt.
Und die Sprungantwort hat 1978 offenbar bei der Entwicklung noch keine Rolle gespielt. Für die räumliche Abbildung sind die Basschassis bis 1kHz nach Lord Rayleighs Duplextheorie des Hörens hinreichend hinsichtlich absolute Polarität - der Hochöner ist da sekundär, weil er den Bereich Intensitätslokalisation abdeckt, seine absolute Polarität ist weniger deutlich wahrnehmbar, andere Kriterien mögen da mehr Gewicht haben, wie z.B. das Verhalten im Übergangsbereich der Weiche, Anpassung an den Tieftöner.

Ich würde eine neue Schallwand herstellen, bei der der rechte Lautsprecher den Hochtöner nach innen verschoben positioniert, die linke Box entsprechend dem Original gearbeitet, vielleicht ein Material, welches zwischen den Elastizitätsmoduln der ursprünglichen Frontplatte und den Chassis vermittelt.

Ich kann mir vorstellen, dass der Hochtöner aktuell Zeitgenossen begeistert, das Teil war mit seinem Hochtonanstieg damals seiner Zeit weit, weit voraus. Das ist mein persönlicher Eindruck, soll als solcher hier klar deklariert sein. Der Höhenwahn in der Wiedergabe überzeugt schnell, das neue Produkt bietet mehr davon, aber natürliche, unverstärkte Musik klingt anders, weitgehend gleichbleibend. Nur die Produkte legen jedes Jahr noch ne Schippe drauf.

Da der Thread unter "Philips MFB 586 Optimierung" läuft, und nicht unter "Restaurierung 586", wäre meine Vorstellung, den FG obenrum in angemessene Bahnen zu lenken, speziell hinsichtlich Schärfe, die mich schon vor 40 Jahren beim AD160 genervt hat, gewiss auch bezüglich der geometrischen Symmetrie der Boxen, vielleicht auch hinsichtlich der Polarität des HT.

Das Bassverhalten war für mich zweifellos seiner Zeit im positiven Sinne voraus, aber muss man die damaligen Fehler im Hochtönerbereich - wider heutige Erkenntnisse - noch manifestieren? Der ansteigende FG mag für viel "Räumlichkeit" sorgen, die mangelnde Symmetrie aber verschlechtert die Fokussierung der Musiker auf der "Bühne". Das wiegt für mich schwerer.

Ich traue dir, Cay-Uwe, zu, heutiges Wissen auf diesen Lautsprecher zu übertragen, halt Optimierung in Dingen, die man damals noch nicht erlernt hatte.

Grüße Hans-Martin
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Moin Hans-Martin,

ich freue mich, dass Du mir zutraust das Ganze in den Griff zu bekommen. Nichts desto trotz, bei der Optimierung habe ich auch meine Prioritäten gesetzt.

Das war zum Einen eine gescheitere Dämpfung der Gehäusewände und besseres Dämmmaterial im Inneren der Box. Das hat schon einiges gebracht. Selbst mit dem Messsignal ist das schon hörbar.

Das andere Thema ist die Tieftonausbeute, die wie gesagt, für mein Geschmack ein kleines bisschen tiefer gehen könnte. Da habe ich bereits theoretisch einen Ansatz, der bald umgesetzt werden soll, wenn das die Rahmenbedingungen zulassen.

Wenn ich mich entscheiden sollte mit den ICEpower weiter zu agieren, dann würden die Bass-EQs entfallen. Für den Fall habe ich bereits etwas über weitere Gehäuseoptimierungen nachgedacht. Viel störender als die leicht asymmetrische Anordnung der Hochtöner finde ich, dass die Chassis nicht bündig mit der Schallwand eingebaut sind. Das führt zu einen recht unruhigen Frequenzgang im Hochton und insbesondere rührt der "Buckel" zwischen 3.5 - 5 kHz daher. Das kann sich hier und da in unangenehmen durch zischelnde S-Lauten bemerkbar machen.

Es bleibt also spannend wie Du siehst. :wink:
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

es wurde ja schon des öfteren die regelung der bässe als semi optimal eingestuft. hier ein interessanter artikel zu einer diy lösung. ist doch glaube ich in der philips auch per piezo oder?

http://www.lup-berlin.de/archiv/Bausatz ... pplung.pdf

schneidet gar nicht so übel ab ;)

grüssle

christian
phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

=> Elektor :wink:

Gruss

Charles
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

dietert hat geschrieben: hat geschrieben:

...

Es wäre sehr schön, das Bode-Diagramm des Sensors zu sehen, also Sensorspannung und -phase gegen die Motorspannung gemessen, egal ob mit oder ohne Regelung. Das wäre der Einstieg in Analyse und (Re-)Design des Reglers.

Grüße,
Dieter T.
Heute Vormittag war das Wetter bei uns nicht so besonders und ich habe mich ein bisschen mit den Messungen beschäftigt. Dies wäre z.B. eine Messung an der Weiche vom Tieftönerpfad, einmal ohne Gegenkopplung ( Open Loop ), einmal mit stärkster Rückkopplung und dem dazugehörigen Sensorsignal.

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Die blaue Kurve entspricht dem Tieftönersignal ohne Rückkopplung, die rote Kurve mit stärkster Rückkopplung und die Grüne die des Sensors.

Vergleicht man die Kurve ohne Rückkopplung mit der Rückgekoppelten, dann erkennt man dass die Rückkopplung bis ca. 2 kHz durchaus noch greift, aber es fällt noch Weiteres auf, nämlich, dass die Rückkopplung nicht nur negativ ausfällt ( was eigentlich der Fall sein sollte ), sondern sie besitzt auch eine Mitkopplungseingenschaft unterhalb von 50 Hz.

Das ist aus den akustischen Messungen, die ich im Nahfeld gemacht habe auch zu sehen.

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Hier ist die graue Kurve der Schalldruck des Tieftöners ohne Rückkopplung und die Rote mit stärkster Rückkopplung. Gut zu sehen ist, dass unterhalb von 50Hz eine Verstärkung eintritt, bedingt durch die Mitkopplung.

Etwas Aufschluss über dieses Verhalten gibt eine Messung vom Sensorsignal und dessen Phase, in Betrieb mit der vorgesehenen Weiche.

Bild

Gut kann man an den Betrag und der Phase erkennen, dass sich der Sensor so wie beschaltet, wie ein Hochpass 4. Ordnung ( 360 Grad Phasendrehung ) im Bereich von 50 Hz verhält. Das führt zu den gemessenen Mitkopplungseffekt.
chriss0212 hat geschrieben:es wurde ja schon des öfteren die regelung der bässe als semi optimal eingestuft. hier ein interessanter Artikel zu einer diy Lösung. ist doch glaube ich in der Philips auch per piezo oder?

http://www.lup-berlin.de/archiv/Bausatz ... pplung.pdf

schneidet gar nicht so übel ab ;)

grüssle

christian
Das Dokument kannte ich schon und die Realisierung habe ich bereits schon mal versucht ( lange, lange her ) und wie im Dokument selbst beschrieben wird, ist das Ganze zwar recht erfolgreich, hat aber auch seine Tücken was die Stabilität anbetrifft, zu mindestens wird das so zwischen den Zeilen beschrieben.

Da schient mir der Sensor von den Philips doch sehr stabil zu arbeiten, was man ja auch daraus erkennen kann, dass er bis ca. 2 Khz wie gemessen durchaus wirkt.
Hans-Martin hat geschrieben:
...

Ich traue dir, Cay-Uwe, zu, heutiges Wissen auf diesen Lautsprecher zu übertragen, halt Optimierung in Dingen, die man damals noch nicht erlernt hatte.

Grüße Hans-Martin
Du siehst, da gibt es weitere Baustellen die einer Optimierung bedürfen :wink:

Es bleibt weiterhin spannend ...
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

das habe ich von philips gefunden ;)

http://www.mfbfreaks.nl/artikel/oorsprong/1/index.html

grüssle

christian
chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

so...

bin mal gespannt. hab gerade auch ein paar in der bucht erstanden ;)

und hier gibt es das service manual ;)

http://docs.mfbfreaks.com/sm/Service_Manual_22AH586.pdf

grüssle

christian
dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Cay-Uwe,

das Bode-Diagramm fehlt leider noch. Mit Arta Steps messe ich das, indem ich die Motorspannung in einen Eingang ("Line Rechts") und die Sensorspannung in den anderen Eingang einspeise ("Line Links"). Das Testsignal kommt in den normalen Boxeneingang. Für die Motorspannung verwende ich aus Sicherheitsgründen einen Spannungsteiler 10:1. Für das Sensorsignal des Piezo braucht man eine hochohmige Vorstufe, die sitzt bei diesen Philips-Teilen laut Schaltbild im Chassis. Ich würde das Sensorsignal hinter dem Transimpedanzverstärker am Poti 3501 abgreifen. Die FET-Vorstufe im Chassis läuft anscheinend mit 0,7 V Versorgungsspannung, grauenhaft. Sinnig ist auch, dass beide Potis "MFB" und "Low-level" im Regelkreis sind.

Arta rechnet dann Sensorspannung / Motorspannung und zeigt davon den Frequenzgang in dB und die relative Phase. Mit dieser Messung charakterisiert man das zu regelnde System. Das Ergebnis ist unabhängig von der Philips Reglerschaltung und bleibt auch gültig, wenn man die Schaltung oder die Justierung ändert.

Die Phasendrehung, die bei niedrigen Frequenzen zu einer leichten Mitkopplung führt, ist eigentlich ein Mangel der Philips-Reglerschaltung. Man braucht ja eigentlich einen Integrator, denn das Chassis sollte auf und unterhalb der Resonanz proportional zur Membrangeschwindigkeit gesteuert werden. So einen Integrator sehe ich in der Philips-Schaltung nicht.

Wo die Membranresonanz liegt, sieht man im Bode-Diagramm. Es ist die Frequenz, wo die Phasenverschiebung zwischen Motor und Sensor 90° beträgt. Auf der Resonanz ist die Motorspannung proportional zur Membrangeschwindigkeit und der Sensor misst ja Beschleunigung.

Grüße,
Dieter T.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Dieter,

danke für die Hinweise. Ein Integrator besitzt die Schaltung schon und er ist gleichzeitig der Summierer. Allerdings, integriert dieser großzügig gesagt oberhalb von 100Hz. Deswegen gibt es die von mir gemessenen Effekte. Wie ich bereits sagte, war meine Vermutung, dass der Integrierer zu früh begrenzt wird. Da wollte ich ansetzen und habe bereits eine Änderung per Simulation erarbeitet.

Aber ich habe nicht nur damit zu kämpfen, sondern auch mit Anpassungen der ICEpower an den Ausgangsstufen der Weiche. Es ist lange her, dass ich mit rein diskreten Schaltungen gearbeitet habe und da muss auch noch etwas optimiert werden, damit die Endstufen richtig angetrieben werden, oder besser gesagt die Ausgangsstufen ihre Arbeit optimaler verrichten können.

Für die Bode-Diagramme benutze ich mein altes DLSA PRO. Das besitzt auch Hochpegeleingänge und das Gute ist, man ist von Soundkarten unabhängig. Im Prinzip eine ARTA light Version wenn man so möchte.

Du meinst bestimmt den Poti 3501, oder ? Ich sehe kein 3500 :wink:

Ich halte Euch weiter auf den Laufenden :wink:
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Cay-Uwe,

"Poti 3501" ist in dem Schaltbild, dessen Link eins weiter oben von Christian gepostet wurde, mit "MFB-LEVEL" beschriftet.
Gut, der Kondensator in der Gegenkopplung des Summierers macht die Anhebung bei 100 Hz, die der Regler dann wegregelt, 200 K * 6,8 nF => 117 Hz. Dazu hast du ja die Messung mit der roten, blauen und grauen Kurve, wo der Cursor 20.1 Hz steht.
Die Resonanzfrequenz dürfte zwischen 80 und 100 Hz liegen. In dem interessanten Bereich unterhalb und auf der Resonanz, wo sich die Phase im Bode-Diagramm um fast 180° dreht, sehe ich keinen Integrator. Vielleicht kann man testweise noch einen 10 nF parallel zu dem 6,8 nF einsetzen, um die Phasenlage des Reglers bis etwa 40 Hz zu verbessern. Man will ja vor allem unterhalb und auf der Resonanz regeln.

Grüße,
Dieter T.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Hallo Dieter,

in etwa so wollte ich vorgehen, wobei ich auch etwas die Verstärkung anheben wollte. Dafür muss ich das Ganze etwas umgestalten und in etwa so soll es ausschauen:

Bild

Unterhalb von ca. 100Hz wird halt nicht mehr integriert, eine mögliche Erklärung für das Verhalten. Ich sage mögliche Ursache, denn ich meine irgendwo gelesen zu haben,
dass der Sensor mechanisch eine Hochpasscharakteristik besitzt. Das wird sich noch zeigen, wenn ich mal ohne der Weiche messe.

Es geht bald weiter ...
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Cay-Uwe,

der Piezo wird nach unten durch den Gate-Ableitwiderstand in der FET-Vorstufe begrenzt, typische Werte sind 20 nF * 1 MOhm => 8 Hz.

Grüße,
Dieter T.
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Cay-Uwe,

muss mich korrigieren. Die Werte sind eher so: 1,3 nF * 33 MOhm => 3,71 Hz, bis dahin funktioniert der Beschleunigungssensor normal.
Und die Versorgungsspannung für die FET Vorstufe am Sensor ist natürlich 15,7 V, den Anschluss bei -15V hatte ich erst übersehen.

Grüße,
Dieter T.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Dieter,

vielen Dank für die Infos und mal sehen eventuell komme ich heute dazu mal das Sensorsignal ohne die vorgesehene Peripherie zu messen.

Ansonsten bin ich dabei ordentlich meine Transistorkenntnisse wieder auf Vordermann zu bringen. Da ist man mit OPs generell doch einfacher dran :mrgreen:
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

So ich bin vorhin dazu gekommen das Sensorsignal ohne den Einfluss der Weiche zu messen. Dazu habe ich lediglich wie Dieter vorgeschlagen hat, die Spannung am Ausgang "MFB Level" gemessen und dabei den Tieftöner Fullrange, also ohne den Hochpass bei 40Hz und der Weiche zu messen. Hat ein bisschen Arbeit gekostet, da ich dazu noch "spezielle" Kabel anfertigen musste. Am Ende ergab die Messung folgenden Betrag- und Phasenverlauf des Sensors:

Bild

Ich habe die Messung nicht geglättet, damit auch jede kleinste Störung, soweit das Messgerät es zulässt, sichtbar wird. Für mich sieht es bis ca. 1kHz sehr vielversprechend aus, was ja bereits die Messungen im Originalzustand zeigten.

Wie von mir vermutet ist doch noch etwas mehr aus der Rückkopplung im Bass zu holen. Ich werde als erstes, so wie Dieter es beschrieben hat, die untere Grenzfrequenz vom Integrierer / Summierer etwas runter setzen, was sich glücklicherweise sehr einfach realisieren lässt, um ein Bild darüber zu bekommen ob man sich in die "richtige" Richtung bewegt.

Ich werde aber erst am Mittwoch Abend dazu kommen. Es bleibt spannend :wink:
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