Der Chassis-Regelung auf den Zahn gefühlt

druesel1
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Der Chassis-Regelung auf den Zahn gefühlt

Beitrag von druesel1 »

Liebe aktives-hören-Gemeinde,

als relativer Neuzugang habe ich bislang lediglich im Forum herumgestöbert. Da ich selbst geregelte (nur Bass bis etwa 350Hz mit Elektretkapseln) Boxen herstelle und von dem Prinzip überzeugt bin, im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern, wollte ich einmal damit beginnen(!), auch messtechnisch und anschaulich sowie möglichst für jeden nachvollziehbar, ein wenig Licht in das allgemeine Dunkel zu bringen.

Viele trauen ja ihren eigenen Ohren nicht so richtig bzw. hatten noch keine Gelegenheit eine gute Geregelte zu hören und wollen unbedingt Messwerte – besonders auch ein Kandidat, welcher mir schon in einem anderen Forum begegnet ist und immer wieder vehement auf Messergebnisse pocht und sich auch hier „schauki“ nennt (bitte nicht verübeln, es ist sein bzw. dein gutes Recht). Nun ist das mit dem „Klangmessen“ so eine Sache, es gibt da ja offensichtlich noch keine geeigneten Instrumente oder Messmethoden, welche eine allumfassende Beurteilung der Klangeigenschaften ermöglichen. Das bleibt im Endeffekt immer eine individuelle Angelegenheit und macht es daher so schwierig, ja eigentlich unmöglich, allgemein gültige Aussagen zu treffen.

Eines kann man aber versuchen und zwar, mit allgemein anerkannten, vor allem nachvollziehbaren, anschaulichen und nicht rein rechnerischen Methoden, die Unterschiede zwischen geregelten und ungeregelten Chassis deutlich nebeneinander darzustellen. Für den Anfang (falls es weiter gehen sollte) habe ich eine Sinus-Burst Nahfeldmessung (den Raum möchte ich möglichst erst einmal nicht mit einbeziehen!) mit einer Signalfrequenz, welches gut im Regelbereich liegt, durchgeführt und war selber etwas überrascht, dass die Unterschiede nicht so gravierend ausfielen, wie ich vom Höreindruck erwartet hätte – Bildchenlesen können andere aber sicherlich besser und mögen evtl. einen passenden Kommentar dazu abgeben.

Desweiteren habe ich versucht, den deutlich sichtbaren (?) Klirr bei einem 30 Hz Sinus (bei Frequenzen unterhalb der Resonanzfrequenz des Chassis sehr anschaulich!) gleicher Amplitude mit und ohne Regelung darzustellen. Als 3. Beispiel habe ich eine Terzanalyse mit und ohne Regelung durchgeführt und abgebildet (weiter unten natürlich).

Alle Messungen sind mit dem selben Equipment (Amp [mit und ohne Regelkreis], Boxen, Messmittel, Raum und Aufstellung) im Nahfeld des TMT (da nur an diesem Chassis eine Regelung erfolgt) durchgeführt.

Messbedingungen:

Signale:
- 1s Pause – 10 Perioden 100Hz – 1s Pause (wav und mp3 – keinerlei erkennbare Unterschiede)
- 30Hz Sinus
- Gepumptes rosa Rauschen
Verstärker: DIY-D-Amp 2 x 250W sin an 8 Ohm mit und ohne Regelung
Boxen: CB DIY 2-Wege 5 l , TMT 6,5 Zoll, stark bedämpft
Mikrofon: Neumann-Gefell MK102-MV102; 2 cm vor TMT-Membran
Wiedergabe/Aufnahme: PC mit VLC, Audacity, GAE-Terz-Analyser, SCOPE 140
Pegelung: 100 Hz Burst und Terzanalyse bei ca. 80 dB in 1m Entfernung
Klirrmessung bei ca. 93 dB in 1m Entfernung

1. Messung: 100Hz Burst; ohne Regelung

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Die senkrechte Markierung kennzeichnet das elektrische Signalende

2. Messung: 100Hz Burst; mit Regelung

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Die senkrechte Markierung kennzeichnet das elektrische Signalende

3. Messung: Klirr 30Hz; ohne Regelung

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4. Messung: Klirr 30Hz; mit Regelung

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5. Messung: Terz, ohne Regelung

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Glättung 1/3 Oktave; gepumptes rosa Rauschen

6. Messung: Terz, mit Regelung

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Glättung 1/3 Oktave; gepumptes rosa Rauschen

Kommentieren möchte ich erst einmal nicht, die Abb. sollen erst einmal einwirken und für sich selbst sprechen – es soll auch lediglich ein erster Versuch sein um Unterschiede in allgemeinverständlicher Form darzustellen. Vielleicht fallen euch passendere Formen der Messung und Darstellung hierzu ein – dann bitte ich um Anregungen – oder noch interessanter, eigene Messergebnisse. Versucht werden sollte möglichst nicht auf nur rein mathematisch, aus Dirac-Impuls und Konsorten (man möge mir die Formulierung verzeihen), hergeleitete Möglichkeiten oder Darstellung abzuheben, da dies für nicht ganz so bewanderte Teilnehmer dann doch wesentlich anschaulicher wird – nicht, dass ich den Herleitungen nicht traue – wenn ich mir große Mühe gebe kann ich dem oft noch folgen -, es scheint mir aber selber oft ins Fabelreich und Kaffeesatzlesen abzudriften, besonders weil ich fast täglich selbst die verschiedenartigsten Messungen durchführe und sehr gut weiß, wie „genau und reproduzierbar“ diese mit unter sind – kleinste Ungenauigkeiten haben hier oft große Auswirkungen.

Ich bin auch gern bereit mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln entsprechende Messungen durchzuführen und hier zur Diskussion einzustellen (es gibt auch eine Anlage, welche ich für derartige Zwecke missbrauchen kann).

Das soll's fürs erste gewesen sein. Die Unterschiede sind hoffentlich ersichtlich – teils sehr deutlich, teils weniger. Die beiden ersten Messungen mit dem 100Hz Burst weisen für eine gewisse Zeit nach der Anregung eine Überlagerung mit einer tieferen Frequenz auf, wie deutlich zu erkennen ist. Diese ist einem Kerbfilter (f- und Phasengang nicht gerade ideal), welches sich vor der Regelkette befindet und den Frequenzgang unter 20Hz abrupt absenkt (die Vst-Leistung nimmt sonst schwindelerregende Werte an), geschuldet, auf welches ich aber nicht verzichten möchte (provisorisches Überbrücken des Filters bereinigte diesen Effekt!). Noch eine weitere Anmerkung zur Terzmessung mit Regelung: die ersichtliche Pegelerhöhung unter etwa 80Hz, kann ich mit einer Sinusmessung dieses Bereiches nicht in dem Maße nachempfinden. Hier zeigt sich lediglich unter 30Hz eine etwa 1,5 dB Erhöhung bis ca. 25Hz. Auch der Buckel bei ca. 3,5kHz ist bei größerer Mikrofonentfernung nicht erkennbar – evtl. Luftverwirbelungen durch den schon enormen Hub (geschätzte +/- 1cm bei ca. 2cm Mikrobastand) der ohne Regelung kaum sichtbar ist. Alles nur Spekulation und ein weiters Beispiel für die vielen Unwägsamkeiten bei akustischen NF-Messungen.

Sollte es ein so geartetes Thema bereits gegeben haben, bitte ich um Löschung oder Verschiebung – Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen Hannes


Kleiner Nachtrag: die Ungereimtheiten bei der Terzmessung mit GK rühren von einer kleinen Undichtigkeit der TMT-Befestigung. Nach Beseitigung sieht es wesentlich linearer aus und der Buckel ist auch nicht mehr zu erkennen. Bei dem geringen Boxenvolumen und den enormen Hüben im Tieftonbereich, welcher ohne Regelung deutlich „vernachlässigt“ wird, hört man jegliche Ventilationen ganz deutlich. Winziger Fehler mit merklichen Auswirkungen – zumindest messtechnisch.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Hannes,

Software wie ARTA wird im Forum gern benutzt, sie ist sehr vielseitig. Vielleicht kann sie dir neue Möglichkeiten erschließen.

Es gab schon einige Beiträge in den Threads Betreff: Sensorregelung: Verfahren, Messung und Hörbarkeit und Betreff: Unterschiede zwischen Regelung und Gegenkopplung.

Leider finde ich Cay-Uwes Gegenüberstellung von geregelt gegen ungeregelt nicht mehr.

Grüße Hans-Martin
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Hannes

Welch interessante Vergleiche:
druesel1 hat geschrieben: 1. Messung: 100Hz Burst; ohne Regelung

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Die senkrechte Markierung kennzeichnet das elektrische Signalende

2. Messung: 100Hz Burst; mit Regelung

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Die senkrechte Markierung kennzeichnet das elektrische Signalende
Die Hüllkurve eines solchermassen aufgenommenen Sinusbursts wäre im theoretischen Idealfall streng rechteckförmig. Wenn ich beide Graphen nun so anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass die Hüllkurven in den Varianten *ungeregelt* und *geregelt* unterschiedlich verlaufen. Das ist zu erwarten. Was mich jedoch erstaunt: Die Hüllkurve erscheint nicht in der Variante *geregelt* einem Rechteck näher, sondern in der Variante *ungeregelt*? Auch das Ausschwingen ist in der Variante *geregelt" in zweiten Teil des Ausschwingens heftiger als in der Version *ungeregelt* (mit geschätzter Frequenz f/2 des Nutzsignals?). Von Auge" habe den Eindruck, dass die Welligkeit der Hüllkurve in etwa jener des Ausschwingens entsprechen könnte. So als ob die Hüllkurve mit der Frequenz des Ausschwingens moduliert wäre. Dies einige Fragen zu den Graphen.

Dann noch eine Frage: Könntest Du dir vorstellen, die Schaltung Deiner Lösung öffentlich preiszugeben und hier diekutieren zu lassen? Ich wäre sehr daran interessiert, meine Dipolbässe zu regeln.

Beste Grüsse
Simon
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

jaaaa... bitte diskutieren ;)

ich finde die regelung jedoch auch auf den ersten blick merkwürdig. das einschwingen sieht ja besser aus. das ausschwingen im ersten augenblick auch... dann verschlechtert es sich plötzlich.

viele grüsse

christian
FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Hannes,
kannst du mal den Amplituden- und Phasengang ohne und mit Regelung reinstellen?

Am besten mit ARTA oder Room EQ Wizard messen. Da kannst du auch gleich die nichtlinearen Verzerrungen messen und auswerten. Interessant wäre dann besonders der THD-limitierte Maximalpegel oder das mit Laser gemessene, THD limitierte Xmax. STEPS kann das. Aber eins nach dem anderen. ;)

Gruß
Nils
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druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Liebe Mitstreiter,

es ist natürlich genau das eingetreten, was ich vermutete: gab's natürlich alles schon ausführlich – habe ganz offensichtlich wieder an den falschen Stellen geschnüffelt – danke Hans-Martin für deine Hinweise. Hatte zwar hier nicht vor das ganze zu sehr ins Theoretische gehen zu lassen und die letzte Feinheit (Kaffeesatz) darzustellen, das überlasse ich gern den Firmen und Profis mit ihren professionelleren Möglichkeiten, sondern wie schon erwähnt, ungeschönte (!), greifbare und wirklich offensichtliche Unterschiede aufzuzeigen – mir geht es nicht um k1, k2…. bei Werten unter 2-3% - nach meiner Ansicht hat bei akustischen (!) Messungen in diesen Größenordnungen meist der gesamte Messaufbau mit Räumlichkeit und verwendetem Programm die Nase vorn. Auch hatte ich nicht vor die immerschönen Messschriebe jedweder Hersteller darzubieten, das kann jeder im Netz nachblättern.

Ehrliche und ungeschönte, möglichst einfache Messungen, völlig egal ob pro oder kontra Regelung. Auch der Vergleich mit anderen Regelungsarten als der meinen hätten mich persönlich sehr interessiert (keine Herstellerangaben!!!).

Wollte jetzt eigentlich das ganze von einem Admin löschen oder verschieben lassen, da aber aus einigen Ecken ein wenig Interesse angedeutet wird können wir es ja noch ein bisschen hinauszögern – vielleicht driftet es hier nicht ganz so weit ab und geht zu sehr in die Breite als in vergleichbaren, viel ausführlicheren Beiträgen.

Ich versuche einmal aus meiner Sicht eine Erklärung für das wirklich nicht so berauschende Ergebnis der Burstmessung mit den 100Hz – geregelt und ungeregelt – abzugeben. Zum Verständnis möchte ich noch folgendes erwähnen: die Boxen sind sehr klein mit weniger als 5l Nettovolumen und sehr kräftig bedämpft. Ein Fingerping auf die Membran (immer nur TMT) hört sich wie eine fest gespannte Trommel an (ist so, soll so sein, hat sich als gut bewährt mit Regelung, würde man ohne nicht so tun). Ich denke, dass daher das ungeregelte Burstsignal im Ausschwingen schon recht gut aussieht. Habe daraufhin die Messung unter den gleichen Bedingungen noch einmal schnell mit einer älteren CB mit etwa 15l Volumen, weniger Bedämpfung und einem 8“ TMT durchgeführt (ohne Regelung natürlich). Hier das Ergebnis:

CB 15l 100Hz Burst
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Hier sind dann doch schon einmal etwas normalere Werte für eine CB ohne Regelung zu sehen. Um Fragen vorzubeugen: nein, die Regelung schnell mal hier anzubauen geht nicht – die Box ist so wie sie vorliegt völlig ungeeignet! (anderesThema)

Hier noch einmal die 3 Boxentypen, welche ich so behandle. Streichholzschachtel zum Größenvergleich. Gemessen wird mit der kleinen rechts oben. Es sind von den Dimensionen bestimmt nicht jene, welche von den meisten wohl bevorzugt angewendet werden – sind aber für Tiefstbassanwendungen im Heimbereich vorgesehen (und ich glaube auch geeignet).

Boxengrößen:

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Das soll für heute genug sein.

Mit freundlichen Grüßen Hannes
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo zusammen,

Ich finde die Betrachtung bei einem Teilsystem mit Sinus-Bursts als Qualitätskriterium immer problematisch. Letztendlich bedeutet die Multiplikation mit dem Rechteckfenster im Zeitbereich, die "Verschmierung" der Spektrallinie im Frequenzbereich, d.h. es entstehen rechts- und linksseitig zusätzliche Frequenzen (Faltung mit Sinc(f)), die für die Ein- und Ausschwingerei zuständig sind. Diese erfahren eine Veränderung in Betrag und Phase durch das betrachtete System, wobei diese Frequenzen nicht zwangsläufig in die Nutzbandbreite fallen. Mit anderen Worten, Dreckeffekte, bzw. Dinge die mit dem was ich evtl. sehen möchte, weniger/nichts zu tun haben.

Niederfrequente Oszillationen beim gegengekoppelten System deuten meiner Erfahrung nach meist auf mangelnde Phasenreserve im subsonischen Bereich hin. Zusätzlich geht die Übertragungsfunktion oberhalb der Nutzbandbreite meist in irgendein Tiefpass-Verhalten über, also dort, wo man das Chassis schon längst abgekoppelt hat, bzw. haben sollte, es sei denn man integriert das Verhalten mit in die Weiche.

EDIT: Ok, Hannes, warst schneller :) .

EDIT: Genaugenommen ist doch bzgl. der Kanteneffekte an den Bursts interessant, wie genau das Ein-Ausschwingen dem elektrischen Ideal der involvierten Frequenzweichenfilter, plus, im Falle eines Tieftönes, der mechanischen Resonanz (oder einem elektrischen Subsonicfilter) entspricht. Ein derart erwünschter Bandpass aus einem (zum Beispiel) 12 dB-Butterworth -Hochpass und einem LR 24 dB Tiefpass schwingt nun mal so ein/aus wie er es eben macht - geregelt oder ungeregelt.

Grüße
Roman
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Hannes,

ich finde, dieser Thread sollte nicht gelöscht werden, wo er doch eine sehr eigene Lösung darstellt. Geregelt ist zugleich auch Aktiv, beides passt doch gut in dieses Forum, vielleicht auch in deinen Vorstellungsthread. Inspirierend ist es auch.

Mich würde besonders interessieren, ob du die Nachhallzeit des Raums mit diesem Konzept im Bass beeinflussen kannst. Das Mikrofon nimmt ja nicht nur den gerade abgestrahlten Bass, auch den reflektierten Bass im Raum auf.

Grüße Hans-Martin
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druesel1
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Beitrag von druesel1 »

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworte und dem Mutmachen an Roman und Hans-Martin. Nur ganz auf die Schnelle ein paar Bemerkungen zu euren Beiträgen.

Roman: Schön, dass es jemanden gibt, der geringe Dreckeffekte, welche man sich durch Regelungen etc. dazuholt, diese im allgemeinen aber nur wenig Einfluss auf das wahrgenommene Klanggeschehen haben, anzusprechen wagt – ich kann mir vorstellen dass es einige Mitstreiter gibt, welche da gleich wieder die rote Kelle erheben und mahnen – daher halte ich mich mit derartigen Äußerungen in diesem Forum lieber etwas zurück.

Eine Anmerkung sei mir noch gestattet: die Fensterung, welche du bei der Burstmessung ansprichst, kommt, denke ich, bei meiner Messerei nicht zum Tragen. Das Signal wurde lediglich abgespielt und mit audacity im wav-Format für etwa 5s aufgenommen. Jetzt einfach nur das Signal zeitlich gedehnt und den interessierenden Bereich in die Mitte geschoben. Mehr eigentlich nicht. Ich habe wirklich keine Ahnung, ob diese Vorgehensweise etwas mit der angedeuteten „Fensterung“ und der resultierenden Rechenroutine zu tun hat. Ist aber wahrscheinlich auch nicht so relevant, es dürfte schwerwiegenderes geben.

Hans-Martin: Danke nochmals für deine aufmunternden Worte. Deine Erwartungen in punkto etwaiger raumkorrigierender Einflüsse durch die Mikrofonregelung muss ich aus meiner Sicht völlig verneinen. Beeinflussung in geringem Maße sicherlich, aber wenn du "korrigierend" ins Spiel bringst, dann nur rein zufällig an einem ganz bestimmten Punkt im Raum. Lassen wir mal den mit Sicherheit recht geringen Pegel am Mikrofon außer Acht und nehmen an, die Beeinflussung sei groß genug um sicher wahrgenommen zu werden. Bilde jetzt mal mit einem guten 2-Strahloszi das Verstärkersignal zum einen und irgendwo im Raum das mit Mikro aufgenommene Signal ab (Pegelanpassungen vornehmen etc. pp.). Du kannst du mit jeglicher Standortänderung des Mirofons oder der Messfrequenz die Phase hinschieben wie es dir beliebt – kann man wirklich ganz einfach nachempfinden. Da die Regelung aber eben nicht nur durch die Amplitude am Sensor (Mikro) sondern ganz genauso durch die Phasenlage (es muss sich ja um eine Echtzeitregelung handeln, und wenn die Phase zu sehr wegläuft ist's mit der Echtzeit vorüber!) beeinflusst wird, funktioniert es mit Sicherheit nicht so wie man es möchte – einzige Abhilfe um diese nicht gerade hilfreichen Effekte klein zu halten, ist eine möglichst geringe Rückwirkung des Raumgeschehens auf den Sensor – alles andere sind reine Zufälle – wie gesagt, nur meine eigenen Erfahrungen, andere würden hieraus vielleicht eine Marketingstrategie erarbeiten.

Bis bald Hannes
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

hallo Hannes,

zuerst einmal vielen dank, dass du uns teilhaben lässt. ;)

möchtest du deine entwicklung eigentlich am ende auch in bare münze umsetzen? wenn nicht: würdest du uns evtl. teilhaben lassen, wie du deine schaltung aufgebaut hast und welche mikrofone du benutzt?

würde mich persönlich sehr freuen. ;)

viele grüsse

christian
Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Hannes,

meine Überlegung dahinter sah so aus: Der TT regt eine Raummode an, der Pegel im Raum steigt über das lineare Verhalten hinaus an. Am Lautsprecher wird der Sollpegel überschritten, die Regelung greift ein und passt den Istpegel an.

Ein anderer Aspekt ist der von der nächsten Wand reflektierte Schall, bei manchen Frequenzen gleich-, bei anderen gegenphasig, also gibt es einen Kammfiltereffekt. Auch hier wäre interessant, das Verhalten mit Mikrofon und Regelung gegen Ohne zu vergleichen.

Grüße Hans-Martin
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hannes,

bezüglich akustischer Gegenkopplung kam mir beim Lesen hier der Gedanke:

Was passiert eigentlich mit der AFB Regelung, wenn ich einen mit Weiche getrennten Subwoofer einsetze (der seinerseits aber keine akustische Gegenkopplung hat)? Das AFB Mikro nimmt ja dann einen (kleinen) Teil des tieffrequenten Subwooferschalls auf, hat aber (in erster Näherung :wink: ) kein Sollsignal, weil die Weiche ja dämpft, und müsste deswegen doch versuchen den vom Mikro aufgenommenen Schall wegzuregeln, würde den Tiefbas also (etwas) dämpfen. Diese Sache würde ich im Sinne von "auf den Zahn fühlen" gerne verstehen.

Gruß,
Winfried

3628
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RPWG
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Beitrag von RPWG »

Hallo Hannes,
hallo zusammen,

Die "Dreckeffekte" (z.B. niederfrequente Schwingungen) lassen sich eigentlich komplett vermeiden, durch eine saubere Reglerauslegung und einen sauberen Phasengang aller Stellglieder. Das lässt sich leicht überprüfen, indem man ein gegengekoppeltes Chassis vorsichtig mit der Hand "einfedert" und dann ruckartig loslässt. Man sieht dann so etwas wie eine "umgekehrte" Sprungantwort, die im Idealfall wie das Ausfedern eines Stoßdämpfers verlaufen sollte (kehrt langsam und mit max. einmaligem Überschwingen in die Ruhelage zurück). Ist die Phasenreserve zu gering, "schwimmt" das Chassis und wabbelt mit erfahrungsgemäß irgendwas um die <1 - 5 Hz in die Ruhelage zurück. :)

Um die Effekte an den Sinusbursts noch mal zu thematisieren: Was wir da an den Kanten des Sinuspakets sehen, ist der Einfluss der Gesamtdynamik des zu messenden Systems. Dazu ein Beispiel: Ein (Sub)woofer sei geregelt, durch die Regelung ist die mech. Resonanz des Chassis aperiodisch in den Bereich <1 Hz verschoben und damit de facto nicht mehr relevant. Die Frequenzweiche vor der Regelschleife besteht aus einem Subsonic-Hochpass 2. Ordnung (Butterworth) bei 20 Hz und einem sinnvoll gesetzten Tiefpass 4. Ordnung (Linkwitz-Riley) zur Ankopplung an die Satelliten bzw. den Mitteltöner einer Mehrwegbox. Dann sind es die Ein- und Ausschwingvorgänge dieses Hoch- und Tiefpass, die man an den Flanken des Sinuspaketes sieht. Die Regelung macht in dem Fall genau das was sie soll, nämlich das Chassis zu dem zwingen, was die Frequenzweiche ausspuckt (garbage in - garbage out).

Die Vorstellung, dass die Regelung dann das Sinuspaket in einer idealen Rechteck-Hüllkurve erscheinen lässt, trifft einfach nicht zu.

Grüße
Roman
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chriss0212

Beitrag von chriss0212 »

hallo Roman,
Das lässt sich leicht überprüfen, indem man ein gegengekoppeltes Chassis vorsichtig mit der Hand "einfedert" und dann ruckartig loslässt. Man sieht dann so etwas wie eine "umgekehrte" Sprungantwort, die im Idealfall wie das Ausfedern eines Stoßdämpfers verlaufen sollte (kehrt langsam und mit max. einmaligem Überschwingen in die Ruhelage zurück). Ist die Phasenreserve zu gering, "schwimmt" das Chassis und wabbelt mit erfahrungsgemäß irgendwas um die <1 - 5 Hz in die Ruhelage zurück.
und das trifft auch auf mikrofon geregelte subwoofer zu? ich hätte nicht gedacht, das ein langsames ausschwingen vom mikrofon überhaupt registriert wird.

grüssle

christian
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Beitrag von druesel1 »

Liebe Mitstreiter,

danke für die langsam reger werdende Diskussion. Ich muss anfangen die Antworten auf die Fragen ein wenig zu sortieren, sonst werden sie am Ende noch völlig vergessen – wenn's passiert bitte nicht böse sein; es ist keine Ignoranz meinerseits – einfach noch mal klingeln.

Jetzt aber alles ein wenig der Reihe nach, ich unterliege leider auch gewissen zeitlichen Einschränkungen.

Hallo Simon und Christian:
Die Option mit dem „in bare Münze umwandeln“ möchte ich mir eigentlich noch ein wenig offen lassen, obwohl ich bezweifle dass es je dazu kommt. Als Alleinstreiter in meinem Alter sind da die meisten Messen gesungen. Für die Herstellung der „Anlage“, welche aus den Boxen nebst abgesetztem, fernbedienbarem Amp. besteht, benötige ich mit Leiterplattenbestellung und allen anderen Arbeiten mindesten 3 – 4 Wochen. Zu den verwendeten Mikrofonen möchte ich nur schnell ein paar Zeilen aus einer PN einfügen:
Ganz kurz zur Sensorwahl: habe hier lange probiert – verschiedene Piezogeber, Doppelschwingspule, Zusatzinduktivität, Brückenschaltungen, frequenzmodulierter HF-Oszillator, kapazitive Konstruktionen und bin dann bei Elektretkapsel hängengeblieben und habe mich voll darauf konzentriert. Gründe: einfacher geht es nicht, kein einziges aktives BE erforderlich, Phasengang besser als bei allen anderen Sensoren zu beherrschen, Resonanzerscheinungen weit von Einsatzfrequenz entfernt und gut beherrschbar, Wiederbeschaffung problemlos, super Preiswert, Befestigung Problemlos da nicht mit Chassis verbunden. Die endgültig verwendeten Kapseln sind sehr klein und weisen 2 winzige Bohrungen in der Trägerplatte auf. Hierdurch ergibt sich ja eine Richtwirkung und was mir besonders wichtig war, eine wesentlich geringere Empfindlichkeit, wodurch auch lauteste Pegel verzerrungsarm verarbeitet werden können. Bei richtiger Anordnung der Kapsel und Einengung des Frequenzganges in gewünschter Weise (2 passive BE), sind deine Bedenken hinsichtlich Reflektionsaufnahme oder Fremdschallaufnahme wirklich unbegründet und fast vernachlässigbar. Die Kapsel ist ca. 2 cm von der Membran entfernt angebracht. Um aus, sagen wir einmal, 2 m Entfernung einen ähnlich starken Schalldruck an der Kapsel wie die Membran zu erzeugen, würdest du 40dB mehr Schalldruck benötigen – ein anderer Lsp. würde immerhin die 10000 fache Leistung benötigen. Hinzu kommt die Richtwirkung der verwendeten Kapseln, welche gezielt angewendet, den nicht gewollten Schall weiter mindern kann. Auch die Bedenken hinsichtlich Verschlechterung des Fremdspannungsabstandes sind durch die starke Einengung des Frequenzbereiches unbegründet – keine hörbare Rauscherhöhung. Die von dir angeführte Streuung der Empfindlichkeit im Arbeitsbereich, besonders wenn es auf die 20Hz zugeht, war anfänglich ein wirklich ernsthaftes Problem. Ich habe wirklich ausgemessen und konnte nur etwa jede 3. Kapsel verwenden. Seitdem ich die „offenen“ Kapseln „entdeckt“ habe hat sich dieses Problem fast erledigt. Diese bringen zwar merklich weniger Pegel bei gleichem Schalldruck ( nur etwa 30 % der geschlossenen Kandidaten), aber dafür im benötigten Bereich viel linearer, wodurch fast alle Kapseln Verwendung finden können.

Das von dir angesprochene Problem mit dem evtl. undicht werden der Kapseln beim Kontaktieren kann ich gut nachempfinden. Manche Exemplare haben etwa die Hälfte der Grundplatte ziemlich dick verzinnt und das Gehäuse dann darübergebördelt. Wenn du hier ein wenig lange lötest, fließt das Zinn weg und schon hast du ein ganz anderes Mikrofon als erwartet. Ich hatte das Problem schon 2x, allerdings war bei mir die Kontaktgabe zwischen Grundplatte und Ummantelung so schlecht geworden, dass es bei jeder Annäherung an die Kapsel zu starken Brummeinstreuungen kam. Auch unangenehm. Es gibt aber auch viele Exemplare mit anderem Aufbau, welche so etwas nicht erwarten lassen.

Bin noch einmal kurz deine Zeilen durchgegangen – auf alles habe ich da keine vernünftige Antwort aus dem Stegreif – das ist schon ein kleines Bombardement. Vielleicht noch kurz zum zu erwartenden Dynamikumfang. Der ist natürlich wesentlich vom Fremdspannungsabstand des Gesamtsystems und dem des Gebers abhängig. Habe hier keine Messungen vorgenommen, sondern lediglich meine Ohren als „Messmikrofone“ verwendet, akustische Messungen sind mir hier nicht recht gelungen, da hätte ich bei den sehr geringen Pegeln zu sehr schwindeln müssen. Deshalb nur eine rein subjektive Einschätzung: Rauschen bzw. Brumm sind ab einem Hörabstand von ca. 0,5m nicht mehr wahrzunehmen (Vol voll auf). Hier ist der Hauptverursacher eindeutig die Quelle. Sobald etwas wahrgenommen werden kann, ist auch die Regelung aktiv (elektrisch problemlos nachweisbar). Das extreme Tiefpassverhalten dürfte hierzu seinen Teil beitragen – höherfrequentes Rauschen des Sensors gelangt nicht in den Regelkreis. Bei Pegelspitzen wie sie hier auftreten können, arbeitet das Mikro noch genügend Verzerrungsarm, um nicht negativ in Erscheinung zu treten. Die Kapseln tragen die Bezeichnung „EM-124“ und sind bei höheren Abnahmemengen für 10Ct erhältlich (!).
Kleine Bemerkungen an Hans-Martin und Winfried muss ich mir aus Zeitgründen für einen späteren Zeitpunkt aufheben.

Eine Anmerkung sei mir aber bitte noch gestattet. Seht mich hier bitte nicht als fast Alleinunterhalter an. Ich möchte keinesfalls, dass jemand den Eindruck erhält ich sei Zwerg allwissend. Es sind fast alles nur Praxiserfahrungen und können auch völlig daneben liegen! Nur durch (möglichst sachliche) Kritiken können vielleicht alle noch dazulernen!

In diesem Sinne
Mit freundlichen Grüßen
Hannes


Edit: Lese gerade noch die Anmerkungen von Christian. Bei „meinen mit Mikro“ habe ich den beschriebenen Effekt wirklich nicht beim langsamen Membranbewegen. Hierzu bedarf es schon eines Pings mit dem Finger, welcher sich dann allerdings vom „Klangeindruck“ erheblich vom „ungeregelten Ping“ unterscheidet – sollte man einfach mal gehört haben. Es bedarf also hier doch etwas höherer Frequenzen als mit anderen Gebern. Kann mich allerdings auch nicht entsinnen, dass das System irgendwann einmal in sehr tieffrequente Schwingungen übergegangen ist – nur als Randbemerkung ohne dass ich dafür jetzt irgendeine Erklärung hätte.
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