Unser Besuch bei der Start-up Lautsprechermanufaktur Inklang

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depedro
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Unser Besuch bei der Start-up Lautsprechermanufaktur Inklang

Beitrag von depedro »

Durch Zufall stolperte ich im Internet über einen Hinweis auf die Hamburger Lautsprechermanufaktur Inklang, welche sich auf individuell konfigurierbare passive Lautsprecher spezialisiert hat. Sie befindet sich im Randgebiet des Hamburger Hafens.

PASSIVE Lautsprecher?? Ganz ruhig liebe Mitforenten, ich „wechsle nicht die Seiten“, ich hatte lediglich einen kleinen Plan ausgeheckt. Aber der Reihe nach.

Erst einmal den Kontakt aufnehmen. Das klappte schon mal hervorragend über die Webseite. Im persönlichen Chat hatte man sofort den Gründer und Chef, Thomas Carstensen dran. Freundlich und schnell in der Kommunikation wurde meiner Bitte nach einem persönlichen Hörtermin stattgegeben.

Der Wunsch meine alten, abgewarzten 80er-Jahre Lautsprecher mitzubringen um mich einmal über den Stand modernster Lautsprechertechnologie zu informieren wurde sofort stattgegeben. Das „klang“ schon mal hervorragend. Und jetzt zu meinem kleinen Plan: Die Box ist natürlich meine `85 B&M Delta, frisch überholt, und mit neuen Hochtönern versehen. Gebrauchtpreis: 750,-EUR, also die „schlechteste“ im Repertoire. Äußerlich getarnt als beliebige 80er Jahre Versandhandelsbox, wollten wir mit ihr Inklang mal etwas aus der Reserve locken. Wie würden sie sich wohl gegen 2000,- bis 6000,- teure modernste Passive nach 30 Jahren Weiterentwicklungszeit schlagen?


Konzept der Firma Inklang

Jetzt aber erst mal etwas zur Firma Inklang. Thomas Carstensen hat nach 25 Jahren Asset-Management seinen Traum in eine eigene Firma gegossen. Die Vision einer Lautsprechermanufaktur! Mit hohem analytischem Verstand hat er die Marktlücke der „Konfigurierbaren“ Lautsprecher entdeckt und für würdig befunden sie durch ein streng durchstrukturiertes Rahmenkonzept zu besetzen. Mit für mich noch nie gesehener Professionalität wurde hier Prozessoptimierung betrieben, die einer mittelgroßen Automobilfabrik zur Ehre gereichen würde. Beeindruckend, wie jeder Produktionsschritt durchdacht und optimiert wurde, vom Automobilzulieferer für die Chassisabdeckungen bis zum Würzburger Gehäuselieferanten, von den Seas Chassis aus Norwegen, welche auch bei den bei uns bekannten aktiv-geregelten Manufakturen AGM und Silbersand zum guten Ton gehören, bis zu dem Lampenkabelhersteller, der die optisch sensationellen Wohlfühl-Lautsprecherkabel herstellt, gibt es keinen Schritt, der nicht komplett durchdacht, sorgsam ausgewählt und in die Prozesskette hinein optimiert wurde.

Und Thomas Carstensen hat eines erkannt: „Frauen kaufen Lautsprecher!“

40% aller Käufe bei Inklang werden tatsächlich direkt von Frauen getätigt (kein Scherz), darüber hinaus wissen die meisten von uns, dass man keine oder kaum Lautsprecher gegen ihren Willen kaufen kann, wenn man nicht lebenslänglich in seine „Mancave“ verbannt werden möchte (die restlichen 60% der Käufe werden also indirekt von Frauen getätigt). Und genau deswegen gibt es sämtliche Modelle in allen denkbaren Farben auf den Wohnraum abstimmbar, die LS-Kabel in zwei wunderschönwohnlichen Ummantelungen, verschiedene Bodenplatten usw. usf.

Greifen wir uns, um auf die Technik hinter den Lautsprechern einzugehen, als nächstes mal die Weichen heraus. Die sind aus hochwertigen passiven Bauelementen verlötet, hier wird offensichtlich nicht gespart, zudem wurde darauf geachtet, dass man einzelne Chassis möglichst wenig „bremsen“ muss - teilweise fielen die Widerstandswerte der Spulen mit 0,12 Ohm sehr niedrig aus. Das lies schon mal Gutes erhoffen, das sind eben keine 5,40 EUR Standard Weichen, sondern 75,- EUR-Boliden. Wie man sie in den üblichen Lautsprechern der großen Marken gleicher Preisklassen eher selten findet. Und der Hochtöner erst, ein 220,- EUR Spitzenmodell von Seas - in Relation zum Kaufpreis der Lautsprecher wird ein großer Gegenwert geboten. Weder Außen noch im Inneren der Lautsprecher wurde gespart. Dank Direktvertrieb ergibt sich hier ein wirklich sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

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Links die optionle High-End-Weiche, rechts die „normale“ Version - alles aus den erlesensten Bauteilen ohne Rücksicht auf die Kosten aufgebaut.

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Echte Schafswolle als Dämmmaterial.

Aber nun auf zum ersten Hörtest mit der 3000,- Paarpreis-Variante der 17.2 AdvancedLine von Inklang.

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Die 17.2 im exzellenten Hörraum

Brother in Arms, der Klassiker - erst setzen im Titelstück ja nur Mitten und Höhen ein. Die klangen schon mal überraschend „aktiv“, locker und entspannt ging es zu. Stimmen hatten einen schönen „Schmelz“ an sich. Nach der schönen Stimmwiedergabe setzte dann der Bass ein, und zwar mit überraschendem Fundament. Sind 30 Jahre doch nicht spurlos an den Passiven vorübergegangen? Sollten die exzellenten Zutaten die schon jetzt ein Klangerlebnis klar vor uns bekannten passiven Canton oder Linn Lautsprechern ähnlicher Preisklasse ergaben den Durchbruch bringen? Zumindest können Frederik und ich uns nicht erinnern schon mal so unangestrengt klingende passive in der Preisklasse gehört zu haben.


Der Moment der Wahrheit.

Nun durfte die Delta in dem übrigens akustisch ausgesprochen guten Hörraum aufspielen.

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Die einigen von uns wohlbekannte „Delta“ von B&M im bekannten Trash-Look

Die Delta hielt sich dann allerdings nicht höflich zurück und dachte keine Sekunde daran ihre Qualitäten zu verheimlichen, zuerst verschaffte sich der tiefe federnde Bass Anerkennung dann die Mitten und Höhen, welche gleichzeitig völlig losgelöst und frei aufspielten. Bei den Inklang verlor das Klangbild insgesamt mit einsetzen des Basses etwas an Transparenz, das ist allerdings normal bei passiven Lautsprechern und das Problem lässt sich durch hochwertige Weichen abmildern, aber eben nicht verhindern.

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Das Inklang Spitzenmodell - sie wird vielen Passiv-Hörern die Ohren öffnen.

Auch das 6000,- EUR Inklang Spitzenmodell, die mit noch seidigerer Stimmwiedergabe auffiel, konnte daran substanziell nichts ändern, dennoch klang zum Beispiel Adeles „Chasing Pavements“ sehr schön. Der Gesamteindruck der Delta ging natürlich auch an Thomas nicht vorbei - der, man sah es schon an den großen Aluminiumrückseiten im Gehäuse der Inklang Modelle, mit möglichen Aktivkonzepten liebäugelt.

Was im Lautsprecherbau mit passiven Weichen möglich ist, wurde bei Inklang weitestgehend ausgereizt, absolute Hifi Enthusiasten, welche bereits um die Vorteile aktiver Lautsprecher wissen, sind zurzeit auch nicht unbedingt die primäre Zielgruppe, weshalb wir uns damit begnügen gespannt auf etwaige zukünftige aktive Modelle von Inklang, zu warten.

Aber diese zukünftigen Aktiv-Versionen könnten uns zurück ins Paradies bringen aus dem wir vertrieben wurden - ins Wohnzimmer! Überlast dann euren Frauen beim gemeinsamen Hörtest einfach die Farbwahl der Gehäuse und der Kabel und wir schmunzeln derweil wissend über die eingebauten Endstufen und die DSP-Weiche. Das wäre ein Konzept, welches mir so noch nicht bekannt ist. Wir halten euch aus Hamburg auf dem Laufenden!

Wir danken Thomas Carstensen für die interessanten Stunden in seinen Räumlichkeiten und zollen Respekt vor Mut, Konsequenz und Professionalität, mit welcher er sich in das „Abenteuer Lautsprecherfirma“ gestürzt hat.


http://www.inklang.de/de/

Text: Frederik und Friedemann de Pedro
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cinematic
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Beitrag von cinematic »

Schöner Bericht, macht Spass das zu lesen :D

Dem Modell auf dem letzten Bild hätte man eine Silbersand Emotion5 gegenüberstellen sollen (grad keine dabei gehabt? :wink: ) Die hätten sich ähnlich gesehen und zumindest optisch wäre es ein faires Duell gewesen. :wink:

Grüße :cheers:
tom
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo Friedemann,

auf den ersten Blick sieht das aus nach 750 € gegen ~3000 €, wobei die preigünstigere die bessere ist.
Aber: eine Delta war damals zwar ein Modell der untersten B&M-Qualitätsschiene, aber immer noch recht teuer.
Und was müßte eine Delta heute kosten, will der Hersteller kein Minusgeschäft machen :roll: ??
Man schaue nur auf die Preise der B&M-, AGM-, Silbersand- usw. Einstiegsmodelle, dann hat man eine Vorstellung. Und eine z.B. BM3 heutiger Bauart ist seitens Elektronik noch übersichtlicher als eine Delta und wahrscheinlich deutlich Massenproduktion-kompatibler.

Viele Grüße
Eberhard
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depedro
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Beitrag von depedro »

Das sind natürlich Preise von heute - falls so eine Backes verfügbar ist - gekostet hatte sie damals ca. 2000,- EUR, heute vielleicht 4000,- EUR? Wobei uns die Delta und die damals gleichteure BM 3 auch besser gefällt als viele heutige Aktiv-Modelle der 2-4000,- EUR-Preisklasse. Etliche kennen wir ja. Wenn die Inklang Lautsprecher bei den tollen Zutaten und dem stimmigen customizing-Gesamtkonzept aktiviert werden, bin ich sehr optimistisch was das Ergebnis betrifft - man hörte schon in der passiv-Version durchaus heraus, wozu die möglicherweise mal klanglich in der Lage sein werden ...

Und fairerweise haben wir nicht die BM 12 mitgebracht die heute problemlos für 3-4000,- erhältlich ist ... die Schlepperei hätte uns allerdings auch umgebracht ... :D

@tom: moment, ich geh mal gucken ob ich noch irgendwo eine E5 stehen habe :wink:
Aber ähnlich sehen die schon aus!
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versuchstier
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Beitrag von versuchstier »

Hallo Friedemann,

wie immer ein super schöner Bericht. Danke dafür :cheers:
Der Bericht passt sehr gut zu meinen persönlichen Erfahrungen vom letzten Samstag. Da war ich bei einem Kollegen zu Gast, der zu einem kleinen Lautsprechervergleich passiv vs. aktiv geladen hatte.

Passiv gab es die Dir bereits gut bekannte Reference 9 von Canton, sowie eine kompakte DIY-Version.
Als aktive waren die JBL LSR 308 und meine C-Box 3 geplant. Leider kam der Kollege mit den JBL nicht...

Um es kurz zu machen: Ich bin wirklich froh aktiv zu hören :mrgreen:
Die Ref 9 klangen einfach nur "verwaschen" :? da gefielen mir die Selbstbauboxen schon besser. Aber trotz Waveguide löste sich der Klang nicht richtig frei vom Lautsprecher. Rein vom Klangbild machten die kleinen Zwerge aus meiner Sicht das Rennen. Gut, mit gehobenen Pegeln und ca. 3 M Hörabstand war der Vergleich eigentlich etwas unfair, aber meine frisch umgebauten Trifon 3 waren mir zu schade für den Vergleich, von wegen Transport usw. Zudem mich hauptsächlich der Vergleich der C-Box 3 zur JBL interessiert hätte...

Von daher wären aktivierte Lautsprecher der Lautsprechermanufaktur Inklang bestimmt interessant, aber die Passiven reizen mich eher nicht :wink:

Und noch eine kleine Anmerkung zu dem Titel "Brother in Arms". Ich liebe diesen Song :cheers:
Ich kann aber nicht verstehen das der Titel heutzutage noch immer für Demo-Zwecke herhalten muss. Da gibt es wesentlich besser geeignete Stücke, die wirklich audiophil klingen 8)

Gruß Wolfgang
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depedro
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Beitrag von depedro »

Moin Versuchstier!

Beim nächsten Mal erwarten wir eine Einladung zum Vergleich, Trifon gegen Delta wäre auch mal interessant! :D

Super das Du die Reference 9 von Canton erwähnst, wir haben die ja jahrelang gehört, verwaschen trifft es perfekt - den Inklang kann man das zum Glück nicht vorwerfen, es geht also deutlich besser - der Abstand zu aktiven ist allerdings noch sehr deutlich. Die C3 ist ja sogar noch deutlich billiger als die Canton, hier trifft noch nicht mal das Preisargument. Warum die leeren Holzkisten sich durchgesetzt haben ist wirklich eines der letzten Rätsel der Menschheit ... das Aktiv-Konzept ist derart grotesk überlegen, man kann da nur den Kopf schütteln über das Kaufverhalten, welches die Hersteller letzlich dazu zwingt passiv zu bauen wenn sie verkaufen wollen. Wenn man dann, wie bei der C3 mit 600,- EUR für das Paar, einen hervorragenden Einstieg in die Aktivwelt hat, dann versteht man endgültig die Passivwelt nicht mehr ... :shock:

Wir hatten auch andere Lieder, nur die kannte ich nicht, das Ergebnis war natürlich immer gleich.
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versuchstier
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Beitrag von versuchstier »

depedro hat geschrieben:Beim nächsten Mal erwarten wir eine Einladung zum Vergleich, Trifon gegen Delta wäre auch mal interessant! :D
Das bekommen wir hin. Dann kommt ihr halt mal zu mir, denn die Trifon's trage ich wirklich ungern hin und her :wink:

Ich habe meine Trifon 3 gerade in Nordenham auf “Trifon Rev. 06/16” umbauen lassen. Ich sage es mal so: EIN TRAUM :cheers:

Gruß Wolfgang
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depedro
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Beitrag von depedro »

ok, dann kommen wir mit der BM 12 mit S-Weiche :lol:

*spaß* wir kommen gerne mit der Delta, die ist eh schon verkratzt - sag einfach Bescheid!
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