Lieber Vittorio,
Vittorio hat geschrieben:... bekommen wir demnächst ein ausgewogenen, gutbebilderten und diplomatisch geschriebenen Bericht. Darauf freue ich mich jetzt schon!
das ist zuviel der Ehre! Meine Ohren sind altersmilde geworden und mit Sicherheit kein geeignetes Messinstrument für fundierte Klangaussagen.
"This being said" (so wischen die Engländer vorangestellte Einschränkungen beiseite) will ich mich trotzdem mal versuchen. Aber zunächst noch ein paar Worte zum technischen Background der Delphi, denn ich nehme an, nicht jeder hat das im Eingangsposting verlinkte Dokument gelesen.
Die Delphi hat ihren Namen von "Delta Phi", einem Maß für die Verschiebung der Phasenlage. Hintergrund ist der sog. "Dopplereffekt", mit dem die phasenverschobene Überlagerung einer Frequenz mit sich selbst gemeint ist (Intermodulation). Wie kommt es dazu? Ein Chassis / eine Membran strahlt bei der Wiedergabe von Musik keine singulären Sinustöne, sondern ein Frequenzgemisch ab. Das hat Konsequenzen insbesondere für die Wiedergabe hoher Frequenzen, die - je nach Auslenkung der Membran durch die gleichzeitige Wiedergabe niedriger Frequenzen - phasenversetzt abgestrahlt werden und sich damit selbst verringern bzw. verstärken können. Der Dopplereffekt ist bei kleinen Lautsprechern, die in der Regel als 2-Wege-Systeme ausgelegt sind, am stärksten. Friedrich Müller hat sich seinen "Phasenmodulator" zur Bekämpfung des Dopplereffektes bereits vor Jahren patentieren lassen. Er stellt eine komplexe Kombination von Regelung und Steuerung dar.
Soweit die Theorie. So sieht die Umsetzung aus:


Hallo Nils,
FoLLgoTT hat geschrieben:... und wieder ist das Gehäuse nur ein einfacher Quader ohne Fasen und Rundungen. Zeitgemäß ist das schon lange nicht mehr. Für den Preis erwarte ich ein BEM-optimiertes Abstrahlverhalten.
So ganz ist das nicht der Fall. Wenn man genau hinschaut, erkennt man, dass der Hochtöner zur Reduktion von Intermodulationen durch Kantendiffraktionen asymmetrisch eingebaut wurde. Deshalb gibt es auch einen rechten und einen linken Lautsprecher (so wie bei meinen Yamahas

).
Wie nun klingt die Delphi? Um es kurz zu machen: gar nicht.
Ich habe mich bei der Beurteilung von Lautsprechern auf Stimmen verlegt, weil ich die am besten beurteilen (und mir merken) kann. Instrumente können mal so und mal so richtig klingen, vor allem, wenn sie elektronisch verstärkt sind. Mein Standard-Song ist dabei Johnny Cashs Song "Further Up The Road" von seinen American Recordings V. Ich bin wahrlich kein Cash-Fan, aber dieser Song mit der brüchigen Stimme eines Todgeweihten geht einem schon nahe. Das erste Mal habe ich diesen Song bei Franz auf seiner Silbersand FM 501 gehört. Ehrlich gesagt klang mir Cash dabei anfangs zu metallisch. Aber mit jedem Besuch, an dessen Ende wir dieses Lied wieder hörten, verbesserte sich die Wiedergabe. Beim letzten Mal waren wir beide zufrieden: Cashs Stimme war nicht zu nah und nicht zu weit weg, halt so, als würde er vor uns sitzen und spielen. So spielt er jetzt übrigens auch bei mir nach Ralph Gottlobs formidablem Feintuning meiner Silbersand FM 303.
Bei meinem Besuch im Pirol saß Johnny Cash aber nicht nur an der richtigen Stelle, sondern seine Stimme war so menschlich wie ich sie mir nur vorstellen kann. Keine Verfärbung, kein Pathos, einfach nur da.
lessingapo hat geschrieben:... bin auch schon gespannt, wie die Geigen à la Delphi klingen ...
Nun, Ralphs Musiksammlung kann man nicht unbedingt als geigenlastig bezeichnen. Klassische Musik muss man schon mit der Lupe suchen.

Es war aber auch ein Neukunde anwesend, dem ich mit meinen Wünschen nicht aufs Gehör gehen wollte. Insofern habe ich mich nach dem Cash ins Hinterzimmer des Pirols verzogen und mich dort gemütlich mit anderen HiFi-Verrückten unterhalten. Für mich gilt daher dasselbe wie für meine Vorredner, die die Delphi in Zweibrücken kennen lernen durften: unbedingt nochmal reinhören! Interessant wären dann mal "intermodulationsaffine" Aufnahmen auf einem normalen 2-Wege Lautsprecher im Vergleich zur Delphi zu hören.
Ich bin begeistert darüber, wie ungebrochen Friedrich Müllers Schaffenskraft ist. Mögen er und seine Kreativität uns noch lange beglücken!
Viele Grüße
Rudolf