Pianomania (Film)

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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hans
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Pianomania (Film)

Beitrag von hans »

Stefan Knüpfer ist technischer Mitarbeiter bei Steinway Austria. Seine Aufgabe ist es, für die in Österreich auftretenden „großen“ Pianisten die zur Anwendung gelangenden Flügel so zu präparieren, dass ein jeder von ihnen seine individuellen Klangvorstellungen umgesetzt sieht (oder besser: hört).

Am Beispiel einer Musikaufnahme im Konzerthaus Wien („ Schubertsaal“), wo der Pianist Pierre-Laurent Aimard seine Interpretation der Kunst der Fuge einspielt wird deutlich, welche Ideen vom idealen Klangbild es zu verwirklichen gilt. Sätze wie: „Ein großer Steinway ist eine Musikmaschine, die in Sälen, die bis zu 4.000 Zuhörer fassen, funktionieren muss - aber: Lautstärke verhindert Klangfarben (Alfred Brendel)“ machen den technischen Eiertanz deutlich, einem „großen“ Klangkörper die Farbigkeit eines Clavichords oder eines Cembalos einzustimmen, wie es Aimard verlangt.

Stefan Knüpfer versucht, diese klanglichen Vorstellungen u.a. mit Hilfe von selbst konstruierten Klangsegeln, die wie – in der Neigung verstellbare – Lamellen auf dem Klangkorpus aufgesetzt sind, zu realisieren. Es entsteht ein Einblick in die Produktion eines Werkes in dem der Kampf um den richtigen Ton im Vordergrund steht. Neben Aimard treten Lang Lang (auf der Suche nach dem idealen Klavierhocker), Alfred Brendel (beim Musik-Festival in Grafenegg) und andere hochgepriesene Pianisten auf. Die Hauptrolle in diesem Film spielt aber der unermüdliche Stefan Knüpfer. Sein (ideeller) Lohn ist wohl die am Schluss des Filmes und nach der erfolgreichen Beendigung der Aufnahme von Aimard geäusserte Bemerkung: „Von diesem Ton habe ich immer geträumt ...“

Eindrucksvoll, spannend, humorvoll. Eine dicke Empfehlung. Aber wohl nur in kleineren Programmkinos zu sehen befürchtet

Hans
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Hans,

vielen Dank für den Tipp!
hans hat geschrieben:Eine dicke Empfehlung. Aber wohl nur in kleineren Programmkinos zu sehen befürchtet

Hans
Bald auf Bluray erhältlich oder in der allergrößten Not auf DVD hofft

Gert
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Liebe Steinway-Liebhaber,

den Film gibt's inzwischen auf Blu Ray

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und ich habe ihn mir gestern abend angeschaut. Ich bin hin und weg! Der Film ist wirklich liebenswert und hat mich sofort daran erinnert, wie ich als Student sehr günstig an meinen Steinway kam - von einem damals 80jährigen Musikhochschullehrer, dem mein Bachspiel gefiel. Ich kaufte mir dann Bücher über die Steinway-Mechanik und Klavierstimmen und versuchte mich autodidaktisch an der Mechanik des Flügels. Das ist wirklich verdammt komplex, so eine Mechanik zu regulieren, und ich kam da wirklich nicht sehr weit damit. Umso mehr bewundere ich die Kunst von Klaviertechnikern wie Stefan Knüpfer.

Die BR kommt mit überragender Tonqualität daher, der Klang im Format DTS HD Master ist unglaublich beeindruckend, und schon deshalb bin ich froh, das nicht in einem Kino mit der üblichen Klipschorn und Co. Ausstattung gehört zu haben. Die Steinways scheinen wirklich vor einem zu stehen mit ihrem ganzen Klangkörper und den klanglichen Feinheiten, hinter denen Knüpfer her ist. Ein Muss für Liebhaber klassischer Klaviermusik mit guten Aktivboxen!

Viele Grüße
Gert
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musikgeniesser
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GERADE IST GERADE NICHT GERADE

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Hans,
moin Gert,
moin Forenten,

der Film kam im September 2010 in die Kinos, wenn er denn in die Kinos kam. Ich habe ihn nicht gesehen, was nicht so bleiben wird.

Ein B 211, Gert, erinnere ich mich da richtig? Ich habe mir vor vielleicht 15 Jahren einen Stimmschlüssel und "Lehrgang der Stimmkunst" von Josef Nix gekauft. Ein blinder Klavierstimmer, der seine Kenntnisse in diesem Buch ausbreitet. Ich kann Dich, Gert, gut verstehen: dass Tasteninstrumente, abhängig von Ihrer Größe -- genauer: Klanggröße -- gespreizt, also theoretisch "falsch", gestimmt werden, um "richtig" zu klingen, habe ich mit großem Interesse gelesen, bin dann aber ausgestiegen. Vor über 30 Jahren habe ich in der Auto, Motor und Sport einen Bericht über Rolls Royce und Bentley gelesen, in dem es hieß, dass der Kühler in Handarbeit gefertigt werde, da die Stäbe keinesfalls gerade sein dürften, sondern leicht gewölbt seien, damit sie für den Betrachter gerade erschienen. Auch fällt mir die von Ludwig Mies van der Rohe entworfene Neue Nationalgalerie in Berlin ein, deren scheinbar schwebendes Dach eine irgendwie geartete Welligkeit von 8 cm aufweisen soll, um dem Betrachter gerade zu erscheinen. Wenn ich das richtig erinnere.

Der D 274 sei gegenüber dem C 227 nur noch lauter, so heißt es, was sich in den Beinamen Konzertflügel (D 274) und Salonflügel (C 227) widerspiegelt. Bei meinen Eltern steht mit einem V-125 nur ein Klavier, das wir zu allem Überfluss auch noch richtig bezahlen mussten, weil ich keinen gefunden hätte, den ich mit elegantem Klavierspiel hätte beeindrucken können. Dafür habe ich jetzt einen D 274, brauche dafür allerdings vorzügliche Lautsprecher: Wersi, inzwischen wirklich pleite, baute mal sehr schöne, wirklich wie ein akustisches Instrument zu spielende, elektronische Klaviere. Und in dem ist ein D 274 digital gesampelt. Wirklich sehr überzeugend. Ein echter Flügel wäre natürlich was anderes.

Herzliche Grüße

PETER
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Peter,
musikgeniesser hat geschrieben:Ein B 211, Gert, erinnere ich mich da richtig?
richtig.
Der D 274 sei gegenüber dem C 227 nur noch lauter, so heißt es, was sich in den Beinamen Konzertflügel (D 274) und Salonflügel (C 227) widerspiegelt.
Arturo Benedetti Michelangeli reiste immer mit seinem persönlichen C227 in mattschwarz. Ich durfte zwei seiner Konzerte erleben und war stark beeindruckt damals, als in der Pause der persönlich mitgebrachte Klavierstimmer den Flügel von der Stimmung "Beethoven", was im ersten Teil gefragt war, auf die Stimmung "Debussy" für den zweiten Teil umbog. Der Mann hat einen Vogel, dachte ich damals. Wenn man dem Film glauben darf, haben die Pianisten eigentlich alle einen. Es ist einer aus der liebenswerten Gattung des Perfektionsgefieders, der so manchen von uns hier auch befallen hat.

Viele Grüße
Gert
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

besten Dank für Deinen Hinweis auf diese interssante BR, habe sie sofort bestellt. :cheers:
Fortepianus hat geschrieben:Die BR kommt mit überragender Tonqualität daher, der Klang im Format DTS HD Master ist unglaublich beeindruckend, und schon deshalb bin ich froh, das nicht in einem Kino mit der üblichen Klipschorn und Co. Ausstattung gehört zu haben.
Recht hast, würde ich mir keinesfalls im Kino anhören.....Horn, selbst das Klipschorn oder die berühmte Altec Lansing Voice of Theater, und Steinway geht ja schon mal gar nicht. :shock:

Wer sich vorher über den Inhalt informieren möchte, kann hier, bei jpc auch kurz reinschauen und sich vom Gebotenen beeindrucken lassen.
Fortepianus hat geschrieben:Arturo Benedetti Michelangeli reiste immer mit seinem persönlichen C227 in mattschwarz. Ich durfte zwei seiner Konzerte erleben und war stark beeindruckt damals, als in der Pause der persönlich mitgebrachte Klavierstimmer den Flügel von der Stimmung "Beethoven", was im ersten Teil gefragt war, auf die Stimmung "Debussy" für den zweiten Teil umbog. Der Mann hat einen Vogel, dachte ich damals. Wenn man dem Film glauben darf, haben die Pianisten eigentlich alle einen. Es ist einer aus der liebenswerten Gattung des Perfektionsgefieders, der so manchen von uns hier auch befallen hat.
Eine sehr schöne Geschichte, die recht "griffig" aufzeigt, nur so können Höchstleistungen entstehen....auch dann, wenn so mancher "Mess-HIFIdelist" meint, Hörer, die Unterschiede einzelner Konzertflügel detektieren würden sich das eh nur einbilden :wink: :mrgreen:

Gruss
Sigi
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Servus Forent Peter,
musikgeniesser hat geschrieben:Dafür habe ich jetzt einen D 274, brauche dafür allerdings vorzügliche Lautsprecher: Wersi, inzwischen wirklich pleite, baute mal sehr schöne, wirklich wie ein akustisches Instrument zu spielende, elektronische Klaviere. Und in dem ist ein D 274 digital gesampelt. Wirklich sehr überzeugend.
nun, so ein elektronisches Klavier steht und fällt ja mit den verwendeten Samples. Es reicht also nicht, dass diese mit einem D 274 aufgenommen wurden, sondern es kommt sehr darauf an, welcher Pianist die Samples eingespielt hat.
Die derzeit besten Samples für Orchsterinstrumente haben die jeweiligen Solisten der Wiener Philharmoniker bei Vienna Symphonic Library eingespielt....und das hört man diesen Samples auch sofort an.

Also, wenn Du mal einen Bösendorfer Imperial anstelle des D274 "spielen" willst, kannst Du hier zuschlagen.
Zum Reinhören geht's hier lang.

Gruss
Sigi
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo,

der Film lief zuletzt vor ca. 3 Wochen bei ARTE.

Wenn man zuschauen darf, welche unterschiedlichen Anforderungen an den Klang des Instrumentes gestellt werden und wie das dann von Stefan Knüpfer umgesetzt wird, erinnert es mich etwas an unsere eigenen Bestrebungen.

Früher hat man Abspielgeräte durch höherwertigere Muster ausgetauscht, dadurch einen besseren Klang bekommen und das war dann betonierter Stand der Dinge.

Hat sich in letzter Zeit grundlegend geändert.

Zumindest bei PC Audio.

Bei gelungener Kombination von Soft- und Hardware bis zur Musiktaktung (I2S oder S/PDIF Ausgang) überschreitet man irgendwann eine Qualitätsstufe der Musikwiedergabe, ab der es bei Vorliegen entsprechender Stellschrauben bei den Softwaresettings jedem möglich ist, den Klang auf seine Vorlieben einzujustieren.

Mehr Grundvolumen oder noch etwas mehr Feinauflösung, die Höhenwiedergabe mit wieviel Reserve nach oben, mehr Kontrast oder mehr Fluss, usw.?

Sehr gut konzipierte Lautsprecher gehen dabei alle Abstufungen mit und belohnen die Mühe und Arbeit des Hifiliebhabers entsprechend.

Das gemeinsam gepflegte Hobby und die darauf aufbauenden Hör-/Erfahrungen und Vergleiche führen auf längere Sicht zu einer Fähigkeit, die in dem vorliegenden Film immer wieder erkennbar war.

Das Gespür für feinste tonale Unterschiede.

Gruß

Bernd Peter
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Salvador
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Beitrag von Salvador »

Hallo Bernd Peter,

volle Zustimmung meinerseits, mittlerweile sind wir equipment-technisch und hörtechnisch soweit, dass wir unsere Anlagen in einem gewissem Rahmen nach Gusto abstimmen können.

Eine feine Sache, das die Anlage abstimmen an sich (Spaß!) und die bemerkenswerte Tatsache, dass es uns mittlerweile überhauptmöglich ist (!).....

Beste Grüße,
Andi
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Horse Tea
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Beitrag von Horse Tea »

Hallo

kennt Ihr das Buch?

PERRI KNIZE
Der verlorene Klang
Wenn aus Begeisterung Leidenschaft wird

Perri Knize' große Leidenschaft hat drei Beine und hört auf den Namen Marlene - es ist ein wertvoller Flügel. Nach jahrzehntelanger Pause hatte die Journalistin ihre Begeisterung für das Klavierspiel wiederentdeckt und viel Zeit und Energie in die Suche nach einem geeigneten Instrument investiert. Bei Marlene, deren voller, warmer Klang sie an die Stimme Marlene Dietrichs erinnert, war es Liebe auf den ersten Tastenanschlag. Doch als der Flügel bei ihr eintrifft, ist dieser besondere Klang verschwunden. Perri Knize, die über ein ausgesprochen feines Gehör verfügt, will sich nicht damit abfinden und setzt leidenschaftlich alles daran, Marlenes Stimmverlust zu ergründen. Den Leser nimmt sie dabei mit: von der Piano Row in New York bis in die Braunschweiger Pianomanufaktur Grotrian-Steinweg ...

Wir (meine Frau und ich) haben das Buch mit Begeisterung gelesen, auch wenn man leider nichts hören kann :cry:
http://www.dtv.de/_cover/165/der_verlor ... 249959.jpg


Viele Grüße

Horst-Dieter
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