Gil Scott-Heron - Messages (Souljazz)

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
Rudolf
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Gil Scott-Heron - Messages (Souljazz)

Beitrag von Rudolf »

Gil Scott-Heron (geb. 1.4.1946) kann man getrost als Großvater des modernen Rap bezeichnen.

Er kombinierte schon früh, d.h. in den 70er Jahren auf einzigartige und innovative Weise Jazz, Soul und (politischen) Sprechgesang.

Zusammen mit Brian Jackson und später mit seiner Band "Amnesia Express" nahm er viele schöne Alben auf. Einen sehr guten Überblick über sein Gesamtrepertoire vermittelt die Anthologie Messages (2005):

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Leider musste Gil Scott-Heron aufgrund seines Drogenkonsums (den er in seinen Liedern stets ablehnte) immer wieder Rückschläge hinnehmen. Heute ist es ruhig um ihn geworden.

Ein großer Künstler, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte!

Viele Grüße
Rudolf
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Am 26. Juli ist es soweit: Gil Scott-Heron, einer meiner Lieblingskünstler, kommt nach Bonn auf die Museumsmeile! Ich sehe dabei mal großzügig darüber hinweg, dass er "nur" Gast bei Joss Stone sein wird. Frau Stone wird es sicherlich ähnlich sehen wie ich und sich umgekehrt geehrt fühlen, bei Gil Scott-Heron mit dabei sein zu dürfen.

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Eine Kurzbiografie kann man auf laut-de finden.

Viele Grüße
Rudolf
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Thomas K.
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Beitrag von Thomas K. »

Hallo Rudolf

Ich habe Gil Scott Heron öfters mal Anfang der siebziger im Radio gehört, mir damals aber keine Platte von ihm gekauft, da mir schlicht in den Plattenläden die ich "umgrub" nie eine Platte von ihm über den Weg gelaufen ist.

Mittlerweile habe ich die "Pieces of a Man", die mir sehr gut gefällt als CD. Welche Aufnahmen von ihm aus dieser Zeit sind denn noch empfehlenswert?

Grüße
Thomas

PS: viel Spaß beim Konzert!
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Thomas,

als Ergänzung zu Pieces of a Man möchte ich Winter in America vorschlagen:

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Unbedingt gönnen solltest du dir außerdem die DVD Black Wax, auf der sich Gil Scott-Heron schon in jungen Jahren als überaus talentierter Redner präsentiert: Hier hat einer eine echte "Message"!

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Unvergleichlich lässig gibt Gil Scott-Heron mit einem Ghetto-Blaster auf der Schulter den Reiseführer durch Washington D.C. und stellt das Nixon-Regime an den Pranger.

Hinweis: Man muss beim Anhören der DVD schon Nuschel-Slang-fest sein. Dann allerdings kommt man aus dem Lachen nicht mehr heraus.

Viele Grüße
Rudolf
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Thomas K.
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Beitrag von Thomas K. »

Hallo Rudolf,

herzlichen Dank!

Die "Winter in America" werde ich mir zulegen. Die DVD wohl nicht, da ich TV-technisch eher Konsumverweigerer bin.

Viele Grüsse
Thomas
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Rudolf hat geschrieben:Am 26. Juli ist es soweit: Gil Scott-Heron, einer meiner Lieblingskünstler, kommt nach Bonn auf die Museumsmeile!
Ich bin stinksauer!

Wir waren heute pünktlich um 17.00 Uhr an der Museumsmeile, um voller Erschrecken auf einem Aushang zu lesen, dass Gil Scott-Heron nicht auftreten kann. Er und seine Band sind beim Abflug in den USA von den Zollbehörden zurückgehalten worden. Bei seiner Vita läßt sich ja stark vermuten, weshalb wohl! Als neuer Termin wurde der November 2010 genannt. Ich kann nur hoffen, dass es sich dabei um einen Druckfehler handelt.

Immerhin sind wir mit dem Versprechen des Veranstalters von dannen gezogen, uns das Geld für die Konzerttickets zurückzuerstatten - Joss Stone alleine wäre uns das Geld (40 €/Ticket) nicht wert gewesen.

Viele Grüße
Rudolf
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Nun wird es leider nichts mehr aus einem Wiedersehen: Am 27.5.2011 ist Gil Scott-Heron im Alter von 62 Jahren verstorben.

Drei Nachrufe:

Zeit Online - Die Stimme schwarzer Wut und Weisheit

Neue Zürcher Zeitung - Soziales Gewissen der schwarzen Musik

Frankfurter Rundschau - Er brachte die Verhältnisse zum Tanzen

Was bleibt, ist die Erinnerung an einen großartigen Musiker und Poeten.

Traurige Grüße
Rudolf
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Unicos
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Beitrag von Unicos »

Hallo Rudolf,

hoere gerade Winter in Amerika.

Wirklich eine gute Empfehlung. Am besten aus dem Nachbarzimmer so gut wie leer (also schoen hallig) hoeren, dann ist es fast live :-). Fast, weil ich gerade nur mit 2 Sonos S5, die im Nachbarraum der Bueros stehen (Stereo natuerlich) hoere. Waeren es jetzt richtige aktive.... Naja hatten wir ja schon das Thema. Kann gerade nicht vergleichen wie es anders waere. :-)

Ach ja, die S5 haben bei mir den Test in meiner Chillecke nicht bestanden, kam nicht wirklich Spass auf.

Gruss

Thomas
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Thomas, es freut mich zu lesen, dass dir Winter In America gefällt.
Unicos hat geschrieben: Am besten aus dem Nachbarzimmer so gut wie leer (also schoen hallig) hoeren, dann ist es fast live :-). Fast, weil ich gerade nur mit 2 S5, die im Nachbarraum der Bueros stehen (Stereo natuerlich) hoere. Waeren es jetzt richtige aktive ...
Gil Scott-Heron hätte zur authentischen Wiedergabe wahrscheinlich einen Ghettoblaster empfohlen. Insofern ist der Sonos S5 gar nicht mal so verkehrt ... :wink:

Viele Grüße
Rudolf
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"I'm New Here" und "We're New Here"

Beitrag von Rudolf »

Nach langer Abstinenz hatte Gil Scott-Heron 2010 sein letztes Album I'm New Here aufgenommen. Ein sehr persönliches Bekenntnis mit hohem künstlerischen Anspruch, aufgenommen in einer düsteren Stimmung und von nur kurzer Dauer (28 min). Ähnlich wie auch Johnny Cash auf seinen American Recordings lässt die brüchige Stimme Gil Scott-Herons erahnen, dass seine Kräfte bereits nachließen.

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Video:
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Kurz vor Gil Scott-Herons Tod brachte Jamie "XX" Smith einen Remix unter dem Titel We’re New Here heraus. Auf diese Weise holt er Gil Scott-Heron von der Straße hinein in die Clubs, ohne ihn dabei zu verkitschen - und erweist dem Altmeister den gebührenden Respekt.

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Video: http://www.youtube.com/watch?v=LgGyMTEGWIA

... dazu eine Rezension bei Zeit Online: Weltmüde wird tanzwütig

Viele Grüße
Rudolf
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A Salute to Gil Scott-Heron

Beitrag von Rudolf »

Wer sich in Gil Scott-Herons Musik einhören möchte, kann dies mit Hilfe dieses zweiundsiebzigminütigen "Tributes" tun:

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Viele Grüße
Rudolf
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Brothers in Arms / Three Miles Down

Beitrag von Rudolf »

Nachstehend ein Link zu einem ausführlichen Artikel über die kongeniale Zusammenarbeit von Brian Jackson und Gil Scott-Heron sowie dessen Drogenprobleme:

James Maycock: Gil Scott-Heron and Brian Jackson - Brother in Arms

... und zum Fusswippen noch einen seiner Klassiker, den Mine Worker Song Three Miles Down:

http://www.youtube.com/watch?v=T-4hlcE_5Ik

Enjoy!
Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Liebe Freunde des Spoken Word,

gestern war bei mir Gil Scott-Heron Revival Day, einfach so. Zur Einstimmung habe ich mir die weiter oben vorgestellte DVD Black Wax gegönnt. Immer wieder toll anzuschauen!

Danach habe ich ein bisschen auf Youtube gestöbert und dabei eine 60-minütige Dokumentation der BBC aus dem Jahr 1996 entdeckt:

"The Revolution Will Not Be Televised"

Eine hervorragende Zusammenstellung aus Interviews mit GSH, jungen und alten Street Poets und vor allem mit Brian Jackson, Gils kongenialem Mitstreiter aus den siebziger Jahren. Faszinierend zu hören, wie Gil und Brian für ihr Album Pieces of a Man die Creme de la Creme der Jazz-Studiomusiker zusammen bekamen, u.a. Ron Carter am Bass und Hubert Laws an der Querflöte. Die Qualität dieses Albums ist entsprechend herausragend!

Herausragend ist auch diese kürzlich erschienene (und hervorragend remasterte) Zusammenstellung von Gil Scott-Herons ersten drei Alben Small Talk at 125th and Lenox, Pieces of a Man und Free Will:

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Nachteil eines so schönen Abends ist die traurige Gewissheit, dass wir Gil Scott-Heron leider nur noch aus der Konserve genießen können. Aber erfreulicherweise gibt es hoffnungsvollen Nachwuchs, siehe hier.

Viele Grüße
Rudolf
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martino
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Beitrag von martino »

Hallo Rudolf,

vielen Dank für die musikalischen Tipps (gerade auch Anthony Joseph), die genannte BBC Dokumentation schaue ich mir gerade an. Der Link in Deinem Beitrag führt allerdings woanders hin... Der hier sollte es tun:

Gil Scott Heron - The Revolution Will Not Be Televised (BBC Four)

Martin

Edit: Vielen Dank für den Hinweis - habe den Link entsprechend geändert. Rudolf
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Rudolf
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Gil Scott-Heron revisited

Beitrag von Rudolf »

Gil Scott-Heron ist und bleibt mein persönlicher Hero. Im Gegensatz zu „Popsternchen“ wie z.B. Michael Jackson ist sein Ruhm posthum vollkommen zu Recht gestiegen. Inzwischen sind zwei Bücher erschienen, auf die seine Fans schon lange gewartet haben. Es sind dies:

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Während Marcus Barams Biografie sämtliche zugänglichen Quellen auswertet und sich zusätzlich auf Interviews mit Familienmitgliedern, Musikerkollegen und Freunde stützt und in einem sachlichen Stil ein umfassendes und objektives Bild zeichnet, sind Gil Scott-Herons Erinnerungen vor allem ein Stück zeitgenössischer Literatur. Er hat sich stets eher als Lyriker denn als Musiker gesehen. „The Last Holiday“ konzentriert sich im Wesentlichen auf Gils Jugend in Jackson, Tennessee, seinen Werdegang als junger Schriftsteller in New York sowie auf die berühmte „Hotter Than July“-Tour mit Stevie Wonder.

Aus den Quellen geht hervor, dass Gil Scott-Heron ein gleichermaßen intellektuell begnadeter wie warmherziger Künstler war, dessen oberstes Anliegen es war, mit seinen Songs auf die Benachteiligung dunkelhäutiger Menschen in den USA (und später auch in Südafrika) hinzuweisen. Die 70er Jahre waren dafür ideal, weil ein entsprechendes politisches Bewusstsein existierte, das in dem darauffolgenden Jahrzehnt rapide nachließ. Dementsprechend war Gil Scott-Heron danach auch nicht mehr so gefragt.

Seine anfangs sehr hohe Produktivität ließ parallel sicherlich auch deshalb nach, weil ihm sein Drogenkonsum immer mehr zu schaffen machte. Zudem blieb er dem Kommerz gegenüber stets verschlossen, was seine Plattenbosse bei Arista schließlich dazu veranlasste, seinen Vertrag aufzulösen.

Die nächsten zwanzig Jahre waren ein Auf und Ab, in der Gil Scott-Heron sehr viel tourte und immer tiefer im Drogensumpf versank. Erschwerend kam hinzu, dass er seine Sucht trotz ihrer Offensichtlichkeit (Abmagerung, Zahnausfall, Unzuverlässigkeit) stets verneinte. Das ist bekanntermaßen kein guter Anfangspunkt für einen Entzug. Selbst staatlich verordnete Entziehungskuren, zu denen er im Rahmen mehrerer Gefängnisaufenthalte verdonnert worden war, ließ Gil platzen. Ein echter Junkie leider. Umso bewundernswerter, wie geistreich und pointiert er sich in seinen gelegentlichen Interviews artikulieren konnte.

Nach seinem letzten Gefängnisaufenthalt gab ihm die Produktion von „I’m New Here“ nochmals einen positiven Kick, aber letztlich war seine Gesundheit infolge des exessiven Drogenkonsums und einer HIV-Erkrankung doch zu stark angegriffen, so dass er kurze Zeit später verstarb.

Gil war nie ein großer Sänger, aber seine Stimme hatte den berühmten Groove. Mit seinem verwitterten Bariton schenkte er seinen Fans Menschlichkeit und Wärme. Hier ist ein schönes Beispiel:

Gil Scott-Heron – We Almost Lost Detroit (live at 98.3 SUPERFLY)

Ich jedenfalls bekomme regelmäßig eine Gänsehaut, wenn ich seine Stimme höre!

Sein Soul unterscheidet ihn auch maßgeblich von den Rappern, die zumindest mir nur mit ihrer Aggressivität auffielen. Gil Scott-Heron vermittelte trotz aller Kritik an Missständen immer auch viel Optimismus und Sanftheit – zumindest in seinen Songs. Er selbst haderte gewiss mit dem Auseinanderklaffen seiner Botschaften und seinem Drogenkonsum. Tragischerweise machte ihn all das zu dem Menschen, den seine Fans so lieben.

Eine wunderschöne, eigenständige Hommage hat jüngst die Jazzsängerin Charenee Wade mit Ihrem Album „Offering“ geschaffen:

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Ich bin mir sicher, dass noch viele weitere ihrem Beispiel folgen werden und Gil Scott-Herons Songs in kommenden Jahren fester Bestandteil des Repertoires vieler Interpreten werden, so wie z.B. hier Rumer:

Gil Scott-Heron - Lady Day and John Coltrane (gecovert von Rumer & Friends)

Und wer bis hierhin durchgehalten hat, der mag sich bei einem Glas guten Rotweins ein groovendes Konzert von Gil in intimer Clubatmosphäre gönnen:

Gil Scott-Heron & Amnesia Express 2001

So long,
Rudolf
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