Brahms - Die Symphonien (Solti)

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
Melomane
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Brahms - Die Symphonien (Solti)

Beitrag von Melomane »

Hallo,

lieben Sie Brahms? Ich jedenfalls höre derzeit mit zunehmendem Vergnügen die erste Symphonie aus diesem Viererset:

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https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... um/5044957

Brahms kann ja nerven, zumal wenn der dichte Orchestersatz nicht sauber dargestellt wird. Besonders kritisch in diesem Bereich sind für meine Ohren die Violinen. Die "stechen" mir oft in die Ohren. So auch bei Solti auf meinen Vinylausgaben. (Dieses Urteil vorbehaltlich eines neuen Phonopres - vielleicht reißt der ja was.) Diese hier vorgestellten CDs aus der Mitte der 90er Jahre spielen aber ihre Vorzüge aus: An meiner Anlage kann man zwar die Violinen nicht zählen ;) , aber der Klang findet die für mich gelungene Balance zwischen "Jubilieren" und den eher abgetönten Registern, und sauber sind's auch abgebildet. Die übrigen Instrumente sind ebenfalls sehr schön farbig präsentiert. Für dieses Klangvergnügen meine Empfehlung. Was das Dirigat angeht - Solti muss man mögen und sein Interpretationsansatz ist ja immer für eine Diskussion gut...

Gruß

Jochen
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo liebe CD,

Du hast dich wahrlich gut präsentiert, aber nun musst du dich doch einer in England gemadeten Decca-LP gegenüber geschlagen geben. Denn das Vinyl zeigt, wieviel mehr Farbe und Strukturiertheit bei der Wiedergabe der Violinen in der schwarzen Rille enthalten sein kann. Sofern die Anlage mitspielt.

Gruß

Jochen
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Funky
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Beitrag von Funky »

Lieber Jochen,

wann lernst Du es :-), lass die deutschen Deccas aus den 70igern links liegen, wenn Du die englischen haben kannst. Dank discogs alles kein Problem mehr.

Und so geht es leider (ja auch seltsam) mit englischen DGs. Ja richtig gehört. Englisch produzierte Deutsche Grammophons.

Wenn Brahms - dann bin ich bei Claudio Abado - alle 4 Symphonien , ebenfalls aus England - die Jungs trauen sich einfach mehr Dynamik in Rillen zu schneiden und das ist bei Brahms die halbe Miete.

Aber vollkommen losgelöst auf welchem Medium - mir sagen sie via CA wesentlich mehr zu als die von Solti. Das alles hat Hand und Fuss. Brahms in seiner ganzen Zerissenheit, was soll er nach Beethoven noch komponieren. Wenn man aber diese Symphonien interpretiert von CA hört, dann ist die Fortentwicklung sofort ohrenfällig, gerade wenn man diese hintereinander hört.

Es heisst nicht umsonst die 3 grossen Bs der deutschen Klassik , Bach, Beethoven, Brahms (wobei seine Kammermusikalischen Werke herausragend sind - aber das ist wieder eine andere Geschichte)

Funky
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Rainer,

du hast angefangen! :P

Ich habe nur ein paar DGGs aus England. Und zwar aus der Beethoven-Gesamtausgabe aus den 70ern. Und die sind allesamt von einer bescheidenen Pressqualität. Nein, da bleibe ich lieber bei den Langenhagenern. ;)

Gruß

Jochen
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Funky
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Beitrag von Funky »

Lieber Jochen,

Solti, da lasse ich die 4te gelten, aber da gibt es halt dann auch die von Fritz Reiner , aber lassen wir die Alten mal beiseite. Neben Abbado gibt es bei der 3ten für mich noch unseren Herrn Rattle bei den Berlinern.

Auch eine sehr binnenreiche Ansicht. Ist halt immer so eine Sache, wieviele Interpretationen ein und deselben Werkes will man sich zulegen. Bei Brahms ist die Auswahl inzwischen schon fast nicht mehr überschaubar. Das macht es auch so schwer was wirklich neues zu entdecken.

Bei einigen Aufnahmen muss ich auch wirklich mehrmals durch, um mir ein Urteil zu erlauben. Partituren kann ich nur ungenügend lesen, insofern - was ist richtig, was definitiv nicht. Schwierig zu beurteilen. Ich kann dann nur zuhören und die Musik auf mich wirken lassen. Zuvor beschäftige ich mich mit dem Werk, was ist das Besondere daran und versuche das dann auch wiederzufinden.

Wie halten es denn die anderen ? Was macht für Euch eine Interpretation aussergewöhnlich oder zu einer Platte die ihr auf die sprichwörtliche Insel mitnehmen würdet ?

Funky
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Rainer,

ja, Soltis 4. - die war auch der unausgesprochene Anlaß meinerseits für einen genauer Blick auf Soltis Einspielung der Brahmssymphonien. Wenn wir schon bei den Alten sind: Klemperer sollte nicht vergessen werden, auch wenn ich mich mit dem EMI-Klangbild (helle, tendeziell nervige Violinen) nicht anfreunden mag. Neulich kam mir auch Harnoncourts Einspielung vor die Ohren - habe ich als gut anhörbar in Erinnerung.

Gruß

Jochen
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Tinitus
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Beitrag von Tinitus »

Hallo,

ich habe Brahms Sinfonien eingespielt von den Berlinern unter Harnancourt (Schreibweise?). Was haltet Ihr denn von dieser Fassung?

Gruß

Uwe
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Funky
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Beitrag von Funky »

Guten Abend Uwe,

auf meinen Bach Platten schreibt er sich Harnoncourt - er und Brahms, wow, bin bei ihm eben mit Bach "grossgeworden" sein legendären Einspielungen mit Original Instrumenten und seiner historisierenden Betrachtung.

Und er hat sich mit Brahms beschäftigt. Kenne ich gar nicht - und Du meinst Nicolaus hat Brahms drauf - muss ich mir mal anhören - klingt zu spannend.

Funky
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo,

wer übrigens eine wohlklingende EMI-Einspielung auf Vinyl sucht, möge ein Ohr bei Giulini riskieren. Muss ich auch mal wieder machen.

Gruß

Jochen
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Tinitus
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Beitrag von Tinitus »

Hallo,

gestern war ich ja etwas faul, deshalb jetzt:

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ist von 1997. In Ermangelung eines Vergleichs kann ich natürlich nicht sagen, wo sich das zwischen die anderen Versionen einordnet.

Wer reinhören will:

http://www.allmusic.com/album/brahms-th ... 0001362744


Gruß

Uwe
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Guenni
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Beitrag von Guenni »

im Büro sitzend, meine ich mich auch zu erinnern, das der Haitink Zyklus mit dem Concertgebouw auch excellent in Interpretation und Klang ist. Mal davon abgesehen, dass ich den Concertgebouw Konzertsaal akustisch einfach göttlich finde.

Ich krame mal Abends nach und höre mal wieder rein.
Aber die Liste der Gesamteinspielungen Brahms ist ja schier endlos. Früher mochte ich noch Kleibers (Carlos) 4. Brahms sehr.
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Funky
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Beitrag von Funky »

Guten Abend Guenni,

verstehe ich gut, ich habe fast alle Kleiber Einspielungen auf Vinyl vorliegen. Nur die 4te von Brahms habe ich auf CD vorliegen, da ohnehin ein digitales Master vorliegt (besser gesagt geripped auf dem Streamer) - könnte in der Tat, wie bei CK Einspielungen eigentlich sehr häufig die Referenz darstellen, bei mir verhagelt aber die leider doch etwas verhaltene Wiedergabequalität mit einem engen Raum bei tonal seltsam klingenden Streichern den Genuss - zumindest in meinem Setup kommt Brahms bei Kleiber nicht mit der Intensität wie ich sie von Abbado oder Fritz Reiner kenne.

Bei mir geht an sich immer Interpretation vor Klang, aber hier kommt bei mir einfach kein wirkliches Eintauchen in die Musik zustande. Sehr schade, Kleiber hätte es wie üblich verdient, gehört zu werden.

Btw. warum früher , wen bevorzugst Du heute ?

Schönen Abend
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Funky
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Beitrag von Funky »

Brahms und die Symphonien - jetzt werde ich diesen Faden um das Violin Konzert erweitern müssen.

Das liegt an einer gestern erhaltenen Einspielung von Pierre Monteux , den Boston Symphonikern und an der Geige Leonid Kogan. Eine Einspielung von 1958 in Mono. Und doch haut sich mich vom Hocker. Jeder dürfte schon mal die von Heifetz und Reiner gehört haben, dann gibt es ebenfalls mit Monteux die Einspielung mit Henryk Szeryng, ebenfalls hochdramatisch , ev. etwas viel Patos von Szeryng, ggf. von den ältern noch Klemperer mit Oistrach. Die neueren, da habe ich nur mal bei Anna Sophie Mutter reingehört - das war mir dann doch zu glatt.

Was zeichnet die von Leonid nun aus. Trotz (oder vielleicht wegen) des Mono, ist es eine unglaubliche Mischung aus Brahms als Romantiker und dann doch wieder eine Strenge die eher an Beethoven gemahnt. die Violine kommt sehr direkt vor dem Ochester zu stehen. Ein warmer, energischer und spieltechnisch extrem sauber agierender Kogan von Monteux noch besser begleitet als Szeryng.

Die russische Vinylausgabe bringt die Intensität optimal rüber, mir fehlt gegenber Stereo gar nichts, der Sound ist voll und rund. Der Applaus der plötzlich einsetzt erschreckt richtig, da man zunächst gar nicht wahrnimmt, dass dies ein Live Konzert ist.

Also wer Brahms Violionkonzert mag, sollte sich unbedingt das mal anhören - zum reinschmecken https://www.youtube.com/watch?v=JsL5RbKYjOk, aber bitte nicht vom Rauschen abschrecken lassen - das scheint von einer schellack zu stammen. Die LP rauscht fast gar nicht - ein wirklichler Leckerbissen.

Funky
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Rainer,

ich weiß nicht, ob ich diese Thread-Kaperung dulden kann. :D

Jedenfalls mag ich noch immer die Aufnahme mit Stern und Ormandy:

http://www.discogs.com/Stern-Brahms-Phi ... se/3957969

Auch wenn ich die nicht im US-Original habe.

Gruß

Jochen
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Funky
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Beitrag von Funky »

Guten Abend lieber Jochen,

anscheinend sind wir 2 die primären Aktivisten, die sich zu Brahms Symphonien äussern. Gut das Thema ist natuerlich begrenzt durch die Themenwahl - Symphonien.

Nun, ich verspreche, auf diesen Themenfaden werde ich nicht mehr abschweifen zu anderen Brahms Kompositionen (als da wäre so ein deutsches Liedgut zu nennen wie Guten Abend, Gute Nacht ..., so aber das war endgültig das letzte Mal :-)) .
Und ich werde auch keine medienspezifischen Aussagen mehr treffen. Zu Brahms 4ter und der Interpretation von Carlos Kleiber habe ich das noch gemacht, lasse es dabei bewenden.

Was zeichnet denn im generellen eine Brahms Einspielung aus. Informationen zur Symphonie Entstehung findet man wie immer auf Wiki, samt Erklärung der einzelnen Sätze. Das hilft aber nur bedingt, zu verstehen wie man eine gute von einer mässigen Interpretation unterscheiden kann. Was sind denn relevante Kriterien ?

Kann jemand der nicht Musik "studiert" hat dazu eine wertvolle Aussage treffen. ?

Da wird es schwierig, denn den Nichtmusikern (wie mir) fehlt meist das beschreibende Vokabular - ich kann es eher anders herum. Wenn mir ein Musiker erklärt warum ihm diese oder jene Interpretation gefällt und erläutert, dann kann ich dem meist folgen und verstehe das dann (was dazu führt, dass ich ggf. seine Meinung übernehme)

Bleibe ich bei dem mir zugänglichen Beschreibungen:

Ich selbst bevorzuge entschlackte Darstellungen, wo der Romantiker nicht so zum tragen kommt. Das ich im Gesamtwerk zunächst bei Abbado bleibe, liegt an genau dieser durchgängig gehaltenen Stringenz.

Aber Uwe hat mich nun neugierig gemacht mit Hanoncourt - und ich habe da jetzt mal schon ein paar Kritikien dazu gelesen. Und ich habe ein paar Minuten via Youtube reingehört . Werde ich mir nun zulegen.

Also die Herausforderung liegt in der Artikulation, dessen warum man etwas bevorzugt.

Schönen Abend

Funky
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