Beethoven 5. Symphonie - Pittsburgh SO/Manfred Honeck

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
Melomane
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Beethoven 5. Symphonie - Pittsburgh SO/Manfred Honeck

Beitrag von Melomane »

Hallo,

soll ich, soll ich nicht? Haben wir doch tausendmal gehört, die "Schicksalssymphonie". Und was hat sie alles mitmachen dürfen - den Geniekult, die Überhöhung, die Gegenbewegung der Leibowitz-Richtung, Karajans Klangwandlungen, die historische Aufführungspraxis und was weiß ich noch alles. Was also bietet diese Aufnahme Neues? Gegenfrage: Muss es immer das Neue sein? Schauen wir also, was wir haben.

Da wäre zunächst das Orchester: Die Pittsburgher haben m.W. zuletzt einen Beethovenzyklus unter William Steinberg - auch einer derjenigen, die entmystifiziert haben - auf Command Classics eingespielt. Dann Manfred Honeck, Österreicher, aber natürlich heutzutage nicht wie Steinberg auf der Flucht vor mörderischen Beethovenverehrern brauner Provenienz, gelernter Streicher - ich meine, man merkt es. Weiter das Label Reference Recordings mit den Mannen von Soundmirror. Neu für mich die Info, dass Reference Recordings in einem Atemzug mit Naxos America genannt wird. Wusste nicht, dass da Beziehungen bestehen. Und ich habe keine Ahnung, ob das Gutes verheißt. ;)

Was kommt dabei raus? Ein Konzerterlebnis vor den Lautsprechern! Die Liveaufnahme ist prächtig eingefangen, ohne dass man viel vom Publikum mitbekommt. Dann haben wir ein Streicherfundament der tiefen Vertreter des Fachs, das sich gewaschen hat. Darüber ein sehr transparentes Klangbild der übrigen Orchestergruppen - offenbar Übernahme von den historisch Informierten. Ein Tempo, das schnell, aber nicht überhastet wirkt. Der Taktstock gibt noch eine Portion historisch heute oft verfemter Interpretationshaltung dazu. Bisweilen meint man Klemperer herüberwinken. Alles in allem höchst interessant. Natürlich ist es nicht das letzte Wort in Sachen 5., aber wenn sich diese Einspielung in die Sammlung verirrt, schadet das auch nicht.

Was ich mir wünschte? Das, was wir gehört haben - mit dem Gewandhausorchester (oder einem anderen der alten europäischen Spitzenorchester; was nicht heißen soll, dass die Pittsburgher schlecht spielen). Und Peter Maag hätte es vielleicht noch ein wenig eleganter gespielt. Aber das war vermutlich gar nicht die Absicht. So gesehen passt das Cover schon:

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Bei Qobuz gib es HiRes in 24/192.

http://www.qobuz.com/de-de/album/beetho ... 0911271824

Preisgünstiger als die SACD z.B. bei jpc.

Und nun kommt die 7. in die Playlist.

Gruß

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Jochen

meinen ganz herzlichen Dank für diese Empfehlung, die ich durch Zufall hier gefunden habe.
Ich dachte, ich kenne mich gerade bei Aufnahmen zu Beethovens Symphonien relativ gut aus - weit gefehlt, da ich diese herrliche Aufnahme völlig übersehen hatte. Und sie nun tagelang hörte!
Wunderbare Präsenz, tiefe volle Bässe und unglaublich viele Details und Akzente, die ein "neues" Hören dieser allseits bekannten Symphonien ermöglichen.
Wobei mich die 7. noch mehr beeindruckte! Die nur sehr schwer darstellbare "Lebensfreude" im 4. Satz habe ich nur selten so mitreissend musizierend gehört.
Beide Symphonien klingen so als ob das Mikrofon direkt beim Dirigenten positioniert waren - interessanter Effekt.
Anders dagegen die Aufnahme mit der 3. Symphonie unter Honeck mit den Pittsburgern. Hier klingt es wieder wie aus der "10. Reihe". Ebenfalls eine sehr gelungene Interpretation!

Beste Grüße - und nochmals Danke für den Tipp,
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jörg,

danke für deinen Beitrag! Rückmeldungen zu Empfehlungen sind ja eher selten und deine umso willkommener. :cheers:

Viele Grüße

Jochen
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Luukku
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Beitrag von Luukku »

Hallo zusammen,

höre mir die Tage den Rom-Zyklus von C. Abbado und den Berliner Philharmonikern von 2001 an. Abbado hatte gerade eine Operation und schwere Krankheit überstanden. Ich bin nun bei der Fünften angekommen. Mir gefielen die ersten vier Symphonien sehr gut.
Kennt ihr die Aufführungen? Falls ja, wie beurteilt ihr sie mit Eurem Fachwissen?

LG Haiko
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hkampen
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Beitrag von hkampen »

Hallo Jochen,

danke für den Tipp. Ich hab mich bei dem Label in Qobuz mal ein wenig umgehört und bin auf Bruckner gestoßen.

Bruckner: Symphony No. 9 in D Minor, WAB 109 (Ed. L. Nowak)
Manfred Honeck

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So langsam bekommen ich eine schöne Sammlung an Symphonien, die mich begeistern.

Grüße
Harald
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Heule
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Beitrag von Heule »

Hallo Harald,

diese Version gefällt auch mir sehr gut.

LG Oliver
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Luukku hat geschrieben: 22.01.2020, 20:44 höre mir die Tage den Rom-Zyklus von C. Abbado und den Berliner Philharmonikern von 2001 an. ... Ich bin nun bei der Fünften angekommen. ... Kennt ihr die Aufführungen? Falls ja, wie beurteilt ihr sie mit Eurem Fachwissen?
Hallo Haiko,

ist das die Einspielung aus der Symphony Edition I? Also daraus:

https://www.qobuz.com/de-de/album/claud ... 2894791698

Dann höre dir via Qobuz zum Vergleich Abbado einerseits, Honeck andererseits an. Die Unterschiede sind für mein Ohr frappierend. Sowohl interpretatorisch als auch klang- bzw. aufnahmetechnisch. Überspitzt gesagt empfinde ich Honeck als mitreißend, Abbado scheint hingegen niemandem wehtun zu wollen. Marschiert sozusagen "zackig" voran, ohne überhetzt zu wirken. Die Aufnahmetechnik hat durchaus viele Details eingefangen, hat aber nicht die "Tiefenschärfe" und Klangfülle der moderneren Aufnahme von Reference Recordings. Und wirkt leicht nervig, möglicherweise der damaligen Digitaltechnik geschuldet. Aber das ist gewiss auch eine Frage der jeweiligen Anlage und der Ohren. Lass dir also den Spaß nicht verderben. :cheers:

Und den Bruckner werde ich mir auch demnächst auch anhören. Wenn wir schon dabei sind: Honeck hat auch noch was von Tschaikovsky und Dvorak:

https://www.qobuz.com/de-de/album/tchai ... 0911272029

Müsste ich mal wieder hören, aber wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt, lohnt sich das. ;)

Gruß

Jochen
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hkampen
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Beitrag von hkampen »

Melomane hat geschrieben: 23.01.2020, 09:07Dann höre dir via Qobuz zum Vergleich Abbado einerseits, Honeck andererseits an. Die Unterschiede sind für mein Ohr frappierend. Sowohl interpretatorisch als auch klang- bzw. aufnahmetechnisch.
Hallo Jochen,

wow! Gerade an die 5. spielt bei mir die Gewohnheit rein. Das Tatatataa hab ich so oft gehört, dass ich schon abgestumpft bin. Vermutlich sind Leute wie Abbado auch dran Schuld. Aber im Vergleich haut mit Honeck einfach um. Gänsehaut! Düster, gewaltig, lyrisch, dynamisch, ...

Grüße
Harald
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hkampen
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Beitrag von hkampen »

Hallo Jochen,

auf deinen Hinweis auf Tschaikovsky höre ich gerade in die 6. mit Giuseppe Sinopoli (bisher meine Lieblingssymphony) im Vergleich zur Version von der Version von Honeck. Abgesehen davon, dass die Version von Giuseppe Sinopoli räumlich anders klingt - man "sitzt" etwas weiter weg - gefällt sie mir besser. Honeck ist mir da zu wenig flüssig, und mache begleitende Klänge sind mir zu sehr im Vordergrund.

Grüße
Harald
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Luukku hat geschrieben: 22.01.2020, 20:44 Hallo zusammen,

höre mir die Tage den Rom-Zyklus von C. Abbado und den Berliner Philharmonikern von 2001 an. Abbado hatte gerade eine Operation und schwere Krankheit überstanden. Ich bin nun bei der Fünften angekommen. Mir gefielen die ersten vier Symphonien sehr gut.
Kennt ihr die Aufführungen? Falls ja, wie beurteilt ihr sie mit Eurem Fachwissen?

LG Haiko
Guten Abend zusammen,

um die Frage von Haiko ein wenig zu beantworten:
Abbado hat in Rom mit den Berliner Philharmonikern den gesamten Beethoven-Zyklus noch einmal eingespielt, obwohl er ihn kurz zuvor in Berlin (ich glaube, es waren lediglich 2 Jahre dazwischen) mit dem gleichen Orchester bereits eingespielt hatte (und 13 Jahre davor mit den Wienern). Da mich seine beiden älteren Zyklen nicht sonderlich ansprachen, habe ich den Rom-Zyklus (bei dem übrigens die 9. nicht aufgezeichnet wurde) nur oberflächlich gehört - kann also keine kompetente Auskunft erteilen. Dennoch haben mir gerade in dem letzten Zyklus die ersten drei Symphonien recht gut gefallen (ich meine auch, dass er bei diesen einen kammermusikalischen Ansatz gewählt hatte und mit reduzierten Streichern spielen ließ). Auch die 6. fand ich besser als in seinen vorherigen Einspielungen. Dennoch: insgedamt als Zyklus hat mich keine seiner Einspielungen überzeugt.Und die ohnehin heutzutage schwer einzuspielende 9. wird auch hier mit für mich unbefriedigenden Solistenstimmen besetzt.

Alternativ (wenn man den Zyklus unbedingt von einem einzigen Dirigenten eingespielt haben möchte) würde ich Järvi, Antonini (meines Wissens nur in Einzelausgaben erhältlich), Krivine mit der famosen La Chambre Philharmonic und die gerade erschienene (kammermusikalisch gehaltene) Ausgabe unter Adam Fischer mit dem Danish Chamber Orchestra empfehlen. Gerade letzterer überrascht mich immer wieder mit seiner Präzision und akribischen Herangehensweise. Ich habe ihn mal in Kopenhagen mit Mahlers 6. live erlebt - ein unvergessliches Erlebnis!

Aber wie immer ist das alles natürlich höchst subjektiv :wink:

BG,
Jörg
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Luukku
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Beitrag von Luukku »

Hallo Jochen,

nein, ich meinte tatsächlich den Rom-Zyklus von Claudio Abbado, den Jörg so gut vorgestellt und beschrieben hat.

Hallo Jörg,

vielen Dank dafür. Ich kann jetzt leider nur so kurz antworten. Später dazu mehr.

Hab mich sehr über Eure Rückmeldung gefreut.

Liebe Grüße und schönes Restwochenende
Haiko
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Juergen192
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Beethoven 5. Symphonie - PSO/Manfred Honeck

Beitrag von Juergen192 »

Hallo Jochen,
zunächst einmal vielen Dank für Deine immer wieder bewundernswerte Mühe bzgl. meiner/unser aller musikalischen Horizonterweiterung.
Mich würde interessieren, ob die Qobuz-Klangbeschreibung von der HiRes-Variante stammt oder von der CD-Variante?
Ich habe momentan ein Probeabo der CD-Variante und kann mich klanglich nicht so recht damit anfreunden (geht mir allerdings mit allen Musikstücken so). Gerippte Musik klingt in meiner Anlage in sich schlüssiger, fliessender, ansprechender. Vielleicht müsste ich dann doch die HiRes-Variante testen.

Mit freundlichem Gruße
Jürgen
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo Jürgen,

ich habe den HiRes-Download von Qobuz. HiRes-Stream-Qualität kenne ich nicht mangels Abo. Und die Variante reizt mich auch nicht wirklich. ;)

Gruß

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Jürgen,

ich selbst nutze das HiRes-Abo von Qobuz bereits seit 2 Jahren und bin sehr zufrieden mit der Qualität. Klingt an meiner Anlage hervorragend. Hatte zuerst auch das CD-Abo, dann aber doch lieber ein Upgrade vorgenommen. Hatte zuvor auch Tidal im Vergleich ausprobiert - das Angebot und die Usabilty fand ich jedoch bei Qobuz besser gelöst (bin eben hauptsächlich Klassikhörer).

Für mich ist die "permanente" online-Verfügbarkeit (ich muss viel reisen) zusätzlich auch eine optimale Möglichkeit, um unterwegs spontan Musik zu hören, ohne mich vorher festlegen zu müssen, welche Musik ich denn nun hören will (sprich kopieren auf irgendwelche Medien usw.). Als "Jäger und Sammler" muss ich mich allerdings noch umgewöhnen, da ich immer noch den Drang verspüre, jede Aufnahme auch "haben" zu wollen. Mit dem Abo kann ich nun viel mehr ausprobieren und testen, reinhören, vergleichen usw.
PS: und die Aufnahmen, die mir wirklich sehr gut gefallen, kaufe ich mir dann trotzdem :lol:

Beste Grüße
Jörg
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llucki
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Beitrag von llucki »

Juergen192 hat geschrieben: 29.01.2020, 11:27 Hallo Jochen,
zunächst einmal vielen Dank für Deine immer wieder bewundernswerte Mühe bzgl. meiner/unser aller musikalischen Horizonterweiterung.
Mich würde interessieren, ob die Qobuz-Klangbeschreibung von der HiRes-Variante stammt oder von der CD-Variante?
Ich habe momentan ein Probeabo der CD-Variante und kann mich klanglich nicht so recht damit anfreunden (geht mir allerdings mit allen Musikstücken so). Gerippte Musik klingt in meiner Anlage in sich schlüssiger, fliessender, ansprechender. Vielleicht müsste ich dann doch die HiRes-Variante testen.

Mit freundlichem Gruße
Jürgen
Hallo Jürgen,

wie bindest du Qobuz denn ein?

Qobuz hing gestreamt bei mir jahrelang klanglich hinterher, am besten klang es noch mit dem Qobuz-Programm direkt auf dem Audio-PC, war aber umständlich zu bedienen. Downloads von Qobuz in mein internes Streaming integriert waren immer in Ordnung.
Seit kurzem haben sich die Verhältnisse geändert, weil ich Roon in Betrieb genommen habe, seither habe ich an gestreamtem Qobuz nichts mehr auszusetzen. Wenn es da Klangunterschiede gibt, liegen die außerhalb meines Wahrnehmungsbereichs.
Das ist also stark eine Frage des Players.

CD-Version gegen HiRes dieses Albums kann ich in dieser Konstellation leider nicht direkt vergleichen, weil mir Qobuz im HiRes-Abo nur die HiRes-Version zum Streamen anbietet (in Roon ist das so, in mobilen Qobuz-Apps kann man die Qualität natürlich wählen, um es an die verfügbaren Bandbreiten anzupassen, damit lassen sich aber keine Klangvergleiche machen). Das müsste jemand anderes testet. Im Zweifel, würde ich sage, schadet HiRes nicht. Ob es hilft, ist eine ganz andere Frage, die schon vielfach diskutiert wurde.

Viele Grüße
Ludger
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