Vinyl-Digitalisierung

Player, Streamer, Wandler, Vorverstärker usw.
uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Harald,

der Tonabnehmer liefert kein MS-Signal sondern LR. Das Bild zweigt, dass die senkrechte Bewegung einem MS-Signal entspricht, liefert aber dennoch die beiden Bestandtteile L und R hierzu.

Meiner Meinung nach werden die Zusammenhänge deutlicher, wenn man die für die meisten verwirrende Darstellung der Plattenrille einmal um 45° verdreht darstellt.

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Dabei hat man seltsamerweise kein Problem, sich vorzustellen, dass man hier senkrecht die Modulation für L bekommt und horizontal für R.

Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

nihil.sine.causa hat geschrieben:Mal eine naive Frage (eines Vinyl-Unwissenden): Lässt sich aus dem Signal, das ein Tonabnehmer produziert, diese M/S Information elektrisch direkt ablesen? [Also ohne einen weiteren Übertrager oder eine zusätzliche elektrische Schaltung verwenden zu müssen, um aus L/R wieder M/S zu generieren.]
Hallo Harald
In den Ortofon Stereo-Tonabnehmern sind 4 Generatorspulen, die die Nadel-/Magnetbewegung in elektrisches Signal umsetzen. Sie sind in den 4 Quadranten des Cosinus angeordnet und diagonal verschaltet.
Bei identischem System-Grundkörper und horizontal verschalteten Spulen für Mono-Betrieb ergibt sich eine reine horizontal-orientierte Umsetzung, die vertikale Komponente wird nicht elektrisch umgesetzt, ist aber mechanisch abtastbar - im Gegensatz zu den frühen Mono-Abtastern, deren Nadel diesen Freiheitsgrad der Bewegung nicht hatte. Das führte zu Beschädigungen der Stereo-Schallplattenrille.

Wollte man nun MS-Signale aus den 4 Spulen gewinnen, müsste man die Spulen anders verschalten, wie es beim Decca London Bild geschah. Von http://www.soundfountain.com/amb/ortodeccatan.html, da warten noch andere historische Schmankerl.
Die London Version, die ich kenne, hatte nur 3 Anschlüsse, an denen bereits das übliche Stereo L/R ausgegeben wurde. Die laterale Spule liegt auf Masse, das andere Ende geht auf den Mittelpunkt der aufgeteilten Vertikalspule, so ergeben sich L und R an deren Enden.
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Aus http://theartofsound.net/forum/showthre ... ed-1210M5G Beitrag Nr. 8.
Intern für LR verschaltet, gaben die horizontale Spule und vertikale Spule die M (Seitenschrift) und S (Vertikalschrift). Das sehr dynamische Klangbild mit guter Auflösung ist vielleicht eine Folge der direkten Umsetzung der mechanischen Bewegung in elektrische Signale (ohne Verbiegung eines Nadelträgers zwischen Diamant und Magnet), vielleicht aber auch zurückzuführen auf die Cleaner-vergleichbare Umsetzung unmittelbar an der Abtastung. :wink: Nach langem Hörabstand habe ich nur beim Koetsu ähnliche Klangelemente wiedergefunden.
Im Sinne der Fragestellung müsste ein Tonabnehmer ohne Zielgruppe hergestellt werden, das rechnet sich sicherlich für den Hersteller nicht. Ein geeignetes System öffnen und intern umlöten, da fiele mir nur das Decca mit 4 Anschlüssen ein. Dann muss man sich über die Pegelverhältnisse der ursprünglichen MS zu LR Dekodierung der Spulen klar sein, diese nach Umbau ggf. im Entzerrervorverstärker kompensieren oder nach Gechmack einstellen. Das ist nicht einfach, wenn ich an den Stereodecoder des Rotel Analogtuners denke, wo Trimmpotis Manipulation des S-Kanals gegenüber M erlaubten.

Um MS aus einem TA zu bekommen, müsste man 2 Spulen an geeigneter Stelle anbringen, die die Linearität der Bewegung bewahren. Bei Ortofons typischen 4 Spulen könnte man vielleicht einen Weg finden, diese MS-gerecht zu verschalten. Auf die Schnelle ist mir da keine Lösung eingefallen, zumal Anzapfungen zwischen den Spuren nicht vorhanden sind.

Dabei würde ich auch bedenken, dass ein PhonoVV traditionell der empfindlichste Eingang bei Audio ist, der Rauschabstand war schon immer ein Thema.
Wenn man ein L+R Signal hat, ist der Pegel schön hoch, aber wie verhält es sich mit L-R und dem Störabstand?
Es ist bekannt, dass beim Plattenschneiden die Seitenschrift voll ausgeschöpft wird, die Aussteuerung der Tiefenschrift aber limitiert wird. Diese Begrenzung kann eigentlich am elegantesten im S-Kanal erfolgen, also gibt es vermutlich MS-Wandlungen, um das und andere Klangbeeinflussungsmaßnahmen auszuführen.
Dieser Aspekt wurde bisher noch sehr vernachlässigt, speziell bei der Diskussion von FLOW, wo der Aspekt der reduzierten Kanaltrennung auf Übersprechen im Tonabnehmer reduziert wurde. Aber die Reduktion des S-Kanals schon vor dem Schnitt, nicht erst bei der Abtastung, bringt die Dinge auf eine Weise durcheinander, dass die Wirkung des Cleaner vermutlich(!) nicht vergleichbar sein wird mit der aus der Digitaltechnik bekannten Wirkung
Grüße Hans-Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hans-Martin hat geschrieben:
Truesound hat geschrieben: Ich selber möchte es am liebsten so das die Quellen so wenig wie möglich einen Eigenklang haben.
Sven, dem kann ich eigentlich nur zustimmen.
Eine Schallplatte, mit 38cm auf A700, Scotch/Revox 207 Band aufgenommen klang selbst per Hinterbandkontrolle für meine Ohren besser als das Original Vorband, unglaublich, und bis heute nicht verstanden.
Hallo

Ich habe gerade in den Revox Bandmaschinen einen Einstelltrimmer gefunden, der die Aufgabe hat, das Kanalübersprechen beim Band wiedergabeseitig zu kompensieren. Er verbindet auf einfachste Weise die Wiedergabeverstärker der beiden Kanäle in ihren jeweiligen Gegenkopplungskreisen und erhöht die Kanaltrennung frequenz- und geschwindigkeitsunabhängig. Von diesem einen Einsteller hängt also ab, wie groß die Kompensation ausfällt, das Übersprechen hängt jedoch erfahrungsgemäß von der Geschwindigkeit ab, es nimmt bei höherer G. zu. Somit ergibt sich mMn ein Fehler bei der nicht perfekt korrigierten Geschwindigkeit, und bei der korrekten G. ist der Effekt vermutlich noch zusätzlich von der jeweiligen Aussteuerung abhängig.

Grüße Hans-Martin
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Truesound
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Beitrag von Truesound »

Darum immer wichtig das Bandmaschinen von Zeit zu Zeit mit richtigem Messequipment überprüft und ggf. neu justiert werden.....

Grüße Truesound
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

uli.brueggemann hat geschrieben:
Hans-Martin hat geschrieben:Angenommen, linker Kanal drückt die Nadel zum System, rechter Kanal saugt sie heraus, beides soll nach Normdefinition positives Signal liefern. Vertikale Bewegungen erzeugen gegenphasige Signale, die Seitenschrift bedingt bei rein lateraler Auslenkung Gleichphasigkeit. Zeichnet man ein Absenkgeräusch auf ein plane Fläche auf, lässt sich beim WAV-Editor die korrekte Polarität prüfen.
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Die beiden Kanäle sind gegenphasig.
Hallo Uli

Ich habe gerade diesen Thread dazu gefunden: http://forums.stevehoffman.tv/threads/n ... es.343492/, um die Bilder zu sehen, muss man allerdings registriert sein.

Stan Ricker sagte, positives Signal sei von innen nach außen geschnitten, dann entspricht beim Fallenlassen linker Kanal positiv, rechter negativ.

Nach langer Suche nach einer verbindlichen Norm fand ich:
back2vinyl hat geschrieben:I...an old standard on analogue playback called IEC98, now re-numbered 60098. ... In fact, they ended up passing me on to the equally helpful British Standards Institute who told me that they had an identical British standard, called BS 7063, covering the same territory, and they sent me the relevant extract.

11.4.4 Channel polarity
Stereophonic reproducing equipment should preferably be so connected that movement of the reproducing stylus tip along the radial line through stylus tip and disk centre in a direction away from the disk centre shall produce compression in front of the left and right-hand loudspeakers similar to that produced by the live programme source.​
Damit sollte eine Eindeutigkeit bei Vinyl klar sein.

Grüsse Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hans-Martin,

danke. Endlich mal eine klare Aussage. :cheers:

Grüsse
Uli
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Moin. Hab mal ganz naive extra dunme frage:
Möchte meinen Dreher an die Soundkarte hängen und Riaa über Acourate entzerren.
Abnehmer ist ein Dual/Orthophon MM.
Habe diverse Eingänge:
Mikrofon A: +60dB, 3kOhm
Instrument: +60dB, 1Mohm
Mikrofon B: +10-60dB, 60kOhm

Wie wirkt sich die Impedanz auf den Frequenzgang aus?
Kann man hier durch ein zwei Bauteilchen ans Kabel löten ne Anpassung machen? :D

Grüezi
Josh
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Josh,
der MM-Tonabnehmer wird üblicherweise mit 47kOhm abgeschlossen, da sind 60kOhm nicht schädlich, 3kOhm hingegen sehr. Deshalb würde ich auf Mikrofon B setzen, zumal die Ortofon-Systeme häufig als Quelle selbst etwas hochohmiger sind als der Durchschnitt.
Mit 220kOhm Widerstand parallel wird aus 60k auch 47k, aber das halte ich für überflüssig.
Hauptsache, es ist keine Phantomspeisung vorgesehen, die das System mit Gleichstrom sättigt (Einstellung bei der Soundkarte).
Grüße Hans-Martin

P.SA.
Computer-RIAA finde ich sehr überzeugend.
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Takler
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Beitrag von Takler »

Hallo,

von Behold gibt es ein Projekt da sitzt der A/D Wandler direkt am Headshell.
Das Signal wird erst durch einem Vorverstärker geschickt und dann mit 16bit/768kHz digitalisiert.

Bild
http://www.behold.eu/page.php?de326200

Dazu gehört auch eine Master Clock
http://www.behold.eu/page.php?de326300

Das interessantes Projekt was schon etwas älter ist. Aus dem Jahr 2004.
Ob das noch aktuell ist kann ich nicht sagen.

Gruß
Andreas
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