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Endstufen ohne Ruhestrom = Klangprobleme?

Verfasst: 13.04.2017, 20:04
von Keksstein
Guten Abend zusammen,

Vorgeschichte:

neben meinem Home HiFi Hobby beschäftige ich mich noch mit Car-Hifi. Nicht auf dem "man hört mich 3 Straßen weiter" Niveau sondern der Versuch das Musikgeschehen in normaler Lautstärke und mit richtiger Räumlicher Abbildung im Fahrzeug zu reproduzieren. Wer so etwas noch nicht erlebt hat hat oft ein falsches Bild davon, es gibt Autos die sich wirklich wie eine HighEnd Stereoanlage anhören dank Laufzeitkorrektur, DSP und anderer Tricks.

Das ganze System ist 3-Wege + Sub vollaktiv, (damit es ins Forum hier passt :mrgreen: ) Als Aktivweiche dient ein DSP das seine Daten Digital vom Radio bekommt. Das wird mit FLACs auf einem USB Stick im Handschuhfach gefüttert.
Die Einstellung des DSPs habe ich dem Händler überlassen, seit dem geht es wirklich auf hohem Niveau vorran. Das einzige was noch wirklich stört ist der Hoch und Mittelton, die bei mir verbauten (Edel) Chassis in der A-Säule klingen an einer Klasse-AB Endstufe im Vorführwagen vom Händler butterweich, in meinem Auto eher scharf und hart. Testweises absenken der Pegel von Hoch und Mittelton in meinem Wagen löste das Problem nicht. Kammfilter sind dank geschickter Ausrichtung auch nicht wirklich stark vorhanden, so langsam kann es also nur noch an der Elektronik liegen.

Frage:

Ich habe zwei 4-Kanal Endstufen ausprobiert weil ich so einen ähnlichen Effekt schonmal bei Heim HiFi Endstufen gehört hatte, ohne Besserung. Auf der Werkbank aufgeschraubt ist dann aufgefallen, die Endstufen Transistoren arbeiten ohne Ruhestrom! Im Kleinsignalbereich liefert die Treiberstufe den Strom, die Endtransistoren übernehmen dann irgendwann. Es ist also (irgendwie) schon Klasse AB.
Nun brauchen Hoch und Mitteltöner ja nicht viel Leistung, ich könnte mir vorstellen das das Scharfe im Klangbild beim Übergang zwischen Trieberstufe zu Endstufe entsteht. Mir fehlen aber gerade Messgeräte um zu prüfen wie sich der Klirrfaktor über Pegel verhält, also ob das technisch zusammenhängen kann.

Könnt ihr Euch vorstellen das das "scharfe" Klangbild dadurch verursacht wird und ein Wechsel der Endstufe merklich etwas verbessern kann oder ist der Anstieg der Verzerrungen durch diese Technik eher im unhörbaren Bereich?

Danke!

Gruß,
Jan

Verfasst: 13.04.2017, 20:32
von Hans-Martin
Keksstein hat geschrieben:Könnt ihr Euch vorstellen das das "scharfe" Klangbild dadurch verursacht wird
Ja, Jan
und ein Wechsel der Endstufe merklich etwas verbessern kann oder ist der Anstieg der Verzerrungen durch diese Technik eher im unhörbaren Bereich?
Wenn die Endstufen nicht alle diesem Schema folgen, um die eventuell eingeschränkte Wärmeabfuhr nicht zum thermischen Problem werden zu lassen.
Ich würde nach Class-D-Endstufen Ausschau halten, die wird es vermutlich geben, ich bin aber auf diesem Terrain Car-HiFi nicht informiert. Pulsbreitenmodulation kennt solche (Übernahmeverzerrungs-)Probleme nicht.
Grüße Hans-Martin

Verfasst: 13.04.2017, 20:44
von Keksstein
Danke für Deine Antwort, Hans-Martin!
Wenn die Endstufen nicht alle diesem Schema folgen, um die eventuell eingeschränkte Wärmeabfuhr nicht zum thermischen Problem werden zu lassen.
Praktisch alle 4 Kanal (Mittelklasse) Stufen die ich auf dem Tisch hatte nehmen im Leerlauf ~1A auf. Wenn man bedenkt das ein DC/DC Wandler die Bordnetspannung auf eine hohe symmetrische Spannung hochsetzt (+-30V bis +-50V) bleibt da nicht viel Headroom für Ruhestrom. Das fängt erst im höheren Preisbereich an, da gibt es dann auch Klasse-A Endstufen (Adcom und Audison z.B.)

Das eine Digitale Stufe am HT und MT gut sein könnte hatte ich garnicht auf dem Schirm, das war ein guter Tipp! Alpine hat sogar den Klirrfaktor über Leistung angegeben, das sieht nicht schlecht aus:

https://www.alpine.de/p/Products/pdx-am ... s31/pdx-f4

Die Stufe ist sogar neu nur halb so teuer wie meine Problemendstufe :roll:
Würdest Du lieber mehr ausgeben für eine AB oder Klasse A Endstufe oder ist Klasse D mittlerweile genauso gut geeignet? Habe da gerade im Hochton bedenken.

Gruß,
Jan

Verfasst: 13.04.2017, 22:00
von Hans-Martin
Hallo Jan,
ich höre seit bald 20 Jahren mit Class-D, nach Transistor-B, AB, Röhren-AB (und Röhren-A mit Breitbändern).
Class-D kann Gutes aus beiden anderen Welten vereinen.
Grüße Hans-Martin

Verfasst: 13.04.2017, 22:04
von Keksstein
Hallo Hans Martin,

Danke für Deinen Erfahrungsbericht. Ich habs einfach mal "riskiert" und mir die Alpine Endstufe zum testen bestellt, Ergebnis kann ich Mitte nächster Woche hoffentlich mitteilen wenn es von Interesse ist. :wink:

Gruß,
Jan

Verfasst: 13.04.2017, 23:28
von Hans-Martin
Hallo Jan,
mein Ergebnis erziele ich mit deutlich mehr Abstand von den LS als im Auto üblich, wo der Fahrer vom nächstn Spiegeldreieck bei der A-Säule etwa 75cm entfernt ist.
Die räumliche Nähe zum Chassis und die Horn-ähnliche Schallführung (etwas großzügig interpretiert) bringt bei den zumeist 4 Ohm-LS und Wirkungsgrad nahe 90dB schon eine Empfindlichkeit, der der Wunsch nach viel Leistungsreserve gegenübersteht (protz), obwohl in der Praxis der untere Leistungsbereich überwiegend die Qualität bestimmt.
Grüße Hans-Martin

Verfasst: 14.04.2017, 10:52
von Keksstein
Hallo Hans-Martin,

ich habe mir damals bewusst eine Endstufe zugelegt mit riesigem Kühlkörper und Werksangabe "nur" 4x50W. Ich bin davon ausgegangen das, durch den großen Kühlkörper, die Stufe im kritischen Kleinsignalbereich bis zu ein paar Watt in Klasse-A läuft. Leider nicht der Fall, läuft ohne Ruhestrom. Die Endstufe die gerade im Wagen ist war eine Empfehlung vom Händler (4x 100W) mit dem gleichen Problem und selben scharfen Klang. Ich kann mir durchaus vorstellen das viele die Verzerrungen sogar angenehm empfinden, gerade Anfänger (was nicht negativ gemeint ist!) empfinden ja oft zu laute Höhen als hochauflösend. Am TMT und Subwoofer bleiben erstmal meine Ruhestromlosen Endstufen, ich denke da ist das weniger kritisch.

Im Netz konnte ich gestern Abend den Bericht von einem deutschen Fachhändler finden der die Endstufe (die bei mir momentan an HT und MT betrieben wird) gemessen und gerade im Kleinsignalbereich sehr hohen THD und Intermodulationsverzerrungen festgestellt hat. Die Werksangabe mit 0,0x% THD passt schon, aber erst im Bereich >10W. Ich bin echt gespannt was sich durch den Alpine Schaltverstärker tut, wenn der mir auch nicht gefällt suche ich nach einer alten Adcom, die laufen bis 40W pro Kanal in Klasse-A. (sind aber recht teuer und gut 20 Jahre alt)

Gruß,
Jan

Verfasst: 14.04.2017, 11:39
von chriss0212
Hallo Jan,

Class A im Auto... da muss man schön vorsichtig sein, was die wärmeabfuhr angeht. In den seltensten Fällen sind die Verstärker im klimatisierten Bereich des Autos unter gebracht... und im Sommer kann so ein Kofferraum schon ordentlich warm werden.

Bei Alpine bin ich was die Qualität angeht erst mal optimistisch. Ich war vor etwa 20 Jahrem ( oh Gott ist das lange her) im professionellem Car HiFi Einbau unterwegs und damals war Alpine schon echt ne Ansage.

Allerdings könnte die Schärfe auch durch die Einbauposition kommen. Immerhin können je nach Einbauposition auch noch starke Reflektionen über die Scheiben kommen.

Die Werkseinnauplätze müssen nicht immer auch akustisch Sinn ergeben.

Viele Grüße

Christian

Verfasst: 14.04.2017, 12:09
von Keksstein
Hallo Christian,

Die Verstärker sind aktiv gekühlt und ziemlich gut ausgetüftelt, bei mir kommt dazu das ich im Kofferraumboden über den Endstufen 2 Gitter habe als Kompromiss zwischen Wärmeabfuhr und Altagstauglichkeit. Zusätzlich gibt es immer Luftzirkulation, ich habe eine Konstruktion mit 4 Lüftern gebastelt die aus dem Fahrraum frische Luft in den Kofferraum saugt. Endstufen von Adcom von innen, die Schaltung stammt angeblich von Nelson Pass:

http://bilder.hifi-forum.de/medium/2048 ... _56480.jpg

Über die Verstärker von Alpine ließt man sowieso sehr gutes, bei Klangwettbewerben sind die oft in den Autos verbaut, gerade die alten PDX Klasse-D. Erinnert ein bisschen an Hypex finde ich, gerade auch der "glatte" Klirrverlauf in Verbindung mit niedrigem Innenwiderstand.
Allerdings könnte die Schärfe auch durch die Einbauposition kommen. Immerhin können je nach Einbauposition auch noch starke Reflektionen über die Scheiben kommen.

Die Werkseinnauplätze müssen nicht immer auch akustisch Sinn ergeben.
Das habe ich aus dem Grund vom Fachhändler machen lassen, HT und MT sind direkt nebeneinander in der A-Säule montiert und auf den gegen über liegenden Sitz ausgerichtet. (wegen der Symmetrie und Reflexionen von der Frontscheibe) Die A-Säule wurde dazu stark bearbeitet, die Originalen EInbauplätze sind eine Katastrophe gewesen. Räumlichkeit ist sehr gut, Kammfilter versauen sowas ja. Ich denke das sollte passen.

Gruß,
Jan

Verfasst: 20.04.2017, 20:47
von Keksstein
Wollte ein kurzes Statusupdate geben, die Endstufe ist mittlerweile angekommen. Die Verarbeitung ist klasse, das kommt auf den Bildern garnicht rüber. Gerade mal Testweise an 2 Grundig Box660 ausprobiert mit meinem T+A CD1260R als Quelle, HiFi Akademie Preamp als Lautstärkeregelung und einem Labor Schaltnetzteil zur Versorgung. Der Klang ist super natürlich, das leicht zu helle Klangbild der Grundigs wird nicht verdeckt. Bin gespannt wie es am Hoch und Mitteltöner alleine klingt. Interessant ist die Stromaufnahme, im Leerlauf 1,7A. wenn man wirklich laut aufdreht landet man bei ca. 2A, das ist aber schon extrem laut. Die Analoge Endstufe daneben braucht im Ruhezustand 0.9A, bei gefühlt gleicher Lautstärke wie mit der Digitalen bin ich da aber schon bei 5-7A. Fortschritt ist was tolles. :cheers:

Gruß,
Jan