Diffusschall-Korrektur möglich?

speakerbeck
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Diffusschall-Korrektur möglich?

Beitrag von speakerbeck »

Hallo Raumkorrektur-Kollegen!

Bin hier neu im Forum und habe mit Spannung die bisherigen Beiträge zur Raumkorrektur gelesen.
Beschäftige mich jetzt seit gut 3 Jahren mit dem Thema Raumkorrektur und höre nur noch "mit". Verwende dabei bis jetzt die Software von Dennis Sbragion DRC3.01 mit dem Convolver Plugin für den Windows Media Player um eine selbst gebaute 3-Wege Aktivbox anzusteuern. Nach viel Arbeit funktioniert das jetzt mit sehr gutem Ergebnis und ich überlege mir gerade Ulis Acourate Audio Toolbox ergänzend zuzulegen.

Soviel zum Einstieg. Nun etwas zu meinen aktuellen Überlegungen/Fragen zum Thema Raumkorrektur.

Mich beschäftigt die Frage, wie man die erste Wellenfront korrigieren kann (den Impuls) und gleichzeitig das Abklingverhalten über alle Frequenzen harmonisiern kann.

Soweit ich das verstanden habe ist die Verwendung eines frequenzabhängigen Zeitfilters einer der Schlüsselkomponenten um den Frequenzgang richtig zu analysieren, da hiermit bestmöglich zwischen dem reflektierten Schall und dem Direktschall unterscheiden werden kann. Bei dem Zusammenhang zwischen dem Lautsprecherfrequenzgang und dem Raumfrequenzgang und der gemeinsamen Korrektur habe ich jedoch noch Verständnisprobleme. Mir ist auch nicht klar, warum es einfach besser klingt, wenn der Frequenzgang am Hörplatz leicht abfällt (was ich durch eigene Versuche jedoch ganz klar bestätigen kann). Diese möchte ich an folgenden Beispielen deutlich machen.

Fall 1: Der Lautsprecher steht in einem schalltoten Raum, der nichts reflektiert. Es existieren nur direkte Schallanteile.

Der gemessene Frequenzgang müsste hier unabhängig von der Zeitfensterung sein, sofern das Zeitfenster lange genug ist, um die tiefsten Frequenzen zu erfassen. Mittels FIR-Filtern kann jetzt der Lautsprecher in seinem Zeit- und Frequenzverhalten korrigiert werden. Frequenz und Phasenverhalten „stimmen“ danach sowohl bei der ersten Wellenfront als auch im gesamten weiteren Zeitbereich der abklingenden Schwingungen.

Fall 2: Der Lautsprecher steht in einem Raum, der alle Frequenzen gleichermaßen teilweise absorbiert und den Rest gleichermaßen diffus reflektiert.

Auch hier müsste der gemessene Frequenzgang unabhängig von der Zeitfensterung sein (Ist das richtig?) oder zumindest das gleich Verhalten wie in Fall 1 aufweisen. Neben dem Direktschall kommen aber noch die Reflexionen dazu und erhöhen die wahrgenommene Lautstärke und geben einen typischen – in diesem Fall neutralen - Raumeindruck dazu. Wieder kann mittels FIR-Filtern der Lautsprecher so korrigiert werden, dass Frequenz und Phasenverhalten sowohl bei der ersten Wellenfront als auch im gesamten weiteren Zeitbereich stimmen und einen ausgeglichenen Verlauf aufweisen. Das wäre m.E. das optimale Ergebnis in einem Hörraum.

Fall 3: Ausgehend von Fall 2 treten jetzt im Bassbereich Raummoden auf. Bei den Resonanzfrequenzen baut sich der Schalldruck erst langsam auf und klingt auch langsam wieder ab (siehe das Beispiel von Uli).

Der gemessene Frequenzgang ist hier stark abhängig von der Zeitfensterung. Zumindest muss das Zeitfenster recht lange sein um das Aufbauen und langsame Abklingen des Schalldrucks zu erfassen.
Bei entsprechend langen Filtern können nun die Überhöhungen korrigiert werden. Wird die Resonanzfrequenz vom Filter einfach abgesenkt, so wird die erste Wellenfront zu klein im Verhältnis zur Gesamtlautstärke. Ein kurzer Impuls klingt deutlich leiser als ein langer Ton. Hilft hier die Berücksichtigung der excess-phase? Ist es möglich, dieses raumbedingte langsame Einschwingen zu korrigieren? Kann darüber hinaus das langsame Ausschwingen eines Raummodes elektronisch beschleunigt werden, um so wieder zu Fall 2 zu kommen? (Ich habe den Eindruck, dass das geht)

Fall 4: Der Lautsprecher steht in einem Raum, der die hohen Frequenzen übermäßig absorbiert. Der Anteil der in den Mitten reflektierten Energie ist deutlich größer als der im Frequenzbereich darüber.

Auch hier ist der gemessene Frequenzgang stark abhängig von der Zeitfensterung. Analysiert man mit sehr kurzen Zeitfenstern, wird dies gar nicht bemerkt, da die Reflexionen ausgeblendet werden und man nicht misst, ob diese stark oder schwach sind. Es erfolgt keine Korrektur. Analysiert man mit längeren Zeitfenstern, wird der Höhenabfall erkannt.

Wird dem Höhenabfall durch ein Anheben des Frequenzgangs entgegen gesteuert, so wird der Direktschall, die ersten Wellenfronten, angehoben und es ändert sich nichts an dem zu raschen Abklingen. Es besteht die Gefahr, das der Klang zu aggressiv wird (kann es sein, dass aus dieser Überlegung der starke Abfall des Zielfrequenzgangs zwischen 10 kHz und 20 kHz bei Rudolfs Filter resultiert?).

Wäre es möglich, die in diesem Frequenzbereich fehlenden Raumreflexionen durch einen genau passenden Anteil im Direktschall auszugleichen, d.h. den fehlenden Raumhall zu berechnen und mittels FIR-Filter zu generieren, um so das zeitliche Abklingverhalten im Raum zu harmonisieren? Gelänge dies, wäre man wieder bei Fall 2 und der resultierende Verlauf ist wieder unabhängig vom Zeitfenster). Dies wäre m.E. ein zusätzlicher Korrekturmechnismus, der mit FIR-Filtern möglich wird.

Uli, was meinst du? Gelingt es mittels FIR-Filtern nicht nur die erste Wellenfront(en) zu korrigieren, sondern auch das Abklingverhalten zu harmonisieren?

Vieler Grüße
Markus
asb
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Beitrag von asb »

Hallo Markus,

ich bin kein Profi der Materie ... trotzdem mein Senf dazu: ;)

Nach meinem Verständnis müssen die verwendeten Lautsprecher schon sehr "unglücklich" aufgestellt und/oder ziemliche "Fehlkonstruktionen" sein, um eine Korrektur > 500 Hz zu "rechtfertigen. In diesem Frequenzbereich ist die zeitliche Auflösung des menschlichen Gehörapperates sehr sensibel und kann durchaus Original von Reflexion unterscheiden.

Wenn man dafür sorgt, dass die sich die (frühen) Reflexionen spektral nicht allzu vom Original unterscheiden (gleichmässige Bündelung, gleichmässige Bedämpfung), sollte man einen weiteren Schritt in die "richtige" Richtung gehen.

Grüsse, Andy
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Hallo Markus, und willkommen im Forum!

Ich bin zwar nicht Uli, aber mich treibt dieses Thema auch sehr um und deshalb erlaube ich mir einen Kommentar :D
speakerbeck hat geschrieben:Mich beschäftigt die Frage, wie man die erste Wellenfront korrigieren kann (den Impuls) und gleichzeitig das Abklingverhalten über alle Frequenzen harmonisiern kann.
Das sind im Prinzip ja zwei getrennte Aufgaben. Die erste Wellenfront kann man zunächst durch eine einfache Korrektur der Amplitude und Phase glattziehen. Bei dem was "danach" kommt (der Übergang ist halt fließend), kommt es darauf an:

- minimalphasige Probleme (die Raummoden -- d.h. die Übertragungsfunktion von Anregung durch den LS auf die Auswirkung am spezifischen Hörplatz -- der niedrigsten Ordnungen sind annähernd minimalphasig) kann man mit genau inversen minimalphasigen Gegenmaßnahmen beheben, prinzipiell (mit Einschränkungen, bei zu starken notwendigen Anhebungen). Dort kommt es dann nicht zu dem Problem, dass der Direktschall "falsch" verfärbt wird, weil eine Trennung von Direktschall und Diffusschall noch gar nicht sinnvoll ist.

- nicht minimalphasige Probleme (Raummoden höherer Ordnung, echte/r Echos/Hall). Dort kann man theoretisch für genau eine einzige Mikrofonposition ein 100%iges Echo-Cancelling erreichen, indem man zum passenden Zeitpunkt ein Korrektursignal schickt, was sich am Mikro mit den eintreffenden Reflexionen genau auslöscht. Und dann wieder ein Korrektursignal für das Auslöschen der Reflexionen des Korrektursignals usw ad infinitum. Je höher die Pegel der Reflexionen sind umso weniger gut kann das glattgehen, spätestens wenn die erste Korrektur der Reflexionen ein höheres Direktschallsignal braucht als das ursprünglich zu korrierende ist "Ende Gelände". Und praktisch geht das nur bis zu den Frequenzen, bei denen noch kein nennenswerter Laufzeitunterschied sowohl des Direktschalls wie der Reflexionen zwischen beiden Ohren auftritt (d.h. wenige hundert Hertz), und ausserdem darf nicht ein mü an der RA sich ändern, ebensowenig an der LS-Aufstellung und dem Hörplatz. Das gilt für den Fall, dass man mit einem Mikro-Standort gemessen hat. Für echtes Echocancelling braucht es noch Crossfeed für die Signale, weil es gibt ja vier Direktschalle die es sauber zu erhalten und vom Diffusschall zu trennen gilt, von jedem LS auf jedes Ohr. Wegen all dem ist es schwierig, eine solches Echo-Cancelling durchzuziehen (funzen tut das bei eindimensionalen Problemstellungen schon sehr gut). Weswegen sowohl DRC als auch Acourate das auch nicht machen, bzw nur in dem Maße in dem es ohne massive Nebenwirkungen geht, im oberen modalen Bereich und möglich nahe am ersten Impuls (weswegen Denis ja auch empfielt, diskete erste Reflexionen gezielt nah an den Grundimpuls zu legen -- entgegen der sonstigen Auffassung also --, jedoch deren Hochtonanteil zu dämpfen).
Soweit ich das verstanden habe ist die Verwendung eines frequenzabhängigen Zeitfilters einer der Schlüsselkomponenten um den Frequenzgang richtig zu analysieren, da hiermit bestmöglich zwischen dem reflektierten Schall und dem Direktschall unterscheiden werden kann. Bei dem Zusammenhang zwischen dem Lautsprecherfrequenzgang und dem Raumfrequenzgang und der gemeinsamen Korrektur habe ich jedoch noch Verständnisprobleme. Mir ist auch nicht klar warum es einfach besser klingt, wenn der Frequenzgang am Hörplatz leicht abfällt (was ich durch eigene Versuche jedoch ganz klar bestätigen kann).Diese möchte ich an folgenden Beispielen deutlich machen.
Ein Teil dieses notwendigen Höhenabfalls ergibt sich durch die steigende Absorption der Luft zu hohen Frequenzen. Damit schon im Freifeld/RAR ein realistischer Entfernungseindruck eines entstehen kann, sollte also gemäß der Hörplatzentfernung der FG leicht abfallen -- und im realen Hörumfeld umso mehr, damit der lokalsierte Ort des LS frequenzgangmäßig zu den Hinweisen aus den frühen Reflexionen passt. Das alles einen einzelnen LS als Realschallquelle betrachtend. Bei Stereo wird es komplexer... dort legt man aus Erfahrung den FG womöglich noch so, dass er einer größeren Hörentfernung enstpricht, nämlich der die auch durch die stereo-Codierung so "im schnitt" vermittelt wird, und die also eher hinter den LS liegt. Soweit meine Gedanken dazu (irgendwo habe ich dazu auch Quellen, finde sie aber grad nicht).
Fall 1: Der Lautsprecher steht in einem schalltoten Raum der nichts reflektiert. Es existieren nur direkte Schallanteile. Der gemessene Frequenzgang müsste hier unabhängig von der Zeitfensterung sein, sofern das Zeitfenster lange genug ist um die tiefsten Frequenzen zu erfassen. Mittels FIR Filtern kann jetzt der Lautsprecher in seinem Zeit und Frequenzverhalten korrigiert werden. Frequenz und Phasenverhalten „stimmen“ danach sowohl bei der ersten Wellenfront als auch im gesamten weiteren Zeitbereich der abklingenden Schwingungen.
Genau, bzw fast. Das entspricht einer relativ einfachen Vorentzerrung. bei der es zu jedem Frequenzwert einen einfachen Satz an Korrekturwerten gibt: ändere den Pegel um x dB und die Phase um y Grad. Allerdings sollte diese Korrektur nicht zu brachial feinkörnig sein, sonst geht es mit Ringing los (post, und vor allem pre). Nicht-Minimalphasige Probleme des LS (also "innere Echos", Kantendiffraktion etc) die innerhalb des Zeitfenster passieren, werden aber miterfasst, ebenso wie echte Raumprobleme, wenn es eben innerhalb der Meßfenster gelangt. Ist alles eine Frage des Zeitmaßstabes. Der springende Punkt ist weniger die absolute Schöneit der Korrektur, sondern die Gleichheit zw. L und R am anfang der Korrektur in den ersten Millisekunden. Diese macht Uli, soweit ich das verstehe, im Feintuning noch recht mühsam von Hand, dafür nimmt er leichte Unterschiede von L und R im späteren Verlauf hin (resultierend in L/R-Unterschieden im FG im Bass/Grundton). Bei DRC gibt es noch keine direkte solche Vekopplung, da werde beide Korrekturen an das Vorgabesoll angenähert, "wissen aber nichts voneinander", DRC macht eine reine single-channel Korrektur. Müsste man aber auch austricksen können, in dem man die Zielvorgaben für L und R passend unterschiedlich legt (aber das wie "passend" ist halt das praktische Problem dabei -- schon ob der schieren Menge der DRC-Parameter --, es sei denn man iteriert mit roher Gewalt und/oder mit genetischen Algorithmen sich dorthin und/oder entwickelt das dazugehörige Expertenwissen. Also alles nicht praktikabel für "hier und jetzt").
Fall 3: Ausgehend von Fall 2 treten jetzt im Bassbereich Raummoden auf. Bei den Resonanzfrequenzen baut sich der Schalldruck erst langsam auf und klingt auch langsam wieder ab (siehe das Beispiel von Uli). Der gemessene Frequenzgang ist hier stark abhängig von der Zeitfensterung. Zumindest muss das Zeitfenster recht lange sein um das Aufbauen und langsame Abklingen des Schalldrucks zu erfassen.
Bei entsprechend langen Filtern können nun die Überhöhungen korrigiert werden. Wird die Resonanzfrequenz vom Filter einfach abgesenkt, so wird die erste Wellenfront zu klein im Verhältnis zur Gesamtlautstärke. Ein kurzer Impuls klingt deutlich leiser als ein langer Ton. Hilft hier die Berücksichtigung der excess-phase? Ist es möglich dieses raumbedingte langsame Einschwingen zu korrigieren? Kann darüber hinaus das langsame Ausschwingen eines Raummodes elektronisch beschleunigt werden um so wieder zu Fall2 zu kommen? (Ich habe den Eindruck dass das geht)
Das ist genau der Fall des Echocancellings der gerade noch sauber funktioniert, bzw sogar die noch quasi-minimalphasige Korrektur. D.h. wenn es zunehmend weniger mimimalphasig wird, also Exzessphasenanteile auftreten, greift ein minimalphasiger EQ zu früh ein, egal ob er nun anhebt oder absenkt. Stimmen wenigstens Bandbreite/Güte und Pegel, ist damit aber eine für Musik dennoch brauchbare Teilkorrektur möglich, als Kompromiss zwischen leicht in der Dynamik verändertem Direktsignal und nicht ganz auskorrigiertem eingeschwungenen Zustand.
Fall 4: Der Lautsprecher steht in einem Raum der die hohen Frequenzen übermäßig absorbiert. Der Anteil der in den Mitten reflektierten Energie ist deutlich größer als der im Frequenzbereich darüber. Auch hier ist der gemessene Frequenzgang stark abhängig von der Zeitfensterung.
Analysiert man mit sehr kurzen Zeitfenstern wird dies gar nicht bemerkt, da die Reflexionen ausgeblendet werden und man nicht misst ob diese stark oder schwach sind. Es erfolgt keine Korrektur.Analysiert man mit längeren Zeitfenstern wird der Höhenabfall erkannt.

Wird dem Höhenabfall durch ein Anheben des Frequenzgangs entgegen gesteuert, so wird der Direktschall, die ersten Wellenfronten, angehoben und es ändert sich nichts an dem zu raschen Abklingen. Es besteht die Gefahr, das der Klang zu aggressiv wird (kann es sein, dass aus dieser Überlegung der starke Abfall des Zielfrequenzgangs zwischen 10kHz und 20kHz bei Rudis Filter resultiert).

Wäre es möglich die in diesem Frequenzbereich fehlenden Raumreflexionen durch einen genau passenden Anteil im Direktschall auszugleichen, d.h. den fehlenden Raumhall zu berechnen und mittels FIR Filter zu generieren, um so das zeitliche Abklingverhalten im Raum zu harmonisieren? Gelänge dies wäre man wieder bei Fall2 und der resultierende Verlauf ist wieder unabhängig vom Zeitfenster). Dies wäre m.E. ein zusätzliche Korrekturmechnismus, der mit FIR Filtern möglich wird.
Hey, das ist eine clevere Idee. Man wird dass aber mit crossfeed machen müssen, damit der zufügte Hall schön diffus wird. Dazu braucht es leider eine crossfeed-fähige Convolver-Engine (also vierkanalig L->L, L->R, R->R und R->). Mit Foobar dann schonmal nicht (mir fällt nur BruteFIR ein, aber eben nur für Linux).
Uli- was meinst du. Gelingt es mittels FIR Filtern nicht nur die erste Wellenfront(en) zu korrigieren, sondern auch das Abklingverhalten zu harmonisieren?
Ich bin zwar nicht gefragt, sage aber: es gelingt. Im Prinzip machst du dann ein raumspezifisches Echtzeit-Remastering...


Und äh, alle Angaben ohne Gewähr, kann sein dass ich in ein paar Details ungenau oder gar falsch liege... und falls es Uli/Acourate speziell betrifft, mag/wird er das auch korrigeren.

Beste Grüße, Klaus
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pico
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Beitrag von pico »

Hi speakerbeck,

eine Box, die im "schalltoten" Raum einen linearen Frequenzgang hat, wird in einem realen Raum einen zu den Höhen hin abfallenden Energie-Frequenzgang haben, weil:

1. die Box zu hohen Frequenzen hin zunehmend bündelt
2. der Raum zu hohen Frequenzen hin zunehmend absorbiert
3. das Mess-Mikrofon zu hohen Frequenzen hin zunehmend bündelt

Alle 3 Effekte kann man berechnen/messen:

1. Rundstrahlverhalten
2. Nachhallzeit
3. Richtwirkung des Mikros bzw. Messung unter 90° (s. Mikrofonkalibirerung)

Ein linearer Energiefrequenzgang (= langes Zeitfenster) am Hörplatz hört sich bei einem normal bündelnden Lautsprecher daher viel zu spitz an. Wie GENAU die Zielfunktion aussehen muss, hängt vom Rundstrahlverhalten der Box und/oder der Zeitfensterung und Gewichtung von Direkt- und Diffusschall ab.

Gruß Pico
speakerbeck
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Beitrag von speakerbeck »

asb hat geschrieben:Wenn man dafür sorgt, dass die sich die (frühen) Reflexionen spektral nicht allzu vom Original unterscheiden (gleichmässige Bündelung, gleichmässige Bedämpfung), sollte man einen weiteren Schritt in die "richtige" Richtung gehen.
Hallo Andy,

erst mal danke für die Rückmeldung zu so später Stunde.

Dem Raumeinfluss mit einer Verbesserung der Raumakustik zu begegnen ist sicherlich der Königsweg - wenn man keinen dezidierten Hörraum hat, ist das leichter gesagt als getan. Daher meine Beschäftigung mit der digitalen Raumkorrektur.

Zum tonalen Charakter der Lautsprecher/Raum-Kombination tragen übrigens nicht nur die frühen Reflexionen bei (die führen aber einer verwaschenen räumlichen Abbildung) sondern auch die deutlich späteren. Zumindest bei 2kHz führen alle innerhalb der ersten 100ms am Ohr eintreffenden Schallsignale zu einer Lautstärkesteigerung (Quelle: Zwicker / Psychoacoustics). Erst bei längeren Schallereignissen wird das nicht als lauterer Ton sondern als längerer Ton wahrgenommen. Wie diese charakteristischen Zeiten bei anderen Frequenzen sind habe ich noch nicht rausgefunden.

Was ich bei allen veröffentlichten Messungen beobachte, dass alle Messungen am Hörplatz einen deutlichen Höhenabfall ab 10kHz bis 20kHz aufzeigen oft bis -9db. Korrigiert man diesen Abfall durch Anhebung des Direktschalls wirds zu spitz. Offensichtlich sind in diesem Frequenzbereich die meisten Räume stark überdämpft und es kommen keine Reflexionen mehr an - oder die Hochtöner bündeln alle viel zu stark, so dass gar nichts reflektiert werden kann. Durch die digitale Signalaufbereitung böte sich prinzipiell die Möglichkeit, diesen Nachhall näherungsweise zu generieren - und zwar als zeitlich verzögerten Nachhall, der erst ca. 30 ms nach dem Dirketschall auftritt und somit die Raumabbildung nicht stört.

Andy, wie ist denn der Schalldruckverlauf an deimem Hörplatz ? :mrgreen:

Gruß
Markus
speakerbeck
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Beitrag von speakerbeck »

KSTR hat geschrieben:Hey, das ist eine clevere Idee. Man wird dass aber mit crossfeed machen müssen, damit der zufügte Hall schön diffus wird. Dazu braucht es leider eine crossfeed-fähige Convolver-Engine (also vierkanalig L->L, L->R, R->R und R->). Mit Foobar dann schonmal nicht (mir fällt nur BruteFIR ein, aber eben nur für Linux).
Hallo Klaus,

danke für dein Willkommen und für deine Erklärungen.

Ein entsprechender Convolver gilt es auch für Windows: Convolver für den Media Player.

Die Reflexionen versuche ich gerade zu generieren, indem ich dem FIR-Korrekturfilter im Zeitbereich von 30 - 300 ms ein frequenzmoduliertes und zeitlich abklingendes Rauschsignal hinzuaddiere. Die Frage ist naürlich: wie berechne ich die richtige Frequenzmodulation und das richtige zeitliche Abklingen? Ich will ja nur das Fehlende passend hinzufügen. Habe aber keine Ahnung, ob der Weg so richtig ist und bin erst am Anfang der Experimente (immer zu wenig Zeit!!!).

Gruß
Markus
Eusebius
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Beitrag von Eusebius »

Zum Thema kontinuierlicher Höhenabfall eine Randbemerkung:

Die Firma Nubert bietet in ihren ATM-Geräten neben der Bass-Boost-Funktion auch einen raffinierten Höhenregler an, der den GESAMTEN Frequenzbereich zwischen 30 und 20.000 Hertz wie eine Schiefe Ebene kippt.

Damit entspricht z.B. der Klang eines Sinfonieorchesters dem natürlichen Eindruck im Konzertsaal, wenn die Musiker 10 oder 20 Meter vom Hörer entfernt spielen. Wegen der zu höheren Frequenzen hin zunehmenden Dämpfung durch die Luft entsteht dieser abgemilderte Klang, der als angenehm empfunden wird.

Eine feine Sache, die in der Praxis ausgesprochen gut funkioniert:

http://www.nubert.de/webshop/pi68832755 ... egoryId=13

(Unten auf der Seite klicken auf ATM-Module.
Dann das rechte Schaubild vergrößern.)
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hallo Markus,

long time no see :D

Nun hat es doch schon einige Antworten gegeben, so auch eine längere Antwort von Klaus. Bin derzeit etwas eingespannt und hab nicht die Muße, jedes Detail zu lesen und zu beantworten. Bin da eher ein Freund von Salamitaktik, also häppchenweise.

Vielleicht noch zum Thema Höhenabfall:

Neben den bereits schon genannten Ursachen möchte ich noch eine hinzunehmen, die gerne übersehen wird: die Auswertung. So zeigt sich ein ungeglätteter Frequenzgang ja als Ergebnis eingeschwungener Zustände, was Musik nun mal nicht ist. Und typischerweise wird ja nicht der ungeglättete für irgendeine Korrektur genommen, sondern ein geglätteter FG. Nun zeigt aber z.B. eine übliche 1/n-Oktavglättung einen Frequenzgang, der mehr abfällt als ein psychoakustisch bewerteter FG. Am kleinsten ist die Abfallende bei einer Hüllkurvenauswertung wie sie der Denis beim DRC 3.x macht. Allerdings hat die auch ihre Tücken. Ich hab dazu schon mit ihm diskutiert.

Ich seh das Ganze aber etwas gelassener. Was passiert nämlich, wenn wir der Zielkurve diesselbe Steigung zukommenlassen wie dem wie auch immer bewerteten Frequenzgang? Die Korrektur entspricht dem Grundgesetz der Regelung, nämlich Korrektur = Soll - Ist. Wenn die Steigungen gleich sind dann ist die Korrektur horizontal. In diesem Sinn schau ich mir immer die Korrektur an, siehe auch das Bild im Bericht zu Rudolf. Und wenn dann bei einer Messung aus welchen Gründen auch immer der Hochtonbereich abfällt, auch wegen Brickwall etc., dann passe ich die Zielkurve daran an. Was dann darin resultiert, dass da wenig bis nichts korrigiert wird. Was meistens richtiger ist.

Also: für mich ist es wichtig die Korrektur anzuschauen. Und Graphik ist ja ein wesentlicher Bestandteil von Acourate. Dann lässt sich auch ggf. noch die Korrektur weiter manipulieren.

Generell zur Korrektur: am besten lässt sich korrigieren, was ortsunabhängig geschieht. Dazu gehören z.B. Frequenzweiche, Reflektionen im LS etc. Evtl. der Allison-Effekt bei niedrigen Frequenzen. Eine ortsabhängige Echokorrektur schlägt schnell fehl. Wenn die Korrektur am Zeitpunkt 2 ms nach dem Hauptpeak stattfindet, sich aber das Echo an einer anderen Position nun nach 3.5 ms (50 cm Laufzeitunterschied) kommt, dann verschlimmert die 2 ms-Kompensation das Ganze nur noch.

Und... erst einmal sollte der Direktschall so optimal wie möglich sein. Und die Kohärenz zwischen den Kanälen muss stimmen.

Grüsse, Uli
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo Markus,

herzlich willkommen bei uns! Du scheinst ja in Sachen "Raumkorrektur" schon so Einiges auf dem Kerbholz zu haben, von dem wir sicherlich profitieren können. Zu deiner Frage
speakerbeck hat geschrieben:Es besteht die Gefahr, das der Klang zu aggressiv wird (kann es sein, dass aus dieser Überlegung der starke Abfall des Zielfrequenzgangs zwischen 10 kHz und 20 kHz bei Rudolfs Filter resultiert?).
Das ist die Zielfunktion von RoomPerfect, die man nicht beeinflussen kann. (Quelle: Homepage von Lyngdorf).

Viele Grüße
Rudolf
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Hi Markus
speakerbeck hat geschrieben:Ein entsprechender Convolver gilt es auch für Windows: Convolver für den Media Player.
Jau, den kannte ich zwar schon, habe ihn aber bisher als DirectX unter meiner DAW-Saftwäre nicht zum Laufen bekommen, dto mit den VST-Wrapper für Foobar.

Jetzt mit dem recht hübschen "Media Player Classic" geht es endlich als DirektX, danke für den Tip (auch wenn mit Foobar doch wesentlich lieber wäre als Host)
(@Insiders: Damit geht KSTReo in Echtzeit + LS- und/oder Raumentzerrung. Und Trinaural, falls man das Hardware-Mapping auf drei Ausgabe-Kanäle irgendwie hinbekommt... und wenn das geht, dann gehen auch FIR-Weichen...).

[nerd-mode] "Tuning Rigor == Exhaustive" für die FFTW-Wisdom ist keine gute Wahl merke ich grad, der Testlauf heizt seit bald 20 MInuten meine CPU... hab in jetzt abgeschossen, ist mir zu blöd, "Measure" muss reichen...
[/nerd-mode]

--------:--------

Zu deiner Idee:
Hhm, rechnen ist da schwierig, auch wenn du die RT60-Verläufe über der Frequenz als groben Haltepunkt hast, für zumindest das grobe shaping.

DIe Frage ist halt auch, ob man wirklich total diffusen Hall möchte, oder ob es nicht homogener klingt mit etwas der tatsächlichen Raumgeometrie entprechenden earlies? Ich denke mit maximal diffusem Hall klingt es nicht wirklich gut, das passt dann nicht zum Rest (auch wenn der durch DRC schon geglättet ist).

Wie klingen denn Versuche mit 4 Stück unkorrelierten Rauschfahnen als Impulskerne, wenn man sie halbwegs passend hochpassfiltert? Werd ich glaub ich mal ausprobieren, wobei ich denke dass der Attack-Hüllkurve (und das Pre-Delay) viel ausmachen (weil bei echten Raum-IRs, wenn man sie verlangsamt abhört, baut sich der Hall -- nach den earlies -- auch nicht schlagartig auf).Das Decay sowieso, dort sollte exponentieller Abfall OK sein.

Eine spannende Sache (noch spannender wirds, wenn man solche künstlichen Earlies und Hallkomponten noch mit HRTF-Tricks aus allem möglichen Raumrichtungen kommend simuliert...)

Grüße, Klaus
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

KSTR hat geschrieben:[nerd-mode] "Tuning Rigor == Exhaustive" für die FFTW-Wisdom ist keine gute Wahl merke ich grad, der Testlauf heizt seit bald 20 MInuten meine CPU... hab ihn jetzt abgeschossen, ist mir zu blöd, "Measure" muss reichen...
[/nerd-mode]
Und wenn man abgeschossen hat, darf man erstmal die FFT-Wisdom löschen und mit RegEdit nach "PlanningRigour" suchen und das schön wieder auf 0 oder 1 setzen, sonst hängt er schon beim Laden, das näxte mal...
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speakerbeck
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Beitrag von speakerbeck »

Hallo Klaus
KSTR hat geschrieben:Wie klingen denn Versuche mit 4 Stück unkorrelierten Rauschfahnen als Impulskerne, wenn man sie halbwegs passend hochpassfiltert? Werd ich glaub ich mal ausprobieren, wobei ich denke dass der Attack-Hüllkurve (und das Pre-Delay) viel ausmachen (weil bei echten Raum-IRs, wenn man sie verlangsamt abhört, baut sich der Hall -- nach den earlies -- auch nicht schlagartig auf).Das Decay sowieso, dort sollte exponentieller Abfall OK sein.
habe seit heute Urlaub und daher den ganzen Vormittag damit verbracht mit Audacity "passende" Rauschfahnen zu konstruieren. Habe mich dabei am typischen Verlauf der RT60 Kurven orientiert. Habe die RT60 Zeiten für die verschiedenen Frequenzen untersucht und Versucht, eine solche "Rauschfahne" zu konstruieren, dass die RT60 Zeit bei 10kHz und bei 20kHz der RT60 Zeit bei 5kHz entspricht. Heute noch alles per Handarbeit und trial and error - und leider im Ergebnis auch noch nicht sehr überzeugend.
Ich hoffe jemand hat eine Idee wie man hier systematisch zu einem Resultat kommen kann.
Gibt es im Bereich der Studiotechnik nutzbare Softwaretools?

Bei ersten Hörversuchen stellt sich heraus, dass der Unterschied mit und ohne RT60 Manipulation sehr gering ist und auf den ersten Ton nur deutlich wird wenn mans drastisch übertreibt. Auf jeden Fall gibt es keinen Halleffekt oder eine deutliche Halligkeit im Klangbild. Ich konnte den Unterschied zwischen links/rechts gleichphasiger und verpolter Rauschfahne nicht sicher identifizieren (allerdings war das auch nur ein Kurztest). Es geht ja auch nur um einen Eingriff in die aller oberste Oktave.

Ab morgen gehts erst mal für 2 Wochen in Urlaub, so dass ich mich erst Ende August wieder melden werde. Vielen Dank für die rege Beteiligung an der Diskussion.

Urlaubsgrüße
Markus
asb
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Beitrag von asb »

Hallo Markus,
speakerbeck hat geschrieben: Zum tonalen Charakter der Lautsprecher/Raum-Kombination tragen übrigens nicht nur die frühen Reflexionen bei (die führen aber einer verwaschenen räumlichen Abbildung) sondern auch die deutlich späteren. Zumindest bei 2kHz führen alle innerhalb der ersten 100ms am Ohr eintreffenden Schallsignale zu einer Lautstärkesteigerung (Quelle: Zwicker / Psychoacoustics).
Ich kenne die Lektüre jetzt nicht und weiss auch nicht aus welchem Zusammenhang diese Werte kommen, aber ist denn eine Lautstärkesteigerung automatisch ein Einfluss auf den tonalen Charakter? Zumal sich das Schallfeld nach solch einer "langen" Zeit spektral doch erheblich vom Originalschall unterscheiden dürfte. Auch vom Pegel halte ich solch späten Reflexionen für vernachlässigbar. In kleinen Räumen liegt der schon bei 50 ms ~ 30 dB unter dem des Direktschalls.
Andy, wie ist denn der Schalldruckverlauf an deinem Hörplatz ?
Immer im Wandel und momentan in Arbeit :mrgreen:

Einen schönen Urlaub wünscht
Andy
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speakerbeck
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Beitrag von speakerbeck »

Hallo Rudolf
Rudolf hat geschrieben:Das ist die Zielfunktion von RoomPerfect, die man nicht beeinflussen kann. (Quelle: Homepage von Lyngdorf).
Viele (Alle?) gut klingenden Lautsprecher weisen am Hörplatz diesen oder einen ähnlichen Frequenzgangabfall in der obersten Oktave auf. z.B. zeigen die Messungen, die Sigfried Linkwitz von seiner ORION gemacht hat einen vergleichbaren Verlauf (http://www.linkwitzlab.com / Präsentationen). Warum das so ist hat PICO aufgezeigt - ich stimme ihm da voll zu. Ich würde aber erwarten, dass ein sanfter Abfall entsprechend dem typischen abfallenden Verlauf zwischen 500 Hz und 5 kHz das anzustrebende Ideal ist. Wenn man den tatsächlichen Verlauf mit starkem Abfall aber durch eine Anhebung des Direktschalls korrigiert klingts nicht mehr gut (meine bisherige Erfahrung ). Daher ist die stärker abfallende Kurve schon die klanglich richtige.

Aber warum die Kurve so sein muss, was denn der "richtige" Abfall ist und warum die Korrektur auf einen gleichmäßigeren Frequenzgang nicht zu besseren Ergebnissen führt ist mir letztendlich nicht klar. Im Verdacht habe ich den fehlenden Nachhall des Raumes in diesem Frequenzbereich.

Gruß
Markus
speakerbeck
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Beitrag von speakerbeck »

Hallo Andy
asb hat geschrieben:Ich kenne die Lektüre jetzt nicht und weiss auch nicht aus welchem Zusammenhang diese Werte kommen, aber ist denn eine Lautstärkesteigerung automatisch ein Einfluss auf den tonalen Charakter?
Prof. Zwicker (Ehemaliger Leiter des Instituts für Elektroakustik, TU München) hat u.a. Untersucht wie sich länger werdende Tonbursts mit konstanter Amplitude anhören. Bis zu den genannten 100ms wird nicht gehört, dass der Ton länger wird sondern er wird als lauter wahrgenommen. Erst bei längeren Bursts entdeckt der Hörer, dass der Ton tatsächlich länger wird und nicht lauter. Die Interpretation ist, dass die Lautstärke des Tons in den ersten 100ms gebildet wird.

Wenn man bei der Frequenzgangmessung ein 100ms langes Fenster benutzt, macht man messtechnisch vergleichbares. Ob sich die späten Signale noch im Frequenzgang auswirken lässt sich einfach untersuchen, wenn man mit diesem Fenster bei der Auswertung spielt. Es tut sich schon noch was - die Amplituden der Reflexionen sind zwar klein, deren Anzahl aber groß. Denis Sbragion benutz bei seinem Raumkorrektursystem DRC3.01 sogar ein 300ms langes Fenster zur Bestimmung der "psychoakustischen Zielkurve".

Der Unterschied zwischen der Untersuchung von Prof. Zwicker und unseren Messungen ist, dass er ein konstantes Signal benutzt, während unser Signal zeitlich stark abfällt - das könnte natürlich schon einen deutlichen Unterschied in der Wahrnehmung machen - villeicht werden die letzten Reflexionen von dem lauteren ersten Reflexionen überdeckt -könnte sein. :roll:

Wenn die Reflexionen zu einer Änderung der wahrgenommenen Lautstärke führen, dann führen Reflexionen die frequenzabhängig unterschiedlich sind zu einer Änderung des wahrgenommenen Frequenzgangs und somit zur Änderung des tonalen Charakters. Desswegen klingt ein unmöblierter Raum nicht nur halliger sondern auch heller als ein mit Gardinen oder schweren Möbeln vollgestopfter Raum. - Deswegen geht es bei der Raumoptimierung neben der Unterdrückung der frühen Reflexionen vor allem auch darum ein frequenzunabhängiges Abklingverhalten zu realisieren. Aber wem erzähl ichs - da bist du doch der Fachmann. :cheers:

Meine aktuelle Sicht der Dinge: Die ersten ms sind für die Präzision, Lokaliserung und Stabilität der räumlichen Abbildung entscheidend, der gesamte Zeitbereich bis ca.-100ms für den Klangcharakter (hell, dumpf etc.). Dies bei jeder Frequenz und in jedem Zeitbereich in Balance zu bringen ist die Kunst. Der perfekte Lautsprecher und die entsprechende Raumgestaltung ist der Königsweg und die digitale Korrektur ist die Krücke -oder das Sahnehäubchen- dazu.

Ich hoffe ich komme jetzt nicht all zu besserwisserisch rüber :oops:

Gruß
Markus
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