"Grundtonsenke" bei 200-300 Hz

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wgh52
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"Grundtonsenke" bei 200-300 Hz

Beitrag von wgh52 »

Basierend auf den Messungen von Manuel an den BM2s bei sich zu Hause am Hörplatz....
Nimron hat geschrieben:...Ich habe die Lautsprecher hier eingemessen und sogar Hörplatz und Aufstellungspunkte variiert. Es bleibt immer eine Senke im Bereich um 300 Hz übrig und das hört man hier bei mir sehr deutlich. :?

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Beim Audio Test der Prime 14 kann man übrigens exakt die gleiche Senke im selben Bereich feststellen und da ist der Lautsprecher sicher nicht, wie bei mir, vom Hörplatz aus gemessen worden. Übrigens tritt diese Senke auch bei der BM2 und BM2s auf...

Das mag in einem Wohnzimmer mit größerem Hörabstand und dem Wunsch nach einer Anregung des gesamten Raums vielleicht durchgehen und die Musik erfüllt den Raum zumindest bei der BM2s auch wunderbar. Ich höre hier oben aber explizit am Hörplatz im Sweetspot und habe da halt meine persönlichen Ansprüche...

...Darüber hinaus ist mein Raum auch sehr gleichmäßig über den gesamten Frequenzbereich bedämpft:

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Der etwas höhere Nachhall im Tieftonbereich ist, wie man am ersten Bild sehen kann, einer leichten Anhebung des Bassbereiches geschuldet, was ich als Experiment mit der BM2 probiert hatte, um dadurch das Loch bei 300Hz etwas zu stopfen. Ohne sieht noch etwas schlimmer aus...
... ergibt sich die Frage:

Wieviel Korrektur kann man oder sollte man Acourate "zumuten"? Wäre Acourate in der Lage diesen Grundtonbereichseinbruch zu korrigieren?

Die Antwort aus meiner persönlichen Erfahrung mit Frequenz- u. Phasengang korrigierenden Convolvern ist: Ja! Und zwar "leicht" und mit hervorragendem Ergebnis. 8)

Vielleicht wäre noch zu klären, woher dieses ungewöhnliche Verhalten kommt, und dieser Grund hätte möglicherweise Einfluss auf die erreichbare Qualität... :roll:

Uli? Deine Einschätzung bezüglich Acourate bei diesem Problem?

Gruss,
Winfried
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schauki
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Beitrag von schauki »

Hallo!

Also die Senke bei 300Hz dürfte nicht durch eine besonders geringe NHZ in dem Bereich stammen.

Senken zwischen 200-400Hz sind sehr oft Reflexionen. Hier sollte man sich einfach mal die Abstände von den betreffenden Chassis bzw. eben denn Wandabständen dazu (Boden, Decke und Seite) anschauen.

Man kann z.B. auch in manchen Situationen das Messmikro auf den Boden legen, so kann man sich durchhanteln und eben prüfen was schuld ist.

Je nach dem was es dann ist, muss man eben schauen ob sichs auszahlt zu korrigieren, 300Hz ist halt schon relativ hoch - ausprobieren.

mfg
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Es gibt diverse Ursachen für die Grundtonsenke, die bei vielen Lautsprechern auftritt. Typischerweise im Bereich um 200 bis 300 Hz.

Eine Ursache hierfür ist der von Roy Allison beschriebene Effekt einer Auslöschung, verursacht durch angrenzende Raumflächen (Boden, Seitenwand etc.). Siehe z.B. AES-Library The Sound Field in Home Listening Rooms II und The Influence of Room Boundaries on Loudspeaker Power Output

Ein Beispiel: ein Basschassis befindet sich 28 cm über einem Fliesenboden. Der Schallweg zum Boden und zurück beträgt somit 56 cm. Das entspricht der halben Wellenlänge von ca. 300 Hz. D.h. dass die Reflektion vom Boden gegenphasig zurückkommt und sich mit dem Effekt einer Auslöschung zum Originalsignal addiert. Eine solche Auslöschung ist praktisch unabhängig von der Hörposition.

Andere Auslöschungen ergeben sich natürlich auch, wenn z.B. eine Seitenwandreflektion sich mit dem Direktschall am Hörort trifft, je nach Hörposition verändert sich dann aber die Frequenz.

Zuletzt können auch ungeeignete Frequenzweichungen Auslöschungen im Übergangsbereich verursachen.

Glücklicherweise treten Auslöschungen nie zu 100% auf. Dann könnte man nämlich gar nichts verbessern. Es besteht also die Möglichkeit, durch entsprechende Verstärkung (= gleichbedeutend mit Absenkung der Frequenzbereiche ausserhalb der Senke und Nachverstärkung über alles) die Senke anzuheben. Das ist mit Acourate natürlich auch leicht machbar. Wieviel man anhebt, muss man testen. Typisch bei vielen Korrekturen sind bis/um 6 dB. Je nach Lage der benutzerdefinierten Zielkurve kann man auch einfach eine zu grosse Verstärkung begrenzen.

Aufpassen muss man natürlich da, wo die Löcher im Frequenzgang sich abhängig vom Hörplatz verschieben. Im Gegensatz dazu verhält sich die Korrektur des Allison-Effektes jedoch gutmütig.

Grüsse, Uli
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Uli,

Danke für Deine Erläuterungen. Die AES Aktikel wären schon sehr interessant zu lesen, aber leider sind sie nicht öffentlich. :(

Nun steht in der Zusammenfassung wenigstens, dass es konstruktive Wege gibt, den Allison Effekt zu minimieren. Welche wären das? Und warum würde man diese möglicherweise nicht nutzen?

Wieso der auf Bodenreflektion beruhende Effekt unabhängig vom Mess- oder Hörplatz ist, verstehe ich nicht... Im Beispiel rechnest Du mit 28 cm, was aber (nur) der Senkrechten entspricht, in dieser Richtung ist aber "niemand" und in Richtung Hörer/Mikrofon wäre die Reflektionsstrecke nicht auf die gleiche Auslöschfrequenz. :?

Die gemessene Senke ist mit 180-400 Hz ziemlich breit, um 300 Hz ergibt sich dann zusätzlich ein recht "spitzes" Minimum, welches für sich durchaus auf eine Auslöschung dort hinweist. Die breitbandigere Senke könnte jedoch einen anderen Grund haben.

Es bleibt doch noch einiges unklar.

Gruss,
Winfried
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schauki
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Beitrag von schauki »

wgh52 hat geschrieben:Die AES Aktikel wären schon sehr interessant zu lesen, aber leider sind sie nicht öffentlich. :(
So teuer ist eine AES subscription nicht. Sehr empfehlenswert. Wenn man bedenkt, wieviel manche Fachbücher kosten...
Nun steht in der Zusammenfassung wenigstens, dass es konstruktive Wege gibt, den Allison Effekt zu minimieren. Welche wären das? Und warum würde man diese möglicherweise nicht nutzen?
Warum das nicht gemacht wird - da kann man spekulieren, ich gehe mal von marketingtechnischen Gründen aus. Meine Meinung hierzu würde für Unmut sorgen, daher spar ich mir das.

Wie man das minimieren kann ist "klar" -> Reflexionen minimieren im Raum = Diffusoren/Absorber an den richtigen Stellen. Bzw. bei der Box selbst durch entsprechend "passendes" Abstrahlverhalten. Z.B. durch sehr hohe (raumhohe) Boxen, die dann auch im TT vertikal bündeln.
Wieso der auf Bodenreflektion beruhende Effekt unabhängig vom Mess oder Hörplatz ist, verstehe ich nicht... Im Beispiel rechnest Du mit 28 cm, was aber (nur) der Senkrechten entspricht, in dieser Richtung ist aber "niemand" und in Richtung Hörer/Mikrofon wäre die Reflektionsstrecke nicht auf die gleiche Auslöschfrequenz. :?
War wohl nur ein Beispiel, ist einfach nur durchrechnen. Wichtig ist ja nur der "Mehrweg" des reflektierten Schalls.
Die gemessene Senke ist mit 180-400 Hz ziemlich breit, um 300 Hz ergibt sich dann zusätzlich ein recht "spitzes" Minimum, welches für sich durchaus auf eine Auslöschung dort hinweist. Die breitbandigere Senke könnte jedoch einen anderen Grund haben.
Muss man systematisch angehen.

Weil es eben mehrere Gründen geben kann - wobei der Bereich halt "typisch" Bodenreflexion ist... würde also zuerst dort suchen.

mfg
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

schauki hat geschrieben:...wobei der Bereich halt "typisch" Bodenreflexion ist... würde also zuerst dort suchen.
Danke Richard!

Um das festzustellen würde man die Box also z.B. auf 40-50 cm Podest stellen und sehen was sich ändert, richtig?

Zu schade, dass wir das nicht an diesem Beispiel-LS machen können. :(

Gruss,
Winfried
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schauki
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Beitrag von schauki »

Hallo!

Oder eben Mikro am Boden legen, gibt halt ein paar "Tricks" die man anwenden kann.

Gerade im Bereich um 300Hz sind übliche Hifi Chassis (also bis 12") praktisch immer noch klein gegen die Wellenlänge - von daher gibts auch kaum/geringe Problem mit aufbrechenden Membranen ... dementsprechend ist es auch realtiv einfach ein Chassis dort linear zu bekommen.

Eine einzelne Raummessung an einem Punkt kann halt (leider) nicht alles beantworten.

mfg
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

wgh52 hat geschrieben:Die AES Aktikel wären schon sehr interessant zu lesen, aber leider sind sie nicht öffentlich. :(

Nun steht in der Zusammenfassung wenigstens, dass es konstruktive Wege gibt, den Allison Effekt zu minimieren. Welche wären das? Und warum würde man diese möglicherweise nicht nutzen?
[...]
Es bleibt doch noch einiges unklar.
Winfried,

ich empfehle einmal hier nachzuschauen. Und zwar was da unter dem Thema Allison (Strg-F = Suchen) zu finden ist. Unter "Other" gibt es sowohl ein Rechenprogramm als auch Artikel von Allison.

Nichtsdestotrotz: wenn sich der Schall vor der Membran kugelförmig ausbreitet, dann eben auch nach unten (oder zur Seitenwand ...). Und von da erfolgt auch eine Reflektion zurück zur Membranmitte inkl. Auslöschung. Die Geometrie steht hier fest und ist damit unabhängig vom Hörplatz. Also wäre z.B. die Preisfrage: befindet sich da z.B. in dieser Höhe ein Chassis?

Was man dagegen tun kann, beschreibt Allison in seinen Artikeln. Zwei Basschassis über dem Fussboden, jedoch nicht in einem geradzahligen Verhältnis der Abstände dazu bewirken ebenfalls weniger Auslöschung in Summe. Möglicherweise breitbandiger.

Finally: ich hab nur ins Blaue geschossen, also erstmal reine Vermutung. Ich kenn ja die Gesamtsituation nicht. So auch nicht die Weichenfunktion, die Trennfrequenz, die Geometrie ... Nur, bei vielen Grundtonsenken versteckt sich Allison dahinter.

Ach ja, es gibt wohl auch sogar noch ein Yahoo-Forum zu Allison.

Grüsse, Uli
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Uli,

Danke für den sehr aufschlussreichen Link! Da kann man einiges lernen.

Gruss,
Winfried
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