Raumakustik: keine Panik bei "grauslichen" Messkurven?

KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Moin Rudolf,
Rudolf hat geschrieben:Vielleicht hast du bzw. Klaus noch eine griffigere Überschrift als die von dir vorgeschlagenen? (Die von mir gewählte kennzeichnet eindeutig deine Ausgangsfragestellung und macht zumindest neugierig.)
Also eigentlich sind die hier angesprochenen Reflexionen nicht diffus. Griffig ist Dein Titel, keine Frage. Andere Vorschläge:

"Akustischer Stress" durch fehlende Raumbehandlung?
Raumakustik: gängige Lehrmeinung fehlerhaft?
Raumakustik: aktiv werden oder passiv bleiben?

Klaus
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Studiomonitor
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Beitrag von Studiomonitor »

Hallo Rudolf,

ich habe das Thema mit dem akustischen Stress, das ich auf unterschwellige akustische Last korrigiert habe, nur nebenbei aufgemacht, als Aufhänger, um auf eine gezielte Sache zu kommen. Warum wird die Abbildung in einem Raum zunehmend diffuser, unsauberer bis unmöglich, wenn man größere Hörabstände wählt, und der Raum unbehandelt ist. Wenn RT60, EDT, ETC, und so weiter sich schlecht messen lassen. Dann soll trotzem alles gut sein und man kann enstpannt und auch kritisch Musik hören ? Hmmm....

Diese Post von Klaus, ist der Anfang und müßte in der Diskussion ganz oben stehen !

"Viele Artikel habe ich schon gelesen, alle anderen zumindest überflogen. Die Lehre, die ich für mich daraus gezogen habe ist, daß von Leuten, die sich mit Raumakustik beschäftigen, viel zu oft die Psychoakustik ausser Acht gelassen wird. .....

Die Essenz ist: in einem akustisch unbehandelten Raum können Probleme vorliegen, müssen aber nicht, also nicht gleich in Panik verfallen, wenn die Messkurven grauslich ausschauen. Ich kann nur jedem empfehlen, mit dem Toole zu beginnen, und sich dann kapitelweise durch die diversen Artikel zu lesen, dann geht man die Sache gleich viel gelassener an, spart viel Geld und in vielen Fällen auch Ärger mit der "besten Ehefrau von allen". Viel von dem, was vielerorts behauptet wird, ist, meines Wissen, nämlich gar nicht nachgewiesen"


Es geht mir um die in meine Augen gegebene Tatsache, daß eher in 90% aller Behausungen die Akustik gegen "grottenschlecht" tendiert, als gegen "gut", mit Flatterechos bis der Arzt kommt, und bei zunehmend modernen Wohnungen mit steigender Tendenz, von fehlenden Massnahmen im Bass mal gar nicht erst zu sprechen. Die Beleseneren, die es wissen müßten, die den Drang zu einer guten Raumakustik unterstützen sollten, verkünden aber fröhlich alles ist "relativ". Aus der Praxis geht es mir nicht so. Wenn die Akustik schlecht ist höre ich mal gar nichts von der eigentlichen Aufnahme, es fällt schwer (Last) überhaubt Ereignisse noch sauber zu trennen (Jazz Band). Wenn der Raum ein halliges Wohnzimmer ist, dann kann man schon von so heftigen Reflektionen und Reflexionen sprechen, daß sie einem Diffusschallfeld nahe kommen (solche Wohnzimmer haben einige Freunde), auch wenn eher die Volksmund Definiton gemeint ist, als die technische perfekte. Da wir hier aber scheitern, lohnt sich für mich auch keine weitere Diskussion. Ich kann sie nicht für ernst nehmen, genauso wenig wie anscheinend Klaus auf seinen guten O500c ernst Musik zu hören scheint. Jeder hat halt andere Prioritäten und Eindrücke.

Gerne kann die Diskussion auch komplett gelöscht werden, sie ist sinnlos geworden.
FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Studiomonitor hat geschrieben:Es geht mir um die in meine Augen gegebene Tatsache, daß eher in 90% aller Behausungen die Akustik gegen "grottenschlecht" tendiert, als gegen "gut", mit Flatterechos bis der Arzt kommt, und bei zunehmend modernen Wohnungen mit steigender Tendenz, von fehlenden Massnahmen im Bass mal gar nicht erst zu sprechen. Die Beleseneren, die es wissen müßten, die den Drang zu einer guten Raumakustik unterstützen sollten, verkünden aber fröhlich alles ist "relativ".
Hi Andreas,

ich habe Klaus eigentlich nicht so verstanden, dass jede raumakustische Maßnahme nutzlos ist. Er hat ja selbst hier zugestimmt, dass das Hören in nackten, halligen Räumen anstregend ist. Ich habe ihn eher so verstanden, dass blinder Aktionismus, geleitet von einer "hässlichen" Messung, Zeitverschwendung ist, wenn im Raum keine störenden Auffälligkeiten wahrgenommen werden.

Ich selbst bin auch der Meinung, dass an einem dedizierten Hörraum (oder Heimkino) unbedingt etwas gemacht werden muss, um das Abklingen zu verkürzen und frequenzneutral zu gestalten. Und dass ein halliger Raum die Abbildung stört, habe ich schon zu genüge erlebt. Genauso wie Flatterechos usw. Deswegen stopfe ich mein Heimkino ja gerade mit Diffusoren und Absorbern voll.

Das vorrangige Thema in diesem Thread galt doch der Nichtexistenz eines Diffusschallfeld in kleinen Räumen. Dass die Reflexionen an jeder Position im Raum anders sind, heißt aber nicht, dass man den Raum nicht behandeln sollte. Vielleicht sind die Annahmen über den Hörraum in dieser Diskussion auch einfach unterschiedlich. Wir sollten zwischen folgenden unterscheiden:

1. Stark möbliertes Zimmer mit reichlich Einrichtung (Teppich, Regale usw.)
2. Relativ nacktes Zimmer

Im ersten Fall ist es eventuell nicht nötig, zusätzlich Absorber/Diffusoren einzubringen. Wenn keine Auffälligkeiten hörbar sind, können Messungen trügen. Z.B. sind Kammfiltereffekte kaum hörbar, sehen im Amplitudengang aber schrecklich aus.
Im zweiten Fall sollte auf jeden Fall etwas getan werden. Das habe ich in meinem Heimkino am eigenen Ohr erfahren! ;)
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Hallo zusammen,

ich denke, dass wir mit dem neuen Threadtitel einen guten Kompromiss zwischen neugierig machendem Aufmacher und inhaltlicher Korrektheit gefunden haben.

@Andreas
Ich wollte eure Diskussion nicht abwürgen, sondern im Gegenteil befördern. Es tut mir Leid, wenn das anders rüber gekommen ist.

Viele Grüße
Rudolf
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hi Andreas,
Studiomonitor hat geschrieben:Es geht mir um die in meinen Augen gegebene Tatsache, daß eher in 90% aller Behausungen die Akustik gegen "grottenschlecht" tendiert, als gegen "gut", mit Flatterechos bis der Arzt kommt, und bei zunehmend modernen Wohnungen mit steigender Tendenz, von fehlenden Massnahmen im Bass mal gar nicht erst zu sprechen.
Bei modernen Wohnungen mit massenweise Nachhall gebe ich Dir natürlich Recht, da waren wir uns doch schon einig. Ob tatsächlich 90% der Hörräume dazu gehören??? Aber auch in Altbauwohnungen ohne viel Hall sehen die Messungen höchstwahrscheinlich katastrophal aus. Und genau da käme die Psychoakustik ins Spiel. Scheint bloss keinen zu interessieren. Jeder Messfetischist, den ich in Foren erlebe sagt, sieht grausam aus, Behandeln ist angesagt.

Flatterechos : die Bedingung für deren Enstehung ist, daß die Länge t des auslösenden Impulses kleiner ist als Abstand der gegenüberliegenden Wände l geteilt durch die Schallgeschwindigkeit in Luft c: t < l / c. Macht bei einem Raum von 4x6 m 11 bzw. 17 ms. Wie oft kommen solche Impulse in Musik vor? In anderen Worten, selbst wenn man mit z.B. Händeklatschen ein Flatterecho erzeugen kann, wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, daß es auch von Musik erzeugt wird?

Maa, „The flutter echoes“, J. of the Acoustical Society of America 1941, S.170
Die Beleseneren, die es wissen müßten, die den Drang zu einer guten Raumakustik unterstützen sollten, verkünden aber fröhlich alles ist "relativ".
Dieser „Drang nach einer guten Raumakustik“ wurde von Akustikern genährt, und natürlich von der Flachpresse, die sich nie darum gekümmert haben, wie das mit der Wahrnehmung aussieht. Und was die Akustiker angeht, da wurde echte Forschung eigentlich nur auf dem Gebiet der Konzertsaalakustik gemacht, und die dort gewonnen Erkenntnisse lassen sich nunmal nicht maßstabsgetreu auf kleine Wiedergaberäume übertragen, z.B. aus psychoakustischen Gründen.

Aus der Praxis geht es mir nicht so. Wenn die Akustik schlecht ist höre ich mal gar nichts von der eigentlichen Aufnahme, es fällt schwer (Last) überhaupt Ereignisse noch sauber zu trennen (Jazz Band).
Freunde von uns (Altbau, 3,50 m Deckenhöhe, Parkett) haben ein Esszimmer, wenn wir da am 10-Personentisch sitzen und es reden alle, habe ich Schwierigkeiten, die Leute am anderen Tischende zu verstehen, da wir auf Französisch reden. Doch denke ich nicht, daß solche Räume die Regel sind, wie Du behauptest.
...genauso wenig wie anscheinend Klaus auf seinen guten O500c ernst Musik zu hören scheint. Jeder hat halt andere Prioritäten und Eindrücke.
Genau so ist es. Ich höre Musik zur Entspannung, beim Bügeln, Kochen, Abwaschen. Kritisches Hören würde mir echt keinen Spass machen, hört sich wie harte Arbeit an, ich bin ja schliesslich kein Plattenkritiker.

Klaus
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

FoLLgoTT hat geschrieben:Ich habe ihn eher so verstanden, dass blinder Aktionismus, geleitet von einer "hässlichen" Messung, Zeitverschwendung ist, wenn im Raum keine störenden Auffälligkeiten wahrgenommen werden.
Du sagst es: ich bin seit geraumer Zeit (um genau zu sein, seit der Zeit, als ich Tooles paper sowie die darin zitierte Literatur gelesen habe) der Meinung, daß die gängige Lehrmeinung, die sich in Empfehlungen wie z.B. SSF-01-2002 ausdrückt, gründlichster Revision bedarf. Es ist an sich o.k., daß man in Kontrollräumen Standardbedingungen schaffen will, aber dann bitte wissenschaflich sauber belegt.

Daß auch in Kontrollräumen hinsichtlich fehlender Standards vieles im Argen ist, haben Untersuchungen ergeben: http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=10075

Daß auch Toningenieure unterschiedlicher Meinung sind bzgl. Akustik, wird hier deutlich:

Fazenda, "The views of recording studio control room users", Proceedings of the Institute of Acoustics 2001, vol. 23, pt 8, S.213

Klaus
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Jürgen
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Beitrag von Jürgen »

Moin, moin

Wie unterschiedlich die Studios arbeiten, ist auch hier nachzulesen:

http://seanolive.blogspot.com/2009_10_01_archive.html

Freundliche Grüße
Alex8529
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Beitrag von Alex8529 »

Mahlzeit Zusammen,

ich sehe die ganze Sache ja auch ein bisschen gelassener, da ich den Fähigkeiten der Ohren in Bezug auf die Diffrenzierung des Direktschall und der 1. Reflektion vertraue.

nachfolgend eine "grausliche" Messung bei mir im Wohnzimmer:

http://aktives-hoeren.de/viewtopic.php?p=19944#p19944

Da die LS einen abolut geraden FG haben, stellt diese Messung eine Vermischung aus Direktschall und Reflektionen dar.

Die ersten seitlichen Reflektionen kommen aber 6-10 ms später am Ohr an, als der Direktschall:

http://aktives-hoeren.de/viewtopic.php?p=19990#p19990

Weiterhin sind diese Reflektionen auf Grund der Abstrahlcharakteristik der LS um 10-15 dB geringer.
Durch die Laufzeitdifferenz wird dieser Wert nochmal um ca. 4 dB verringert.

Nun sind die spannenden Fragen wie folgt:

- spielen die +/- 4 dB Abweichungen, die die Mesung aufzeigt keine große Rolle ?
- reichen die Pegeldifferenzen zwischen Direktschall und 1. Reflektion aus, damit das Ohr diese diffrenziert bewerten kann ?

Schönen Tach noch

Frank
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Jürgen
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Beitrag von Jürgen »

Hallo Alex

Die Abweichungen sind sicher nicht hörbar, da nur in sehr kleinen Frequenzbereichen. Was hörbar ist nach meinen Erfahrungen, ist die Stufe bei 2500 Hz, der Bereich darüber sollte angehoben werden. Dann alles linear seken um 3-4 dB von 100-10 000 Hz.

Zu Reflektionen kann ich messtechnisch nichts sagen. Hörtechnisch mag ich so was nicht und stelle Absorber an den Seitenwänden auf. Das verbessert die Ortung und klingt klarer. Ist aber Geschmacksache.

Freundliche Grüße
Jürgen
KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Alex8529 hat geschrieben:Die ersten seitlichen Reflektionen kommen aber 6-10 ms später am Ohr an, als der Direktschall. Weiterhin sind diese Reflektionen auf Grund der Abstrahlcharakteristik der LS um 10-15 dB geringer. Durch die Laufzeitdifferenz wird dieser Wert nochmal um ca. 4 dB verringert.

Nun sind die spannenden Fragen wie folgt:

- spielen die +/- 4 dB Abweichungen, die die Mesung aufzeigt keine große Rolle ?
- reichen die Pegeldifferenzen zwischen Direktschall und 1. Reflektion aus, damit das Ohr diese differenziert bewerten kann ?

Bei Reflexionen wichtig ist in erster Linie die zeitliche Verzögerung. Zu spät, und die Reflexion wird als Echo wahrgenommen. Der zugehörige Parameter heisst "echo threshold", dieser ist für verschiedene Signale verschieden gross:

Klicklaute 5 ms
Rauschen 22 ms
Sprache 30-50 ms
Musik 70-80 ms

Die absoluten Wahrnehmungsschwellen innerhalb des Zeitfensters des Präzedenzeffekts (d.h. Verzögerungen unterhalb des echo thresholds) sind ebenfalls signalabhängig. Für Musik wurden für eine einzelne Seitenreflexion Werte zw. -18 und -25 dB ermittelt, abhängig vom Musikmotiv, Mono-LS als Direktschallquelle. Untersuchungen, bei denen 2-Kanal-Stereo + 2 seitliche Reflexionen benutzt wurden, sind mir nicht bekannt.


Du wirst die Reflexionen wahrnehmen, aber nicht als eigenständiges Ereignis (Echo). Ob und welchen Effekt sie haben auf Klangfarbe und räumliche Abbildung, mangels geeigneter Untersuchungen grosses Fragezeichen. Das Spektrum der Reflexion hat ebenfalls einen Einfluss auf die Wahrnehmbarkeit bzw. das Störpotential, je verschiedener die Spektren von Direktschall und Reflexion, desto grösser das Störpotential, daher ist gutes Abstrahlverhalten wichtig.

Klaus
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Grausliche Messkurven: Das Grausliche an ungeglätteten Frequenzgängen ist m.E. die Unkenntnis darüber, was denn diese Kurven überhaupt bedeuten. Sie sind das Ergebnis einer Fourer-Transformation eines Zeitsignals über eine bestimmte Zeit. Jegliche Zeitinformation geht hierbei verloren, nur Frequenzen und Phaseninformationen bleiben erhalten. Mit keiner Aussage dazu, zu welchem Zeitpunkt nun z.B. ein Peak oder eine Auslöschung passiert.
Es gilt sogar vielmehr: man sieht das Ergebnis eines eingeschwungenen Zusatands !!!

D.h. also, wenn ein Sinusdauerton einer Frequenz, die z.B. bezgl. einer tiefen Auslöschung identifiziert wird, lange genug ansteht - dann hat der sich ergebende Sinus eine niedrige Amplitude, die mit dem Loch im Frequenzgang übereinstimmt.

Nun verrate mir doch bitte mal einer, wer sich denn dem musikalischen Vergnügen hinsichtlich Hören von Sinusdauertönen hingibt. :mrgreen:

Musik, Sprache etc., das sind alles keine eingechwungenen Zustände.

Und bevor man nun darüber philosophiert, ab wann man Reflektionen oder Echos wahrnimmt, sollte man sich doch einfach mal im Zeitbereich anschauen was denn passiert und was denn beim Ohr in Wirklichkeit ankommt.
Und bei all den wissenschaftlichen Papieren, die es hierzu so gibt, befassen sich nun interessanterweise die wenigsten Arbeiten mit dem Thema so wie es m.E. sein sollte.

Es gibt aber auch Licht im Tunnel. Eine der besten Arbeiten auf diesem Gebiet (für mich bahnbrechend) ist das AES-Papier von Prof. Farina, siehe http://pcfarina.eng.unipr.it/Public/Pap ... AES110.PDF
Es lohnt sich, das mal anzuschauen und sich dann die Frage zu stellen, was bei einem Peak und Dip im Frequenzgang passiert, wie das zugehörige Zeitsignal hinsichtlich des Einschwingens ausschaut, also wo es eben noch nicht eingeschwungen ist, und was nun unser Ohr davon am meisten mitbekommt.

Und schon wissen wir, warum wir anders hören als uns die "grauslichen" Messkurven nahezulegen scheinen.

Grüsse,
Uli
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben:Nun verrate mir doch bitte mal einer, wer sich denn dem musikalischen Vergnügen hinsichtlich Hören von Sinusdauertönen hingibt. :mrgreen:
Na zum Bleistift Leute, die sich Kraftwerk, Tangerine Dream, Eloy und Ähnliches anhören, da gibt's ab und zu fast reine Sinustöne und die ach so bösen Moden lassen sich prima anregen :cheers:
Und bevor man nun darüber philosophiert, ab wann man Reflektionen oder Echos wahrnimmt, sollte man sich doch einfach mal im Zeitbereich anschauen was denn passiert und was denn beim Ohr in Wirklichkeit ankommt. Und bei all den wissenschaftlichen Papieren, die es hierzu so gibt, befassen sich nun interessanterweise die wenigsten Arbeiten mit dem Thema so wie es m.E. sein sollte.
Philosopieren braucht man da eigentlich nicht, denn Untersuchungen mit Sprache und Musik gibt es, zwar nicht sehr viele, aber es gibt sie. Was meinst Du mit "so wie es sein sollte" ?Und welche Arbeiten hast Du da im Auge?

Klaus
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Klaus,

ich hab das jetzt vielleicht vereinfacht. Also so Arbeiten gemeint über: ab wann erkennt man ein Echo als Echo etc. Wenn z.B. eine Reflektion 2 ms später kommt, dann wird ein 100 Hz-Ton von z.B. einem Zyklus Dauer sich kaum in zwei Ereignisse auftrennen lassen, wohingegen ein 10 kHz Ton von einem Zyklus Dauer klar zwei Ereignisse hervorruft.
Beim Test mit Klicktönen werden ab einem gewissen Abstand eben höhere Frequenzen dann separat wahrgenommen, der Tieftonanteil (der ja in einem Diracpuls mit drin steckt) spielt dabei dann eine geringere Rolle.

Und die Arbeit von Farina hab ich wanders noch nicht gesehen. Vielleicht weist Du das besser. :cheers:

Gruss, Uli
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Beitrag von KlausR. »

Hi Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben:Also so Arbeiten gemeint über: ab wann erkennt man ein Echo als Echo etc. Wenn z.B. eine Reflektion 2 ms später kommt, dann wird ein 100 Hz-Ton von z.B. einem Zyklus Dauer sich kaum in zwei Ereignisse auftrennen lassen, wohingegen ein 10 kHz Ton von einem Zyklus Dauer klar zwei Ereignisse hervorruft.
Ich würde sagen, daß sehr wahrscheinlich alle Untersuchungen zum Gesetz der ersten Wellenfront sich genau damit beschäftigen, nämlich ab wann man die Reflexion als Echo wahrnimmt. Eine Übersicht gibt Litovsky: http://www.waisman.wisc.edu/~litovsky/papers/1999-3.pdf

Bei Experimenten zur Bestimmung der absoluten Wahrnehmungsschwellen von frühen Reflexionen wird unter anderen das Auftreten eines Echos als Erkennungsmerkmal benutzt.
Und die Arbeit von Farina hab ich wanders noch nicht gesehen. Vielleicht weist Du das besser.
Muss ich mir noch anschauen, ich sehe sie zum ersten Mal.

Klaus
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hallo Klaus,

ja genau das meinte ich mit den "herkömmlichen" und "üblichen" Arbeiten und Untersuchungen. Die befassen sich m.E. mit der Auswirkung, also ob man Reflektionen/Echos wahrnimmt und wie. Man nimmt dann hierzu Testsignale aller Art und befragt dann x Leute und macht Reihenuntersuchungen und statistische Auswertungen usw. usw.

Eine Pulsantwort wie auch im von Dir zitierten Beispiel dargestellt ist aber eben nur eine Impulsantwort, die eben die Antwort auf einen idealen Puls als Eingangssignal darstellt. Sie beschreibt das lineare System vollständig, gibt somit auch Aufschluss darüber, wie die Antwort auf ein Musiksignal aussieht. Das ist aber optisch schwierig zu deuten und man kann auch nicht wirklich rückschliessen auf das, was man dann hört.
Die Arbeit von Farina verwendet nun als Kompromiss Sinusbursts einer bestimmten (aber frei definierbaren Länge) und zeigt die Antworten darauf. Und plötzlich stellt sich für mich vieles als logisch heraus, was das Hören betrifft.

Mich wundert eben, dass man nicht schon länger im Zeitbereich nachschaut, was da wirklich passiert. Arbeiten wie die von Farina sind für mich seltene Perlen in den vielen Veröffentlichungen.

Grüsse, Uli
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