Reihenfolge raumakustischer Maßnahmen

O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

uli.brueggemann hat geschrieben:Nils,

stell Dir einfach mal eine Frequenz vor die im Raum eine Mode anregt. Spiele dann einen Dauerton mit der Frequenz. Und klar, es gibt dazu eine Position (oder mehrere), wo der Pegel maximal oder minimal ist. Im eingeschwungenen Zustand. Nehmen wir nun die Position mit minimalem Pegel. Frage: wenn der Ton zu spielen beginnt, welchen Pegel hört das Ohr dann? Hinweis: zum Aufbau der stehenden Welle muss der Ton den Raum mindestens einmal durchlaufen während der Direktschall das Ohr früher erreicht oder sogar mehrfach passiert.
Frage 2: und was ist, wenn der Ton nicht so lange ansteht, als dass sich eine stabile stehende Welle aufbaut?

Grüsse
Uli
Hallo Uli,

nur Folgendes aus allgemein zugänglicher Quelle dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Schallgeschwindigkeit

"Die Schallgeschwindigkeit in trockener Luft von 20 °C ist 343,2 m/s."

Das bedeutet anschaulich

bei einem Ton, der 1s lang gehalten wird:
- reicht das in einem 5m langen (tiefen) Raum für ca. 34 mal "hin und zurück".

bei einem Ton, der 1/4s lang gehalten wird:
- reicht das in einem 5m langen (tiefen) Raum für ca. 8,5 mal "hin und zurück".


Luftschall ist damit deutlich schneller, als z.B. ein Windhund laufen kann ... und daraus ergeben sich die Wellenlängen für Luftschall, mit denen Akustiker weltweit rechnen:
lambda = c/f

Das gehört jetzt m.E. nicht unbedingt zu den Dingen, die man sich in einem Forum neu ausdenken müsste(*). Auch auf solchen Überlegungen oder Messungen beruhende "Isobaren" Darstellungen für Hörräume sind m.e. nichts wirklich Neues:

http://www.computeraudiophile.com/attac ... 031013.png

Hier sieht man, wie der Hörraum mit zunehmender Frequenz in immer kleinteiligere Zonen vergleichbaren Schalldrucks zergliedert wird: Diese Zonen sagen selbstverständlich auch etwas über mögliche Gültigkeitsbereiche einer jeweils "hörplatzspezifischen Raumkompensation" für den betreffenden Frequenzbereich aus.


Grüße Oliver

_____________

(*) So ergeben sich auch die Wellenlängen und Überlegungen zur Schalldruckverteilung in meinem vorausgehenden Post http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 75#p106276 unter dem Einfluss von Raummoden.
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben:stell Dir einfach mal eine Frequenz vor die im Raum eine Mode anregt. Spiele dann einen Dauerton mit der Frequenz. Und klar, es gibt dazu eine Position (oder mehrere), wo der Pegel maximal oder minimal ist. Im eingeschwungenen Zustand. Nehmen wir nun die Position mit minimalem Pegel. Frage: wenn der Ton zu spielen beginnt, welchen Pegel hört das Ohr dann? Hinweis: zum Aufbau der stehenden Welle muss der Ton den Raum mindestens einmal durchlaufen während der Direktschall das Ohr früher erreicht oder sogar mehrfach passiert.
Beim Einbruch wird man möglicherweise erstmal den Direktshall hören. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob das Ohr bei tiefen Frequenzen das überhaupt auseinanderhalten kann. Es integriert ja zeitlich.

Betrachten wir aber mal die (psychoakustisch kritischere) Überhöhung: es geht doch gar nicht darum, dass sich die stehende Welle komplett aufbaut. Es reicht doch schon, wenn der (kurze) Bassimpuls mehrfach zwischen den Wänden mit nahezu vollem Pegel hin- und her reflektiert wird und immer wieder am Ohr vorbeikommt (teilweise bis in den Sekundenbereich!). Das ist ja gerade das lange ausklingen, das problemlos mit jeder Musik gehört werden kann. Mit jedem Schlag einer Bass Drum.
Frage 2: und was ist, wenn der Ton nicht so lange ansteht, als dass sich eine stabile stehende Welle aufbaut?
Siehe oben.
Doch ist das hier ein Forum für Einrichtung von Studios? Ich gehe mal davon aus, dass das bei 99% aller Forumsmitglieder nicht der Fall ist.
Ich sage ja auch nicht, dass jeder den Raum so stark optimieren soll wie in einem Studio. Das Beispiel sollte nur die Prioritäten aufzeigen, die mechanische Maßnahmen haben, wenn man das Optimum erreichen möchte.

Mir ist völlig klar, dass normale Wohnräume nicht zu sehr verunstaltet werden können. Aber es gibt ja auch einige hier mit dediziertem Musikzimmer. ;)

Mir geht es eigentlich auch nur darum, dass die elektronische Korrektur in ihren Auswirkungen nicht der mechanischen gleichgestellt wird. Dieser Eindruck kommt nämlich auf, wenn man einige Beiträge hier liest.
Und löst eine raumakustische Maßnahme das Problem, dass ein LS nicht zeitlich kohärent spielt?
Das hat nichts mit Raumakustik zu tun, sondern ist eine Eigenschaft des Lautsprechers.

Gruß
Nils
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O.Mertineit
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DRC Systeme als "Lautsprecherkorrektur" ... ?

Beitrag von O.Mertineit »

FoLLgoTT hat geschrieben:
Und löst eine raumakustische Maßnahme das Problem, dass ein LS nicht zeitlich kohärent spielt?
Das hat nichts mit Raumakustik zu tun, sondern ist eine Eigenschaft des Lautsprechers.

Gruß
Nils
und als Ergänzug:

In Relation zu anderen Lautsprecher Eigenschaften wie

- ausgewogenem Frequenzgang im "Direktschall Hörfenster" und
- ausgewogenem Rundstrahlverhalten (u.a. wenig "Unruhe" im Bündelungsmaß über der Frequenz)

ist die reine "Zeitrichtgkeit" eines LS ein untergeordnetes Qualitätskriterium, solange etwa Gruppenlaufzeitverzerrungen unterhalb gängiger Hörschwellen bleiben:

Auch das muss hier m.E. nicht neu erfunden werden, da hinreichend untersucht.

Wenn man hingegen DRC Systeme - ganz gleich welcher Art - als "Lautsprecherkorrektur" einsetzen will (etwa oberhalb ca. 400Hz) und nicht mehr nur primär als "raumakustisch motivierte und hörplatzspezifische Kompensation", dann müsste man noch weiter fragen:

Inwieweit können überhaupt mit DRC Systemen auch oberhalb 400Hz solche Lautsprechereigenschaften sinnvoll beeinflusst werden, die nachweislich für die Hörerpräferenz eine hohe Relevanz haben ?

Dies wäre eine neue Fragestellung, auf die wir aber sehr gerne auch gesondert eingehen können.

@Nils: Diese Frage hätte allerdings - wie Du bereits angedeutet hast - eher mit (versuchter) "Lautsprecherkorrektur" als mit sog. "Raumkorrektur" zu tun.


Grüße Oliver
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Oliver,
O.Mertineit hat geschrieben:ist die reine "Zeitrichtgkeit" eines LS ein untergeordnetes Qualitätskriterium, solange etwa Gruppenlaufzeitverzerrungen unterhalb gängiger Hörschwellen bleiben.
Und jetzt bin ich leider gezwungen, dir uneingeschränkt zuzustimmen. ;)

Die Gruppenlaufzeit wird im Bassbereich ohnehin von den Moden bestimmt. Die ist in dem Bereich komplett "zerklüftet" und nimmt astronomische Werte an. Dagegen ist die erhöhte Gruppenlaufzeit eines Bassreflexsubwoofers ein Witz.

Gruß
Nils
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo zusammen,

so ziemlich alles, was oberhalb ca. 400Hz an Eingriffen geschieht, ist nicht mehr zweifelsfrei als "hörplatzspezifische Raumkorrektur" zu bezeichnen, sondern geht eher in Richtung einer "Lautsprecherkorrektur".

Dabei ist m.E. zu fragen, ob es bei der Vielfalt unterschiedlicher LS-Typen und deren jeweiliger Interaktion mit dem Hörraum u.a. hinsichtlich des Rundstrahlverhaltens und des Energiefrequenzgangs tatsächlich hinreichend "universelle" Kriterien gibt, nach denen "jeder LS in jedem Raum" oberhalb 400Hz mit typischen "DRC"-Möglichkeiten eindeutig zu verbessern wäre ... (*)

Wie soll z.B. ein DRC System auf das Rundstrahlverhalten dieses Beispiel-LS
http://cdn.stereophile.com/images/archi ... c8fig6.jpg
reagieren, oder es gar "sinnvoll für einen bestimmten Raum kompensieren" ?


Ein paar willkürlich ausgewählte weitere Fragen dazu:

- Wie soll eine "Lautsprecherkorrektur"- denn das ist jeder Eingriff oberhalb 400Hz -,
..vgl. auch http://seanolive.blogspot.de/2009/11/su ... on-of.html
..etwa eine deutliche Schwankung im Bündelungsmaß eines konkreten LS beheben ? (**)

> Das ist nicht möglich, ohne in Übernahmefrequenzen, Filtercharakteristiken, evt. sogar Wandler-Bestückung etc. einzugreifen. D.h. dies ist meist außerhalb des Skopus eines Raumkorrekturproduktes.


- Wer ist für Frequenzgänge (Direktschall nahe der Achse) und Rundstrahlverhalten (auch >400Hz ...) eines LS primär verantwortlich ?

> Der Konstrukteur des LS ist und bleibt m.E. verantwortlich, und zwar jeweils mit Blick auf den Anwendungsbereich des spezifischen LS ... (***)


- Kann man die hörbare Performance "jedes LS in jedem Raum" überhaupt verbessern, ohne z.B. in sein ..frequenzabhängiges Rundstrahlverhalten - als wichtigste Einflussgröße der LS-/Raum Interaktion -
..gezielt einzugreifen ?

> Das ist m.E. nur sehr schwer vorstellbar.


- Ist nachhaltige Verbesserung der LS/Raum Interaktion auch ohne raumakustische Maßnahmen >400Hz ..möglich, etwa ohne Maßnahmen zur Verbesserung der Diffusität oder ohne Kontrolle der
..bevorzugten Einfallswinkel von frühen Reflexionen auf den Hörplatz, oder ohne einfach nur die
..Abstände des LS zu einzelnen Wänden zu kontrollieren ?

> M.e. kaum.



Viele Grüße

Oliver

______________

(*) Es sei denn, es lägen beim konkreten LS u.a. sehr offenkundige Schwächen z.B. bereits in den Frequenzgängen des Direktschall-Hörfensters vor ...

(**) z.B. eine "Verengung" der Abstrahlung oberhalb 1Khz oder eine "Aufweitung" oberhalb 2,5Khz, wie sie "gern" bei typischen Mehrwegesystemen vorkommt ?

(***) Man bräuchte sonst LS grundsätzlich nicht mehr zu testen oder auch messtechnisch zu bewerten:
Denn durch "DRC-Eingriff" wäre dann "mit jedem LS alles möglich" (... und das am besten noch in jedem Raum): Man sieht m.E. schnell, daß auf man so in "seltsame Glaubenswelten" gerät.
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo zusammen,

das Thema entwickelt sich aus meiner Sicht immer weiter in eine rein theoretische Erörterung (die unbestritten auch ihre Daseinberechtigung hat), sich für mich leider aber immer weiter vom praktischen Anwendungsbezug entfernt. Daher möchte nochmal den Praxisbezug zum eigentlichen Threadthema herstellen und ein paar eigene Erfahrungen beisteuern:

Für mich besteht der Ausgangspunkt darin, dass es verschiedene "raumakustischen Problemzonen" gibt, für die z.T. unterschiedliche Maßnahmen nötig sind bzw. zur Verfügung stehen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit die folgende Auflistung:
  • Problemzone Moden-Anregung im Bassbereich:
    Änderung der LS-Position (vorzugsweise mehr Abstand zu Ecken und Wand)
    Einbringen von Absorber-Material (Mineralwolle etc.)
    Resonatoren
    E-Bag
    Digitale/Elektronische Raumkorrektur (Acourate, Trinnov, MiniDSP, SuperDirac etc.)
    Virtueller Gegenbass
    Double Bass Array
  • Problemzone Nachhallzeiten Mitten- und Höhenbereich:
    Absorber, Diffusoren
  • Problemzone Welligkeiten im FG durch nichtlineare Bedämpfung des Raumes:
    Absorber in den entsprechenden Frequenzbändern, bzw. Entfernen schallschluckender Materialien bei Überdämpfung im Hochtonbereich
    DRC = Digitale/Elektronische Raumkorrektur (Acourate, Trinnov, MiniDSP, SuperDirac etc.)
  • Problemzone Seitenreflektionen und daraus folgende diffuse Raumdarstellung:
    Lautsprecher möglichst weit von Seitenflächen psoitioinieren
    Anbringen von Absorbern/Diffusoren an den akustischen Spiegelflächen (Wand und Decke sowie hochfloriger Teppich)
Manche Maßnahmen sind efffizienter als andere, manche sind nur in der Theorie effizienter, in der Praxis dagegen weniger, weil nur begrenzt durchführbar (z.B. Raummodenbehandlung auschließlich mit Aborbern und Resonatoren). Man wird also je nach Raumsituation und Möglichkeiten mehrere Verfahren kombinieren müssen.

Auf meinen Hörraum bezogen:

Für die Problemzone "Raummoden-Anregung" verwende ich neben geeigneter Subwoofer-Positionierung, und neben meinen "natürlichen Plattenresonatoren" (=Rigips-Verschalung) in erster Linie Acourate, indem den Raummoden-Frequenzen entsprechend weniger Energie zugeführt wird, sodass Direktschall plus Roomgain einen ausgeglichenen FG im Bassbereich erzeugt. Die Basswiedergabe hat damit Druck, Präzision, Tiefgang, wie ich es mit vertretbarem Aufwand sonst nicht herstellen könnte.

Für die Problemzone "Nachhallzeiten Mitten- und Höhenbereich" verwende ich Absorber (Basotect), "natürliche Diffusoren" in Form von Einrichtung sowie Teppichboden.

Für die Problemzone "Welligkeiten im FG durch nichtlineare Bedämpfung des Raumes" verwende ich ausschließlich Acourate.

Für die Problemzone "Seitenreflektionen und daraus folgende diffuse Raumdarstellung" verwende ich neben dem bei mir maximal möglichen Abstand zu den Seitenflächen vor allem Absorber an den akustischen Spiegelflächen.

Anmerken möchte ich zudem, dass der Einsatz von Acourate weitere positive Nebeneffekte hat, wie z.B. konstruktive Schwächen der Lautsprecher zu kompensieren und z.B. durch Linearisierung von GLZ und Phasenverlauf eine deutlich stabilere Phantommitte und Raumdarstellung zu schaffen.

Übrigens solche im Zusammenhang mit DRC geäußerten Bemerkungen wie
O.Mertineit hat geschrieben:Wenn es sich um einen Hörraum mit "definiertem und eingemesssenem Einzelhörplatz" handelt, dann beträgt die Bewegungsfreiheit um 400Hz nur noch ca. 1 Dezimeter, damit "Hörplatzkorrekturen" wirklich noch als solche bezeichnet werden können:

"Bitte also stets den Schraubstock am Hörplatz für das Einspannen des Kopfes bereithalten ..." :wink:
zeugen m.E. von fehlender eigener Praxis-Erfahrung mit guten Raumkorrektursytemen und ihrer fachgerechten Anwendung. Auch unkorrigierte Musikanlagen, haben nun mal im Sweetspot die maximale Wiedergabequalität, ohne deswegen in eine Schraubstockstarre zu verfallen. Denn auch dort werden nicht wenige Maßnahmen - ob LS-Position, Behandlung von akustischen Spiegelflächen (Absorber/Diffusoren) etc. - auf den Hörplatz ausgerichtet.
Es sei noch mal in Erinnerung gerufen, dass die auf den Hörplatz optimierte Wiedergabe mit DRC (wie z.B. Acourate) sich auch im übrigen Raum wesentlich besser anhört als ohne. Der zitierte Schraubstock ist möglicherweise nur in der Vorstellung derjenigen ein unentbehrliches Utensil, die mit DRC keine praktischen Erfahrungen haben.

Grüße
Fujak
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Fujak hat geschrieben:
...
Übrigens solche im Zusammenhang mit DRC geäußerten Bemerkungen wie
O.Mertineit hat geschrieben:Wenn es sich um einen Hörraum mit "definiertem und eingemesssenem Einzelhörplatz" handelt, dann beträgt die Bewegungsfreiheit um 400Hz nur noch ca. 1 Dezimeter, damit "Hörplatzkorrekturen" wirklich noch als solche bezeichnet werden können:

"Bitte also stets den Schraubstock am Hörplatz für das Einspannen des Kopfes bereithalten ..." :wink:
zeugen m.E. von fehlender eigener Praxis-Erfahrung mit guten Raumkorrektursytemen und ihrer fachgerechten Anwendung. Auch unkorrigierte Musikanlagen, haben nun mal im Sweetspot die maximale Wiedergabequalität, ohne deswegen in eine Schraubstockstarre zu verfallen. Denn auch dort werden nicht wenige Maßnahmen - ob LS-Position, Behandlung von akustischen Spiegelflächen (Absorber/Diffusoren) etc. - auf den Hörplatz ausgerichtet.
Es sei noch mal in Erinnerung gerufen, dass die auf den Hörplatz optimierte Wiedergabe mit DRC (wie z.B. Acourate) sich auch im übrigen Raum wesentlich besser anhört als ohne.


Hallo Fujak,

lass' den Schraubstock gern weg, wenn er Dir nicht gefällt.

In meiner Welt ist lambda = c/f.

Wer in einer anderen Welt mit einer anderen Akustik lebt - fast scheint es so - der mag dort andere Erfahrungen machen.

Die subjektive Verbesserung bei Anwendung von DRC-Produkten - wenn sie gut gemacht ist - ist m.E. hauptsächlich auf eine Verringerung von gehörmäßiger Verdeckung durch tieffrequente Raumoden mit Überhöhungen am Hörplatz zurückzuführen. Je tiefer diese Frequenzen der Raummoden sind, desto größer wird auch die Umgebung um den Hörplatz, wo eine subjektive Verbesserung eintritt.

Alles Weitere ist m.E. hauptsächlich eine Glaubenssache:
Das ist jedoch noch kein Grund dafür, etwa die Erfahrung oder gar die Kompetenz anderer Teilnehmer in raumakustischen Fragen in Zweifel zu ziehen oder gar ein "Übertheoretisieren" der Diskussion zu monieren.

Im Gegenteil ist der Theorieanteil z.B. meiner letzten Posts hier nahezu Null. Gleiches trifft m.E. auf die Posts von Nils derzeit zu. Auf ein paar Basics kann man natürlich trotzdem nicht verzichten, u.a. was Raumdimensionen und Wellenlängen betrifft:

Trotzdem Entschuldigung dafür. Diese Diskussionen können jedoch auf Dauer nicht immer denselben - scheinbar garantierten - Ausgang nehmen, den eine bestimmte Gruppe im Forum durch pure Beharrlichkeit gewohnt ist ...


Grüße Oliver
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Fujak,
Fujak hat geschrieben:das Thema entwickelt sich aus meiner Sicht immer weiter in eine rein theoretische Erörterung (die unbestritten auch ihre Daseinberechtigung hat), sich für mich leider aber immer weiter vom praktischen Anwendungsbezug entfernt.
Ich kann keine theoretische Diskussion erkennen. Ganz im Gegenteil. Ich spreche aus Erfahrung, was raumakustische Maßnahmen angeht. Ich habe mein komplettes Heimkino so ausgelegt, dass zunächst der Bassbereich durch das bedämpfte SBA optimiert wird und der (leider noch unfertige) Rest durch Absorber und Diffusoren behandelt wird. Alleine die 20 Skyline-Diffusoren an der Decke erzeugen ein sehr angenehmes "akustisches Raumklima", trotz aktuell noch unterdämpftem Mittel- und Hochton.

Die meisten werden einen Bass wie bei mir im Keller noch nicht (in einem Raum) gehört haben. Sie werden auch überrascht sein, wie ein Bass komplett ohne Moden und nennenswerten Klirr überhaupt klingt. Attribute wie "unauffällig", "kurz & knackig", "sehr sauber" und sogar "wenige hörbar im Tiefbass" treffen es recht gut. Die Optik vermittelt dagegen ein sehr martialisches Bild und erzeugt meist Vorstellungen, die dann bei einem Besuch komplett gekippt werden. Ist schon oft vorgekommen. ;)

Nur weil jemand eine Maßnahme nicht umsetzen kann (darf), heißt das nicht, dass sie theoretischer Natur ist.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit die folgende Auflistung:...
Ein ganz wichtiger Punkt fehlt in deiner Auflistung: der Lautsprecher.

Das Abstrahlverhalten bestimmt ganz extrem, wie gut der Lautsprecher mit dem Raum interagiert. Je höher die Bündelung im Mittel- und Hochton, desto besser ist die Lokalisation und Bühnenabbildung und desto größer wird der maximal sinnvolle Hörabstand.

Wenn der Raum also wirklich nicht angefasst werden soll, empfehle ich in jedem Fall hoch bündelnde Lautsprecher einzusetzen. Das verbessert deutlich mehr als jede elektronische Korrektur.*

Gruß
Nils


*es sei denn man steht auf diffusen Klang ;)
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

FoLLgoTT hat geschrieben: Nur weil jemand eine Maßnahme nicht umsetzen kann (darf), heißt das nicht, dass sie theoretischer Natur ist.
Hallo Nils,

eine einfache aber sicher wichtige Feststellung, die Du da triffst.

Es gibt aber auch im Tiefton Methoden, die evt. in der Gestaltung "nicht ganz so dick" auftragen wie DBAs und SBAs ...


Es ist alles immer eine Frage der Prioritäten und des Willens bzw. der Möglichkeiten zur Umsetzung. Auf dieser Ebene kann und muss man anderen sicher nicht hineinreden.

Wer z.B. seine LS links und rechts mir sehr unterschiedlichen Abständen zu den Wänden - etwa zur Frontwand und den Seitenwänden - aufstellt, z.B. weil man ein bestimmtes Gemälde noch sehen soll, welches nicht umgehängt werden darf, der kann danach gerne mit "DRC" probieren u.a. die verlorene Stereo-Symmetrie wieder geradezubiegen ... (*).

Auch in solchen Situationen - wo evt. äußere und völlig "akustikfremde" Umstände über Aufstellung und evt. sogar den Typ (!) der LS bestimmen - gilt jedoch:

lambda = c/f.

Insofern ist die Welt am Ende immer gerecht und es gäbe - eigentlich - niemals Grund zu streiten.


Grüße Oliver

______________

(*) Für mich ist so etwas es eine klassische "vergiss' HiFi und kauf' Dir lieber was anderes Schönes" Situation: Genau so berate ich dann übrigens auch.
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Oliver,
O.Mertineit hat geschrieben:Es gibt aber auch im Tiefton Methoden, die evt. in der Gestaltung "nicht ganz so dick" auftragen wie DBAs und SBAs ...
Gar keine Frage. Ich würde auch niemandem für seine Musikanlage ein bedämpftes SBA empfehlen. ;)

Bei einem DBA sieht das schon wieder anders aus, da es im Bereich der 1. Moden selbst mit nur zwei Subwoofern auf dem Boden erstaunlich gut funktioniert und mit jedem herkömmlichen Subwoofer durchführbar ist.

Alternative DBA-Anordnungen

Aber natürlich gibt es auch noch andere gut funktionierende Ansätze.
Es ist alles immer eine Frage der Prioritäten und des Willens bzw. der Möglichkeiten zur Umsetzung. Auf dieser Ebene kann und muss man anderen sicher nicht hineinreden.
Das sehe ich auch so. Mich wundert allerdings, wie viel Geld und Aufwand teilweise in Lautsprecher und Elektronik gesteckt wird und wie wenig dann letztendlich der Raum angepasst wird. Das steht für mich in keinem Verhältnis. Aber das muss am Ende jeder selbst wissen.

Gruß
Nils
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Joerghag
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Beitrag von Joerghag »

... ich glaube hier wird schon wieder kontrovers (überspitzt) über etwas diskutiert, was bei genauer Betrachtung
gar nicht nötig wäre, da die Meinungen gar nicht so weit auseinander liegen.

- Das digitale Korrekturen über Acourate ,Trinnov , Lyngdorf etc. ein im Vergleich zum unbehandelten Raum-Lautsprechergebilde sehr gutes Ergebnis bringen ist wohl klar und braucht nicht weiter diskutiert zu werden.
- Da es damit leichter ist einen üblichen Wohnraum zu "verbessern", als mit mechanischen Lösungen ist klar.
- Das die digitale Korrektur in einem mechanisch optimierten Raum das i-Tüpfelchen ist, ist auch klar.

Aber:
Ohne eine mechanische Korrektur funktioniert die digitale nur bedingt.
Aufgrund der Größe der mechanischen Resonatoren für meine beiden Problemmoden 21/43HZ habe ich diese bisher nur digital korrigiert. Der Frequenzgang (bei 43Hz) am Hörplatz ist um 12db gesenkt und die Mode klingt schneller ab als unkorrigiert, ist im Wasserfalldiagramm aber noch deutlich mit einer Ausklingzeit von ca. 0,8 Sek. zu sehen.

Bei einem Bekannten hatten wir das gleiche Problem (bei etwa 50Hz), aber die Möglichkeit mit großen Resonatoren an der Vorderseite und Bedämpfung an der Rückwand seine Heimkinos zu arbeiten. Zwar haben wir die ca. 14db nicht komplett absenken können sondern nur ca. 6db, aber die Ausklingzeit ist auf unter 0,5 Sek gesunken. im zweiten Schritt haben wir dann über ein Equilizing die restlichen 8db korregiert, was die Ausklingzeit noch weiter verbessert hat, aber vor allen Dingen erst mal den Frequenzgang.

Fazit:
Ohne mechanische Korrektur ist im Tieftonbereich kein optimales Ergebnis zu erreichen, aber es ist viel besser als ganz ohne Korrektur. (im Mittel-/Hochtonbereich sowieso nicht)
Erst eine Kombination aus mechanischer und digitaler Korrektur bring wirklich gute Ergebnisse, ist aber im Tieftonbereich i.d.R nur in dedizierten Heimkinoräumen/Musikzimmern möglich.

Gruß Jörg
P.S.: Wer schon mal in einem sehr guten Heimkino mit allen akustischen Maßnahmen und einem DBA eine Mehrkanalaufnahme gehört hat, weiß was ich meine. Möglich ist das z.B. in den Fairland-Studios in Bochum.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Jörg,

ich denke auch, daß die Auffassungen in der Praxis doch nicht so sehr auseinandergehen, ganz gleich ob z.B.

Fujak, Jörg, Nils, Oliver, Uli, Winfried, ... (alphabetisch ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Ich teile z.B. die Auffassung - und habe das bisher evt. noch nicht deutlich gesagt - daß man "passive Absorption" im tiefen und mittleren Bass z.B. <100Hz als "nachträgliche Einbaumaßnahme" (etwa als Helmholtzresonatoren ...) in den meisten Fällen "vergessen" kann, weil sie unpraktikabel sind.

Daher präferiere ich spezielle Subwoofer Systeme ...
wgh52 hat geschrieben: ...
● Bei meinen elektronischen Modenabstimmungen blende ich mittlere und hohe Frequenzen aus, konzentriere mich auf den Bereich bis etwas über der Schröderfrequenz.
...
Hallo Winfried,

diesen Ansatz halte ich durchaus für möglich, wenn ein gutes raumakustisches Konzept für den Frequenzbereich darüber existiert. Der Ansatz funktioniert auch dann sehr gut, wenn man im Tiefton z.B. ein Quelle/Senke Subwoofersystem - zunächst egal welcher Ausprägung - zur Verfügung hat. Damit ist u.U. der Übernahmebereich zu den Haupt-LS mit eingeschlossen ...

Auch Haupt-LS und (1..N) Subwoofer können - dort wo sie gemeinsam arbeiten - für bestimmte Moden ein Quelle/Senke System bilden, wenn entsprechend geplant wird.

___________

Nochmal zur Veranschaulichung, daß DRC im gegebenen Raum immer nur eine ortsbezogene Kompensation liefern kann, jedoch keine eigentliche "Raumkorrektur". Die "Zone der Gültigkeit" einer "Ortskompensation" (als Größe der Umgebung vom "Bezugshörplatz") hängt vom Frequenzbereich (von der Wellenlänge) ab, wird also zu höheren Frequenzen kleiner:

Moden niedrigerer und höherer Ordnung (also auch niedrigerer und höherer Frequenz):
http://blog.soton.ac.uk/soundwaves/stan ... oom-modes/

"Isobarenkarte" eines Hörraums im eingeschwungenen Zustand für verschiedene Tiefton-Frequenzen:
http://www.computeraudiophile.com/attac ... 031013.png

Mit diesen anschaulichen Grafiken vor Augen, wird mein voriger Post evt. für manche etwas verständlicher:
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 75#p106276

Wer jedoch lieber eine "andere Akustik" möchte, der wird sich m.E. zumindest einen Planeten mit anderen Schallwellenlängen suchen müssen ...


Grüße Oliver
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Jörg
Joerghag hat geschrieben: ... Der Frequenzgang (bei 43Hz) am Hörplatz ist um 12db gesenkt und die Mode klingt schneller ab als unkorrigiert, ist im Wasserfalldiagramm aber noch deutlich mit einer Ausklingzeit von ca. 0,8 Sek. zu sehen ...

... Zwar haben wir die ca. 14db nicht komplett absenken können sondern nur ca. 6db, aber die Ausklingzeit ist auf unter 0,5 Sek gesunken. im zweiten Schritt haben wir dann über ein Equilizing die restlichen 8db korregiert, was die Ausklingzeit noch weiter verbessert hat, aber vor allen Dingen erst mal den Frequenzgang...
Was heisst das genau, dass die "Mode schneller abklingt", resp. was verstehst Du unter "Ausklingzeit"? Und worauf bezieht sich dann gemäss Deiner Definition genau die Verbesserung?

Nachfragende Grüsse
Simon
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo Oliver,
O.Mertineit hat geschrieben:Ich teile z.B. die Auffassung - und habe das bisher evt. noch nicht deutlich gesagt - daß man "passive Absorption" im tiefen und mittleren Bass z.B. <100Hz als "nachträgliche Einbaumaßnahme" (etwa als Helmholtzresonatoren ...) in den meisten Fällen "vergessen" kann, weil sie unpraktikabel sind.

Daher präferiere ich spezielle Subwoofer Systeme ...
Das ehe ich ganz genauso. Helmholtzresonatoren sind für ihre Größe ziemlich ineffektiv. Und auch poröse Absorber nehmen viel Platz ein. Ein Subwoofersystem ist platzsparend und in den meisten Fällen effektiver. Wie das Subwoofersystem aussieht, ist im Grunde nicht wichtig. Es muss nur in dem Raum (und vor allem am Sitzplatz) gut funktionieren.

Man muss nur den Schritt wagen, den Bass von den Hauptlautsprechern zu entkoppeln. Dann ist fast alles möglich. :)

Gruß
Nils
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FoLLgoTT
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Beitrag von FoLLgoTT »

Hallo,
noch mal was zum Thema. Ich hatte damals, als ich Absorber für mein SBA evaluiert habe, einen großen Verbundplattenresonator (VPR) gebaut. Die Teile funktionieren zwar nicht so gut im Tiefbass, dafür umso besser im oberen Bassbereich und Grundton. Und ein VPR ist nur 10 cm dick und besitzt eine glatte Fläche, auf die Bilder geklebt werden können oder ähnliches. Ist also gut integrierbar.

Hier sind die Messungen.

Gruß
Nils
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