Berechnung und Interpretation von Raummoden

Manger_Fan
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Berechnung und Interpretation von Raummoden

Beitrag von Manger_Fan »

Hallo,

ich habe mal aus Jux diesen Raummoden Rechner im Netz (http://www.sengpielaudio.com/Rechner-raum-moden.htm) genutzt und folgende Werte für meinen Raum ermittelt. Sind für mich aber Böhmische Dörfer!

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Was sagt mir das jetzt?

Gruß
Holger
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Holger,

Du solltest Punkte statt Kommata nehmen. Bei einer Raumlänge von 4,7 m bekommst Du als fundamentale Resonanzfrequenz (das wäre dann in der Tabelle oben links) ca. 36 Hz.

Beste Grüße
Harald

P.S. Beschäftige mich gerade mit einer ähnlichen Thematik und bereite gerade mal eine Darstellung auf, anhand derer ich versuche, mir das alles Stück für Stück klar zu machen. Am Ende wollen wir ja daraus lernen, wo der beste Hörplatz ist und wo die LS stehen sollen. Wenn Du einverstanden bist, antworte ich mit meiner Darstellung in Deinem Thread.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Hallo Holger,

als erstes möchte ich Dir sagen, dass Du bei der Eingabe der Maße einen Fehler gemacht hast. Die meisten Online-Rechner verwenden nicht das Komma als Dezimaltrennung, sondern den Punkt. Also statt 4,70 musst Du 4.70 eingeben, usw.

Bei der Verbreitung von Schall geschieht diese wellenförmig. Im Raum ergeben sich durch gegenüberliegende Wände Reflektionen. Das führt zum einen, dass sich der ausbreitende Schall und der reflektierte Schall aufheben oder verstärken. Der Rechner besagt, bei welchen Frequenzen dies passiert.

Das ist kritisch insbesondere bei niedrigen Frequenzen und das kann man praktisch einfach nachvollziehen. Wenn Du eine Test CD mit Sinussignalen hättest und z.B. ein Ton mit 40, 50 oder 60 Hz darauf ist, dann lässt Du den mal über Dein CD-Player laufen und am Besten nur über einen Kanal ( links oder rechts ). Dabei gehst Du durch den Raum. Du wirst feststellen, dass je nachdem von Du Dich befindest, der Ton mal lauter ( Verstärkung ) oder mal leiser ( Aufhebung ) zu hören sein wird.
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Angenommen wir haben einen quaderförmigen Hörraum mit schallharten Wänden. Dann wirkt ein solcher Raum als akustischer Resonator und es entstehen in diesem Raum stehende Wellen. Um zu verstehen, was das genau heißt, macht es m.E. Sinn, sich das zunächst mal in einer Dimension, sprich in der Länge des Raumes klarzumachen. Was passiert, wenn eine ebene* Schallwelle auf eine schallharte Wand trifft?

*O.k. wir sind in einer Dimension da ist jede Welle „eben“.

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Quelle: http://www.sengpielaudio.com

Sie wird reflektiert. Dabei wird die Geschwindigkeit v der Luftteilchen an der Wand zu null und der Schall(wechsel)druck p wird maximal. Als Akustiker interessieren wir uns für den Schalldruck, der auf Ohren wie Mikros wirkt. Lassen wir also die Geschwindigkeit weg und betrachten nurmehr den Schalldruck. Und der hat an der Wand immer einen Schwingungsbauch, ist an der Wand maximal.

In unserem eindimensionalen Raum werden die Wellen zwischen den zwei schallharten Wänden hin und her reflektiert. Dabei entstehen stehende Wellen. Wenn wir diejenigen Wellen aufmalen, die an diesen beiden Wänden immer einen Schwingungsbauch haben, dann erhalten wir diese stehenden Wellen, Resonanzwellen oder Raummoden. Wie immer wir sie nennen wollen.

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Es gibt dabei eine Grundmode. Das ist diejenige stehende Welle, die nur einen Knoten im Raum macht. Ihre Wellenlänge ist gerade halb so groß wie die Raumlänge. Im Bild rot gezeichnet. Die Frequenz der Grundmode ist die sog. fundamentale Resonanzfrequenz des Raumes. Bei Deinem Raum Holger sind das ca. 36 Hz. Die anderen Raummoden sind Harmonische zu dieser Grundmode. Die mit der doppelten Frequenz von 72 Hz (blau) und dreifachen Frequenz von 108 Hz (schwarz)

Das war jetzt alles in einer Dimension, der Länge. Dasselbe Spiel macht man nun mit den anderen zwei Raumdimensionen, also Breite und Höhe. Dann erhält man die verschiedenen Frequenzen der Raummoden:

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Nun wozu das alles? Wir wollen jetzt wissen, wo es besonders günstig ist, in einem Raum die Hörposition zu wählen und wo es besonders günstig ist, die Lautsprecher aufzustellen. Besonders ungünstig ist es, den Lautsprecher an die Wand zu stellen und der Hörplatz an der gegenüberliegenden Wand zu haben. Wissen wir alle. Warum? Weil sich an beiden Orten Schalldruck-Schwingungsbäuche befinden. Die fundamentale Resonanzfrequenz wird optimal angeregt und wir hören sie an der gegenüberliegenden Wand mit maximalem Schalldruck. Gleiches gilt für sämtliche Harmonische. Also keine gute Idee die Aufstellung so zu wählen.

Was aber ist günstig? Mit Hans-Martin habe ich in den letzten Tagen sehr ausführlich über dieses Thema gemailt. Er hat eine Regel aufgestellt, die da lautet: „Nimm’ den Hörplatz bei 2/3 der Raumlänge und stelle die Lautsprecher auf 1/6 der Raumlänge.“ Hierzu nochmals das Bild von oben; ich habe versucht, das zu skizzieren, 1/6 und 2/3 der Raumlänge haben ihre Markierungen.

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Die Begründung von Hans-Martin: am Hörplatz bei 2/3 der Raumlänge sind die Schalldrücke der roten und blauen Mode moderat. Überhöht ist der Schalldruck der schwarzen Resonanz. Um dies zu kompensieren, stelle man den Lautsprecher auf 1/6 der Raumlänge. Dort hat die schwarze Mode ein Minimum (was ihr Maximum bei 2/3 ausgleicht) und die Schalldrücke der roten und blauen Mode sind nicht allzu extrem.

Meine Frage wäre: Habt Ihr diese oder ähnliche Faustregeln benutzt? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

P.S. Ich habe mir das in den letzten Tagen alles so zusammengereimt. Bitte korrigiert mich, wenn ich da irgendwo falsch liege.
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Franz
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Beitrag von Franz »

Manger_Fan hat geschrieben:Meine Frage wäre: Habt Ihr diese oder ähnliche Faustregeln benutzt? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?
Hab eben mal durchgerechnet. Nach dieser Regel müßten die Lautsprecher in meinem Raum 90 cm von der Wand entfernt stehen, sie stehen bei mir 1,30 m davon entfernt. Der Hörplatz müßte nach der Regel 3,60m entfernt sein von der Wand, bei mir sind es 3.90 m. Mit dieser Aufstellung bin ich sehr zufrieden.

Gruß
Franz
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo Harald,

grundsätzlich spricht vieles für die Regel von Hans-Martin. Ich selber habe in meinem Raum ähnliche Erfahrungen gemacht, allerdings mit einemTeilungsverhältnis, wonach man den Raum in 5 gleiche Abschnitte unterteilt. Nach dem ersten Fünftel stehen die LS (Membran), nach dem dritten Fünftel der Hörplatz.

Konkret: Bei mir beträgt der Raum in der Länge 6,00m, also stehen die Membranen der LS bei 1,20m, und mein Hörplatz bei 3,60m (die Rückwand folgt dann 2,40m weiter hinten (sodass rückwärtige Reflektionen nicht ins Gewicht fallen. In dieser Aufstellung ist der Bassbereich bei mir am präzisesten - das war meine akustische Leitlinie dabei.

Grüße
Fujak
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Manger_Fan
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Beitrag von Manger_Fan »

Danke Euch für die Info`s.

Zur zt. höre ich in diesem Raum (Dachgeschoß) im Nahfeld, dass heißt mein Hördreieck beläuft sich auf 2,0m.
Die Speaker Abacus A10 stehen 1,30m von der Rückwand entfernt.
Der Sitzplatz ist von Rückwand ca. 1,50m.

Ich bin der Meinung so eigentlich keine Probleme zu haben, oder nehme sie vielleicht nicht war. :D
Auch bei höheren Lautstärken haben ich kein dröhnen.
Aber werde trotzdem mal die 1/6- 2/3 Position testen.

Um auf die Berechnung zu kommen, heißt dass das ich die Hauptmode von 36,49 Hz meiden sollte und die A10 z.B. bei höheren Lautstärken nur bis 40 Hz laufen lasse?

Gruß
Holger
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matze81479
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Beitrag von matze81479 »

Bei meinen 7,46m Länge wären das LS-Front bei 1,24m und Hörplatz bei 4,97m. Macht einen Abstand Hörplatz zum LS von ca 4m. Das ist mir mit meinen MEG 922K schlichtweg zu weit weg.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Ethan Winer empfiehlt den Sitzplatz bei 38% der Raumlänge (Moden sind symmetrisch, deshalb gibt es spiegelbildlich 2 Punkte, die der Beschreibung entsprechen).
Über die Platzierung der Lautsprecher macht er diesbezüglich keine Aussage, er rät vorrangig zum gleichseitigen Dreieck, was ich als schweren Fehler ansehe (typischer Ethan-Fehler :mrgreen: ). Immerhin rät er, der Messtechnik zu vertrauen, das ist aber vom Aufwand her nicht jedermanns Sache.

George Cardas wickelt das Thema vom Lautsprecher her auf, vorausgesetzt, der Raum ist nach seinem Goldenen Schnitt gestaltet, scheint das auch für den Sitzplatz aufzugehen.

Den Hunecke- Raumakustikrechner sollte man kennen, da kann man auch die Ohrhöhe eingeben. Es ist allerdngs nicht so einfach, einen Frequenzgang zu interpretieren, wie den Raum abzugehen und den Punkt bester Ausgewogenheit gehörmäßig zu bestimmen.

Meine Meinung folgt einem WhitePaper von Harman, der Raum und sein Nachhall sind besonders wichtig, gefolgt von der Raumanregung durch den Lautsprecher, deren Zusammenpiel zählt, das finde ich immer wieder bestätigt.

Das Rechnen bezog sich auf kugelförmige Bassabstrahlung, bei Dipolen (auch bei Cardioiden?) darf man den Rückwandabstand mMn verdoppeln.
Grüße Hans-Martin
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Udor
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Beitrag von Udor »

nihil.sine.causa hat geschrieben:Meine Frage wäre: Habt Ihr diese oder ähnliche Faustregeln benutzt? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?
Jain :mrgreen:

Grundsätzlich ist das schon mal eine gute Ausgangsbasis muss oder sollte aber durch Messungen im Raum gefestigt werden. Die Rechenmodelle gehen von massiven Wänden und einem leeren Raum aus. In einem Trockenbau kann das ganz anders aussehen.
Dazu kommt noch das eine Mode bei z.b. 36hz je nach Lautsprecher gar nicht schlecht sein muss sondern sogar meißt als angenehm empfunden wird...
Das kommt aber ganz drauf mit was für Kaliber man hört. Eine A10 wird eine Mode bei 30hz eher entgegen kommen, ein Bassturm wie Rainer sie im Büro hat eher nicht :mrgreen:
Richtig nervig sind in der regel die Moden um 100hz rum die übles gedrdröhne auslösen. Gerade bei Bassläufen mit Bassgitarre etc.

Gruß Udo
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,

zunächst einmal muss ich noch etwas nachliefern. Hans-Martin hat mich dezent per PN darauf hingewiesen. Ich habe Euch die 3. Harmonische bei meinem Bildchen unterschlagen. Bei 36 Hz Grundfrequenz hat die 3. Harmonische eine Frequenz von 144 Hz. Eine wichtige Frequenz z.B. für Tenor. Ich habe sie in grün dazugezeichnet.

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Bei den in der Hans-Martinschen Faustregel betrachteten Punkten in 2/3 (Hörplatz) und 1/6 (Lautsprecherposition) schneidet sich die 3. Harmonische (grün) immer mit der 1. Harmonischen (blau) und nimmt an beiden Stellen moderate Werte an.

Noch etwas Grundsätzliches:
  • Die stehenden Wellen werden immer mehr oder weniger stark im Raum ausgeprägt. Es geht offenbar darum, dass nichts überhöht wird aber auch dass keine dieser Wellen wirklich ausgelöscht wird. Eine Art Gleichgewicht über alle wichtigen Frequenzbereiche hinweg.
  • Die Grundannahme der schallharten Wände ist in einem typischen Hörraum (hoffentlich :mrgreen: ) nicht erfüllt. Durch die Dämpfung werden resultierenden Resonanzfrequenzen etwas tiefer als bei unserer Betrachtung. Die Struktur unseres Bilder müsste sich ebenfalls leicht verändern.
  • Die realen Verhältnisse sind viel komplexer als durch ein so einfaches Modell dargestellt. Auch und gerade im Dreidimensionalen. Daher können solche Faustregeln nur erste Anhaltspunkte liefern, Feinheiten nur durch Variation. Und keine Allgemeingültigkeit, kein echtes Kochrezept. (Dennoch finde ich die Faustregeln interessant, denn irgendwo muss man ja anfangen mit dem Herumprobieren.)



Hallo Holger,
Manger_Fan hat geschrieben:Ich bin der Meinung so eigentlich keine Probleme zu haben, oder nehme sie vielleicht nicht war. :D
Auch bei höheren Lautstärken haben ich kein dröhnen.
Aber werde trotzdem mal die 1/6- 2/3 Position testen.
das ist doch prima. Wenn Du kein Dröhnen hören kannst, dann sei froh. Ich hatte eine ähnliche Situation bei mir im Nahfeld mit den A-Boxen. Auch von der Messung her alles nah am Ideal. Viele Diskussionen habe ich nicht verstanden.

Nun habe ich die AGM 3.3 hier, die im Bass den Raum viel kräftiger anregen. Das Klangbild entspricht viel mehr dem, was ich aus der Realität kenne (z.B. von einem kräftig im Bass angeschlagenen Flügel), also näher an meinem Ideal. Aber jetzt kommen eben auch die Raum"probleme" und die Aufstellung wird kritischer.
Manger_Fan hat geschrieben: Um auf die Berechnung zu kommen, heißt dass das ich die Hauptmode von 36,49 Hz meiden sollte und die A10 z.B. bei höheren Lautstärken nur bis 40 Hz laufen lasse?
Den Bass entsprechend so zu begrenzen, dass die fundamentale Resonanzfrequenz nicht angeregt wird, ist ein möglicher Weg. Ob Du das grundsätzlich möchtest, musst Du natürlich für Dich entscheiden. Bei den A10 kannst Du das ja ganz leicht ausprobieren. Beispiele für Tiefbass zum Testen hatten wir übrigens hier (und in den darauf folgenden Beiträgen) diskutiert.



Ein anderer Aspekt. Ich habe mal angefangen ein wenig herumzumessen. RIESIGE Unterschiede in meinem Raum bei kleinen Änderungen der Hörposition! Es scheint sich also zu lohnen, der Sache auch mal messtechnisch näher zu kommen. Ich habe LogSweeps gemacht und den Frequenzgang mit Acourate ein wenig angesehen und auch mal Nachhallzeiten bestimmt. Mehr bisher eingentlich noch nicht.

Fragen: Gibt es eine Beschreibung irgendwo, was man tun kann, um die Raumsituation (etwa mit Acourate) messtechnisch zu erfassen und die Hör- und LS-Positionen zu optimieren? Wie seid Ihr vorgegangen und welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

Viele Grüße
Harald
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Udor
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Beitrag von Udor »

Hallo Harald

Wie sieht denn deine Raum/Aufstellungssituation aus und hast du Möglichkeiten für akustische Maßnahmen ?

Ob es umbedingt der richtige Weg war (bzw, ob es bessere gibt) weiss ich nicht aber ich kann dir mal kurz
schildern wie ich vorgegangen bin als ich mich entschlossen habe mir mein eigenes "Musikzimmer" einzurichten.

Erst mal hab ich mir überlegt was für Hör und Aufstellungsplätze überhaupt in Frage kommen. Da mein Raum eher klein ist(4,50x3,80) mit Tür an der langen Seite und Fenster an der Kurzen Seite bleibt eigentlich nur einer der beiden Kurzen Seiten. Also entweder Lautsprecher ans Fenster oder gegenüber.

Dann hab ich angefangen zu messen. Erst mal mit einem fixen Hörabstand (2m) aber unterschiedlichen Abständen zur Wand hinter den Lautsprechern. Das ganze im komplett leeren Raum (weil ich später die Veränderungen durch Möbel und akustische optimierungen sichtbar machen wollte).

Hier ein Beispiel was passiert wenn man den LS(bzw. das Hördreieck) von der Wand weg zieht:

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Abstand zur Wand hinter den Lautsprechern jeweils 15,30,45,60,75,90cm.
Gemessen immer beide Lautsprecher zusammen aber nur bis 200hz. Bis dahin macht es m.M.n schon sinn beide Lautsprecher zusammen zu messen zumindest bei einigermaßen symetrischen verhältnissen.
Mich interessierte da erst mal nur der Bereich unter 100hz da es hier kaum möglich ist durch Bassfallen Absorbern etc. irgendwas nachträglich zu optimieren.

Sehr interessant war in dem Zusammenhang auch das Wasserfall Diagramm:

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Man beachte die Abklingzeit unter 100hz, wie gesagt der Raum war nackt ohne Teppich Möbel etc...
Natürlich hab ich auch noch etliche mehr Messungen gemacht mit unterschiedlichsten Seitenwandabständen etc...

Nachdem dann der beste Kompromiss gefunden war (mit den damaligen Lautsprechern war das 30cm nach hinten und 90cm zur Seite Hörabstand ca. 2m) hab ich mich an den Bau von Absorbern gemacht.
Die Nachhallzeiz oberhalb von 100hz war ja noch recht gruselig.

Bauphase:

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WIe man sieht hab ich einiges probiert und ich gebe zu das vieles "Try and Error" war aber ich habe so auch viel über meinen Raum gelernt und bereue eigentlich nix.

Mittlerweile hab ich auch wieder den einen oder anderen Absorber rausgeworfen, das Zimmer zwei mal umgestrichen und die Aufstellung wieder gedreht.

Hier ein aktuelles Bild(das provesorium auf dem Boden bitte nicht beachten):

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Und eine aktuelle (unkorrigierte) Messung mit Acourate, um mal im Bild zu bleiben.

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Die Nachhallzeiten sehen jetzt auch oberhalb von 100hz ganz gut aus man sieht sogar das ab 1khz die Nachhallzeit wieder etwas ansteigt was bedingt durch die doppelte Folie unter den Stoffabdeckungen der Absorber ist.
Der Einbruch bei 110hz ist eine Auslöschung(durch Seiten und Rückwand) und nur durch ein DBA(oder ein größeren Raum) in den Griff zu bekommen. Korrigiert mit Acourate klingt das aber schon sehr gut.
Im moment fehlen leider noch die richtigen LS...

Um einen schnellen überblick zu bekommen kann ich auch Arta mit der FR1 Funktion empfehlen. Da kann man in Echtzeit sehen was beim verschieben vom LS oder Mikro so alles passiert und man bekommt ein Gefühl für seinen Raum.
Bei Wasserfalldiagrammen finde ich REW immernoch am besten vorallem wenn man die Wirksamkeit von Bassfallen etc. messen will.

Ich hoffe das ist jetzt nicht zu OT da es hier ja eher um die Theorie ging...

Gruß Udo
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nihil.sine.causa
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Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,
Udor hat geschrieben:Ich hoffe das ist jetzt nicht zu OT da es hier ja eher um die Theorie ging...
Ganz im Gegenteil, Udo, es ging ja um die Interpretation der Raummoden. Und da war etwas mehr Praxis durchaus von Nöten. Jedenfalls vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht und die Tipps für die Tools!

Ich will auch gleich von drei für mich persönlich interessanten kleinen Experimenten berichten, die ich gemacht habe.

1. Vermessung der Resonanzfrequenzen im Raum

Zunächst habe ich mir das Tool REW installiert und den Sinus-Frequenzgenerator verwendet, der dort eingebaut ist (by the way: kennt jemand noch einen anderen Freeware Sinus-Generator?). Die Lautsprecher habe ich an den für mich bisher für optimal gehaltenen Lokationen aufgestellt (das von der Länge her auf 1/4 des Hörraumes und etwas asymmetrisch zur Mittelachse).

Messkette:
REW Sinus-Frequenzgenerator -> Fireface UC -> Lautsprecher
Micro -> Fireface UC -> TotalMix Pegelanzeige

Also feste Frequenz angefahren und mit einem Mikro gemessen, welche Resonanzen so im Raum sind. Alles stichprobenartig und die Pegel beobachtet.

Das Ergebnis (in meinem Hörraum): Die fundamentale Raumresonanz (bei mir 36,5 Hz) macht ihrem Namen alle Ehre.
  • Wenn ich 36,5 Hz einstelle, ist es an der Wand fast erdrückend während in der Raummitte nichts ungewöhnliches zu spüren ist.
  • Andere Resonanzen sind vorhanden, aber bei Weitem nicht so deutlich messbar.
Das hätte ich so deutlich nicht erwartet. Vor allem scheinen bei meinem Hörraum und meinen Lautsprechern die Resonanzen in Breite (--> gut gefülltes Holzregal fast über die ganze Raumlänge) und Höhe (--> Holzdecke) nicht so gravierend zu sein. Das wird in einem anderen Hörraum sicher anders sein. Aber ich kann jedem empfehlen, der sich mit dieser Thematik beschäftigt und es noch nicht gemacht hat, sich die Raumresonanzen einfach mal in Reinform anzuhören. Auch ohne Micro. Das ist sehr aufschlussreich!

2. Umstellen der Lautsprecher

Ausgerüstet mit ein paar Musiktiteln, in denen meine kritischen Resonanzfrequenzen vertreten sind (die ich aber auch sonst gerne höre) habe ich verschiedene Lautsprecherpositionen ausprobiert.

Habe dann, ausgehend von meiner bisherigen Lieblingsposition, verschieden Standorte von Hörposition und Lautsprecher ausprobiert. Natürlich nicht alle Möglichkeiten. Und immer in Bezug auf die aus meiner Sicht kritischen Resonanzen. Jetzt könnt Ihr mich schlagen, aber die Hans-Martinsche-Regel (LS Position auf 1/6 und Hörposition auf 2/3 der Hörraumlänge) hat ein lokales Optimum gebracht quer über meine Versuche.

Ergebnis: Die fundamentale Raumresonanz wird nach wie vor angeregt. Die harmonischen dazu aber fallen nun aber nicht mehr unangenehm auf. Mit stichprobenartigen Messungen (siehe 1.) konnte ich das bestätigen.

[In Bezug auf die Höhe werde ich die LS noch optimieren und in Bezug auf die Breite habe ich eine symmetrische Aufstellung mit jeweils 1/4 Raumbreite zur Wand gewählt. Der Grund hierfür liegt in der Anordnung der LS als Bass-Array, aber das wäre jetzt eine andere Geschichte...]

3. Abschneiden oberhalb der Raumresonanz

Ausgehend von Holgers Fragestellung
Manger_Fan hat geschrieben:Um auf die Berechnung zu kommen, heißt dass das ich die Hauptmode von 36,49 Hz meiden sollte und die A10 z.B. bei höheren Lautstärken nur bis 40 Hz laufen lasse?
habe ich mir mit Hilfe von Ulis (((acourate))) ein Filter gebaut, dass die Frequenzen unterhalb von 40 Hz abschneidet.

Meine Einstellungen waren: Generate Crossover, f-lowest 40 Hz, Neville-Thiele (vielleicht geht es ja besser, Tipps wie immer willkommen!)

Damit bin ich mit der "Wav-Filter" Funktion in (((acourate))) der schönen Aufnahme Bach, Toccata und Fuge, d-moll, von Edgar Krapp aus dem Dom zu Passau, die mir hier von Sigi empfohlen wurde, zu Leibe gerückt. Bei dieser Aufnahme nämlich wird auf dem Grundton das Sub-Kontra-D auf dieser weltgrößten Kirchenorgel sehr ordentlich angeblasen. Das sind ca. 18Hz. Die erste Obertonschwingung liegt wieder bei 36 Hz. In meinem Hörraum fatal.

Jetzt kann ich also vergleichen, wie sich die weltgrößte Kirchenorgel anhört oberhalb von 40 Hz einerseits und in voller Pracht andererseits. Eigentlich ist es nur ein undifferenziertes Brummen, was da rausgeschnitten wurde (mit Ulis tool kann man dieses hörbar machen, indem man die wav-Datei mit dem den betreffenden Tiefpass Filter bearbeitet). Aber dieses Brummen macht offenbar den Kirchenraum. Die abgeschnittene Aufnahme hätte - was den Raum betrifft - auch mit einer Studioorgel gemacht worden sein können.

Mein persönliches Fazit: Resonanzfrequenz hin oder her, wenn ich mir solche Aufnahmen überhaupt anhöre, dann nur mit dem Tiefbass. Gegen die Resonanzfrequenz bei 36 Hz gibt es aus meiner Sicht folgende Möglichkeiten: (A) ein größerer Hörraum, so ab 11 m ist man mit der fundamentalen Raumfrequenz unterhalb von 16 Hz oder (B) optimierte Hör- und Lautsprecherposition, hilft aber eben nur zum Teil und/oder (C) ein Double Bass Array, das die Resonanzen per Gegenbass verhindert (und was ich weiter verfolgen werde) und/oder (D) massive raumakustische Maßnahmen oder aber (E) Frequenzen abschneiden, was ich für mich eben ausschließen möchte.

Viele Grüße
Harald
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

nihil.sine.causa hat geschrieben:gibt es aus meiner Sicht folgende Möglichkeiten: (A) ein größerer Hörraum, so ab 11 m ist man mit der fundamentalen Raumfrequenz unterhalb von 16 Hz oder (B) optimierte Hör- und Lautsprecherposition, hilft aber eben nur zum Teil und/oder (C) ein Double Bass Array, das die Resonanzen per Gegenbass verhindert (und was ich weiter verfolgen werde) und/oder (D) massive raumakustische Maßnahmen oder aber (E) Frequenzen abschneiden, was ich für mich eben ausschließen möchte.
Harald,

wie wäre es denn mit der Acourate-Korrektur? Die lässt ja die 36 Hz drin, spielt aber dann eine entsprechend kleinere Amplitude, so dass das "Dröhnen" im Zusammenspiel mit der gesamten Musik wiederum gut erträglich sein sollte. Per Zielkurve und z.B. PeakNDip-Funktion kannst Du das wiederum auch noch anheben, falls es akustisch zuwenig erscheinen sollte.

Black and white, schwarz und weiss, voll auf und voll zu sind zwar auch Möglichkeiten, aber muss ja nicht sein.

Grüsse
Uli
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nihil.sine.causa
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Hallo Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben:wie wäre es denn mit der Acourate-Korrektur? Die lässt ja die 36 Hz drin, spielt aber dann eine entsprechend kleinere Amplitude, so dass das "Dröhnen" im Zusammenspiel mit der gesamten Musik wiederum gut erträglich sein sollte.
So geht es wenn man einfach mal schnell was daherschreibt, sorry. :oops: Acourate ist selbstverständlich auch eine Option. Die Raummoden zwar angeregt, aber eben nur so stark wie man es möchte.
uli.brueggemann hat geschrieben: Black and white, schwarz und weiss, voll auf und voll zu sind zwar auch Möglichkeiten, aber muss ja nicht sein.
Das war für mich mal ein lohnenswertes Experiment, um festzustellen was ich für mich ausschließen kann. Muss für mich nicht sein. :cheers:

Gruß Harald
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