Akustische Optimierung L-förmiger Räume

Antworten
wgh52
Aktiver Hörer
Beiträge: 5623
Registriert: 25.01.2008, 15:17
Wohnort: Schweitenkirchen
Kontaktdaten:

Akustische Optimierung L-förmiger Räume

Beitrag von wgh52 »

Hallo Freunde,

hier finden seit längerer Zeit Diskussionen zum Raumtuning, Lautsprecheraufstellung, Modendämpfung usw. usw. usw. statt, die inzwischen für quaderförmige Räume zu interessanten Erkenntnissammlungen und Abstimmungsmethoden von mechanisch bis DBA geführt haben. Für Leute mit solchen Räumen, die sicher die Mehrheit bilden, ist das sehr erfreulich! Aber mein Raum hat eine grundsätzlich andere Form!

Sobald ich versuche, die Erkenntnisse, Modenrechner usw. auf meinen L-förmigen Raum anzuwenden kommen die Warnungen, dass das nicht ginge, auch nur wenige Raumakustikrechner unterstützen die L-Raumform.

In diesem Thread möchte ich gerne Erkenntnisse, Links, Methoden usw. sammeln, die Leute mit L-förmigen Räumen (idealerweise!) in die Lage versetzen, auch diese akustisch genauso gezielt(!) zu behandeln und zu optimieren wie es bei Quadern möglich ist.

Falls nötig können wir meinen Raum als Beispiel nehmen, aber eigentlich soll es hier um allgemein verwertbares gehen.

Gruß,
Winfried

[2893]
Bild
axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Moin Winfried,

ich wuerde da nicht so kompliziert denken, denn Raum bleibt Raum und die grundsaetzlichen Prinzipien aendern sich nicht bei unterschiedlichen Raumformen. Ich habe ja auch einen L-foermigen Raum und habe einfach mal losgemacht. Das Ergebnis kann sich in jedem Fall hoeren lassen.

Feliz Navidad!

Gruss,
Kai
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

L-förmig finde ich sehr problematisch, weil man entweder die Lautsprecher am Ende aufstellt, dann in der Mitte sitzt und einen unsymmetrischen Nachhall bekommt, oder die Lautsprecher quer aufstellt, entweder auf der Außenseite oder auf der Innenseite der Schenkel. Bei Abständen gegenüberliegender Wände um 4 m ist derjenige Schenkel besser geeignet, der Fenster und Türen hat, sonst hilft nur aktive Filterung des Bereichs um 40Hz (oder Einsatz eines Raumkorrektursystems).

Stellt man die Lautsprecher an der Außenwand nahe dem Knie auf, steht ein LS nahe der Ecke, der andere freier. Die resultierenden Bassunterschiede verlangen ebenfalls nach elektronischer Korrektur. Immer wieder zeigt sich die Unsymmetrie als problematisch. Es muss schon ein großer Raum sein, über 50qm, um mehr Freiheiten zu haben als Einschränkungen zu erliegen.

Grüße Hans-Martin
Bild
Rudolf
Webmaster
Beiträge: 4920
Registriert: 25.12.2007, 08:59
Wohnort: Bergisch Gladbach

Beitrag von Rudolf »

Hallo Winfried,

vielen Dank für dieses Thema!

Auch ich zähle mich zu den Betroffenen einer ungünstigen "L-Raum-Akustik" und das, obwohl unser Wohnzimmer sich mit einer Grundfläche von 55 qm jenseits der von Hans-Martin genannten kritischen Größe befindet.

Ich habe meine Lautsprecher am Ende eines Schenkels aufgestellt und sitze mittig entlang der Linie, an der sich der Raum seitlich zum anderen Schenkel hin öffnet. Genau dort befindet sich eine kräftige Raummode, die ich zwar mit Hilfe von Acourate wegbekomme, aber dann wird es an anderen Stellen im Raum klanglich z.T. recht "dünn".

Was ein Unterschied zur Altbauwohnung meines Bruders, bei dem das (rechteckige) Wohnzimmer Teil eines langestreckten Ensembles von Räumen ist, die durch Doppelflügeltüren miteinander verbunden sind. Dort klingt ein Ensemble von zwei Sonos S5 und einem Sonos Sub wie eine ausgewachsene High-End Anlage. Der Raum macht eben einen Großteil der Musik!

Was bei mir auf jeden Fall etwas gebracht hat, ist die Lautsprecher so stark einzuwinkeln, dass sich deren Achsen vor dem Hörplatz kreuzen. Eine Aufstellungsform, die bei Silbersand-Hörern ansonsten eher unpopulär zu sein scheint - vielleicht hängt es ja mit der L-Form zusammen?

Viele Grüße
Rudolf

PS: Allzuviel Kopfzerbrechen mache ich mir allerdings nicht, denn der Tag rückt näher, an dem ich mein Hörzimmer erhalten werde.
Bild
axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Companeros,

gerade bin ich über diese Software gestoßen:

http://www.chip.de/downloads/CARA-Light_13001398.html

Damit lassen sich wohl beliebig geformte Räume simulieren und es gibt auch eine Auswahl voreingestellter Lautsprecher (u.a. die BM12). Man kann allerlei berechnen lassen. Ich bin nur leider nicht mehr frisch genug, um es halbwegs zu begreifen. Hier gibt es dann wohl die Vollversion:

http://www.cara.de/ENU/index.php?load=start.html
Selection of Materials (Shows the frequency response of the sound absorption coefficients)
Acoustic Ambiance (Evaluation of the basic acoustic characteristics of the room)
Positioning of Speakers and Listener (L-shaped positioning regions)
3D View of Your Sound Room
Gruß,
Kai
wgh52
Aktiver Hörer
Beiträge: 5623
Registriert: 25.01.2008, 15:17
Wohnort: Schweitenkirchen
Kontaktdaten:

Beitrag von wgh52 »

Hallo Kai,

vielen Dank für die Recherche und die Links! :cheers:

Um die muss ich mich baldigst kümmern. ... ich bin heute auch nicht mehr frisch genug dafür, mich da einzuarbeiten. :wink:

Gruß,
Winfried

2912
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Cara ist nur mit Vorsicht zu genießen. Es werden beide Boxen im Bezug mit dem Raum gesehen und ein bestmöglicher gemeinsam angeregter Frequenzgang wird auf Ausgewogenheit gerechnet. Das erfordert unterschiedliche Wandabstände. Genau das ist aber kontraprodukiv hinsichtlich der Ortung einzelner Phantomschallquellen, also die Stereoabbildung wird vernachlässigt, gestört, zerstört.

Soweit ich weiß, ist bei den neueren Cara Versionen eine entsprechende Option wählbar, die die Abbildung besser unterstützt.

Grüße Hans-Martin
Bild
Heule
Aktiver Hörer
Beiträge: 857
Registriert: 27.02.2010, 14:35

Beitrag von Heule »

aston456 hat geschrieben:Companeros,

gerade bin ich über diese Software gestoßen:

http://www.chip.de/downloads/CARA-Light_13001398.html
Hallo Kai,

der erste Link ist ja taufrisch. Da kannst du noch in DM bezahlen. :mrgreen:

Gruß Oliver
Bild
axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Heule hat geschrieben:der erste Link ist ja taufrisch. Da kannst du noch in DM bezahlen.
Früher war halt alles besser und wenn Du einen frischeren Link findest, dann bist Du herzlich eingeladen, ihn hier einzustellen.

Gruß,
Kai
Speedy
Aktiver Hörer
Beiträge: 353
Registriert: 28.11.2009, 17:10

Beitrag von Speedy »

Ich müsste noch irgendwo die letzte Version auf CD rumliegen haben. Mit Schulungs-CD. Die kann man echt gebrauchen. :o

Ist aber echt aufwendig, den Raum zu erstellen. Da muss man schon mal ein paar Stunden einplanen. Und die Ergebnisse haben mich auch nicht immer überzeugt. Und ja, bei der letzten Version kann man das einstellen, wie weit oder ob die LS versetzt werden dürfen.

Ach so, ich hab übrigens auch einen l-förmigen Raum. Ich find das gar nicht so problematisch, aber das muss man sicher im Einzelfall betrachten.

Beste Grüße
Speedy

PS : Im Netz gibts was ähnliches : http://www.hunecke.de/de/rechner/raumeigenmoden.html
Bild
rolodex
Aktiver Hörer
Beiträge: 181
Registriert: 03.02.2012, 16:32
Wohnort: Schleswig Holstein

Beitrag von rolodex »

Ist dann diese Aussage inzwischen überholt?

"Eine gute Musikwiedergabe ist ohne Symmetrie nicht möglich!"

Gefunden hier: http://hifi-alt.de/uploads/files/raumakustik.pdf

Gruß, Gerd
Bild
axxxxx

Beitrag von axxxxx »

Moin Junx,

ich habe gerade nochmal geschaut und es gibt eine Einführung in Cara:

http://www.cara.de/GER/CARA/index.html

Die kann man durchklicken und bekommt so relativ schnell einen Überblick über die Funktionalitäten. Das ist auch für jemanden, der keine BDAs lesen mag, absolut akzeptabel.

Das finde ich sehr interessant:
CARA hat geschrieben:Die Ergebnisse der Schallfeldberechnungen beziehen sich auf den aktuellen Standort der Boxen. So lassen sich für diese Boxenaufstellung die besten Hörplätze auf der Basis der Kriterien Klangfärbung (Linearität des Schalldruck-Frequenzganges), Ortung und Sprachverständlichkeit leicht herausfinden. Dies ist insbesondere dann sehr hilfreich, wenn eine Änderung der Boxenaufstellung nicht möglich ist.
Und offensichtlich kann man auch gleiche Abstände der LS zu den Wänden erzwingen:
Zusätzlich lassen sich für die Aufstellungsoptimierung gewisse Symmetriebedingungen festlegen. Hierzu können Sie im Menü Optionen/Variationsbereiche für die beiden Hauptlautsprecher gleiche Abstände zur Stirn- und/oder zu den Seitenwänden erzwingen.
Auf den zweiten Blick scheint das Programm sehr interessant und auch mit einem akzeptablen Einarbeitungsaufwand relativ einfach bedienbar zu sein. Wenn auch der dritte Blick passen sollte, dann werde ich es kaufen.
rolodex hat geschrieben: "Eine gute Musikwiedergabe ist ohne Symmetrie nicht möglich!"
Gefunden hier: http://hifi-alt.de/uploads/files/raumakustik.pdf
Die Abbildung auf S. 3 des Skriptes ist wohl mit Cara berechnet und dargestellt worden.


Gruß,
Kai
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9118
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

rolodex hat geschrieben:Ist dann diese Aussage inzwischen überholt?
"Eine gute Musikwiedergabe ist ohne Symmetrie nicht möglich!"
Gefunden hier: http://hifi-alt.de/uploads/files/raumakustik.pdf
Hallo Gerd

Nicht überholt, aber mMn ungeschickt dargestellt. Man sollte bei Abb. 11 beginnen, da ist der Direktschall grün eingezeichnet. Der trifft natürlich bei allen Abbildungen zuerst ein, auch wenn er sonst nicht eingezeichnet wurde.
In Abb.7 ist zu erkennen, dass die vom linken Lautsprecher abgestrahlten Schallwellen,die den gleichen Abstrahlwinkel haben wie die des rechten einen sehr viel längeren Wege zurücklegen müssen und deshalb später beim Ohr ankommen. Die Ortung wird sich in Richtung des rechten Lautsprechers verschieben.
Aua. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Macht man sich klar, dass die Lautsprecherchassis ein zwischen Halbkügel und Keule variierendes Abstrahlmuster haben, zählt nicht der gleiche Winkel, sondern der Schallstrahl, der schließlich den Hörer trifft. Naheliegend, dass der früher eintreffende Anteil auch entsprechend lauter ankommt, und er mischt sich mit dem Direktschall, verfärbt den Klang.

Ich habe noch keine akustische Forschung analog zum Fermatschen Prinzip aus der Optik gefunden, das Gesetz der ersten Wellenfront kommt dem vielleicht am nächsten.

Stereo basiert auf dem Prinzip der Summenlokalisation, treffen von 2 Schallquellen innerhalb von weniger als 1,5ms (genauer betrachtet: Grundton 2ms, Oberton 1ms) dieselben Signale ein, wie von einer frühen Seitenwand-Reflexion, werden sie als 1 Signal wahrgenommen, mit den damit erzielten Kammfiltereffekten ist dann L womöglich anders als R, Stereo funktioniert nicht mehr richtig. Gewünscht ist ja das Eintreffen ähnlicher Signale aus 2 Lautsprechern in diesem Zeitfenster, um die Phantomschallquellen zwischen die Boxen zu projizieren. Hat man Symmetrie und zugleich sehr frühe Reflexionen, höre ich gegensinnig verschobene Kammfilter auf den Kanälen, sobald man den Kopf bewegt. Und anders als in der Natur, verschlechtert Bewegung die Ortung.

Ich halte Symmetrie für die wichtigste Stereoregel, die Vermeidung von frühen Reflexionen an der Seite ist dann erforderlich, wenn wir den Kopf nicht stillhalten. 5mm seitliche Bewegung zu vermeiden, gelingt nur wenige Sekunden, es ist ermüdend. Dann lieber mehr als 1,30m Boxen-Seitenwandabstand. Zwei baugleiche Boxen werden über den Boden (oder Raumdecke) kaum nennenswert unterschiedliche Kammfiltereffekte erzeugen, so schräg würde man beim Hören den Kopf nicht neigen. Allerdings ist die tiefe Auslöschung zwischen 200-300Hz bei schallhartem Parkett- oder Fliesenboden ein musikalisches Problem im wesentlichen Grundtonbereich, aber das ist ein anderes Thema.

Grüße Hans-Martin
Bild
Antworten