Fussbodenreflexion und inverse LS-Anordnung mit Absorber

O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Cornoalto hat geschrieben: Vieleicht spielt ein Aspekt zu Erklärung eine Rolle: Durch die Ecksituation steigt ja der Wirkungsgrad um 9 db. Aber zu fallenden Frequenzen hin. Da das Eckhorn eigentlich viel zu kurz ist, lässt der Wirkungsgrad des Horns zu fallenden Frequenzen hin nach. Also könnte sich das ganze wieder ausgleichen, oder?
Hallo Martin,

gegenüber Freifeldbedingungen ist es zunächst das Bündelungsmaß, welches um 9dB bei Eckaufstellung steigt. Bei dieser modellhaften Betrachtung geht man wirklich nur von (unendlich ausgedehnten) begrenzenden Wänden aus, man berücksichtigt dabei noch keinen Raum.

Bündelungsmaß für eine Punktschallquelle in der Nähe zu Wänden

- freistehend.....0dB
- vor Wand.......3dB
- in Raumkante.. 6dB
. in Ecke..........9db

Wenn die Punktschallquelle (relativ zur Wellenlänge zu sehen) z.B. "genau in der Ecke klebt", dann gilt die Erhöhung des Bündelungsmaßes unabhängig von der Frequenz, also z.B. für den gesamten Bassbereich.

Der erzielbare relative Schalldruck bei gegebenem Verschiebevolumen der Punktschallquelle verhält sich dann wie folgt:

- freistehend........0dB
- vor Wand.........+6dB (x2) ("vor Wand" kann hier z.B. "auf Boden" bedeuten ...)
- in Raumkante...+12dB (x4) (90 Grad Kante aus zwei Wänden mit unendlicher Ausdehnung)
- in Ecke..........+18db (x8) (90 Grad Ecke ...)

Diese Zahlen stehen auch für die Spannungsempfindlichkeit: "Welchen Schalldruck erhalte ich bei einer bestimmten Eingangsspannung". Wir betrachten hier allerdings immer noch "Wände im Freien", keinen "Raum" ...

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Der "Wirkungsgrad" ("Schall-Leistung" / "Elektrische Leistung") ändert sich bei dieser Betrachtung von Punktschallquellen vor Wänden tatsächlich wie das Bündelungsmaß: Durch die Schalldruckverdopplung (+6dB) vor einer unendlichen (Schall-)Wand, vervierfacht sich die Schallintensität (Schalleistung pro Flächeneinheit) auf der durch unsere Punktschallquelle beschallten Seite der Wand.

Der beschallte Raum hat sich jedoch durch die Wand nur halbiert, nämlich von kugelförmiger ("Vollraum") zu halbkugelförmiger ("Halbraum") Schallausbreitung. Bei vierfacher Schallleistungsdichte (Intensität) im halben Raumvolumen, hat man also die doppelte Schallleistung insgesamt, mithin den doppelten Wirkungsgrad(*).

Diese Verdopplung drückt man bei Energiegrößen (u.a. Schallleistung) durch +3dB aus (**). Die Verdopplung einer Feldgröße (u.a. Schalldruck) wird durch +6dB ausgedrückt.

http://www.sengpielaudio.com/Rechner-db.htm
___

Jetzt kommt der böse Teil: Was bringt ein Eckhorn ?

Für tiefe Frequenzen weit unterhalb seiner jeweiligen Grenzfrequenz als Horn bringt es nichts mehr, denn es unterscheidet sich dann nicht mehr wesentlich von einer gewöhnlichen Schallquelle mit gleichem Verschiebevolumen, die man ebenfalls "in der Ecke" plaziert.

Grüße Oliver

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(*) Was durch eine entsprechend erhöhte akustische Impedanz erklärt wird.

(**) Das Bündelungsmaß ist eine Größe, die auf eine (fiktive) Schallleistung bezogen ist:

"Um wieviel größer gegenüber meiner zu beschreibenden Schallquelle wäre die Schallleistung einer Punktschallquelle (ohne Richtwirkung), die am Messpunkt in gleicher Entfernung den gleichen Schalldruck erzeugen würde wie meine zu beschreibende Schallquelle auf ihrer Achse maximaler Abstrahlung ?"

Interessant ist dabei, daß das Bündelungsmaß ausschließlich die räumliche Abstrahlung einer Schallquelle charakterisiert: Es interessiert sich nicht dafür, welche Wirkungsgrade die jeweiligen Schallquellen in ihrer technischen Umsetzung haben.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Jedoch noch einige Anmerkungen zu Trichtern - evt. sogar mit Druckkammern o.dergl. - wenn sie unterhalb ihrer Grenzfrequenz betrieben werden ...

- wird die Grundfrequenz (des Nutzsignals) durch den Trichter nicht mehr verstärkt, so können trotzdem Klirrkomponenten K2, K3, ... des Treibers durch den Trichter verstärkt werden, wenn diese selbst im Übertragungsbereich des Trichters liegen: Das Horn wird für diese Frequenzen dann zum "Klirrverstärker".

- evt. vorhandene Druckkammern auch in Verbindung mit dem Hornhals selbst, können unterhalb des Übertragungsbereiches noch merkliche "Blindimpedanzen" darstellen, meist in Form einer frequenzabhängigen "Massekomponente", die vom Treiber mitbewegt werden muss.

- durch die bei "Tieftonhörnern" für Wohnräume praktisch durchgängig zu kleinen Mundöffnungen, ist der untere Übertragungsbereich dieser Trichter oft sehr wellig, d.h. letztendlich "resonanzbehaftet".

Ein Horn mit vollständiger Anpassung der Strahlungsimpedanz bis hinunter zu 35Hz müsste Mundöffnungen um ca. 8qm aufweisen. Selbst wenn man durch "Corner Loading" diesen Wert auf ca. 1qm reduzieren könnte, so wird offensichtlich, daß viele Eckhörner keine adäquate Mundfläche für ein "resonanzarmes" Erreichen einer niedrigen Grenzfrequenz aufweisen. Daß der Trichter eine dazu passende Länge aufweisen muss, ist ebenfalls klar.

- es sollte daher m.E. im Einzefall geprüft werden, ob ein (Tiefton-) Horn eines der Hauptziele - die Reduktion des Hubs des Treibers für einen gegebenen Schalldruck - im gesamten vorgesehenen Frequenzbereich überhaupt erfüllen kann. "Hubintensiv" sind die tiefen Frequenzen: Für jede Oktave, die es höher geht, benötigt z.B. ein geschlossener LS nur noch 1/4 des Hubs für gleichen Schalldruck.


Grüße Oliver
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frankl
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Beitrag von frankl »

Daihedz hat geschrieben: Ich hoffe natürlich, dass der Eine oder der Andere hier im Forum nun seine Lautsprecherboxen mal seitlich-quer auf den Fussboden legt, um zu schauen, was dabei herauskommt. Und natürlich so, dass die Hochtöner innen im Stereodreieck zu liegen kommen (FLOW lässt grüssen). Und mit Kissen vor den Kisten, aus welchen die Membranen der Tweeter wie ein Sonnenuntergang am Meer noch knapp, aber dennoch rund hervoräugen. Es wäre doch hoch interessant, sodann den Feedback über das Resultat dieser Experimente hier erfahren zu dürfen.
Hallo Simon,

eine interessante Idee, aber liegend passen meine Lautsprecher nicht ins Zimmer (siehe meinen Avatar).
cornalto hat geschrieben: Am Boden habe ich kurz vor dem Reflexionspunkt eine schräg gegen den Lautsprecher gelehnte Holzplatte (80x 60) aufgestellt. Ab ca. 1000 Hz befinde ich mich am Hörplatz dann im Schallschatten von reflektiertem Boden- und Deckenschall.
Aber diese Variante von Martin konnte ich leicht aufgreifen: Ich habe zwei 30x20cm große Multiplexplatten genommen und diese leicht schräg nach oben zeigend kurz vor den Reflektionspunkt am Boden gestellt.

Ich war immer davon ausgegangen, dass Bodenreflektionen bei meinem Teppichboden kaum eine Rolle spielen, aber jetzt weiß ich es besser!

Durch Herumspielen mit den Multiiplexplatten lässt sich des 3D-Klangbild ganz erstaunlich beeinflussen (Neigungswinkel und Ausrichtung). Wenn ich die Reflektionen direkt zum Lautsprecher zurückschicke, dann rückt auch der Klang auf beiden Seiten zum Lautprecher mit Loch in der Mitte. Die Reflektion Richtung Rückwand oder leicht nach innen zeigend stabilisiert das räumliche Klangbild als ob man weiter in den Raum hineinschauen kann. Wenn ich noch Akustikschaum vor die Reflektionsflächen lege, geht der Effekt zum Teil wieder verloren.

Also: vielen Dank für Eure Anregungen, die bei mir eine neue Baustelle aufgemacht haben! Wenn ich dazu Zeit finde, werde ich mal einige Varianten zum Abfangen der Bodenreflektionen genauer erkunden und dann auch passende Raum-/Systemkorrekturfilter berechnen und ausprobieren.

Viele Grüße,
Frank
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