Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen

Fortepianus
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Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen

Beitrag von Fortepianus »

Liebe Mitjäger nach höchster Wiedergabetreue,

an verschiedenen Stellen kam hier im Forum die Diskussion über die Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen in Gang. Es stellte sich die Frage, ab welcher zeitlichen Verschiebung unterschiedlicher Frequenzanteile diese Laufzeitverzerrungen hörbar werden.

Nun möchte ich mich bzgl. meiner Kenntnisse in Sachen Hörphysiologie als blutigen Anfänger bezeichnen, was die Experten auf diesem Gebiet wohl schon daran gemerkt haben dürften, dass ich an anderer Stelle einen stehenden Begriff dieser Fachrichtung, nämlich Nachhörschwelle, als Nachhörbarkeitsschwelle bezeichnet habe. So hoffe ich auf rege Unterstützung von seiten der mitlesenden und -schreibenden Experten wie z. B. Toningenieure, aber auch sonst jedem, der irgendwie sinnvoll etwas dazu beitragen kann.

Die Klärung dieser Frage ist für mich deshalb von Bedeutung, weil sie für die Erreichung einer möglichst hohen Wiedergabetreue, die wohl die meisten hier wie auch ich anstreben, die Notwendigkeit einer digitalen Laufzeitentzerrung unserer Aktivlautsprecher zwingend macht oder eben auch nicht. Wie schon berichtet, kann man mit entsprechend aufwändiger Analogtechnik, wie sie sich z. B. in Aktivboxen von Silbersand findet, die nahezu perfekte Phasengleichheit der einzelnen Lautsprecherwege zueinander herstellen. Eine Frequenzabhängigkeit der Laufzeit des Signals am Hörplatz aber bleibt. Um welche Größenordnung es geht, kann man in meiner Subtraktionsweichen-Vorstellung sehen. In meinem speziellen Fall geht es um eine Gruppenlaufzeit, die unter 150Hz mit knapp 4ms beginnt und bis zu 20kHz auf im Vergleich dazu vernachlässigbare Werte stetig absinkt.

Ich möchte diese Frage explizit losgelöst von der Diskussion über die meist raumakustisch notwendige Korrektur des Amplitudenfrequenzgangs betrachten. Dank Joes Linkliste stieß ich auf die Veröffentlichung von Sebastian Goossens vom IRT München, und begann davon ausgehend mich durch die Literatur zu graben. Mein bescheidener Wissensstand im Augenblick lässt sich so zusammenfassen:

Es gibt zwei verschiedene Aspekte in dieser Angelegenheit,

1. die Betrachtung des spektralen Auseinanderfallens der Flanke einer impuls- oder sprungartigen Anregung durch unterschiedliche Laufzeiten der Spektralanteile, und

2. die Betrachtung von periodischen Signalen, die zueinander eine Phasenverschiebung erfahren.

zu 1. Goossens versucht als Erklärungsansatz für die teilweise stark differierenden Hörbarkeitsschwellen in der Literatur folgenden Ansatz: Den zeitlichen Maskierungseffekt.

Den spektralen Maskierungseffekt kennen wir ja alle von der Datenkomprimiererei à la MP3. Störschall verdeckt Testschall, wenn im gleichen Frequenzbereich. Beim zeitlichen Maskierungseffekt, auch Vor- bzw. Nachverdeckung genannt, geht's um Folgendes:

Man sendet ein zeitlich begrenztes Störsignal aus, z. B. ein 200ms lang andauerndes Rauschsignal mit einem Spektrum von z. B. 100Hz bis 5kHz. Dies ist der Störschall. Der Testschall, also das Signal, das man hören will, aber evtl. durch die Verdeckung nicht hören kann, ist z. B. ein 10ms andauerndes Sinussignal bei 1 oder 2kHz. Der Nachverdeckungseffekt bewirkt nun, dass man, wenn der Testschall kurz nach dem Ende des Störschalls ausgesendet wird, dem Testschall einen höheren Pegel geben muss als ohne Störschall, damit er noch zu hören ist. Umso mehr, je kürzer der Startzeitpunkt des Testschalls nach dem Ende des Störschalls liegt. Was die Sache nicht einfacher macht, ist die Tatsache, dass das Verhältnis von Test- zu Störschall bei einer betrachteten Zeitdifferenz pegelabhängig ist.

Goossens betrachtet nun die Aufspaltung eines Impulses in zwei verschiedene Spektralanteile, die eine unterschiedliche Laufzeit erfahren. Am Ohr kommen diese beiden Anteile nun also zeitlich nacheinander an, und wenn der zweite Anteil noch in dem Zeitfenster liegt, das durch den Nachverdeckungseffekt maskiert ist, ist keine gehörmäßige Auswirkung auszumachen. Er filtert bei dieser Betrachtung übrigens das Spektrum der Impulsartigen Anregung mit einem Tiefpass, der die Zeitkonstante des zeitlichen Gehör-Auflösungsvermögens hat.

Hat jemand ein Gefühl dafür, ob dieser Effekt hier relevant wird? Außerdem: Die Untersuchungen der Nachhörschwellen benutzen ja immer einen Testschall, der spektral innerhalb des Störschalls angesiedelt ist. Also im Beispiel oben liegt der Testsinus innerhalb des Frequenzbandes des Störrauschens (100Hz-5kHz). Bei der Gruppenlaufzeitverzerrung ist das gerade nicht der Fall, der Testschall ist ja gerade das durch die Laufzeitverzerrung vom Spektrum Abgespaltene. Wenn nämlich der Testschall innerhalb des Zeitfensters des Störschalls stattfindet, greift ja im oben genannten Beispiel der spektrale Verdeckungseffekt, der bei "Testschall nach Störschall" in die Nachverdeckung übergeht. Da es sich aber bei uns um explizit zwei verschiedene Spektralanteile handelt, sind die Nachverdeckungseffekte hier so gar nicht anwendbar? Oder doch?

Und dann betrachten die Untersuchungen zur Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen ja immer eine konstante Gruppenlaufzeit, die schlagartig innerhalb eines Testfrequenzbandes erhöht wird. Im Fall einer Subtraktionsweiche ist das aber ein stetig fallender, weicher Verlauf. Das müsste den Effekt mildern.

zu 2. Da habe ich noch nichts begriffen. Da geht's um drei verschiedene Sinustöne unterschiedlicher Frequenz, sog. Dreitonkomplexe, die sich unterschiedlich anhören können (Klangfarbe, Rauhigkeit), wenn sie zueinander phasenverschoben werden. Da gibt's dann sowas wie einen effektiven Phasenwinkel, das ist wohl der Mittelwert der Phasenverschiebung zweier dieser drei Sinustöne zum dritten.

Damit ich den Effekt aber abschätzen kann, müsste ich wissen, welchen Frequenz- und Amplitudenbezug diese drei Teiltöne zueinander haben müssen und welche effektive Phase dann noch hörbar ist. Dann könnte ich versuchen, anhand des Frequenzgangs meiner Gruppenlaufzeit die effektive Phasenverschiebung bei unterschiedlichen Frequenzabweichungen zu berechnen und zu schauen, ob das im Hörbarkeitsbereich liegt oder nicht.

Weiß jemand dazu was? Ist das Unfug, was ich mir da laienhaft zusammenreime?

Viele Grüße
Gert
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Es gibt zwei verschiedene Lager: Diejenigen, welchen Gruppenlaufzeitverzerrungen als unwichtig betrachten und solche, denen sie wichtig sind. John Watkinson z.B. gehört zu den zweiten und er erwähnt explizit das Beispiel der Evaluation von Audio CODECs wo dies eminent sei:

http://www.celticaudio.co.uk/articles/science.pdf

Der ehemalige Enticklungschef von Studer sah dies auch als wichtig an, deshalb wiesen aktive Studer Studiomonitore ab Mitte der Achziger eine lineare Gruppenlaufzeit auf. Ebenfalls die Aktivmonitore von PSI sind auf konstante Gruppenlaufzeit gezüchtet. Präzise Zeit war eben schon immer wichtig in unserem Land !!! :D

Ich selber lege Wert darauf.

Gruss

Charles
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Charles,

vielen Dank für Deine Antwort.
phase_accurate hat geschrieben:Es gibt zwei verschiedene Lager: Diejenigen, welchen Gruppenlaufzeitverzerrungen als unwichtig betrachten und solche, denen sie wichtig sind.
Klar, es gibt die zwei Lager. Aber ich denke, die Welt ist hier nicht schwarz-weiß, sondern es kommt auf die Größe der Gruppenlaufzeitverzerrung an. Bisher bin ich nur soweit, dass ich weiß, dass es eine Schwelle für die Verzerrungen geben muss, oberhalb der man es hört. Um es überspitzt zu formulieren, wenn der Kontrabass 5s nach der Geige einsetzt, hört man das natürlich. Wo diese Schwellen bei welcher Frequenz liegen, ist aber wichtig dafür, welche Technik mich dahin bringen kann.
John Watkinson z.B. gehört zu den zweiten und er erwähnt explizit das Beispiel der Evaluation von Audio CODECs wo dies eminent sei:
http://www.celticaudio.co.uk/articles/science.pdf
Ok, hab' mir das Opus jetzt mal durchgelesen. Watkinson schreibt zwar, dass er zeitliche Bezüge wichtig findet, schweigt aber zu konkreten Daten bzgl. Gruppenlaufzeiten.
Der ehemalige Enticklungschef von Studer sah dies auch als wichtig an, deshalb wiesen aktive Studer Studiomonitore ab Mitte der Achziger eine lineare Gruppenlaufzeit auf.
Hilft denn eine lineare Gruppenlaufzeit irgendwas? Linear fallend im linearen oder im logarithmischen Frequenzmaßstab? Z. B. von 4ms bei 100Hz linear fallend auf 1ms bei 10kHz oder so? Oder war das ein Verschreiber, und Du meinstest linearen Phasenverlauf gleichbedeutend mit konstanter Gruppenlaufzeit? Und wenn ja, wie haben die das bei Studer denn gemacht damals? Da fällt mir mit der damaligen Technik nur die Möglichkeit ein, überall 6dB-Weichen zu nehmen. Oder überseh' ich da was?
Ebenfalls die Aktivmonitore von PSI sind auf konstante Gruppenlaufzeit gezüchtet.
Hab' mir eben deren Homepage angesehen. Wenn ich das richtig verstehe, arbeiten die mit analogen Allpässen. Damit, schreiben sie, kriegen sie eine konstante Gruppenlaufzeit hin. Sorry, wollen die mich für dumm verkaufen? Das geht nicht mit analogen Allpässen. Das geht mit FIR-Filtern. Das, was man mit analogen Allpässen machen kann, ist der korrekte Phasenbezug zwischen den einzelnen Wegen, soweit bin ich auch. Ob ich noch weiter gehen muss zur konstanten Über-Alles-Gruppenlaufzeit, versuche ich heraus zu finden.
Präzise Zeit war eben schon immer wichtig in unserem Land !!! :D
:cheers: Mir geht's darum, um in dem Bild zu bleiben, herauszufinden, was Präzision hier überhaupt bedeutet. Eine präzise Zeit gibt es ja auch nur im Vergleich zu irgendwelchen Schwellwerten. Der eine sagt, wenn meine Uhr 1s im Jahr falsch geht, ist das super. Der andere sagt, oh Gott, 10hoch-6s Abweichung pro Jahr ist die Hölle. Ist z. B. ein Verzug von 4ms bei 100Hz in Bezug zu dem Delay bei 10kHz präzise genug oder nicht, d.h. kann ich oder sonst irgend jemand das hören oder nicht, ist die Frage für mich.
Ich selber lege Wert darauf.
Das sagt ja schon Dein Benutzername :). Versteh' mich bitte richtig, ich möchte mich in gar kein Lager einsortieren. Bisher habe ich den Eindruck, dass es eine Art Glaubensfrage ist, ob man Zeitkorrektheit wichtig findet oder nicht. Ich will einfach nur herausfinden, wie klein die Laufzeitverzerrung werden muss, damit man sie nicht mehr hört. Wenn ich das weiß, konstruiere ich die passende Technik. Wenn ich von vorn herein sage, hm, ich weiß nicht so recht, wo die Schwellen liegen, nehm' ich also vorsichtshalber die Technik, mit der ich die beste Zeitgenauigkeit hinkriege, die irgendwie möglich ist, ballere ich evtl. mit Kanonen auf Spatzen und hätte Zeit und Geld besser an anderer Stelle investiert.

Viele Grüße
Gert
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Gert,

ich hab ein bisschen gezögert Dir diesen "Tipp" anzutun, aber im Open-End-Music Forum läuft ein kilometerlanger Thread zum Thema WANTED: Lautsprecher die richtig wandeln können. Da geht's auch um die angesprochenen Hörbarkeiten von Phase, Gruppenlaufzeit, Frequenzgang usw. usw., aber manchmal hald als "Grabenkampf" verschiedener Ansichten, mit Profilierungsversuchen, persönlichen Animositäten, ...

Bis jetzt sind das 1388 Beiträge auf 139 Seiten... und ich bin nicht sicher ob ich das als Lektüre vorschlagen soll, aber phasenweise ist die Information zumindest für mich wirklich interessant und bereichernd.

Gruss,
Winfried
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Sorry, aber meine Antwort war ein bisschen gaga ! Es sollte natürlich konstante Gruppenlaufzeit heissen und nicht lineare ! D.h. die Dinger sind dann linearPHASIG ! :oops:

Watkinson hat einmal in einer seiner Kolummnen ("Speaker's corner" und "stereo fom all angles") in der Zeitschrift "Electronics World & Wireless World" erwähnt, dass das Gehör einen Laufzeitunterschied zwischen den Ohren in der Grössenordnung von 16 us auflösen könne. Dies sei nur möglich durch eine Korrelationsfunktion, welche alle Harmonischen der Signals einbezieht. Gruppenlaufzeitverzerrungen würden nun die Korrelation aushebeln. D.h. die laterale Abbildungsschärfe würde darunter leiden. D.h. man hört eine Phantomschallquelle immer noch am gleichen Ort aber nicht mehr genau gleich exakt umrissen. Wenn man weiter bedenkt, dass grosse Instrumente viele verschiedene Ort der Schallentstehung und -abstrahlung besitzen, wobei verschiedene spektrale Anteile von verschiedenen Stellen stammen, kann man sich gut vorstellen, dass dies dem Gehör hilft, die Grösse einer Schallquelle herauszuhören und zwar eben nicht nur lateral.

Am ehesten wird man die Effekte bei natürlichen Aufnahmen mit minimaler Mikrofonierung heraushören, am wenigsten werden diese Dinge bei Aufnahmen eine Rolle spielen wo mit Panning gearbeitet wurde.

Grössenangaben für diese Effekte kann ich keine machen. Es spielen auch noch andere Dinge eine Rolle bezüglich der Räumlichen Wiedergabe ausser der Zeitrichtigkeit. So habe ich schon LS gehört welche eine phänomenale räumliche Abbildung schafften aber ganz sicher nicht "zeitrichtig" waren.

Gruss

Charles
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

über diese Frage kann man ja endlos diskutieren, es bleibt leider sehr theoretisch (gerade der link von Winfried auf "Wanted...." zeigt dies überdeutlich...bis zum "Erbrechen" wird da rumdiskutiert).

Die Frage lässt sich doch nur entscheiden, wenn mal jemand hinginge und ein paar Musikbeispiele zusammenstellt und dabei genau beschreibt, an welchen Stellen sich die Gruppenlaufzeitverzerrungen zeigen, also hörbar werden.

Ich frage daher, hat einer der Experten sich mal die Mühe gemacht solche Samples zu entwickeln ?
Dann könnten wir ja auf unseren Anlagen nachprüfen, ob wir was hören oder nicht.

Ohne solche Samples lässt sich die Frage m.M. nach nicht entscheiden, Theorie hin, Theorie her, nur die Praxis zeigt, wie's schmeckt.

Gruss Sigi
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Sigi,
Kienberg hat geschrieben:über diese Frage kann man ja endlos diskutieren, es bleibt leider sehr theoretisch (gerade der link von Winfried auf "Wanted...." zeigt dies überdeutlich...bis zum "Erbrechen" wird da rumdiskutiert ).
vielleicht hast Du ja recht, und das bringt uns nicht weiter. Ich hatte ein wenig die Hoffnung, dass, wenn ich mal so ein paar einfache Gedankenansätze zu dem Thema hinstelle, jemand ein paar Fakten beisteuern kann. Aber wenn das Thema schon totgelabert ist und durch alle Foren gezogen, will ich mich da lieber zurückhalten. Ich gestehe, dass ich es aufgegeben habe, in anderen Hififoren zu lesen. Ok, manchmal im Amiforum für Selbstbauer, aber da suche ich dann gezielt nach einer bestimmten Schaltungsvariante oder so.
Die Frage lässt sich doch nur entscheiden, wenn mal jemand hinginge und ein paar Musikbeispiele zusammenstellt und dabei genau beschreibt, an welchen Stellen sich die Gruppenlaufzeitverzerrungen zeigen, also hörbar werden.
Welcher Versuch mich interessieren würde:

Man nehme eine Anlage von der Güte, wie sie bei den meisten von uns daheim steht, am besten mit Lautsprechern, die wie Deine und meine phasenrichtig in sich, aber mit einer moderaten Gruppenlaufzeitverzerrung insgesamt aufwarten. Und bringe liebevoll den Frequenzgang in einem Hörraum mit guter Nachhallzeit auf eine vernünftige, angenehme Zielkurve. So, wie bei Dir und mir zum Beispiel. Mit parametrischen EQs in IIR-Technik oder wie auch immer. So, dass das schon mal sehr ordentlich klingt. Dann bräuchte man, digital eingeschleift, eine FIR-Filterkiste, die den Frequenzgang lässt, wie er ist, aber eine konstante Gruppenlaufzeit herstellt. So, dass alle Frequenzen eines Impulses (sagen wir, eines Dirac-Stoßes :mrgreen:) genau zeitrichtig beim Hörer ankommen. Nun müsste man eine ABX-Umschalteinheit basteln, die doppelblind das Einschleifen (oder auch nicht) der FIR-Filterbank nach dem Zufallsprinzip ermöglicht. Nun müsste man eine statistische Basis kriegen, indem man eine ordentliche Anzahl Personen durchschleift, vielleicht in verschiedene Gruppen unterteilt, Normalos, Musiker, Toningenieure oder so. Und dann die Auswertung machen, ob man das hört. Hört man es, ok, dann muss man das machen, dann ist eine konstante Gruppenlaufzeit Pflicht. Hört man es nicht, könnten weitere Versuche klären, wie weit man die Gruppenlaufzeitverzerrung hochziehen muss (mit der gleichen FIR-Technik machbar), damit man es hört. Damit man weiß, wieviel sich ein Lautsprecher diesbezüglich genehmigen darf an Laufzeitfehlern. Der Umfang einer solchen Untersuchung wäre aber was für eine Dissertation in einem entsprechend ausgestatteten Institut. Das Problem, das ich bei den bisher gemachten Untersuchungen sehe, ist, dass die Abhöre nicht die Qualität hatte , die uns vorschwebt.

Viele Grüße
Gert
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Kienberg
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Beitrag von Kienberg »

Hallo Gert,

ein Testaufbau wie Du ihn hier beschreibst könnte die Frage nach der Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen beantworten. Jetzt müssten wir noch einen cleveren Audioprofessor finden, der sich da mal mit seinen Studenten dran macht.

Warum sowas in der Richtung noch nicht geschehen ist, sondern die Fachleute sich in immer wieder (neue ??) theoretische Ansätze flüchten, verstehe ich nicht. Würden solche Ergebnisse vorliegen, wäre dem endlosen Gelaber in den Foren zu diesem Thema, besonders wenn sich da dann noch die "Wissenden per Google" mit dem Anspruch sie würden das alles a.) Hören und b.) natürlich in ihren Konstruktionen (besonders der eine oder andere DIY tut sich da hervor) der Boden entzogen.

Gruss Sigi
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Rudolf
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Beitrag von Rudolf »

Spannendes Thema, vor allem, wenn man es so anschaulich wie hier diskutiert. Es tut mir natürlich leid für Gert, dass wir ihm nur wenige Sparringspartner zur Verfügung stellen können. Es ist dies sicherlich ein Thema, an dem sich auch die Ansichten der Entwickler scheiden. Aber es eignet sich vielleicht gerade deswegen hervorragend zu Endlosdiskussionen. Wenn ich mich Übrigen richtig entsinne - so genau habe ich das Thema im OEF nicht verfolgt - stellte der geheimnisvolle Entwickler den möglichen Unterschied der Sprungantwort in einem ruhenden und in einem bereits angeregten System zur Diskussion. (So habe ich seine These jedenfalls verstanden.)

Ich drücke euch die Daumen, dass sich hier weitere Sachkompetenz einfindet.

Viele Grüße
Rudolf
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Malte
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Beitrag von Malte »

Hallo Gert (ok, IRL sind wir per Sie ;-),

aus der Literatur sind einige Angaben zur Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen bekannt, die eigentlich in eine ähnliche Richtung deuten, nämlich:

- Gruppenlaufzeitverzerrungen im Mittelhochtonbereich sind unter Laborbedingungen hörbar, wenn sie eine Schwelle von 0,5....2ms überschreiten
- zu tiefen Frequenzen hin steigt die Wahrnehmungsschwelle deutlich an, je nach Quelle und Frequenzbereich werden hier meist Werte um 10 oder 20 ms angegeben.

Ich habe in der Vergangenheit mal dem einen oder anderen Versuch zum Thema beigewohnt, u.a. mit einer K+H O500C, die ja bekanntermaßen FIR-Filter besitzt und in den Preset-Bänken umschaltbar zwischen einem minimalphasigen und linearphasigem Betrieb (sowie im Bass-/Mittelhochton getrenntem Betrieb) ist. Mir persönlich kam es so vor, als sei die linearphasige Entzerrung des Mittelhochtonbereiches nicht oder nur schwerlich wahrnehmbar. Die Bassentzerrung wiederum (die bei der K+H mit einem Ansteigen der Latenzzeit einhergeht) ist unter guten raumakustischen Bedingungen klar als "präziser" erkennbarer, perkussive Bassschläge, Bassdrums etc spielen mehr "auf den Punkt".

Ob man letzteres bei Lautsprecherwiedergabe überhaupt hört, ist IMHO vor allem eine Frage der Raumakustik. Viele Räume schwingen bei ihren Resonanzfrequenzen derart ein und/oder nach, dass dadurch evtl. hörbare Effekte des Lautsprechers ohnehin maskiert werden. Ich denke, wenn man sich ein "präziseres Timing" der Bässe wünscht, sollte man zunächst hier ansetzen.

Die Frage ist, wie sich Laufzeitverzerrungen im Mittelhochtonbereich klanglich äußern. Bei den wenigen Samples, die ich mal hören konnte (allesamt über Kopfhörer), machte sich dies insbesondere die merkwürdig "saugenden Zischlauten" bemerkbar, gesprochene Konsonaten sowie diverse Perkussionsinstrumente, Becken, Bongos, Bells klingen "saugend, invers, ausgelöscht" bis hin zu komischen Intermodulationseffekten, einem gewissen hochfrequenten Gurgeln. Ich kann es leider nicht besser beschreiben, aber wer ein Hallgerät/DigitalDelay besitzt, kann mal ein Programm namens "Inverted Reverb" o.ä. mit kurzer Delayzeit wählen, dann weiß er sofort, was ich meine.

Es gibt auch einige ernstzunehmende Entwickler, etwa Johannes Siegler von B&M, die den Gruppenlaufzeitverzerrungen und inneren Phasendrehungen Auswirkungen auf Ortung und Räumlichkeit zuschreiben - ich konnte das bisher noch nicht eindeutig nachvollziehen, jedoch auch noch nicht widerlegen.

Wenn man die Sache mal konsequent durchrechnet, müsste auffallen, dass die allermeisten heute betriebenen Lautsprecher im Mittel- und Hochtonbereich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegen, was Gruppenlaufzeitverzerrungen betrifft. Schwieriger wird es bei Konzepten, die steilflankige Weichen, insbesondere Tiefpässe, im Bereich unterhalb 200 Hz einsetzen, etwa Sub&Sat-Systeme - da erreicht man schnell Verzerrungen von mehreren Millisekunden. Dasgleiche gilt für höher getunte Bassreflexabstimmungen.

Egal, wie man zur Hörbarkeit von Laufzeitverzerrungen steht - wir können uns alle darauf einigen, dass die Sprungantwort das ungeeignetste Mittel zu ihrer Feststellung ist. Sie ist im Sinne der o.g. Hörschwellen schlicht nicht interpretierbar, und zwar gar nicht. Laufzeitverzerrungen zwischen Mittel- und Hochtöner, am besten noch mit invertierter Polung eines Töners, hinterlassen bei ihr hässliche und scheinbar gravierende Verzerrungen des Graphen, obwohl sie absolut unhörbar sind, wenn sie die o.g. Schwelle von strengstenfalls 0,5ms nicht überschreiten. Auf der anderen Seite sind die GLZ-Verzerrungen zwischen Bass und Mittelton überhaupt nicht sichtbar, da der Anteil der Tieftonsignale am Sprung zu gering ist und die meisten Leute überhaupt nicht soweit messen können, wie es notwendig wäre, also bis sagen wir 25 oder 50 ms nach Sprung. Denn das würde einen Messraum erfordern, der absolut Freifeldbedingungen bis zu dieser Zeitschwelle bereithielte, und wer hat so einen auf der Welt? Immerhin reden wir dabei von einer lichten Raumhöhe von rund 20 Metern(!).

Viele Grüße

Malte
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Fortepianus
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Malte,
Malte hat geschrieben:ok, IRL sind wir per Sie ;-)
dann bleiben wir doch einfach beim Du, ok?
aus der Literatur sind einige Angaben zur Hörbarkeit von Gruppenlaufzeitverzerrungen bekannt, die eigentlich in eine ähnliche Richtung deuten, nämlich...
Ja kenn ich glaub' ich alles, aber da gibt's ja teilweise sich widersprechende Ergebnisse. Deshalb habe ich beschlossen, das für mich zu klären - ich bau' gerade eine FIR-Entzerrung für meine Anlage.
Ob man letzteres bei Lautsprecherwiedergabe überhaupt hört, ist IMHO vor allem eine Frage der Raumakustik. Viele Räume schwingen bei ihren Resonanzfrequenzen derart ein und/oder nach, dass dadurch evtl. hörbare Effekte des Lautsprechers ohnehin maskiert werden. Ich denke, wenn man sich ein "präziseres Timing" der Bässe wünscht, sollte man zunächst hier ansetzen.
Klar. Deshalb hab' ich ja ein DBA aus sensorgeregelten Bässen. Mir fällt spontan nix ein, wie es noch trockener ginge. Im Bass ist der AUDIO-Hörraum da ein Kirche dagegen :mrgreen:.
Die Frage ist, wie sich Laufzeitverzerrungen im Mittelhochtonbereich klanglich äußern. Bei den wenigen Samples, die ich mal hören konnte (allesamt über Kopfhörer), machte sich dies insbesondere die merkwürdig "saugenden Zischlauten" bemerkbar, gesprochene Konsonaten sowie diverse Perkussionsinstrumente, Becken, Bongos, Bells klingen "saugend, invers, ausgelöscht" bis hin zu komischen Intermodulationseffekten, einem gewissen hochfrequenten Gurgeln. Ich kann es leider nicht besser beschreiben, aber wer ein Hallgerät/DigitalDelay besitzt, kann mal ein Programm namens "Inverted Reverb" o.ä. mit kurzer Delayzeit wählen, dann weiß er sofort, was ich meine.
Das ist sehr interessant. Ich weiß genau, was Du mit der Klangbeschreibung meinst - und da merkt man auch sofort, dass Du Übung drin hast, Klänge zu beschreiben.

Ich habe außerdem die Vermutung, dass es bei der Laufzeitverzerrung darauf ankommt, ob die Laufzeit sich schlagartig ändert (wie in praktisch allen in der Literatur beschriebenen Untersuchungen) oder einen weichen Verlauf über der Frequenz hat.
Es gibt auch einige ernstzunehmende Entwickler, etwa Johannes Siegler von B&M, die den Gruppenlaufzeitverzerrungen und inneren Phasendrehungen Auswirkungen auf Ortung und Räumlichkeit zuschreiben - ich konnte das bisher noch nicht eindeutig nachvollziehen, jedoch auch noch nicht widerlegen.
Deshalb bin ich doch auch so scharf auf diesen Selbstversuch bei mir. Zumindest das mit den inneren Phasendrehungen kann ich bestätigen. Das war genau der Schritt nach vorne, den meine Anlage mit der neuen Subtraktionsweiche gemacht hat.
Wenn man die Sache mal konsequent durchrechnet, müsste auffallen, dass die allermeisten heute betriebenen Lautsprecher im Mittel- und Hochtonbereich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegen, was Gruppenlaufzeitverzerrungen betrifft.
Ja, denke ich auch.
Schwieriger wird es bei Konzepten, die steilflankige Weichen, insbesondere Tiefpässe, im Bereich unterhalb 200 Hz einsetzen, etwa Sub&Sat-Systeme - da erreicht man schnell Verzerrungen von mehreren Millisekunden. Dasgleiche gilt für höher getunte Bassreflexabstimmungen.
Oh, sogar locker einige zig ms. Und da mutiert dann eine Männerstimme zu ihrer akustischen Computerverfremdung, finde ich. Näselnd und unnatürlich.

Viele Grüße
Gert
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Beitrag von phase_accurate »

Hab' mir eben deren Homepage angesehen. Wenn ich das richtig verstehe, arbeiten die mit analogen Allpässen. Damit, schreiben sie, kriegen sie eine konstante Gruppenlaufzeit hin. Sorry, wollen die mich für dumm verkaufen? Das geht nicht mit analogen Allpässen. Das geht mit FIR-Filtern. Das, was man mit analogen Allpässen machen kann, ist der korrekte Phasenbezug zwischen den einzelnen Wegen, soweit bin ich auch. Ob ich noch weiter gehen muss zur konstanten Über-Alles-Gruppenlaufzeit, versuche ich heraus zu finden.
Sorry, das habe ich übersehen.

Die Antwort ist: Natürlich geht das. Ist an sich ein alter Hut und wird in der Nachrichtentechnik seit Jahrzehnten praktiziert.

Meyersound macht übrigens auch Phasenentzerrung mit Allpässen.

Gruss

Charles
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Beitrag von Fortepianus »

Hallo Charles,
phase_accurate hat geschrieben:Die Antwort ist: Natürlich geht das. Ist an sich ein alter Hut und wird in der Nachrichtentechnik seit Jahrzehnten praktiziert.
Meyersound macht übrigens auch Phasenentzerrung mit Allpässen.
ja, im Prinzip schon :P.

Hast Du mal ausgerechnet, welche Ordnung ein Allpass besitzen muss, der den Hochtöner bis 20kHz sagen wir um 4ms verzögerrn kann, weil der Tieftöner um soviel hinterher hinkt? Pro Ordnung kriegst Du sagen wir 10µs bei 20kHz Grenzfrequenz hin (sorry, hab' grad keinen Tietze-Schenk zur Hand, ist geschätzt). 4ms durch 10µs wäre 400. Das wäre die Ordnung des Allpasses. Allpass 400ste Ordnung hieße 400 OPs in Reihe im Signal für den Hochtöner. Mal abgesehen von den 8000Euro, die pro Kanal nur für die OPs fällig wären, wenn man meine Lieblings-OP näme, kenne ich einfachere Rauschgeneratoren. Sorry, da wird behauptet, eine konstante Gruppenlaufzeit mit Allpässen hinzukriegen, nicht eine Phasenentzerrung. Das sind verschiedene Dinge. Für meinen Geschmack ist die Behauptung ein wenig vollmundig.

Gruß Gert
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Sehr interessante Diskussion...

Ich neige mittlerlweile zu folgender Arbeitshypothese (nach einigen eher provisorischen Selbstversuchen mit entsprechend durchwachsenem "Ergebnis") :

Man kann zwei Bereiche bei Phasenverzerrungen unterscheiden.

Als makroskopischen Bereich sehe ich den Bereich, wo sich die Gruppenlaufzeiten so stark insgesamt ändern oder auch entprechend schnell über der Frequenz, dass Einzelinstrumente oder Stimmen zeitlich in verschiedene Frequenzgruppen zerfallen. Quasi ein Dispersionseffekt. Diesen Bereich kann wohl jeder, auch mit einer eher mäßig auflösenden Anlage / RA erfahren, je nach Ausprägung. Ungünstig gestimmte BR-LS z.B.

Spannender wird es im Bereich unterhalb des Offenhörbaren... also z.B. mutmaßlich eine schön langsam und sauber um 360 Grad drehende Phase. Dort erscheint mir plausibel, dass man subtile Änderungen in Klangfarben usw. hören kann, da nun die tatsächlichen Wellenformen je nach Phasengang anders sind und damit sowohl die Chassis als auch das Ohr subtil anders klirren. Ob sich eine Änderung in der Räumlichkeit ergibt durch moderate Phasenverzerrungen im Vergleich zu perfekter Linearphasigkeit? Dazu müsste mE am Rest des LS und der RA alles passen, umgangssprachlich.

Beim Testmaterial wäre mE interessant zu prüfen, ob sich eine Phasenverzerrung, die in die andere zeitliche Richtung gehen als dies analoge Systeme ermöglichen, auch auswirkt. Insofern ist die Frage dann, ob man eine Korrektur des untersten Frequenzbandes in Richtung Linearphasigkeit nun mit zu obiger "perfekter Linearphasigkeit" mit dazunehmen soll oder nicht (so wie das bei der O500 geht, so wie ich das sehe).

----------:---------

4ms sauber bis 20kHz? TS sagt:
Tgr0(-3dB GLZ) >= Tgr*w = 4ms*20kHz*2*Pi = 502 (Edit: 2Pi vergessen 8) )
Die Tabelle ist bei 10ter Ordnung zu Ende und dort ist Pumpe mit Tgr0=20. Soweit dazu also... :?
(super Schätzung also, Gert)

Edit 2 : Allerdings sind 4ms auch satte 1.3m Laufweg....

Grüße, Klaus
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Manche Zusammenhänge sind sooo einfach, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.
Zum Beispiel, die zu niedrigeren Frequenzen hin ansteigenden Gruppenlaufzeiten. Da übliche Frequenzweichen und auch die verwendeten Treiber minimalphasig sind (kausales Prinzip) MUSS das so sein, das gibt schlichtweg die Mathematik schon vor.

Pragmatischer Ansatz zur Lösung der Fragestellung:

Wenn wir normale LS aus dem XYmarkt betrachten: die haben ja beliebigste Weichen und Treiber. Die LS erfüllen nicht unser High-End-Ziel aber wir laufen trotzdem nicht schreiend davon. Demzufolge tun die GLZ (Gruppenlaufzeiten) an sich nicht weh.

Behauptung: bei einem Mono-LS merken wir nichts (Extremtests vielleicht mal ausgenommen).

Stereo hingegen funktioniert ja per ILD und ITD, Amplituden- und Zeitdifferenz. Eine Phasenverschiebung IST eine Zeitdifferenz im kausalen System. Und wir hören sehr deutlich den Unterschied zwischen stereo und mono. Da sind doch hoffentlich viele Ohren empfindlich dafür.

Zweite Behauptung: wir hören deutlich GLZ sobald sie zwischen zwei LS unterschiedlich ist. Sonst täte es Stereo nicht. Die Zeitunterschiede können dabei minimalst sein.

Wenn also beide LS in einem Raum jeweils einen Schall erzeugen der mit identischen GLZ beim Hörer ankommt dann ist es egal ob innerhalb des Schalls unterschiedliche GLZ vorliegen. Sind die LS jedoch nicht gleich (schlechte LS) oder ändert der Raum (z.B. Unsymmetrie) die GLZ dann hat das sehr wohl einen gewaltigen Einfluss.

Merke: es kommt darauf an die Kanalgleichheit herzustellen ! Interchannel signal identity. Am Hörplatz und nicht nur bei den LS (obwohl das schon eine wichtige Voraussetzung ist).

Und wir erkennen ein gutes System daran dass die Fokussierung des Phantombildes passt. Basis hierfür sind also gleiche LS und ein guter Raum (und vielleicht dazu noch ein optimierendes Korrektursystem).
Sprich: nimm die Bäume und mach nen ordentlichen Wald draus :)

Uli
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