Versuch: Regelung mit einem Doppelschwingspulen-Tieftöner

dietert
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Beitrag von dietert »

Habe es auch nicht gleich verstanden. Wenn die Induktivität der Antriebsspule von der Position der Spule abhängt, müsste man das Übersprechen positionsabhängig kompensieren, um wirklich von 25 dB auf 45 dB zu kommen, eine gewisse Komplikation. Ich glaube, solche Asymmetrien werden in einem Papier von Klippel besprochen.

Schwer zu sagen, wie groß der Effekt ist. Es gibt Chassis, bei denen der Polkern weit über die vordere Polplatte hinausragt, da sollte der Effekt kleiner sein. Der Effekt hängt auch davon ab, wie stark das Eisen des Polkerns durchmagnetisiert ist, dann macht das Eisen nämlich fast nichts mehr.

Ich habe auch keine Apparatur, um für eine Messreihe die Membran bei verschiedenen Positionen zu fixieren, aber vielleicht versuche ich es mit einer Art Intermodulationsmessung: Großer Hub bei niedriger Frequenz, vielleicht auf der Resonanz, gleichzeitig Messung der Impedanz bei höherer Frequenz. So ähnliche Experimente habe ich schon mal gemacht, um die Linearität des Motors bei großen Auslenkungen zu testen. Das Hochtonsignal wird dabei leiser, wenn die Spule den Spalt verlässt.

Habe die großen Auslenkungen auch schon mit Gleichstrom gemacht und die Membranposition mit einem Ultraschallsensor gemessen. Man muss nur aufpassen, dass die Antriebsspule nicht verschmort.
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Dietert

Bei den Intermodulationsmessungen des abgestrahlten Schalles an einen Tieftöner musst du höllisch aufpassen, dass du Intermodulationen nicht mit Dopplerverzerrungen durcheinander bringst. Die treten nämlich auch auf.

Ansonsten ist das sicher ein interessantes Betätigungsfeld.

Was die Regelung mit Hilfe einer doppelten Schwingspule betrifft, glaube ich immer noch, das das größte Hindernis für starke Gegenkopplungen das Übersprechen zwischen Treiber und Sensorspule ist. Das zu kompensieren ist sicherlich irgendwie möglich, aber vermutlich sehr sportlich. Und ob die Kompensation ausreichend langzeitstabil ist, bin ich mir auch nicht so ganz sicher.

Ralph
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Ralph
Ralph Berres hat geschrieben:Schaue dir doch mal bitte die Konstruktion eines Lautsprechers genauer an. Der ringförmige Luftspalt ist vielleicht 3 mm breit und eben so hoch (halt von der Stärke der Polplatte abhängig). Der Magnet hat einen viel größeren Durchmesser. Es ist von der vielleicht 20 mm langen Schwingspule immer nur ca. 3 mm im Luftspalt. Und der ist maßgeblich für die Induktivität. Der Hohlraum dahinter spielt nur eine sehr geringe Rolle.
Mir ist der Aufbau eines Lautsprechers sehr wohl bekannt, die Polplatte ist das eine, ich rede aber vom Polkern, also dem Teil an magnetischen Material IN der Spule, und der endet meist auf der Höhe der Polplattenobfläche und ist aus Kostengründen meist auch nicht T-förmig ausgeführt. Wie Dieter schon sagte sollte das Übersprechen vermutlich geringer ausfallen, je weiter der Polkern über die Polplatte herausragt.

Grüße,
Jörn
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dietert
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Beitrag von dietert »

Ein kleiner Test: Wenn ich grenzwertige Auslenkungen der Membran von Hand mache, und gleichzeitig mit einem LCR-Messgerät die Induktivität der Antriebsspule messe, bekomme ich bei dem Rockwood YDD-166

Prüffrequenz: 120 Hz
Ruheposition: 440 uH Reindrücken: 800 uH Rausdrücken: 320 uH
Prüffrequenz: 1 KHz
Ruheposition: 440 uH Reindrücken: 550 uH Rausdrücken: 340 uH
Prüffrequenz: 10 KHz
Ruheposition: 400 uH Reindrücken: 460 uH Rausdrücken: 375 uH

Die Messung bei 120 Hz erscheint mir dubios, weil die Spule bereits größere Bewegungen macht. Da braucht man eben doch die Fixierung.

Anscheinend gibt es die positionsabhängige Induktivität der Antriebsspule, wie Jörn es beschrieben hat. Der Effekt auf das Übersprechen beim Doppelschwingspulenregler bleibt aber unter 10 %, weil sich die Membran "bei bestimmungsgemäßem Gebrauch" doch eher selten bei diesen großen Auslenkungen aufhält. Ich hatte ja angenommen, dass man das Übersprechen auf etwa 10 % genau kompensieren kann, das erscheint mir immer noch realistisch.

@Ralph

Das sind alles rein elektrische Messungen ohne Mikrofon. Das ganze Schema ist deswegen so interessant, weil man heute für wenige € einen DSP einbauen kann, der nicht nur den Regler implementiert, sondern auch den ganzen Abgleich des Reglers automatisch in jeder einzelnen Box machen kann, wenn man die Formeln einmal richtig hat. Für Prototypen geht es aber auch mit ein paar Operationsverstärkern.
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Vielen Dank Ulli, auf Seite 10 im Klippel pdf ist genau der Effekt dargestellt, den ich meinte. Man sieht aber auch, dass er (zumindest bei diesem Lautsprecher) erst ab etwa 100Hz (die Skalierung für 10Hz ist wohl fehlerhaft) zum Tragen kommt, und dies auch nur bei den extremen Auslenkungen. Vor diesem Hintergrund erscheint mir die Aussage von Dieter
dietert hat geschrieben:Der Effekt auf das Übersprechen beim Doppelschwingspulenregler bleibt aber unter 10 %, weil sich die Membran "bei bestimmungsgemäßem Gebrauch" doch eher selten bei diesen großen Auslenkungen aufhält. Ich hatte ja angenommen, dass man das Übersprechen auf etwa 10 % genau kompensieren kann, das erscheint mir immer noch realistisch.
plausibel und anwendbar, zumindest für die Regelung eines Tieftöners.

Grüße,
Jörn
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dietert
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Beitrag von dietert »

Konsistenzcheck:

Bei fixiertem Motor haben wir für die Antriebsspule den ohmschen Widerstand und die Induktivität. Bei niedrigen Frequenzen ist die Impedanz der Induktivität gering, und der ohmschen Widerstand regelt den Strom. Das Übersprechen auf die Sensorspule ist proportional zu dem kleinen Spannungsabfall an der Induktivität, das ist nun mal die Eingangsspannung zum Trafo.

Der ohmsche Widerstand ist beim YDD-166 etwa 3 Ohm. Wenn ich für die Induktivität den gemessenen Wert von 440 uH einsetze, habe ich bei 65 Hz eine Impedanz von 2 pi 65 Hz * 0,0008 H = 0,18 Ohm, also einen Spannungsabfall an der Induktivität etwa 24 dB unter der Spannung am ohmschen Widerstand von 3 Ohm.

Das Tachosignal auf der Resonanz bei dem losen Chassis liegt bei -5 dB, verbleiben also 19 dB. Das passt gut zu den 17 dB, die ich bei meinen Fixierungsversuchen als Ergebnis hatte.
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dietert
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Beitrag von dietert »

Einen guten Regler bekommt man mit einem Doppelschwingspulentieftöner, bei dem die Kerbe in der Übertragungskennlinie bei einer möglichst hohen Frequenz liegt. Dazu muss die Induktivität Le der Schwingspule klein und die Tachospannung groß sein. Eine richtige Theorie dazu habe ich aber nicht, es hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Schwingspulendurchmesser, bewegte Masse usw. Das Gewicht einer 4-Ohm-Schwingspule ist grundsätzlich höher als das einer 8-Ohm-Spule.

Ein geeignetes Chassis ist zum Beispiel das Monacor SPH-300CTC (2x 8 Ohm), mit einer Kerbe bei etwa 200 Hz. Bei meinen Hertz HX300D (2x 4 Ohm) liegt sie dagegen bei 100 Hz, obwohl beide Chassis in Ruheposition Schwingspuleninduktivitäten um die 1 mH aufweisen. Demnach ist das Tachosignal bei dem 8-Ohm Chassis größer. Bei dem früher genannten, recht günstigen Dayton SD215A-88, mit denen ich zwei Schneider AS8070 umgebaut habe, liegt die Kerbe bei 170 Hz. Bei den kleinen Rockwood DYY-166 (2x 4 Ohm, 0,44 mH), die ich zum Experimentieren habe, liegt sie bei 200 Hz.

Vielleicht sollte irgendwo auch der Hinweis stehen, dass die thermische Belastbarkeit eines Doppelspulenchassis sich nur wenig verändert, wenn man nur eine Spule als Antrieb benutzt. Der maximale Antriebsstrom reduziert sich aber von 2 x Imax auf 1,4 x Imax, d.h. der mögliche akustische Output halbiert sich.
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Dieter,

schön, dass Du diesen Thread weiter mit Informationen und Erfahrungen "fütterst".

Ich bin leider, oder zum Glück, zur Zeit mit anderen Projekten und Auslieferungen beschäftigt und komme nicht dazu an diesem Projekt weiter zu machen.

Nichts desto trotz, zwei Hinweise von meiner Seite:

1. Ich habe mit den Tests die ich gemacht habe, gute Erfahrungen, wenn man den Tieftöner in etwa mit einem QTC von ca. 1 - 1.5 einbaut.

2. Ansonsten, bist Du Dir sicher, dass eine 4 Ohm Schwingspule wirklich schwerer ist als eine 8 Ohm?
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

cay-uwe hat geschrieben:2. Ansonsten, bist Du Dir sicher, dass eine 4 Ohm Schwingspule wirklich schwerer ist als eine 8 Ohm?
Sehe ich auch. Für ein gleiches inneres Verhalten des Chassis (gleiches (BL)²/Re und gleich hohe Spule) muss die Masse zwangsläufig gleich sein und ist es auch. B sei gleich, damit muss L²/Re gleich sein, was man sich auch leicht klarmachen kann besonders wenn man Flachdraht annimmt. Nehmen wir an wir haben 4 Ohm, wickeln die Spule ab, scheiden sie der Länge nach auf und wickeln neu. Jedes Segment hat den doppelten Widerstand, zwei davon in Serie also dann vierfachen, und die Länge hat sich verdoppelt. Masse ist gleich geblieben, (BL)²/Re auch. Bei Runddraht wird es komplizierter, da sich der erzielbare Füllfaktor ändert, d.h. er kann bei gleicher Luftspaltbreite und Spulenlänge fast gegen 1 gehen je mehr Lagen ich wickle, d.h. man kann bei einer hochohmigen Runddrahtspule den Luftspalt besser ausnutzen (indem man mehr Masse einbringen kann) als bei bei einer niederohmigen.

Von der Gleichheit nominal gleicher Chassis bei verschiedenem Re kann man sich z.B. in den Datenblättern von PHL Chassis überzeugen.

Tachospannung und Le skalieren natürlich mit Re.
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo,

wurde schonmal hier im Forum angesprochen, aber hier passt es super als Treibervorschlag:

http://www.rythmikaudio.com/DS1200driver.html

Die bieten die Treiber auch ohne Vertärker an. Vorteil ist, dass die Sensorspule mit einem höheren Innenwiderstand (24 Ohm) vermutlich weitaus leichter ist (Verwendung eines dünneren Drahtes), als bei einem herkömmlichen Doppelspuler, wo die Sensorspule ja eigentlich eine zweite Antriebsspule ist.

Was ich nicht ganz verstehe ist, dass die Verstärker einfach so zum DIY angeboten werden. Ist da nicht noch eine Feinjustierung der Regelung im eingebauten Zustand erforderlich? Kann man eine solche Regel-Schaltung einfach nachbauen und einen "normalen" Verstärker damit ausrüsten?

Grüße,
Jörn
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

KSTR hat geschrieben:
cay-uwe hat geschrieben:2. Ansonsten, bist Du Dir sicher, dass eine 4 Ohm Schwingspule wirklich schwerer ist als eine 8 Ohm?
Sehe ich auch.
[...]
Von der Gleichheit nominal gleicher Chassis bei verschiedenem Re kann man sich z.B. in den Datenblättern von PHL Chassis überzeugen.

Tachospannung und Le skalieren natürlich mit Re.
Klaus,

ich fragte nur, weil es Hersteller gibt wo das eben nicht so ist. :wink:
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

freezebox hat geschrieben:Was ich nicht ganz verstehe ist, dass die Verstärker einfach so zum DIY angeboten werden. Ist da nicht noch eine Feinjustierung der Regelung im eingebauten Zustand erforderlich? Kann man eine solche Regel-Schaltung einfach nachbauen und einen "normalen" Verstärker damit ausrüsten?
Jörn,

Deinen Kommentar hatte ich glatt übersehen. Wie bei jeder Regelung muss eingestellt werden. Im Prinzip habe ich für meine Experimente einen "normalen" Verstärker genommen. :wink:
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Beitrag von dietert »

Mit "grundsätzlich schwerer" meinte ich, dass weniger Widerstand eben dickeren Draht und damit mehr Gewicht bedeutet. Ja, ich weiß, etliche Chassis werden wahlweise mit 4 oder 8 Ohm bei sonst gleichen Parametern angeboten. Die 4-Ohm Spule hat dann eben weniger Windungen und kriegt entsprechend mehr Strom. Die Tachospannung ist dann bei der 4-Ohm Spule geringer. Die Induktivität geht aber mit dem Quadrat der Windugszahl, d.h. eine 4-Ohm-Spule müsste eigentlich Vorteile haben. Das habe ich aber gerade nicht beobachtet.

Viellicht könnte hier einer der Experten für Lautsprecherchassis was Konstruktives dazu sagen, welches die Kriterien für hohe Tachospannung bei gleichzeitig niedriger Induktivität sind.

Wegen der Belastbarkeit: Es gibt auch Chassis mit vier Antriebsspulen, z.B. Helix match PP-Q 8W. Davon könnte man drei für den Antrieb und eine als Sensor verwenden, dann verschenkt man weniger. Mit so einem Chassis könnte man auch die Frage experimentell klären, wie das Verhältnis von Tachospannung und Übersprechen sich bei verschiedenen Antriebskonfigurationen darstellt.
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

cay-uwe hat geschrieben:ich fragte nur, weil es Hersteller gibt wo das eben nicht so ist
Gewiss, aber dann würde der Hersteller schwerlich zwei solche Chassis als gleich, bloß mit verschiedenen Ohmzahl, deklarieren. Ich vestand Dieters Aussage so, als dass nominal gleiche Chassis mit lediglich verschiedener Ohmzahl verschieden schwere Spulen hätten aus Prinzip sozusagen, was zumindest in erster Näherung eben schon rein physikalisch nicht der Fall sein kann.
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Beitrag von KSTR »

dietert hat geschrieben:Mit "grundsätzlich schwerer" meinte ich, dass weniger Widerstand eben dickeren Draht und damit mehr Gewicht bedeutet.
Ja, Masse pro Meter steigt zwar, aber er ist damit auch entsprechend kürzer, womit die Masse letzlich doch gleich bleibt.
Vielleicht könnte hier einer der Experten für Lautsprecherchassis was Konstruktives dazu sagen, welches die Kriterien für hohe Tachospannung bei gleichzeitig niedriger Induktivität sind.
B*L (Flußdichte*Länge) maximieren gibt hohe Tachospannung. Das ganze unterhängig in einem Luftspalt mit durchgehender Kurzschluss-Hülse mininiert Le (und jede Schwankung davon), steht aber maximalem B etwas im Weg (weil das Kupfer halt nutzbare Luftspaltbreite klaut), und unterhängige Spule ist Woofer auch eher ungünstig.
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