Kantenreflektionen messen und dämpfen

KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Ulli,
modmix hat geschrieben:Wie darf ich das verstehen? Daß Du mir meine Beobachtung nicht glaubst?
Kann meine Formulierung derart missverstehen :( :( :(

Wenn Kantenreflexionen grundsätzlich Effekte hätten, wie Du sie beschreibst, dann gäbe es keine 2-Weg-Winzlinge mit scharfen Gehäusekanten, dann gäbe es keine schmalbrüstigen 3-Wegeriche mit scharfen Gehäusekanten, dann hätten alle Lautsprecher abgerundete Kanten, Schallführungen, Filzeinlagen, was weiss ich. Hamm se abba nich.


Klaus
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Peter,
musikgeniesser hat geschrieben:ich hatte schon an Dich, lieber Klaus, als unserem Gehäuse-Nihilisten, gedacht. Bezüglich der Resonanzen hast Du darauf hingewiesen, dass Dir keine einschlägigen Veröffentlichungen bekannt sind und hier geht es ja um ähnliche Fragen.
Ich habe schlichtweg ein Problem mit audiophilen Dogmen wie " Lautsprechergehäuse müssen mindesten XX mm Wandstärke haben, keine parallelen Wände, keine Kantenreflexionen", etc. pp. und alles ohne solide Untersuchungen gemacht zu haben, in denen die Notwendigkeit dieser Massnahmen überprüft wird. Klar kann man auf Nummer sicher gehen und sich Fort Knox nachbauen, da haben Einbrecher wohl ziemliche Schwierigkeiten, reinzukommen und den Familienschmuck zu klauen.

Denn genau davon leben m.E. viele: sie behaupten, dies und jenes sei ein Problem, sie bieten dann die Lösung an, kostet die Kleinigkeit von 3 bis 5 Nullen. Und alles ohne jeglichen Nachweis.

Bgzl. Gehäuseresonanzen gibt es allerdings Verffentlichungen, die sehr interessant sind.

Klaus
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Klaus
KlausR. hat geschrieben: Ich habe schlichtweg ein Problem mit audiophilen Dogmen ... ohne solide Untersuchungen gemacht zu haben, in denen die Notwendigkeit dieser Massnahmen überprüft wird.
KlausR. hat geschrieben: Lösung .. kostet die Kleinigkeit von 3 bis 5 Nullen ...
Gegen Dogmen, aber auch gegen Voreingenommenheit hilft u.a. Forschung. Bist Du als kritischer Geist nicht nur per definitionem kritisch, sondern auch offen für und interessiert an empirischer Forschung im ganz konkreten Fall? Jetzt hast Du die einmalige Chance, mit 8 Brettchen MDF dabei zu sein, und MDF gibt's zum Glück nicht nur teuer bei den Dogmatikern zu kaufen, sondern auch etwas günstiger im Baumarkt.

Ermunternde Grüsse
Simon
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musikgeniesser
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Dogmen ade!

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Klaus,
moin Forenten,

Dogmen sind in der Tat anstrengend und so liegen wir da gar nicht auseinander, lieber Klaus. Oftmals sind sie auch schlicht falsch, wie zum Beispiel der Einwand der "Bassreflex-Fraktion", man könne geschlossene Boxen "überbedämpfen". Als könne man mehr als 100% der rückwärtig abgestrahlten Energie vernichten. Zum lachen, wenn es nicht so anstrengend wäre.

Ich habe mich gerade in den letzten Tagen intensiv mit dem Geschäftsmodell High-End befasst

http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic.php?f=14&t=2481

und stimme Dir hier
KlausR. hat geschrieben:Denn genau davon leben m.E. viele: sie behaupten, dies und jenes sei ein Problem, sie bieten dann die Lösung an, kostet die Kleinigkeit von 3 bis 5 Nullen. Und alles ohne jeglichen Nachweis.
voll zu. Das Geschäftsmodell funktioniert immer. Archetyp ist die Religion, egal welche (dort wird unsere Unzufriedenheit mit unserer eigenen Endlichkeit ausgenutzt).
  • Grundsätzlich ist man für Verbesserungen offen.
  • Für Verbesserungen offen zu sein bedeutet aber auch, sich bereitwillig aus seiner derzeitigen Zufriedenheit reißen zu lassen: man lässt sich schnell verunsichern.
  • Die Anbieter finden etwas heraus oder denken sich irgend etwas aus, auf jeden Fall lenken sie die Aufmerksamkeit auf ihr Thema, das -- sonst funktioniert es nicht -- wenig erforscht sein muss. Dieses Thema erheben sie zu einer ganz besonderen Wichtigkeit.
  • Wenig bis nicht erforscht (bedeutet im Zweifel: wenig bedeutsam) heißt, dass man sofort verunsichert ist, weil man selbst wenig bis nichts darüber weiß.
  • So fies es auch ist, aber man muss sich sehr klar über sich selbst und derartige Mechanismen sein, um sie nicht unnötig an sich herankommen zu lassen: sie funktionieren! Ist der Zweifel, also der Spaltpilz zwischen einen selbst und seine Anlage, gesät, kann man nicht mehr Zufriedenheit erlangen, ohne dieses Thema abgearbeitet zu haben, was im Zweifel nichts anderes bedeutet, als die Produkte dieses Herstellers gekauft zu haben.
  • Gleichzeitig kann sich der Hersteller auf eine pervertierte Solidarisierung verlassen: egal, wie nützlich -- das kann auch nutzlos bedeuten -- das neue Zubehör ist, wird man jede Kritik daran als Hinweis auf die Qualität des Kritisierenden verdrehen und niemals -- niemals -- als Hinweis auf die Qualität des Kritisierten verstehen können. Geht nicht. Ist so. Wie? Ganz einfach. Je nutzloser das Produkt ist, desto mehr wird man bemüht sein, Kritik daran von sich zu weisen, denn sonst müsste man ja zugeben, dass man sich hat reinlegen lassen. Wie gesagt: fies eben.
Zurück zum Thema. Ob Dein Hinweis
KlausR. hat geschrieben:Hamm se abba nich.
taugt, Kantenreflexionen zu negieren, weiß ich nicht. Es könnte -- könnte, nicht muss -- der alte Fehler vorliegen, Korrelationen zu Kausalitäten zu erheben.
  • Klar haben die weit überwiegenden Boxen keine Fasen oder derartiges.
  • Klar sind die weit überwiegenden Boxen schlanke Säulen.
Aber liegt das daran, dass es keine Kantenreflexionen gibt? Es könnte doch auch sein, dass es ganz andere Gründe hat. Zum Beispiel den, dass breite, also akustisch "richtige" (ich tue jetzt mal so, als ob das so sei) Boxen nicht verkehrsfähig sind. Zum Beispiel deshalb
cay-uwe hat geschrieben:Und noch ein weiterer, eher pragmatischer Ansatz, sind die Herstellungskosten. Die gezeigte Lautsprecher besitzen ein Volumen von ca. 20 Liter.
Würden wir nur auf Kastenform bei der Gestaltung gehen, würden die Herstellungskosten für die Gehäuse ca. 1/3 von dem sein, was sie sind ...
oder wegen des berühmten WAF, um ein weiteres Beispiel zu nennen.

Von einer ganz anderen Seite werden mir diese Fragen nahe gelegt: warum werden in Studios Lautsprecher bevorzugt bündig eingebaut? Nur wegen des Basses?

Sapere aude!

Herzliche Grüße

Peter
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo ihr Brüder von der Kantenbrecherzunft

Anbei noch ein bebilderter Nachtrag zu meinen Nöten (=Dämpfungsversuchen) mit den Kantenreflektionen:
Daihedz hat geschrieben: Ich habe bislang versucht, die Konturen meiner Dipole dergestalt zu gestalten, dass von der Schallquelle aus (d-h. dem LS-Chassis) eine winkelablhängig und zeitlich möglichst gleichmässige Verlaufszeit des Schalldrucks hin zur Schallwandkante entsteht. Dies, um die Energie der Diffraktionseffekte, welche beim Dipol mit der theoretisch vollständigen Auslöschung des Schalldrucks (hinten-vorne) an der Kante besonders markant sind, möglichst zeitlich (und dafür mit weniger Intensität/Zeit) zu verteilen.
Und meine mehr verzweifelten denn erfolgreichen Versuche haben dann u.a. folgendermassen ausgesehen:

Historische und stichsägefeste Grüsse
Simon
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Ach Du lieber Himmel!

Was hab ich denn da gestartet!

Also Freunde Ihr mischt teilweise zusammen was mMn nicht zusammengehört und auch die gewünschte Fragestellung nur teilweise beantwortet.

Ich denke wir sind uns einig, dass Kantenreflektionen sozusagen zeitverzögerte parasitäre Schallquellen mit verbogenem Frequenzgang darstellen und somit (je nach ihrem relativen Pegel...) durchaus stören "können"!

Gehen wir ein Stück zurück...

Ich hatte eine Messung zur Interpretation eingestellt und wollte eigentlich erstmnal sehen wie man Kantenreflektionen und ihre Größenordnung überhaupt erstmal feststellt.

Ist das getan wollte (und möchte) ich (immernoch) Gegenmaßnahmen identifizieren und zwar für bestehende Lautsprecher. Von daher sind Ullis Brettchen sicher eine von mehreren Möglichkeiten, wobei andere Experimente (Danke für Simons anschauliche Darstellung und Bericht!) aber weniger erfolgreich gewesen zu sein scheinen.

Um den Faden wieder aufzunehmen: Der gezeigte Impuls war die 1m Messung am Mitteltöner der B&W Nautilus 804. Hier ein hoffentlich verdeutlichendes Bild mit Maßangaben:

Bild

Ich stimmte mit Ullis Zeit/Maß Abschätzungen in etwa überein:
modmix hat geschrieben:Hallo Winfried,
ich verstehe dies so: 0,1 msec entsprechen ca. 3,4 cm.
Der zeitliche Abstand der "Kopie" des ersten Impulses entspricht dem räumlichen Abstand der "Störung".
...
=> 10cm Chassis in ca. 25cm breitem Gehäuse
Ganz daneben?
... aber leider ergeben sich daraus keine guten Korrelationen zu den Interpretationen.

Bild

Was nun? Kann man die Kantenreflektionen also doch nicht wirklich messen oder haben wir bei der Rechnung etwas vergessen oder ... ? Oder habe ich Mist gemessen?

Gruß,
Winfried

2664
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musikgeniesser
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Überlagern sich die Effekte bis zur Unkenntlichkeit?

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Winfried,
moin Forenten,

wenn wir genau hinsehen, müssen wir einräumen, dass die Membran wie ein Kolben hin und herfährt und die Schallwelle, die sich zur Seite ausbreitet, keine Zylinderwelle -- wie auf dem Meer -- ist, die sich auf einen Schlag an der Kante -- Küste -- bricht, sondern eine ganze Wellenschaar darstellt. Ausgehend von diesem Bild
wgh52 hat geschrieben:Bild mit Maßangaben:

Bild
betrachten wir die rechte Kante, also die auf dem Bild linke (die Box sieht ja in die andere Richtung als man selbst). Im folgenden lasse ich die unterschiedlichen Blickrichtungen mal außen vor, denn die Richtung ändert nichts an der Wirkung.
  • Zuerst treffen links die Wellen der linken Membrankante auf/ein
  • Die Wellen, die von dem senkrecht durch die Membranmitte gehenden Ort auf der linken Kante auftreffen, tun dies 8 cm = 0,24 ms später
  • Die Wellen, die von der rechten Membrankante auf der linken Gehäusekante auftreffen, brauchen dazu 16 cm = 0,47 ms
  • die erstgenannten Wellen haben sehr wenig Pegel, da die Höhe der Membran am linken Rand der Membran gleich null ist und dann
  • bis zur Mitte bis zum Maximalwert anwächst, um dann
  • bis zum rechten Rand wieder bis null abfällt. All dies gemäß Sinuskurve.
  • Dazu breitet sich diese Wellenschaar kreisförmig aus, womit
  • schräg auf die Kante zulaufende Wellen dies zu späteren Zeitpunkten als die senkrecht zulaufenden und
  • wegen des größeren Abstands dies auch mit vermindertem Pegel tun.
Und dennoch soll man da etwas messen, genauer: auf einem Messschrieb erkennen können? Und, nota bene, schließlich etwas hören können?

Schwierig.

Aber allemal interessant.

Herzliche Grüße

Peter
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Winfried,

Du hast recht, das hast Du was angestoßen ...

Zu Deiner Messung sollte man beachten, dass die Impulsantwort auch Resonanzen vom Chassis enthält, denn das sind vereinfacht gesagt Reflexionen in der Membran.
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Oliver-Joachim
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Beitrag von Oliver-Joachim »

Hallo Forenten

Da mittlerweile das Geheimnis gelüftet wurde, hätte ich folgendes zu Winfried's Spiel geantwortet.

Wie waren die Messbedingungen?
Mikroabstand?
Wie weit sind irgendwelche Kanten und Flächen vom Mirko und vom LS entfernt?
Welche Gehäuseform hat der LS?
Wie sieht es im LS-Gehäuse aus?
Mikrofonausrichtung relativ zum LS?
Mirko und Mirkoständer: Werden vielleicht Reflexionen vom Mikroständer verursacht? Wenn ja, dann kann man lange am LS experimentieren.
Auf Achse gemessen? Wirklich? Gummischnur hilft.

Wenn ich selbst Messungen mache, dann kenne ich die Antworten auf obige Fragen.

Wenn man vor einer neuen Messung mechanische Änderungen vornimmt werden sich Änderungen im gemessenen wiederspiegeln.

Reflexionen an Tief oder TiefMittel-Töner sieht man eher am akustischen Phasenverlauf, als an der Impulsantwort (ich tu mich damit leichter). Interessant ist der Phasenverlauf am oberen ende des Übertragungsbereiches, so meine Erfahrung. Auch hier mein pragmatisches Kochrezept "Messung Ändern Messen Vergleichen".

Wie würde so ein Phasenverlauf mit Reflexionen aussehen? Die Phase am oberen Übetragungsende wird bildlich gesprochen nach unten gezogen ( also von vielleicht Null Grad nach minus 180 Grad ). Ist der fallende Phasengang irgendwie unruhig hat das seine Gründe. Auch hierbei gilt das Kochrezept.

Beispiel:
Durch mechanische Maßnahmen habe ich meinen Ripol soweit beruhigt, das er locker bis 800Hz spielt, Dabei läuft der Breitbänder in einem weiten Frequenzbereich parallel zum Ripol. Das geht nur, wenn die Phasendifferenzen im überlappenden Bereich und etwas darüber hinaus, klein bleiben. Weil bei mir gilt "Akustik follow designs", sieht der Ripol ungewohnt aus(Aktuell läuft der Breitbänder nicht mehr parallel zum Ripol).


Was wollen wir denn in diesem Thread ? Was ist das Ziel?

Ich definiere mal ein Ziel:
Es sollen die Vorteile eines Kugelförmigen Gehäuses in die Form eines Schuhkartons transformiert werden.

Die Vorteile eines Kugelgehäuses sind, das fast keine Diffraktionen/Reflexionen vorhanden sind. Warum das alles? Also, ich will keinen Eigenklang eines LS haben, der LS soll das nur das wandeln, was man ihm sagt.

Was noch keiner Angesprochen hat, sind Diffraktionen/Reflexionen im Gehäuseinnern. Diese können z.B. am Korb auftreten, oder am großen zylindrischen Loch in dem das Chassis verschraubt ist. Oder, welches Dämmmaterial ist wie/wo im Gehäuse eingebaut?

Mein Credo für eine gute Schallreproduktion: Erst mechanisch optimieren, dann elektrotechnisch.

Viele Grüße
OJ
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Simon,
Daihedz hat geschrieben:Gegen Dogmen, aber auch gegen Voreingenommenheit hilft u.a. Forschung. Bist Du als kritischer Geist nicht nur per definitionem kritisch, sondern auch offen für und interessiert an empirischer Forschung im ganz konkreten Fall? Jetzt hast Du die einmalige Chance, mit 8 Brettchen MDF dabei zu sein, und MDF gibt's zum Glück nicht nur teuer bei den Dogmatikern zu kaufen, sondern auch etwas günstiger im Baumarkt.
Da alle meine Lautsprecher Schallführungen und verrundete Gehäusekanten haben, bei einem heisst das sogar "Minimum Diffraction Enclosure", denke ich, daß ein solcher Versuch wenig Sinn machen würde. Ausserdem schätze ich nach Lektüre der diesbezüglich relevanten Fachliteratur, daß Hörtests, bei denen solide Kontrollen eingebaut sind, für den Laien relativ schwierig durchzuführen sind.

Edit: Und nein, ich habe keinen meiner LS wegen der nichtvorhandenen bzw. gedämpften Kantenreflexionen gekauft, sondern im Falle der Hummeln wegen der ausgezeichneten Messwerte (unter Berücksichtigung der Forschungsergebnisse von Floyd Toole), bei den Genelec wegen der technischen Merkmale. Angehört vor dem Kauf habe ich mir keinen, d.h. die Hummeln in der Messehalle und die Genelec mal eben beim Händler.

Klaus
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Peter,
musikgeniesser hat geschrieben:
KlausR. hat geschrieben:Denn genau davon leben m.E. viele: sie behaupten, dies und jenes sei ein Problem, sie bieten dann die Lösung an, kostet die Kleinigkeit von 3 bis 5 Nullen. Und alles ohne jeglichen Nachweis.
... und stimme Dir hier voll zu. Das Geschäftsmodell funktioniert immer.
und
[*]So fies es auch ist, aber man muss sich sehr klar über sich selbst und derartige Mechanismen sein, um sie nicht unnötig an sich herankommen zu lassen: sie funktionieren! Ist der Zweifel, also der Spaltpilz zwischen einen selbst und seine Anlage, gesät, kann man nicht mehr Zufriedenheit erlangen, ohne dieses Thema abgearbeitet zu haben, was im Zweifel nichts anderes bedeutet, als die Produkte dieses Herstellers gekauft zu haben.
Obiges Geschäftsmodell funktioniert nur, wenn man völlig kritiklos an die Sache herangeht. Kritik kann man meines Erachtens nur dann üben, wenn man über gewisse Dinge Bescheid weiss. Ich probiere, mich durch Lesen von Fachliteratur schlau zu machen, deshalb funktioniert das Geschäftsmodell bei mir schon lange nicht mehr.

Zurück zum Thema. Ob Dein Hinweis
KlausR. hat geschrieben:Hamm se abba nich.
taugt, Kantenreflexionen zu negieren, weiß ich nicht. Es könnte -- könnte, nicht muss -- der alte Fehler vorliegen, Korrelationen zu Kausalitäten zu erheben.
Nur aus diesem Grunde negiere ich Kantenreflexionen nicht. Mir fehlt der schlüssige Beweis für die Grundsätzlichkeit eines wahrnehmbaren Effekts. Meine Argumentation ist dahingehend, daß weitaus mehr, wenn nicht sogar alle Lautsprecher keine scharfen Gehäusekanten hätten, wenn Kantenreflexionen wirklich ein grundsätzliches Problem wären. Ulli hat quäkende Frauenstimme gehört. Wäre dies ein grundsätzlicher Effekt, müsste man dann nicht bei allen LS mit scharfen Kanten quäkende Frauenstimmen hören?


Klaus
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Fujak
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Beitrag von Fujak »

Hallo zusammen,

bevor sich nun die Diskussion festbeißt, ob Kantenreflektionen grundsätzlich schädlich sind oder nicht, bleibt die phänomenologische Betrachtungsweise, dass Hersteller unterschiedlich damit umgehen. Während einige Hersteller die abgeundeten/gefasten Kanten als Markenzeichen herausstellen (Adam Audio, Genelec, Cabasse etc.) gibt es andere, die wiederum die Kastenform bevorzugen (Silbersand, Abacus z.B.). Und diese teilen sich dann wiederum auf in solche, die auf schlanke Gehäusekonstruktionen setzen (bis hin zu Chassis, die über die Gehäusekanten überstehen) und solche, die absichtlich mehr Holz/Kunststoff bis zur Kante lassen. Jeder Hersteller begründet sein Vorgehen auf seine Weise.

Es ist aus meiner Sicht stark davon auszugehen, dass die Hersteller die sich daraus ergebenden klanglichen Auswirkungen der jeweiligen Gehäusevarianten in ihren Frequenzweichen, DSPs, Chassis-Auswahl und -Anordnung etc. berücksichtigen und damit mögliche klangliche Nachteile der einen oder anderen Konstruktion mehr oder weniger kompensieren. Dass das unterschiedlich gelingt, dokumentieren Laustprecher, die für ihre Ortungsschärfe und räumliche Abbildungsfähigkeit bekannt und solche, die für das Gegenteil berüchtigt sind.

All das ist jedoch nicht Thema dieses Threads, sondern hier geht es um die Dämpfung von Kantenreflektionen anhand von geeigneten Mess-Designs.

Grüße
Fujak
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Klaus,
moin Ulli,
moin Forenten,

dem kann ich durchaus zustimmen, lieber Klaus, nur ein kleiner Denkanstoß dazu von mir.
KlausR. hat geschrieben:Meine Argumentation ist dahingehend, daß weitaus mehr, wenn nicht sogar alle Lautsprecher keine scharfen Gehäusekanten hätten, wenn Kantenreflexionen wirklich ein grundsätzliches Problem wären. Ulli hat quäkende Frauenstimme gehört. Wäre dies ein grundsätzlicher Effekt, müsste man dann nicht bei allen LS mit scharfen Kanten quäkende Frauenstimmen hören?
Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch ganz anders.
  • Vielleicht ist es ein grundsätzliches Problem und alle LS-Hersteller kümmern sich nicht darum, weil es zu teuer wäre und beknackt aussähe und es dem Konsumenten ohnehin nicht so sehr auf den Klang ankommt, dass er das in Kauf zu nehmen bereit wäre. Die Hersteller treten an, um Umsatz zu machen.
    Ich sage nicht, dass es ein grundsätzliches Problem ist. Ich sage nur: ich weiß es nicht.
  • Vielleicht ist es kein grundsätzliches Problem und Deine, lieber Ulli, quäkenden Frauenstimmen haben eine ganz andere Ursache, die zufälligerweise durch die Veränderung der Gehäusebreite verschwunden oder verringert worden ist.
    Ich sage nicht, dass es kein grundsätzliches Problem ist. Ich sage nur: ich weiß es nicht.
Viel wissen wir also noch nicht. Das muss ja nicht so bleiben.

Herzliche Grüße

Peter
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

wgh52 hat geschrieben:Ich denke wir sind uns einig, dass Kantenreflektionen sozusagen zeitverzögerte parasitäre Schallquellen mit verbogenem Frequenzgang darstellen und somit (je nach ihrem relativen Pegel...) durchaus stören "können"!
Ich habe vor geraumer Zeit die Literatur zu diesem Thema angeschaut und folgendes gefunden:

Kantenbeugung erzeugt sekundäre, stark gerichtete Schallquellen, die zu Kammfiltern führen, wobei ein Minimum vorliegt, wenn d = n λ, ein Maximum, wenn d = (2n-1) λ/2. mit

d = (b + c ) - a

a = Weglänge direkter Schall
b = Weglänge Chassis - Gehäusekante
c = Weglänge Gehäusekante - Hörer
λ = Wellenlänge

Ein weiterer möglicher Effekt ist die Störung der Summenlokalisation, die für Klicklaute in einem Zeitfenster von 0-1 ms stattfindet.

Zu Kammfiltern ist m.E. die Arbeit von Salomons interessant.

Klaus

Backman, “Computation of diffraction for loudspeaker enclosures”, J. of the Audio Engineering Society 1989, S.353

Bews, “Application of the geometric theory of diffraction to diffraction at the edges of loudspeaker baffles”, J. of the Audio Engineering Society 1986, S.771

Rasmussen et al., “On loudspeaker cabinet diffraction”, J. of the Audio Engineering Society 1994, S.147

Agerkvist , "A Study of Simple Diffraction Models", Audio Engineering Society paper 4438 (1997)

Litovsky et al., “The precedence effect”, J. of the Acoustical Society of America 1999, vol. 106, no. 4, pt. 1, S.1633

Salomons, “Coloration and binaural decoloration of sound due to reflections”, Dissertation, TU Delft 1995
http://repository.tudelft.nl/assets/uui ... 951220.PDF
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ESM
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Beitrag von ESM »

Hallo Fujak,
Fujak hat geschrieben: All das ist jedoch nicht Thema dieses Threads, sondern hier geht es um die Dämpfung von Kantenreflektionen anhand von geeigneten Mess-Designs.

Grüße
Fujak
Stimmt, damit wären wir zwar wieder beim Thema, aber bevor man sich an eine Lösung macht, sollte man zuvor feststellen, ob man überhaupt ein Problem hat.

Gruß Erwin
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