Konstruktive Vermeidung von Kantenreflektionen

wgh52
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Konstruktive Vermeidung von Kantenreflektionen

Beitrag von wgh52 »

Freunde,

ich eröffne diesen Thread für Peter (Musikgenießer) um Gelegenheit zu geben die kontruktionsbedingten Aspekte von Kantenreflektionen an Lautsprechergehäusen zu beleuchten.

Dies dürfte für die DIYer unter uns, die gerade neue Gehäuse entwerfen recht interessant werden!

Gruß,
Winfried

2662
musikgeniesser hat geschrieben:Moin Cay-Uwe,
moin Forenten,

ich finde, der Titel dieses Strangs ist in einem Punkt ganz unvollständig:
  • messen und
  • dämpfen
ist soweit ja schön und gut, aber ist es nicht eine Überlegung wert, sie von vorn herein zu
  • vermeiden?
Habt Ihr schon aufgegeben oder findet Ihr den Gehäusebau nicht so interessant? Ich habe von Elektronik wenig Ahnung und das mag der Grund sein, warum ich dem Gehäuse eine gewisse Aufmerksamkeit schenke. Auch, weil in mir ein verhinderter Architekt steckt, finde ich Fragen der Gestaltung nicht uninteressant.

Lieber Cay-Uwe, Du hattest im Strang
  • --> Faszination "Aktives Hören"
  • ----> Aktivlautsprecher
  • ------> Aktives Lautsprecherdesign
http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 6&start=63

hier
cay-uwe hat geschrieben:Mit einen Beispiel anhand des Frequenzgangs einer unserer Lautsprecher, der Sonus Natura 131, möchte ich versuchen aufzuzeigen was bei der Entwicklung wichtig war.

Bild

Die Box hat auf den ersten Blick die Kastenform, aber wir haben versucht sie etwas ansprechender zu gestalten.

Gut zu erkennen sind die Fasen an den Seiten, die nicht von ungefähr her rühren. Sie sorgen unter anderen für einen sehr gleichmäßigen Frequenzgang, auch im Mittelton.

Das kann man anhand einer Simulation recht gut erkennen, zu der ich auch eine mit abgerundeten Kanten, mit eine Radius von 5cm, beigefügt habe.

Das Ergebnis sieht wie folgt aus.

Bild

Die gestrichelte Linie zeigt den Frequenzgang des Tief- Mitteltöners mit den gewählten Fasen, die durchgezogene Linie ist die mit den abgerundeten Seiten.

Deutlich zu erkennen ist, dass die durchgezogene Linie ( abgerundete Kanten ) im Präzensbereich unruhiger verläuft, was die Übernahme zum Hochton in diesen Fall ungünstiger ausfallen ließe. Immerhin ist der Peak bei ca. 2kHz ist immerhin 2dB.

Es handelt sich um ein Beispiel einer Simulation, die im übrigen recht genau ist, aber sie zeigt, dass es wie immer auf das Entwicklungsziel ankommt.
schon einmal sehr interessant berichtet. Also nun mal Butter bei die Fische.
  • Wie groß muss denn der Verrundungsradius in etwa sein, damit man das Problem los ist?
  • Oder, wenn ich das richtig lese, eine Fase, die viel erfolgversprechender zu sein verspricht?
  • Schön wäre eine dritte Kurve gewesen, die den Frequenzgang einer gänzlich glatten Schallwand gezeigt hätte.
5 cm scheinen ja nicht zu helfen, wie das Beispiel zeigt. Und wenn es 20 cm sind, dann wäre es schön, das einmal zu erfahren. Dann würde ich sofort verstehen, warum sich darum kaum einer kümmert. Aber so habe ich immer ein wenig den Eindruck, als sei die Box bei einer Box das Stiefkind der Entwicklung. Oder halt das andere Extrem, wie etwa bei B&W lange Zeit.

Oder gibt es noch andere Möglichkeiten, denn jede Abweichung von der Quaderform ist eine unendliche Verkomplizierung des Gehäuses, die ordentlich ins Kontor haut?
cay-uwe hat geschrieben:Und noch ein weiterer, eher pragmatischer Ansatz, sind die Herstellungskosten. Die gezeigte Lautsprecher besitzen ein Volumen von ca. 20 Liter.
Würden wir nur auf Kastenform bei der Gestaltung gehen, würden die Herstellungskosten für die Gehäuse ca. 1/3 von dem sein, was sie sind ...
Als erste Ideen seien
  • Schallführung/Wellenführung, also Wave Guides oder
  • Schallwandbeflockung oder Schaumstoffbeschichtungen oder derlei Zeugs
einmal genannt.

Wäre toll, wenn sich da mal ein Bild für mich ergeben würde.
musikgeniesser hat geschrieben:
wgh52 hat geschrieben:(...) aber wir haben nun mal fertige Lautsprecher und die wenigsten unter uns werden sich wegen Kantenreflektionen neue Gehäuse "leisten" (können/wollen)... :wink: Da muss es andere Wege auch geben, und das interessiert mich.
Die Idee ist also, die Gedanken in zwei Gruppen ganz grundsätzlich zu scheiden.
  • Welche Möglichkeiten bieten sich an, bei einer bereits vorhandenen Box eventuell vorhandene (das muss zunächst ermittelt werden) gehäusebedingte Reflexionen zu dämpfen?
  • Für die Bastler unter uns: wie kriege ich den Tischler meiner Wahl am besten zur Weißglut, will sagen, welche Gehäusetricks gibt es?
Hier wäre es sehr wichtig, eine erste Orientierung zu bekommen, denn einige Grundfälle
  • Kalottenhochtöner bis 19/21 mm
  • Kalottenhochtöner ab 25/28 mm
  • Kalottenzeile
  • Bändchen klein
  • Bändchen groß
  • AMT klein
  • AMT groß
  • WaveGuide klein (nur Hochtöner)
-- jeweils mittig und außermittig --

sowie
  • WaveGuide groß (mit Mitteltöner)
  • Manger MSW ohne
  • Manger MSW mit Holoprofil
-- bei denen die Betrachtung auf mittig angeordnete Fälle beschränk bleiben kann --

könnte man doch schon mal vorgruppieren, denn derartige Boxen sind doch alle schon mal gebaut worden, oder etwa nicht? Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn sich das nicht einigermaßen typisieren ließe.

Oder bereits typisiert worden ist. Gibt es Tests darüber? Ich erinnere mich an einen recht umfassenden Gehäusematerial-Vergleich für Bassgehäuse. Warum sollte es nicht einen ähnlich gearteten Schallwand-Vergleich für Hochtöner bereits geben?
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

In den späten 70er Jahren brachte KEF in seinen Druckschriften die Erkenntnisse von Olson (ca 1930) noch einmal heraus und leitete Gehäuse mit trapezförmiger Schallwand her.

Eine schöne Abhandlung mit Grafiken findet man hier. Mit viel Mathematik und ähnlich vielen Grafiken, simuliert und gemessen der Artikel von Tore Skogberg, der den Begriff Reflexionskoeffizient mit einbringt.

Eines der beiden deutschen Lautsprecherselbstbaumagazine, vermutlich Klang+Ton hatte vor ca 20 Jahren einen Artikel über das Kante Anfasen. Wenn ich mich recht erinnere, wurde da zwischen Verrundung und Schräge kein Unterschied festgestellt, oder nur ein sehr geringer. Gemessen hat man die Welligkeit im FG.

Aber unabhängig davon finde ich strikte Symmetrie der L/R Lautsprecher Ausrichtung auf den Hörplatz immer hilfreich, egal unter welchem Abstrahlwinkel, auch fast unabhängig von der Kantenschärfe, sofern die Chassis nach vorn strahlen, versteht sich...

Grüße Hans-Martin
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Hans-Martin,
moin Forenten,

was es nicht alles
Hans-Martin hat geschrieben:Zum Thema Hut, schaut mal hier:

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Dat Dingens rundum ist ein Speaker Muff
Sowas gibt es schon länger als 10 Jahre, ist also ein alter Hut!
gibt -- abgefahren!

Ist es wesentlich, dass dieser Schallwandkragen dämpfende Eigenschaften aufweist oder könnte man auf zufriedenstellenden Erfolg auch dann hoffen, wenn man ihn zum Beispiel aus Glas (oder Plexiglas) macht? Ich komme wegen der seligen MB Quart Aera

Bild

-- von der es sogar eine aktive Version gab -- darauf, die mir gerade in den Sinn gekommen und von der ich dort

http://images.google.de/imgres?q=mb+qua ... =130&ty=68

ein fast sechs Jahre altes Foto gefunden habe, von dem ich hoffe, dass es hier gezeigt werden kann.

Das Problem als solches scheint eine gewisse Wahrscheinlichkeit zu haben, jedenfalls hat schon Manger in diese Richtung argumentiert. Auch audio physic hat mit seiner Kronos derartiges gemacht. Manger nun hat immer schon Modelle mit wahlweise drei Systemen angeboten, dessen Sinn sich einem nicht sofort erschließen mag. Dem Infoblatt kann man dabei die folgenden Bilder entnehmen. Dieses Infoblatt finde ich auf der Manger-Seite nicht mehr auf Anhieb. Mag sein, dass es im DIY-Bereich verborgen ist, auf den ich schon länger nicht mehr zugegriffen habe oder, dass es heute kein so großes Thema mehr ist. Schließlich sind 3 nicht eben billige System auch eine Herausforderung für den Vertrieb und es könnte erfolgversprechender sein, seine Aktivitäten auf die neuen Produkte zu konzentrieren.

Aber die Bilder schiebe ich hier einmal ein, zumal sie in dem Artikel aus Skandinavien zum Teil auch abgedruckt sind.

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Bild

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Herzliche Grüße

Peter
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Oliver-Joachim
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Beitrag von Oliver-Joachim »

Hallo Peter

Die Draufsicht der ZeroBox mit den drei Wandlern habe ich mir schon öfters angeschaut. Schön ist, dass dazu die Sprungantwort abgebildet ist. Mir drängt sich der Gedanke auf, dass die seitlichen Wandler auch vielleicht etwas mit folgendem zu tun haben:

Kompensation der Diffraktion

Die Kompensation müsste doch funktionieren, wenn die seitlichen MSW den gleichen Abstand zur Kante haben,wie der MSW auf der Vorderseite, oder?

Wie dem auch sei: Jemand könnte mal drei einfache Breitbänder in ein DIY Testgehäuse schrauben und messen und berichten. Fänd ich Klasse und würde gerne unterstützen. Möglicherweise tun es auch erstmal 2 Breitbänder, denn die LS werden meistens nicht parallel aufgestellt.

Viele Grüße
OJ
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musikgeniesser
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Mangers Boxen als Beispiel

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Oliver-Joachim,
moin Forenten,

so
Oliver-Joachim hat geschrieben:Die Kompensation müsste doch funktionieren, wenn die seitlichen MSW den gleichen Abstand zur Kante haben,wie der MSW auf der Vorderseite, oder?
würde ich das auch verstehen und daher wundere ich mich, dass
  • in der Bauzeichnung zur Zerobox 103 der Achsabstand der seitlichen Boxen nach vorne 205 mm beträgt, obgleich die Box keine 410 mm (2 x 205 mm), sondern nur 312 mm breit ist
  • in der Bauzeichnung zur Zerobox 107 der Achsabstand der seitlichen Boxen nach vorne 170 mm beträgt, obgleich die Box keine 340 mm (2 x 170 mm), sondern nur 260 mm breit ist
  • die Zerebox 109 gibt es nur mit einem System, da sie für 3 zu klein wäre.
Wie Ihr seht, war ich früher häufiger im DIY-Bereich bei Manger unterwegs und habe mir die Pläne alle mal heruntergeladen. Ich habe Frau Manger damals in der Sache angeschrieben, aber keine Antwort erhalten. Daraufhin habe ich das nicht weiter verfolgt, hätte es aber gerne verstanden, denn eine nachvollziehbare Formel konnte ich aus den Bauvorschlägen nicht kondensieren. Klar, es muss sichergestellt sein, dass sich die Wandler im Gehäuse nicht in die Quere kommen, und vielleicht sind die seitlichen Systeme deshalb "zu weit" hinten, aber da bin ich mir nicht so sicher. Fällt Euch zu den Bauvorschlägen etwas sinnvolles ein?

Auf jeden Fall würde eine Säulenform wählen, sodass ich oben und unten ganz automatisch eine ausreichend weit reichende Schallwand habe. Dann spare ich mir schon mal Fahnen nach oben und unten und kann meine Vergrößerungs-Aktivitäten auf die Seiten beschränken. Das ganze muss ja noch handhabbar bleiben.

Herzliche Grüße

Peter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Wenn die Schallwand nach unten glatt durchgezogen wird, gibt es ebenfalls eine Reflexion (am Boden), nur mit anderem Vorzeichen beim Reflexionsgrad. Daraus folgt ein neues Gedankenspiel...
Grüße Hans-Martin
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musikgeniesser
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Strandburgen willkommen!

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Hans-Martin,
moin Forenten,
Eugen Roth hat geschrieben: Zwei Dinge trüben sich beim Kranken:
a. der Urin, b. die Gedanken.
Insofern bin ich mir keinesfalls sicher, ob ich mich diesem Gedankenspiel von Dir, lieber Hans-Martin
Hans-Martin hat geschrieben:Wenn die Schallwand nach unten glatt durchgezogen wird, gibt es ebenfalls eine Reflexion (am Boden), nur mit anderem Vorzeichen beim Reflexionsgrad. Daraus folgt ein neues Gedankenspiel...
hingeben möchte: ja, die Box muss irgendwie stehen und ja, auch ich zweifle nicht an der Gravitation.

Wenn es denn unbedingt sein muss, könnte ich mir vorstellen, eine karibische Strandatmosphäre zu zaubern und die Standbox in einen Berg Strandsand zu stecken. Als Entkopplung habe ich gewaschenen Quarzsand tatsächlich immer mal wieder begonnen, zu durchdenken, aber als Reflexionsdämpfer bisher noch nicht. Doppelnutzen, toll, dann sollte ich die Fährte mal wieder aufnehmen, was meint Ihr?

Standboxen, Strandboxen, das alles liegt irgendwie nah beieinander.

Und sonst?

Herzliche Grüße

Peter
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musikgeniesser
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Isolierte Betrachtung führt bei Boxen zu nichts

Beitrag von musikgeniesser »

Moin Forenten,

damit kann ich schon viel eher etwas anfangen. Die Übertragung von Schallereignissen ist ganz offensichtlich unausweichlich mit Kompromissen behaftet, was in ihrer Komplexität begründet zu sein scheint. Es spielen derart viele Einflussfaktoren eine Rolle, dass man nicht so ohne weiteres einen verändern kann. Nicht so ohne weiteres heißt, nicht, ohne dass sich -- mehr oder weniger viele -- andere ändern.

"Gesamtkunstwerk" gefällt mir in diesem Zusammenhang ausgesprochen gut. Ich habe das einmal als "die Notwendigkeit, in mehreren Ebenen gleichzeitig zu denken" bezeichnet. Ich meine, von Cabasse gelesen zu haben, was es gut auf den Punkt bringt. Es war, so meine Erinnerung, ein Testbericht oder ein Unternehmensporträt. Die Frage drängte sich auf, denn Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre schossen High-End-Ideen, die jede für sich betrachtet die Musikwiedergabe zu revolutionieren sich anschickten, wie Pilze aus dem Boden.
  • Die Magneto- und Elekrostaten rückten schlagartig alle Mängel des dynamischen Lautsprecherprinzips ins Bewusstsein, sodass man in High-End-Kreisen bestenfalls ein mitleidiges Lächeln ernten konnte, wenn man noch ernsthaft dynamische Lautsprecher im Munde führte.
  • Sicher, auch diese Lautsprecherprinzipien hatten ihre Schwächen, aber, diese in den Griff zu kriegen war ja gerade Anspruch der High-End-Schmieden.
  • Und so nimmt es nicht wunder, dass sich diese Hersteller mit geradezu rührendem Enthusiasmus auf die Behebung dieser prinzipbedingten Nachteile gestürzt haben.
  • Cabasse bewegte sich schon damals in der ausgesprochen dünnen Luft höchstpreisiger Lautsprecherboxen und beschritt dabei den gegenteiligen Weg. Man setzte ganz auf das doch so langweilige dynamische Lautsprecherprinzip.
  • Konnte das gutgehen? Ohne nun eine Diskussion über Testzeitschriften beginnen oder auch nur befördern zu wollen, war es Cabasse, die -- mit ihren Aktivboxen -- in deutschen Special-Interest-Zeitschriften Aufsehen erregte.
  • Cabasse handelte nach einem Credo, das ich in etwa so in Erinnerung habe:
    Cabasse hat geschrieben: Es nützt nichts, sich an irgend welchen Lautsprecherprinzipien aufzureiben. Es ist nicht möglich, die Physik zu überlisten. Vielmehr kommt es darauf an, hochwertige Lautsprecher zu bauen. Dies gelingt viel einfacher dadurch, dynamische Lautsprecher auf ein bestimmtes Einsatzgebiet (Frequenzbereich) hin zu optimieren und dann auch nur dort -- idealerweise mit gebührendem Sicherheitsabstand (= unter Verzicht auf die Randoktaven oder Randintervalle allgemein) -- einzusetzen.
Was hat das nun mit Kantenreflexionen zu tun? Viel, sehr viel.
  • Kantenreflexionen gibt es, sodass es nicht darum geht, sie sich schönzureden, sprich, wegzureden. Das wäre voraufklärerischer Geist, den wir Forenten zu überwinden die Absicht haben sollten.
  • Eine Box ist -- als Gesamtkunstwerk -- viel mehr als die Summe ihrer Kantenrefexionen. Anders herum: zu versuchen, sich einer Box über ihre Kantenreflexionen zu nähern, würde ihr nicht gerecht.
  • Ja was denn nun? Das ist gar nicht so schwer: bevor wir uns dem Problem widmen, hilft es, es zunächst grob einzuordnen. Also seine Wichtigkeit wenigstens grob zu bestimmen. In erster Linie bedeutet dies, das Problem dorthin zu rücken, wo es hingehört: in den Gesamtzusammenhang.
  • Denn natürlich ist jedes Problem, mit dem ich mich im Augenblick beschäftige, für mich in diesem Augenblick das wichtigste Problem der Welt. Sonst würde ich mich nicht mit ihm beschäftigen. Daher kommt es in eben diesem Augenblick darauf an, die Box als ganzes nicht aus den Augen zu verlieren. Dann ist die Gefahr, ich könnte es mit den Kantenreflexionen übertreiben, gebannt. Ich denke, so könnte man es ausdrücken.
Damit ist das
Daihedz hat geschrieben:
alles andere als Ausdruck einer erotischen Beziehung zu Stichsägen, die sich an Schallwandfahnen Bahn bricht, sondern ein Beitrag, der den Blick für das Problem der Kantenreflexionen schärft.

Herzliche Grüße

Peter
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Peter,
musikgeniesser hat geschrieben:
  • Kantenreflexionen gibt es, sodass es nicht darum geht, sie sich schönzureden, sprich, wegzureden. Das wäre voraufklärerischer Geist, den wir Forenten zu überwinden die Absicht haben sollten.
  • Eine Box ist -- als Gesamtkunstwerk -- viel mehr als die Summe ihrer Kantenreflexionen. Anders herum: zu versuchen, sich einer Box über ihre Kantenreflexionen zu nähern, würde ihr nicht gerecht.
  • Ja was denn nun? Das ist gar nicht so schwer: bevor wir uns dem Problem widmen, hilft es, es zunächst grob einzuordnen. Also seine Wichtigkeit wenigstens grob zu bestimmen. In erster Linie bedeutet dies, das Problem dorthin zu rücken, wo es hingehört: in den Gesamtzusammenhang.
Kantenreflexionen erzeugen, wie alle anderen Reflexionen auch, Kammfilter mit Maxima und Minima, deren Frequenzen von der Laufzeitverzögerung abhängen. Wenn nun unterschiedliche Reflexionen solche Verzögerungen haben, daß sie zum Teil bei denselben Frequenzen Maxima und Minima erzeugen, könnte es vielleicht sehr wohl zu störenden Auswirkungen kommen, da sich die jeweiligen Pegel vermutlich addieren. Insofern sollte man jede Reflexion immer im Gesamtzusammenhang sehen: habe ich eine weitere, die bei den gleichen Frequenzen aktiv wird?

In Studiokontrollräumen ist es mittlerweile so, daß heftig raumakustisch behandelt wird, was dazu führt, daß bei freistehenden Monitoren die Kantenreflexionen eigentlich die einzigen sind, die überbleiben. Es ist bekannt, daß mit abnehmender Nachhallzeit und abnehmender Zahl von Erstreflexionen die Wahrnehmbarkeit der übriggebliebenen Reflexionen zunimmt, diese also tatsächlich ein Problem darstellen kann. Wiederum muss man diese Reflexion(en) im Gesamtzusammenhang sehen. Daher auch der Ansatz von Genelec mit dem Minimum Diffraction Enclosure.

Klaus
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musikgeniesser
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Klaus,
moin Forenten,

aus dem Nachbarstrang hier zitiert, weil es mir sinnvoll erscheint, solange ich noch kein fertiges Gehäuse habe, also noch Einfluss habe.
KlausR. hat geschrieben:Mit zunehmender Verzerrung und zunehmenden Hörpegel nimmt der wahrnehmbare Einfluss der Verzögerungen zu, wobei der Einfluss mit steigenden Verzögerungswerten zunimmt.
Dass der Einfluss mit steigenden Verzögerungswerten zunimmt leuchtet mir ein.
  • Spricht das nun gegen das breite Gehäuse?
  • Oder nimmt mit zunehmender Gehäusebreite die Verzerrung, also Kantenreflexion, ab, weil ja der Abstand zur Quelle zunimmt?
  • Und ist dieser nützliche Effekt (der Intensitätsabnahme) eventuell größer als der schädliche (der Zeitzunahme)?
Meinungen?

Herzliche Grüße

Peter
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Beitrag von KlausR. »

Hallo Peter,
musikgeniesser hat geschrieben:
KlausR. hat geschrieben:Mit zunehmender Verzerrung und zunehmenden Hörpegel nimmt der wahrnehmbare Einfluss der Verzögerungen zu, wobei der Einfluss mit steigenden Verzögerungswerten zunimmt.
Dass der Einfluss mit steigenden Verzögerungswerten zunimmt leuchtet mir ein.
Vorsicht, diese Resultate sind strenggenommen nur für den Versuchsaufbau gültig und eventuell nicht verallgemeinerbar: Geddes hat die lineare Verzerrung erzeugt durch einen 2 kHz Hochpass (shelving level von +2, +4, +6 dB).
  • Spricht das nun gegen das breite Gehäuse?
  • Oder nimmt mit zunehmender Gehäusebreite die Verzerrung, also Kantenreflexion, ab, weil ja der Abstand zur Quelle zunimmt?
  • Und ist dieser nützliche Effekt (der Intensitätsabnahme) eventuell größer als der schädliche (der Zeitzunahme)?
Die Modulationstiefe des Kammes hängt vom Pegel der der Reflexionen ab. Die Frage ist, bewirkt eine Verbreiterung der Schallwand eine Senkung des Reflexionspegels?

Klaus
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Beitrag von musikgeniesser »

Moin Klaus,
moin Forenten,

der in dieser
KlausR. hat geschrieben:Die Modulationstiefe des Kammes hängt vom Pegel der der Reflexionen ab. Die Frage ist, bewirkt eine Verbreiterung der Schallwand eine Senkung des Reflexionspegels?
Frage enthaltene Zweifel leuchtet ein. Die Keulen können bei zunehmender Gehäusebreite schmaler werden, womit die jeweilige Scheitelhöhe mit zunehmender Gehäusebreite nicht notwendigerweise abnehmen muss. Die Gesamtenergie der Störung verteilt sich auf die Summe der Keulenflächen (Keulenräume, aber jetzt vereinfacht zum Beispiel von oben betrachtet besteht eine Analogie zu den Flächen im Grundriss; so oder so ist das alles stark vereinfacht, weil sich die Orteschaaren der Störung keine scharf umrissenen Keulen bilden, aber das kann man beiseite lassen, weil das für alle Gehäusebreiten gleichermaßen gilt).

Ich bin gespannt, ob sich Gestaltungsempfehlungen herauskristallisieren.

Herzliche Grüße

Peter
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Der Pegel der Reflektionen ist nicht das alleinige Kriterium. Selbst wenn im Frequenzbereich die Welligkeit des Pegels gleich bleibt, kann es bei einer Schallwandverbreiterung trotzdem eine Verbesserung geben, indem im Zeitberich die Reflektionen aus dem "gefährlichen" 700µs Bereich herausgeschoben werden. Ich gehe davon aus, dass sehr schmale Fronten die Reflexionenen ebenfalls aus diesem Bereich heraushalten.

Es gibt also Verzerrungen im Amplituden- und im Zeitbereich, welche es gilt unter Kontrolle zu haben. Unter Kontrolle haben heisst nicht unbedingt, dass man sie ganz vermeiden muss, sondern dass man Fehler dorthin verschiebt, wo sie am wenigsten schaden. Dies ist eigentlich immer das Ziel von gutem Engineering: Den Kompromiss zu finden, welcher eine Zielvorgabe am besten erfüllt. Da es den idealen Lautsprecher nicht gibt und auch nie geben wird, muss man versuchen, den Optimalen zu konstruieren. Da aber bezüglich Gehörphysiologie und Psychoakustik das letzte Wort noch nicht gesprochen worden ist, ist das Ziel auch etwas schwammig.

Gruss

Charles
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KlausR.
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Beitrag von KlausR. »

phase_accurate hat geschrieben:Der Pegel der Reflektionen ist nicht das alleinige Kriterium. Selbst wenn im Frequenzbereich die Welligkeit des Pegels gleich bleibt, kann es bei einer Schallwandverbreiterung trotzdem eine Verbesserung geben, indem im Zeitberich die Reflektionen aus dem "gefährlichen" 700µs Bereich herausgeschoben werden.
700µs? Gibt's da irgendwelche Literatur zu?

Klaus
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Hallo Klaus

Die 700 µs entsprechen in etwa der Laufzeit zwischen unseren Ohren (respektive denen des Durchschnittlichen Zeitgenossen). Auf Neudeutsch auch als "inter aural time difference" bezeichnet.

John Watkinson z.B. geht in seiner Beitragsreihe "Speaker's Corner" in der Zeitschrift Electronics world and Wireless World darauf ein. Es wird wohl noch ein paar andere Quellen geben wenn man danach sucht.
Es sagt, dass die Kantenreflektionen des üblichen eckigen LS die Breite von Phantomschallquellen um die Breite des LS verbreitern.

Gruss

Charles
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