Belastbarkeit (Klirr) des Manger Schallwandlers

cdm
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Belastbarkeit (Klirr) des Manger Schallwandlers

Beitrag von cdm »

Hallo an alle,

ich habe eine Frage was den Manger MSW betrifft. Laut mehreren Tests soll seine Belastbarkeit relativ eingeschränkt sein, bzw. er klirrt ziemlich viel über den gesamten Übertragungsbereich. Gemäß Stereoplay erreicht der MSMc 1 eine maximal Lautstärke von nur etwa 90dB, was weniger den Tieftöner, sondern eher den MSW geschuldet sein soll. Früher hat Manger sogar 3 MSW`s pro Seite benutzt, um die maximal Lautstärke zu erhöhen, und heut zu Tage diskutiert man nur ob ein Tieftöner genügt, oder sogar lieber 2 (wenn nicht 4?) besser wären. Hat Stp falsche Messungen gemacht, oder wie soll man das verstehen? Nachdem ich den Test gelesen habe hielt ich den MSMc 1 für ein guter, feiner Lautsprecher, der aber eher für Leisehörer als für dynamikreiche Musik geeignet sein soll. Wie sieht es mit persönlichen Erfahrungen aus, was das angeht?

Schöne Grüße,
Christian
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Christian,

ich habe mich lange gesträubt den Manger MSW wegen den von Dir angesprochenen Klirr zu benutzen. Erst als ich für Andreas anfing seinen Lautsprecher zu entwickeln habe ich erkannt, dass man einiges nicht so pauschal sehen kann.

Tatsache ist, dass der Manger MSW im Grundton recht hohe Klirrwerte ausweist. Schaut man etwas genauer hin wird man feststellen, dass es im Wesentlichen harmonische K2 Verzerrungen sind. Diese werden subjektiv als nicht so störend wahrgenommen. Unharmonische Verzerrungen K3 und auch K5 liegen auf einen sehr guten Niveau. Viel wichtiger ist aber die Tatsache, dass der Manger MSW oberhalb von ca. 800 Hz hervorragende Klirrwerte besitzt, da Studien zeigen, dass das menschliche Ohr bei ca. 1000Hz am empfindlichsten auf Verzerrungen reagiert.

Es kann durchaus sein, dass bei der MSMc1 der limitierende Faktor was den Maximalpegel anbetrifft durchaus der Tieftöner ist, denn STP misst den Maximalpegel ab der unteren Grenzfrequenz, die soviel ich weiß bei ca. 30Hz liegt. Da macht selbst ein Langhubtieftöner mit 11mm Xmax so ca. 90 - 93 dB SPL Maximalpegel. Das ist aus meiner Sicht aber in den allermeisten Fällen nicht relevant, sonder eher der der musikalisch relevante Bereich ab ca. 40 - 50 Hz und dann erreicht so ein Tieftöner schon Pegel von ca. 97 - 100dB.

Aus Erfahrung mit meinen eigenen Entwicklungen, kann ich sagen, dass der Manger MSW rein subjektiv bzw. hörtechnisch gesehen schon ordentlich was aushält. Das habe ich mit meiner Stella letztens in einen Tonstudio erleben dürfen, wie auch bei mir im Hörraum, denn ich höre auch gerne Rockmusik und das nicht gerade leise :wink:
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo miteinander,

ich möchte Cay-Uwes Erfahrungen noch ergänzen: es hängt auch davon ab, bei welcher Frequenz zum Tieftöner getrennt wird. Die passiven Zeroboxen hatten alle einen 6dB-Übergang des MSW zwischen 150 und 200Hz, wodurch der Bereich, in dem der Übergang vom Kolbenstrahler- zum Biegewellenmodus stattfindet, im Übertragungsbereich liegt.
Die aktuellen aktiven Modelle MSM-m1/c1 trennen bei ca. 330Hz und steilflankiger.

In der Hobby-Hifi wurde vor Jahren die Nonagon vorgestellt - eine Kombination mit Keramik-TT - bei der sogar 550Hz Trennfrequenz zuzügl. Entzerrung implementiert war. Auf die Vorteile hinsichtlich eines souveräneren Pegelverhaltens wurde in der Beschreibung der Höreindrücke dezidiert hingewiesen.

Viele Grüße
Eberhard

Edit: link zum Artikel
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Eberhard,

ich habe den Manger MSW sehr unter die Mangel genommen und kann Dir sage, es macht so gut wie aus weichentechnischer Sicht kein Unterschied aus ob nun bei 300Hz 6dB, 12dB oder sogar 24dB getrennt wird, da die Verzerrungen im Mittelton ab ca. 300 - 800 Hz am höchsten sind. Der einzige Unterschied ist, dass die Membran des Manger MSW mal mehr oder weniger Auslenkungen macht.

Persönlich konnte ich nach vielen Hörproben keine Nachteile bei flachen Filtern feststellen. Man müsste eigentlich noch höher trennen um den Klirr zu reduzieren.

Aus der Sicht kann ich dem Artikel, den ich bereits kannte, nicht ganz zustimmen, was man an den ansteigenden Klirr ab ca. 300Hz sieht :wink:
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo Cay-Uwe,

ich glaube, Du hast recht. Christian schrieb
Laut mehreren Tests soll seine Belastbarkeit relativ eingeschränkt sein, bzw. er klirrt ziemlich viel über den gesamten Übertragungsbereich.
Man muß aufpassen, die beiden Aspekte sauber auseinander zu halten.

Meine Äußerung bezog sich größtenteils auf die Belastbarkeit und den max. möglichen Schalldruck. Bei tiefer Trennung ergibt sich rasch ein Hub, der den von MANGER genannten Bereich überschreitet. Trennt man hinreichend hoch, hat man hier etwas gewonnen - aber, wie Du ganz richtig sagst, keine Vorteile bzl. Klirr im darüber liegenden Bereich.

Ich meine mich zu erinnern, deshalb auch eine noch höhere Trennung um 800...1000 Hz erwogen zu haben. Zumindest ist dies ein Punkt gewesen, den eingehend zu untersuchen ich damals noch vorhatte...

Viele Grüße
Eberhard
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Raal
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Beitrag von Raal »

Hallo zusammen,

betreibe ich meinen Lautsprecher mit einem Tieftöner und dem MSW dann kommt vorher der Tieftöner an seine Grenzen. Mit zwei Tieftönern liegt das ganze dann gleich auf. Mit dem Sonus Natura TBR nimmt der Hub des MSW deutlich ab. Auch die richtige Dämpfung spielt hier eine große Rolle. Der MSW reagiert darauf deutlich empfindlicher wie ein normale Konuslautsprecher.

Trotzdem gibt es aktuell einen Kunden der sich bei meinem Lautsprecher noch zwei weitere rückseitig montierte Tieftöner wünscht. Ob und wie das funktioniert wird ein Prototyp zeigen müssen.

Viele Grüsse
Andreas
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Raal hat geschrieben: Mit zwei Tieftönern liegt das ganze dann gleich auf. Mit dem Sonus Natura TBR nimmt der Hub des MSW deutlich ab.
Hi Andreas,

heißt Sonus Natura PSE. :wink:

Und ja, das ist auch meine Erfahrung mit einem Tieftöner wie in meiner Stella, der ist eher an den Grenzen als der Manger MSW.
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cdm
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Beitrag von cdm »

Hallo nochmal,

wenn ich das richtig verstanden habe, ist Klirr nicht gleich Klirr, K2 soll "gutmütiger" als K3 sein, also wie in etwa bei der Manger MSW. Das habe ich in der Theorie schon begriffen, aber wie wirkt sich das klanglich? Wie "klingt" K2, wenn es in Grenzbereich ist? (Falls sich das beschreiben lässt.) Es wäre interessant die Erfahrungen von der Manger-Besitzern zu hören/lesen.

Danke im Voraus und schöne Grüße,

Christian
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Christian,

Das hier dürfte Deine Fragen beantworten..

http://www.hifi-selbstbau.de/index.php? ... &Itemid=35

Grüße,
Jörn
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

modmix hat geschrieben:Der Grund liegt m.E. darin, daß die 3. (bzw. 5.) Oberwelle eine Quinte (bzw. eine Terz) sind. Blöderweise ...
<snip>

Weil bei Oktaven keine Schwebung auftritt, stören die gradzahligen Oberwellen deutlich weniger.
<Klugscheißer on>

k3 und k5 sind ebenfalls geradzahlige Oberwellen :mrgreen:
Dann stört wohl bloss die nicht dazu stimmige Musik :D

<Klugscheißer off>

Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Klugscheißer aller Bundesländer, vereinigt euch! :cheers:

Die Musiker zählen anders als die Physiker, da kommt es immer wieder zu Konflikten, wenn man nicht angibt, nach welcher Betrachtungsweise diskutiert wird.

Grüße Hans-Martin
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cdm
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Beitrag von cdm »

Hallo Jorn,
danke für den Link.

Was Klirr angeht: wenn ich das richtig verstehe ist K2 die Oktave, K3 die Quinte, K5 die Terz, etc. Aber sind das nicht auch gleichzeitig die Oberwellen, die die "Klangfarbe" bestimmen? Dann hieße das: Klirr = Oberwellen? Oder anders, Oberwellen + Klirr = neue "Klangfarbe". Das kann nicht sein, oder? :?

Ahnungslose Grüße,
Christian

P.S.: wäre es nicht einfacher wenn Links in neuen Tabs öffnen?
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cay-uwe
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Beitrag von cay-uwe »

Guten morgen Christian,

ja, eigentlich wünscht man sich technisch Komponenten die keinen Klirr, oder wie Du geschrieben hast, keinen Klang hinzufügen.

Das ist gerade bei Lautsprechern recht schwierig und selbst technisch aufwendig konstruierte Boxen generieren einen Klirr der um ein vielfaches höher ist als Elektronikeinheiten.

Was bleibt ist am Ende ob einen subjektiv gesehen ein Lautsprecher gefällt. Das ist mir das Wichtigste und so ist es mir und auch vielen Anderen mit dem Manger MSW gegangen. Ich habe ihn nur rein technisch gesehen und das sagte mir nicht zu. Wie ich ihn dann hörte, muss ich sagen, dass er mich überzeugt hat und das Technische war schnell vergessen.

So ist es im Übrigen auch den Machern von hifi-selbstbau.de gegangen, die bei einen ihrer User den Manger gehört haben. Die Herren, ansonsten sehr technisch unterwegs, waren sehr überrascht, dass das Gehörte und Gemessene irgendwie nicht zusammen passt. :wink:
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Gemäss Earl Geddes sind selbst höhere Klirrfaktoren bei Lautsprechern nicht hörbar.

Es gibt noch einen wichtigen Aspekt bei der Messung des KlirrFAKTORS, welcher ja nicht den Klirr an sich angibt, sondern ein Verhältnis: Treiber, welche Ueberhöhungen und Senken in Ihrem Amplitudenfrequenzgang aufweisen, haben auch Peaks beim Klirrfaktor bei ebendiesen Stellen.

Membranresonanzen können durch den vorhandenen Klirr zusätzlich angeregt werden. Ein einfaches Beispiel: Ein Chassis hat einen k3 bei Schallpegel X von 0.3 %. Bei einer Frequenz von 3 kHz hat es eine Resonanzüberhöhung von 10 dB. Wird ein 1 kHz Signal auf das Chassis gegeben, wird der Verzerrungsbedingte Obertonanteil bei 3 kHz nun auch um 10 dB angehoben und das Chassis hat deshalb bei 1 kHz nun ca 1 % k3.

Auf der anderen Seite wird bei einem Treiber wie dem MSW, welcher an zwei Stellen deutliche Senken aufweist, selbst bei konstantem Pegel von k2 oder k3 die Verzerrungsmessung einen erhöhten KlirrFAKTOR anzeigen, da ja durch die Absenkung des Grundtones das VERHHAELTNIS Harmonische/Grundton auch verändert wird. Die teilweise sehr hohen Angaben des Klirrs von Kritikern des MSW beruhen m.E. zum Teil auch auf Fehlinterpretationen, welche diesen Umstand gar nicht berücksichtigen.

Ich habe noch nie eine Box mit MSW und z.B. konventionellen Dreiwegeboxen mit grossem Mitteltöner direkt nebeneinader verglichen. Aber zeitnah (einige Minuten) konnte ich das schon tun. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Dreiwegeriche (z.B. B&W Nautilus oder Sonus Faber Amati Homage) "Schöntöner" sind, welche z.B. Frauenstimmen sehr fein wiedergeben - und das auch bei hohen Pegeln. Subjektiv scheint dies der Manger auf den ersten Blick (eher auf den ersten "Hör" :wink: ) nicht so gut zu können. Aber das Frappante war immer, dass letzterer irgendwie trotzdem viel realistischer klang (d.h. die Illusion erzeugt, selber "vor Ort" zu sein).

Zu der Geschichte mit den Oktaven kommt noch etwas mehr dazu, was die Sache noch einmal komplizierter macht: Das Verhältnis 1:2 ist tatsächlich sowohl technisch wie musikalisch eine Oktave und auch für das Gehör konsonant. So weit so gut. Nun macht uns aber an anderer Stelle die Physik wieder einen Strich durch die Rechnung: Eine reale Saite verhält sich nicht ganz so wie es das theoretische Modell voraussagt, da sie sich an Ihren Enden, bedingt durch Ihre Steifigkeit, eher wie ein Stab verhält. Die Folge ist, dass ihre Obertonreihe nicht exakt aus ganzzahligen Vielfachen besteht. Je kleiner das Verhätnis Länge/Durchmesser der Saite, desto stärker der Effekt. Damit z.B. bei einem Klavier die Obertöne der tiefen Oktavlagen mit den Obertönen UND dem Grundton der oberen Oktavlagen des selben Tones zusammenfallen, werden beim Klavierstimmen die Oktaven gestaucht und gestreckt, d.h. sie sind nun auch nicht mehr schön im Verhältnis 1:2.

Gruss

Charles
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cdm
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Beitrag von cdm »

Hallo Cay-Uwe,

kann man dann irgendwie pauschalisieren und sagen, dass (1) ein Lautsprecher der wenig klirrt neutraler ist als einer der einen höheren Klirranteil hat (Linearität vorausgesetzt), und (2) dass dies sogar wichtiger als einen linearen Frequenzgang sei?

Manger MSW wird als hoch auflösend und überragend räumlich (3D-Illusion), aber nicht ganz neutral beschrieben. Dadurch wären die Messungen sehr gut dazu passen, finde ich: nicht ganz so ebenen Frequenzgang, ziemlich hohen Klirr, aber (fast) perfekte Impulsantwort. Die relativ hohe Breitbandigkeit käme hinzu. Da man aber Neutralität nicht absolut bewerten kann (viele anerkannt neutrale Lautsprecher können unterschiedlich, doch "richtig" klingen), sind die andere Eigenschaften für unsere Ohren womöglich beeindruckender und machen einfach mehr Spaß.

Wenn ich ein Lautsprecher höre, der den Aufnahmeraum bis in letzten Winkel ausleuchtet, und das auf verblüffend echte Weise, dann achte ich nicht mehr darauf ob die Instrumente vielleicht ein wenig zu dünn oder zu vollmundig klingen. (Ganz zu schweigen, dass eigentlich niemand genau weißt wie die Aufnahme wirklich klingt.) Vielleicht das ist der Grund warum der Manger MSW so hochgeschätzt wird.

Schöne Grüße,
Christian
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