NebengeräuscheTieftöner

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dietert
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NebengeräuscheTieftöner

Beitrag von dietert »

Gestern bin ich beim Test einiger Tieftöner hängen geblieben, als ich Nebengeräusche untersucht habe. Und zwar habe ich einen 20 Hz Sinus mit etwa 15 Vrms mit niedrigem Klirr erzeugt und an verschiedene lose Chassis angeschlossen. Habe extra noch einen passiven Tiefpass aus Luftspule und Folienkondensator hinter die Endstufe geschaltet, Klirr ist jedenfalls unter 0,01 %, das habe ich nachgemessen.
Dabei machen diese Tieftöner ordentlich Hub, etwa +/- 5 bis +/- 10 mm. Hören sollte man im Idealfall nichts, da ja die Schallwand bzw. Box fehlt. Die Hinterlüftungsöffnungen habe ich freigelassen.
Tatsächlich hört man aber ein ordentliches Zischen, Rauschen, Klappern, Schlagen und Brummen. Klappern und Schlagen hat meist was mit der Lagerung des Chassis zu tun, das kriegt man mit Polstern weg. Brummen sind wahrscheinlich D2 und D3 Klirr bei 40 bzw. 60 Hz. Außerdem hört man erhebliche höherfrequente Nebengeräusche, vielleicht durch die Luftbewegungen im/am Korb.
Die Chassis scheinen alle in Ordnung zu sein. Ich meine, meistens habe ich zwei, da erkennt man schon, ob eins von beiden defekt ist. Es kann also nur um die Auswahl eines Chassis gehen, nicht um eine Reparatur oder Modifikation. Wie würde man das messen und bewerten? Gibt es dafür eine Standardprozedur?
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Ich würde die Chassis ohne Einbau mittels Wobbeln etwas einspielen. Dann die TSP messen und die Chassis in entsprechend dimensionierte Testgehäuse einbauen.

Und dann mit Musik beurteilen, welches Chassis MUSIK am besten wiedergibt ! :wink:

Gruss

Charles
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Dieter,

Um die Chassis zu vergleichen, sollte die Ausgangsleistung, und nicht die Spannung konstant sein, sprich, die Impedanz mit einbezogen werden. Zudem richtet man sich meist nach der Resonanzfrequenz. Ein Chassis, das bei Deinem Test näher an den 20Hz liegt schwingt dann bei gleicher Leistung auch stärker. Natürlich spielen die anderen TSP wie Masse und Antriebsverhältnis bzw. Wirkungsgrad auch eine Rolle bei der Vergleichbarkeit.
Das Zischeln kommt von den Strömungsgeräuschen im Luftspalt. Bei jeder Bewegung wird die Luft hinter der Staubschutzkappe über den Luftspalt um die Spule herum nach außen unter die Zentrierung gedrückt bzw. von dort wieder angesogen. Das ist eine gute Kühlung und teilweise auch so gewollt. Polkernbohrungen oder perforierte Spulenträger oder sog. Phase-plugs (Entfall der Staubschutzkappe) sorgen für eine Reduzierung dieses Effektes, da die Luft einen kürzeren Weg nimmt. Das reduziert die Geräusche, aber sorgt eben auch für eine schlechtere Kühlung der Spule.
Ein guter Kompromiss ist z.B. was Visaton beim TIW200 XS gemacht hat, nämlich Löcher in den Grund des Luftspaltes zu bohren. Das erhält die Kühlung auf der Innenseite der Spule, schwächt jedoch den Magnetfluss ein wenig.

Grüße,
Jörn
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Phase-plugs (Entfall der Staubschutzkappe) sorgen für eine Reduzierung dieses Effektes, da die Luft einen kürzeren Weg nimmt.
Hierfür würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen !!! Das mag stimmen bei nicht eingebauten Chassis. Bei eingebauten Chassis (was ja eigentlich dem Verwendungszweck entspricht!) kann es dann gut auch umgekehrt aussehen (respektive tönen).

Gruss

Charles
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

dietert hat geschrieben:Dabei machen diese Tieftöner ordentlich Hub, etwa +/- 5 bis +/- 10 mm. Hören sollte man im Idealfall nichts, da ja die Schallwand bzw. Box fehlt. Die Hinterlüftungsöffnungen habe ich freigelassen.
Tatsächlich hört man aber ein ordentliches Zischen, Rauschen, Klappern, Schlagen und Brummen. Klappern und Schlagen hat meist was mit der Lagerung des Chassis zu tun, das kriegt man mit Polstern weg. Brummen sind wahrscheinlich D2 und D3 Klirr bei 40 bzw. 60 Hz. Außerdem hört man erhebliche höherfrequente Nebengeräusche, vielleicht durch die Luftbewegungen im/am Korb.
Hallo Dieter
Scheint mir alles im Rahmen des Bekannten zu liegen.
Was bleibt davon hörbar übrig, wenn das Chassis auf die Normschallwand montiert wird, oder in ein großes geschlossenens Gehäuse?
Angenommen, die Staubschutzkalotte ist dicht verklebt, dann wird bei langsamen Bewegungen die komprimierte Luft darunter ihren Weg durch den Spalt um die Schwingspule hinten herum suchen.
Wie ändern sich die Nebengeräusche, wenn das Chassis nicht unter, sondern über der Resonzfrequenz betrieben wird?
Nah abgehört, merkt man, dass auch die Sicke und Zentrierung bei großen Hüben Nebengeräusche produzieren.
Wenn durch akustischen Kurzschluss der eigentliche Ton weitgehend nicht an die Luft gekoppelt wird, werden die Nebengeräusche anteilig deutlicher. Ich habe schon Chassis quietschen gehört. Und eine kleine Undichtigkeit der Verklebung der Staubschutzkalotte hat dazu geführt, dasss sie wie ein Ventil wirkte und nach großen Hüben die Membran sich deutlich nach innen gepumpt hat.
Grüße Hans-Martin
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freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo Charles,

Du hast absolut Recht! Ich bin von meinen Erfahrungen mit Versuchen am offen betriebenen Treiber ausgegangen. Im Einbauzustand drückt die Luft vom Gehäuse-Inneren über den Luftspalt am Polkern nach außen. Dann ist keine Staubschutzkappe da, die einen Gegendruck erzeugt, und damit die Strömung reduziert und die zudem die entstehenden Geräusche nach außen hin dämmt.

Unter diesem Gesichtspunkt wäre es wohl optimal, wenn das Verhältnis von Membranfläche (abzüglich Polkerndurchmesser) zu Gehäusevolumen gleich dem Verhältnis von Polkerndurchmesser zum Luftvolumen hinter der Staubschutzkappe wäre...bei optimaler Belüftung des Volumens hinter der Zentrierspinne.

Grüße,
Jörn
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dietert
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Beitrag von dietert »

Wir sind ja hier bei den Aktiven, d.h. ich stelle mir vor, dass die akustischen Eigenschaften in der Nutzbandbreite des Tieftöners durch eine entsprechende Regelung optimiert werden. Gegen die Nebengeräusche hilft die Regelung aber nur teilweise. Deswegen wollte ich die Nebengeräusche durch Chassisauswahl optimieren. Gut, für einen quantitativen Vergleich müsste man dafür sorgen, dass der Hub irgendwie normiert wird, nicht die Antriebsspannung.
Wenn ich in der Box messe, dann habe ich einen riesigen 20 Hz-Pegel auf dem Mikrofon. Keine Ahnung, ob man die Nebengeräusche dann überhaupt noch richtig zu fassen kriegt.
Der Unterschied zwischen den Chassis ist bei dem beschriebenen Test sicher überspitzt, während das beim verbauten Chassis und beim Musikhören weniger auffällt, das verstehe ich. Der Anteil der Geräusche, die hinter der Membran bzw. Staubschutzkappe entstehen, ist dann gedämpft. Und die werden durch die 20 Hz zugedeckt, die man dann laut hört. Womöglich ist der Klirr in den Möbeln und im Ohr dann größer als die Nebengeräusche. Und die Nebengeräusche werden noch durch die restliche Musik zugedeckt.

Ein Extrembeispiel, was mir dazu einfällt, sind die Sony SA-20FB, kleine Zweiwege-Aktivlautsprecher. Die galten/gelten irgendwie als High-End, weil sie für ihre Größe recht leistungsfähig sind, vielleicht auch wegen des Bändchens. Die haben einen Bassreflexkanal aus Aluminium, der gleichzeitig als Kühlkörper für den Tieftöner dient, mit einer Heatpipe zur Wärmeübertragung. Die Bassreflexöffnung ist vorne, direkt neben dem Bändchen. Wenn man denen wirklich Bässe gibt, sind die Nebengeräusche furchtbar.

Danke für den Hinweis auf die Hinterlüftungen hinter dem Luftspalt. Die habe ich auch bei einem der Chassis, einem Emphaser NEO 15er. Rein subjektiv ist es eines der besseren Chassis. Tieftöner mit Phase Plug habe ich gerade keinen.
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Es gibt gelochte Schwingspulenträger, die einen Druckausgleich ermöglichen
Grüße Hans-Martin
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Die gelochten Schwingspulenträger sind m.E anderen Methoden zur Hinterlüftung sowohl von der Wirkung her - wie auch von der Aerodynamik (schlechte Aerodynamik = Strömungsgeräusche) unterlegen. Schlechte Aerodynamik bedeutet eigentlich auch ein tiefer Qms, welcher ja eigentlich so hoch wie möglich sein sollte. Viele moderne Chassis haben auch hinterlüftete Zentrierspinnen um Strömungsgeräusche tief und den Qms hoch zu halten.

Hier drei Beispiele von eleganten Hinterlüftungen:

http://www.jblpro.com/ProductAttachments/tn_v1n18.pdf

http://aurasound.flyinghstudios.com/ima ... -close.jpg

http://www.scan-speak.dk/prod_ill.htm

Gruss

Charles
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