Vibrationsarme Lautsprechergehäuse

freezebox
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Beitrag von freezebox »

Hallo,

Danke Hans-Martin für den Tipp und Deinen Kommentar Oliver.

Bezüglich Hawaphon stimme ich Charles zu - ich denke auch, dass man es nicht einfach nur als Beschwerung der Wand betrachten kann, da die Kugeln sich in ihrer Kammer frei bewegen können, also nicht starr an die Wand gekoppelt sind. Bei deren Anregung entstehen dann Reibverluste, die eine Dämpfung bewirken.

Grüße,
Jörn
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

phase_accurate hat geschrieben:Hawaphon ist nicht einfach eine Beschwerung sondern man bsut damit einen Reibungsverlust ein. Ich habe einmal Gehäuse aus 19mm Birkenmultiplex für einen kleinen Zweiwege Monitor gebaut, welche mit Hawaphon gedämmt sind. Den berühmten Klopftest bestehen diese mit Bravour.
Hallo Charles,

so habe ich es ja oben auch beschrieben:
O.Mertineit hat geschrieben: Es handelt sich hier der Wirkung nach hauptsächlich um eine "Schwereschicht" mit einer gewissen integrierten Eigendämpfung. Die Steifigkeit der Wände wird dadurch bewusst nicht erhöht.
Die gute Wirkung zu hohen Frequenzen hin beruht jedoch eindeutig auf der deutlichen Erhöhung der Massebelegung der Wände.

Die Reibungsverluste der Kügelchen im Öl sind aber auch bei tiefen Frequenzen noch nicht so hoch, denn sie basiert ihrerseits auf der Trägheit der Kügelchen ... da tut sich bei tiefen Frequenzen noch nicht viel.

Will man Dämpfung (Reibungsverlust) bereits bei tiefen Frequenzen haben, dann sind großflächige Constraint-Layer mit viskosen Materialien wirksamer: Z.B. Alu-Bitumen Sandwich, welche eine Verformung der Wand mit einer "plastischen" Komponente versehen. Das kann die Korff Matte bei tiefen Frequenzen und den Grundmoden (z.B. nur ein Schwingungsbauch in der Mitte einer Wand) nicht, weil sie dafür u.a. viel zu kleinteilig segmentiert ist.

Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Für 2-Wege Gehäuse und breitbandiger eingesetzte Woofer ist es sicher ein überlegenswertes Material, m.E. jedoch nicht für kompakte Subwoofer.


Grüße Oliver
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Es geht doch schlichtweg um das Thema Energievernichtung durch Wärme. Und zwar von der Energie, mit der wir die LS füttern. Es wird ja nur ein geringer Prozentsatz in effektiven Schall umgesetzt. Und um jegliche Vibration zu vernichten muss das alles denn in Wärme durch innere Reibung umgesetzt werden.

Wenn wir und nun mal Masseschwinger anschauen, dann gilt für eine Eigenfrequenz:

f ~ Wurzel(c/m) mit c= Federsteifigkeit und m = Masse und ~ = proportional

Um also die Resonanzfrequenz zu erhöhen, muss die Steifigkeit größer werden und die Masse leichter. Um sie zu erniedrigen, muss das Gegentum der Fall sein.

Nun, mit steigender Federsteifigkeit wird es aber schlechter mit der inneren Reibung. Das weiss man spätestens dann wenn man die Gelegenheit bekommt, einen im Kran hängenden schweren Stahlträger mit einem kleinen Hämmerchen zu "impulsen" um dann zu staunen wie lange der Träger dann wie eine Glocke klingt. So ein bisschen Energie und soviel Ton und der Träger bewegt sich dabei nicht.

Andererseits weiss man auch, dass zumindest hohe Frequenzen sich einfacher durch innere Reibung vernichten lassen.

Es kommt also das Thema Dämpfung dazu. Ist keine Dämpfung vorhanden, dann würde etwas "ewig" schwingen. Bei unterkritischer Dämpfung ergibt sich eine Schwingung die exponentell abnimmt (abhängig von der Dämpfung). Bei kritischer und überkritischer Dämpfung kommt keine Eigenschwingung zustande.

Will man also bestmöglichst Schwingungen vermeiden wäre eine kritische Dämpfung ein Ziel. Dazu müsste für die Dämpfungskonstante gelten

d = 2*Wurzel(c*m)

Was heisst, dass mit steigender Steifigkeit bzw. steigender Masse die Dämpfung größer werden muss.
Bei kleinerer Masse und Steifigkeit kann die Dämpfung kleiner werden.

Wozu das Ganze:
Wenn keine Dämpfung vorliegt, dann schwingt es eben lange. Versteifen eines Gehäuses hebt die Resonanzfrequenz, man braucht mehr Dämpfung. Einfaches Vergrößern eines Gehäuses macht mehr Masse, zudem das Gebilde schwingfähiger, die Resonanz geht runter. Aber auch hier muss dann die Dämpfung wieder passend eingestellt sein.

Letztendlich heisst Dämpfung, dass irgendwas aneinander/gegeneinander reibt. Das können Holzspäne in einer Preßspanplatte sein, ein Plattenverbund mit einem Kleber dazwischen, oder Schwerfolie oder Hawaphon oder geklebte Glasplatten oder ...

Die Kunst besteht also darin, das Verhältnis von c und m und d passend zueinander einzustellen. Eine reine Dämpfung und Masse ohne Steifigkeit, Beispiel Gehäuse aus Knetmasse, hilft nichts. Und ein reines Gehäuse aus Steifigkeit und Masse, aber ohne Dämpfung, z.B. Glocke, hilft auch nichts.

Merke: im Gegensatz zur Forumsdiskussion wird es beim LS-Bau schneller ruhig, wenn sich etwas reiben kann. :mrgreen:

Grüsse
Uli
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Uli,

Deinen Versuch zur Vereinfachung in allen Ehren, auch den nochmaligen Hinweis auf die Dämpfung. Aber das kommt dem Versuch gleich, ein Lehrbuch über Körperschall auf die Formel zum gedämpften Federpendel zu reduzieren ...

Zumal Du ja nicht darauf eingehst, welche Relation von Federsteifigkeit zu Masse jeweils wünschenswert ist und wo die Eigenresonanzen für welchen Zweck liegen sollten:

Eine Wand an ihrer Grundresonanz(?) aperiodisch zu bedämpfen reicht für eine gute Schalldämmung allein jedenfalls nicht aus. Zur Rolle der Masse bei der Schalldämmung einschaliger Wände:

http://www.baunetzwissen.de/standardart ... 47837.html

Tatsächlich müssen Wände vorzugsweise im Bereich der Massehemmung "betrieben" werden und unterhalb ihrer Koinzidenzfrequenz. Das ist die übliche Auslegung, wenn Wände auch im Bereich hoher Frequenzen eine gute Dämmung aufweisen müssen. Für diese Auslegung stehe ich allerdings mit der von Dir herangezogenen Formel für das Federpendel ziemlich allein im Wald ...

Welche Phasengeschwindigkeit für Biegewellen hat denn ein Federpendel ?
Wie lautet seine Dispersionsrelation ?
Ist "Masse" dasselbe wie "Massebelegung" ?
Ist "Federsteifigkeit" bzw. "Nachgiebigkeit" dasselbe wie die - evt. richtungsabhängigen - E.Module ?
Hat ein Federpendel (das aus dem Schulphysikbuch) Eigenmoden oberhalb seiner Grundresonanz ?
...

Vereinfachung und Analogiebildung sind zwar schön aber m.E. nur dann, wenn es instruktiv ist und wirklich passt.

Das Gehäuse eines Subwoofers muss u.U. gar keine gute Schalldämmung bei hohen Frequenzen aufweisen, es kann sich evt. sogar Grundmoden mit rel. hohen Güten erlauben, wenn sie weit genug außerhalb des Übertragungsbereiches liegen. Für diese gegensätzliche primär auf Biegesteifigkeit beruhende Strategie habe ich zuvor ein Beispiel gebracht.

Welche Auslegung von Gehäusen ist im Einzelfall "richtig" oder "günstig" ?

Welche Kriterien für eine Designentscheidung bezüglich Lautsprechergehäusen kann ich aus der von Dir angeführten Formel für den einfachen Feder-Masse Schwinger (Federpendel) ableiten ?

Grüße Oliver
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Zu Ulis Beitrag:

Ich sehe das vereinfacht so: bei gleicher Dämpfung wird dieselbe Anzahl Schwingungen auf denselben prozentualen Rest abgeschwächt. Bei hoher Frequenz ist die dafür benötigte Zeit kürzer als bei niedriger. Man hört also weniger lange die Störung.

Anders ausgedrückt, tiefere Frequenz (mehr Masse) verlangt nach mehr Dämpfung, um in derselben absoluten Zeit abgeschwächt zu werden. Will man mit mehr Masse die Frequenz bewahren, muss die Federsteife entsprechend zur Massezunahme sinken (härter werden). Eine steifere Feder würde bei gleicher Masse eine höhere Frequenz bedeuten. Mehr Steifigkeit schadet also nicht beim Subwoofergehäuse. Ich beziehe mich auf die reale absolute Zeit, nicht auf die relative Zeit einer Schwingungsperiode. Ein Denkfehler?

Grüsse
Hans-Martin
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hallo Hans Martin,

naja, bei Resonanzgüten betrachtet man Ein-/Ausschwingvorgänge eigentlich immer auf Schwingungsperioden bezogen. Ein Einschwingvorgang mit Güte Q = 0.5 sieht also immer gleich aus, unabhängig von der Resonanzfrequenz. Man normiert die betrachtete Zeitspanne auf die Schwingungsdauer.

Weit (!) außerhalb des Übertragungsbereiches kann ich mir u.U. recht hohe Resonanzgüten der Eigenmoden der Gehäusewände erlauben.Ich kann mir aber auch dann recht hohe Resonanzgüten erlauben, wenn die Anregung ganz allgemein sehr gering ist.

Ein willkürlich konstruiertes Beispiel: Ich habe ein Gehäuse welches vom Tiefton Chassis direkt angeregt eine unschöne Mode bei 120Hz hervorbringt. Der Tieftöner hätte einen sehr steifen Druckgusskorb.

Ich bin zu faul mir Gedanken zu machen - das Gehäuse kann man nicht mehr ändern - und klemme mal ein Zusatzgewicht von 4-10kg auf den Magneten. Ich verschraube das Gewicht schwimmend mit der Bodenplatte des Gehäuses und ersetze die Halteschrauben des Montageflansches an der Schallwand allein durch eine umlaufende weiche Dichtung: Das Chassis ist jetzt an seinem Magneten montiert und bildet mit Bodenplatte und Aufhängung ein "Federpendel". Eine hinreichend schwere und standfeste Bodenplatte ist Voraussetzung ...

Evt. hat sich die Anregung der Schallwand jetzt sehr stark verringert. Die ursprüngliche Eigenmode wird nicht mehr angeregt und liegt jetzt evt. auch bei einer anderen Frequenz.

Es sind immer noch Eigenmoden am Gehäuse vorhanden, sie haben evt. im Mittel sogar die gleichen Güten wie zuvor: Aber die Anregung ist vermindert, weil ich die Anregung tiefpassgefiltert habe: Mit einer schwimmenden Aufhängung des Chassis selbst, deren Eigenresonanz im Infraschall liegt und evt. sogar eine exorbitante Güte von 2..3 hat ... Trotzdem ist das Gehäuse im gesamten Hörbereich jetzt "leiser" als zuvor ... Mehr Dämpfung in Form von Reibung/Viskosität in den Gehäusewänden ? Fehlanzeige ! Nur die Anregung des Gehäuses wurde durch Tiefpassfilterung vermindert und mein mech. Tiefpass ist evt. sogar unterbedämpft. Bei einer Eigenfrequenz von ca. 5 .. 7Hz ist das aber bei einem Lautsprecher ziemlich egal ...

Diese Methode empfiehlt sich bei kommerziellen LS - welche das Haus auch mal verlassen müssen - nicht so sehr, aber ich erwähne sie mal als ein Beispiel für Möglichkeiten, die es gibt ...

Grüße Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

u.a. dieser Hersteller macht die Entkopplung des Treibers vom Gehäuse und eine Form der o.g. Magnetmontage zum Kennzeichen und tragenden Konstruktionsmerkmal seiner Produkte:

(und setzt das Feature auch sehr schön in Szene ... :wink: )

http://www.eclipse-td.net/

http://www.eclipse-td.net/concept/images/timedomain.jpg

@Luki: Die runden, nahezu Ei-förmigen Gehäuseformen dürften Dich ebenfalls interessieren ...


Grüße Oliver
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

O.Mertineit hat geschrieben:Hallo Uli,

Deinen Versuch zur Vereinfachung in allen Ehren, ...
Oliver,

finde ich prima, dass Du uns aufzeigst, wie es richtig geht. :mrgreen: Ich fühle mich selbst trotzdem nicht dazu animiert nun das Verhalten von LS-Wanden richtigerweise mit partiellen Differentialgleichungen zu beschreiben. Dein Beispiel, - so eine Art Schwingungstilger, richtig? - ist auch nett, aber letztlich ändert sich nichts daran, als dass die Energie durch Reibung in Wärme gewandelt werden muss. und wenn das eben die weiche Dichtung tut.

Ich wollte tatsächlich vereinfacht das Prinzip darstellen. Weg mit der Energie. Hohe Resonanzfrequenzen haben den Vorteil, dass Bewegungen schneller verlaufen, die Amplituden dabei kleiner sind. Wenn Du mit der flachen Hand die Tischplatte schnell reibst, wird die Hand schneller warm als wenn Du es langsam machst. Schon wieder eine Vereinfachung, die das aber klar machen sollte.

Also, ich denke wir teilen uns die Aufgabe. Du erklärst uns, wie man es richtig macht und wie man die komplexen Formeln richtig auslegt ud interpretiert. Ich bleib dabei, dass ein wichtiger Grundsatz ist, etwas reiben zu lassen. Und wenn das dann noch schnell geht, z.B. hohe Eigenfrequenz mit inneren Versteifungen eines Gehäuses und angewandte Materialverbünde, dann ist das schon mal was.

Grüsse
Uli

PS: Entkopplung des Treibers vom Gehäuse macht z.B. auch B&W beim Kevlar-Mitteltöner. Mit einem speziell beworbenen Gummiring zwischen Korb und Gehäuse. Allerdings klingt es gar nicht mehr gut, wenn das Chassis dann zu sehr entkoppelt ist. Nun hätte ich gern eine Formel, mit welcher Kraft ich das Chassis nun anziehen muss.
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

uli.brueggemann hat geschrieben: Also, ich denke wir teilen uns die Aufgabe. Du erklärst uns, wie man es richtig macht und wie man die komplexen Formeln richtig auslegt ud interpretiert.
Vielen Dank Uli,

ich suche mir jedoch meine "Aufgaben" im Allgemeinen gern selbst aus, soweit das möglich ist, und brauche für gewöhnlich auch niemanden, der mir selbige zuteilt.

Es wird Dich vermutlich nicht überraschen, daß auch ich keinen Anlass sehe, an den in meinen Posts s.o. vertretenen Standpunkten derzeit etwas zu ändern.

Unsere Standpunkte unterscheiden sich: Für mich ist Dämpfung durch Energieumwandlung in Wärme hier nur ein Aspekt unter vielen. Es sind Gehäuse mit hervorragenden technischen Eigenschaften trotz relativ hoher Güten der Eigenfrequenzen möglich. Der Großteil der Anwendungen verlangt natürlich nach hinreichender Eigendämpfung, das wurde aber von mir auch nie bestritten.

Mit - mindestens - der gleichen "Berechtigung" wie man die Komponente "Reibung" bei der Schalldämmung in den Vordergrund stellen kann, könnte man auch die Komponente "Masse" s.o. in den Vordergrund stellen. Ich weiß nur nicht, ob man so wirklich weiterkommt ...


Grüße aus Reinheim

Oliver
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Wie wäre es mit einer Betrachtung der Amplituden?

Ein Lautsprecher mit 100g Membranmasse ist nicht gerade "schnell", das muss er auch nicht sein, wenn er bei 200Hz schon nicht mehr gefordert wird. Die 100g bewegte Masse habe ich noch von dem Isophon PSL320/400 Guido J. Wasser im Hinterkopf, das war damals schon extrem. Und wenn der Magnet samt Korb 10kg wiegt, wird der schwimmend gelagerte Lautsprecherkorb beim Antrieb der Membran nach Newtonscher Mechanik 1% des Membranhubs in Gegenrichtung ausführen. Dieses 1% koppelt an das Gehäuse mit ca. 30kg an. Bei Xmax von angenommen 10mm wirken 0,1mm auf den Korb, die an das Gehäuse mit 3facher Masse weitergeleitet werden. Bei 0,5m Kantenlänge ist die Oberfläche des Würfels 6x0,25qm =1,5qm, abzüglich der effektiven Membranfläche 500qcm, die 1/30 der Gesamtoberfläche ausmacht, wovon aber maximal nur die Hälfte dem Hörer zugewandt sein kann.

Das Nutzsignal der Membran steht also der 29fachen Gehäuseoberfläche gegenüber, die mit maximal 1% des Nutzsignals angeregt wird, aber deren Wandstärke etwa das 100-fache der Lautsprechermembranstärke ausmacht und etwa das 300-fache wiegt.

Während bei Luftschall 172 Hz etwa 2 m Wellenlänge entspricht, eine Halbwelle also 1m, ist bei Holz-Schallgeschwindigkeit eine Halbwelle 10m lang, wovon die Gehäusewand nur 1/20 Wellenlänge ausmacht. Wie groß muss die Kraft sein, um 22m Spanplatte mit innerer Dämpfung zu Biegewellen anzuregen, was bleibt hörbar übrig, wenn die Anregung die oben genannten 0,1mm maximal gleichzeitig nicht übersteigen kann? Kann eine Membran mehr Energie abstrahlen, als man ihr zuführt? Natürlich nicht, und damit wachsen die Zweifel, dass das Gehäuse quasi als Membranverlängerung einen gravierenden Einfluss nimmt.

Viele Fragen, dabei darf man nicht vergessen, welche Einflüsse Raumresonanzen auf das Ergebnis haben, mit Gütefaktoren nahe 10 und typisch 12dB Betonung, in 3 Achsen des Raums, jeweils die ersten 4, macht 12, sofern die Schröderfrequenz nicht überschritten wird. Wenn jetzt der Subwoofer mit dem Hauptlautsprecher frequenzweichenmäßig am Hörplatz nicht perfekt zusammenspielt, was macht die resultierende Welligkeit obendrein noch aus?

Mit dem Wunsch nach einer Prioritätenliste für Subwoofer nach Hörbarkeit schließe ich erstmal

Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

O.Mertineit hat geschrieben:Mit - mindestens - der gleichen "Berechtigung" wie man die Komponente "Reibung" bei der Schalldämmung in den Vordergrund stellen kann, könnte man auch die Komponente "Masse" s.o. in den Vordergrund stellen. Ich weiß nur nicht, ob man so wirklich weiterkommt ...
Na ja, man kann ja mit viel Masse die Resonanzfrequenz auch gaaanz weit runterdrücken bzw. Bewegungsamplituden verkleinern (actio=reactio). Wobei Masse für sich allein betrachtet nun mal keine Energie vernichtet. Da muss denn doch wieder Reibung mit dazu, auch wenn es dann eine nicht sichtbare innere Reibung ist.

Dass man mit Subwoofern weiterkommt kann man bei YouTube gern hier oder hier betrachten :mrgreen:

Da fehlt denn auch Reibung. :D

Grüsse
Uli
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Bei den ganzen Betrachtungen darf man eines nicht vergessen: Im Gegensatz zur Bauakustik geht es hier nicht darum ein störendes Fremdsignal zu unterdrücken, sondern einer - als störend empfundenen Art und Weise abgestrahlten - Version des eigentlichen Nutzsignals. Ich würde mal sagen, dass die Wahrnehmungsschwelle des für das erstere deutlich tiefer ist als für das Zweite, da praktisch jedes Signal sich selber maskieren kann. Bevor man ein riesigen Aufwand betreibt sollte man zuerst wissen, wieviel Dämmung in welchem Frequenzbereich überhaupt nötig ist.

Es gibt m.E. auch bei modernen LS immer noch grössere Fehlerquellen als die unerwünschte Abstrahlung durch ein einigermassen serös aufgebautes Gehäuse.

Gruss

Charles
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hans-Martin hat geschrieben:Ein Lautsprecher mit 100g Membranmasse ist nicht gerade "schnell", das muss er auch nicht sein, wenn er bei 200Hz schon nicht mehr gefordert wird. Die 100g bewegte Masse habe ich noch von dem Isophon PSL320/400 Guido J. Wasser im Hinterkopf, das war damals schon extrem. Und wenn der Magnet samt Korb 10kg wiegt, wird der schwimmend gelagerte Lautsprecherkorb beim Antrieb der Membran nach Newtonscher Mechanik 1% des Membranhubs in Gegenrichtung ausführen.
Hallo Hans Martin,

Du stellst 0.1Kg (Membran) gegen 10Kg (Korb) und erwartest, daß sich der Hub umgekehrt proportional zu den Massen aufteilt. Dabei vergisst Du m.E., dass der Chassiskorb normalerweise mit dem Gehäuse fest verbunden ist.

Damit wirkt die volle Antriebskraft auf die Umgebung der Schallwand ein und kann dort zu Deformierungen führen. Es sind "sich fortpflanzende Deformierungen" - Biegeschwingungen - welche zu vermehrter Schallabstrahlung führen, wenn die Frequenz eine Eigenmode anregen kann. Biegeschwinger - wie Platten und Schalen - haben eine verteilte Massebelegung und verteilte Biegesteifigkeit. Sie sind
eben nicht mit dem Federpendel zu vergleichen, bei dem sich stets die gesamte Masse "am Stück" bewegt: Insbesondere bei den Eigenmoden höherer Ordnung teilt sich die Masse in viele teils gegenphasig schwingende "Teilmassen" auf.

Deshalb gibt es für die Ordnung von Eigenmoden und ihre Frequenz, welche auf einem Biegeschwinger möglich sind, auch keine prinzipielle "Obergrenze". Es wird nun deutlich, wie unglücklich es für das Verständnis war, hier im Verlauf der Diskussion eine Analogie zum - quasi eindimensionalen - Federpendel herzustellen, welches lediglich eine "unteilbare" als punktförmig angenommene Masse aufweist.

Wenn Du hingegen wirklich eine schwimmende sehr weiche Lagerung des Korbes annimmst wie Du es oben sagst, dann wird die auf das Gehäuse wirkende Antriebskraft durch die Beschleunigung des Korbes und die Nachgiebigkeit Deiner "schwimmenden Lagerung" zu hohen Frequenzen hin "aufgezehrt": Es bildet sich ein mechanisches 12dB/Oktave Filter. Die auf den Korb wirkende Kraft steht dann nicht mehr voll zur Beschleunigung oder Deformation des Gehäuses zur Verfügung.

Du kannst also nicht "schwimmende Lagerung" des Korbes gegenüber dem Gehäuse annehmen, und dann gleichzeitig davon ausgehen, daß der resulierende Hub des Korbes irgendwie trotzdem noch zur Bewegung des Gehäuses zur Verfügung stünde und obendrein das Gehäuse als Masseklotz betrachten, der er spätestens im Bereich seiner Grundmode nicht mehr ist.

Ob das Gehäuse annähernd als Masseklotz "hin und her" geschüttelt werden kann, oder ob es Biegeschwingungen ausbildet, hängt davon ab, wie weit unterhalb der tiefsten Eigenmode die Anregungsfrequenz liegt. Weit unterhalb der tiefsten Eigenmode - der "Grundmode" - kann sich das Gehäuse quasi noch "am Stück" bewegen. Exakt auf der ersten Eigenmode angeregt, beginnt es in sich zu schwingen und deformiert sich deutlich. Dabei teilt sich das Gehäuse in Zonen auf, die gegenphasig zueinander schwingen und durch Knotenlinien getrennt sind, an denen "relative Ruhe" - also wenig Bewegung herrscht.

Die Chladni' schen Figuren sind Knotenlinien auf Platten, welche zu Biegeschwingungen angeregt werden:

https://www.youtube.com/watch?v=AS67HA4YMCs

http://de.wikipedia.org/wiki/Chladnische_Klangfigur

Die Schwingungen von Lautsprechergehäusen sehen qualitativ ähnlich aus, jedoch handelt es sich bei quaderförmigen Lautsprechergehäusen um 3-dimensionale schwingfähige Strukturen, bei denen alle 6 Gehäuseplatten an den Schwingungsmoden beteiligt sind.


Grüsse Oliver
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

O.Mertineit hat geschrieben:Die Schwingungen von Lautsprechergehäusen sehen qualitativ ähnlich aus, jedoch handelt es sich bei quaderförmigen Lautsprechergehäusen um 3-dimensionale schwingfähige Strukturen, bei denen alle 6 Gehäuseplatten an den Schwingungsmoden beteiligt sind.
Oliver,

gibt es verwertbare Erkenntnisse (also in etwa als Antwort auf die Frage: wie und mit welchem Material mache ich ein Gehäuse), die dazu führen, dass die 3-D schwingfähige Struktur am wenigsten schwingt?
Mit welchem gezielten Ansatz kann man, unter Berücksichtigung von beabsichtigtem Volumen und Platzbedarf der Komponenten, z.B. eine Versteifungsmatrix so einbringen, dass die Schwingungen nun bestmöglichst reduziert werden. Ist ein Holzkreuz besser als Versteifungswände oder sind Dreiecksstrukturen besser als parallele Strukturen (Scherung)?
Oder bleibt am Ende doch wieder alles dem "Gefühl" und dem Geschick des Gehäusebauers überlassen. Dem im allgemeinen ja auch nur übliches Baumateria zur Verfügung steht. Insofern bleiben exotische Materialien nur den wenigsten vorbehalten.

So denn eine schwimmende Chassis-Aufhängung Gehäuseschwingungen reduziert, gibt es denn Nachteile durch das "Schwimmen" des Chassis oder nicht?

Fragen über Fragen ...

Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

O.Mertineit hat geschrieben: Du stellst 0.1Kg (Membran) gegen 10Kg (Korb) und erwartest, daß sich der Hub umgekehrt proportional zu den Massen aufteilt. Dabei vergisst Du m.E., dass der Chassiskorb normalerweise mit dem Gehäuse fest verbunden ist.
Hallo Oliver
Das ist, wie gesagt, Newtonsche Mechanik. Kraft = Gegenkraft, oder die Einbeziehung des Zeitablaufs mit dem Impulsgesetz p=m*v oder der kinetischen Energie m/2*v^2, eines lässt sich aus dem anderen herleiten.

Man kann in der Mechanik an beliebiger Stelle einen Schnitt machen und die Kräfte sind auf beiden Seiten gleich, nur mit entgegengesetztem Vorzeichen.

Meine Überlegungen waren zunächst vom schwimmend gelagerten Chassis ausgegangen, weil ohne das Gehäusegewicht als Gegenlager die maximale Korbbewegung festgestellt werden sollte. Bei Ankopplung an mehr Masse geht die Korbamplitude entsprechend der Masse (Chassis+Gehäuse) weiter zurück, in diesem Fall wieder angenommen, das Gehäuse sei schwimmend gelagert (in der Praxis vielleicht auf den Fasern eines Teppichbodens). Mit 10kg Chassis im steifen 30kg Gehäuse kraftschlüssig gekoppelt, reduziert sich die Gegenbewegung auf 1/4. Bei Xmax = 10mm der Membran wären also 0,025mm Maximalamplitude zu erwarten, weniger als eine Haaresbreite (0,04mm), ließe das Gehäuse nicht mit seiner Elastizität mehr Freiraum für Schwingungen.
Beim würfelförmigen Gehäuse mit mittig auf Schallwand montiertem Chassis würde man zur Berechnung zwischen den Kanten "schneiden". Wegen der Symmetrie des Würfels sind die 4 Kanten, die von den Ecken der Schallwand zur Rückwand führen, auch die vom Chassis gleichweit entfernten Punkte jeweils gleichwertig.

Die Symmetrie wird schlagartig gestört, wenn das Chassis exzentrisch montiert wird, das sieht vielleicht nicht mehr gut aus, aber die unterschiedlichen Laufzeiten zu den equivalenten Punkten in den Kanten führt schlagartig zu Konflikten in den Phasenlagen, woraus eine Dämpfung für die Gehäuseschwingungen (Biegewellen) entstehen würde, so, wie wenn man Materialien unterschiedlicher Schallausbreitung miteinander verzahnt.

Spezialisten für Biegewellen NXT, heute HiWave Audio haben viele Patente zu dem Thema 'gesammelt'. Besonders interessant finde ich die Verbesserung des BMR Treibers, an dem Karl-Heinz Fink beteiligt war, wo eine zusätzliche Masse einen Fixpunkt auf der Membran darstellt, was das Hochtonabstrahlverhalten verbessert.
Die Chladnischen Klangfiguren und Betrachtungen von Flageoletttönen könnten zu der Idee führen, gegenüberliegende Flächen an den Schwingungsbäuchen mit Gewindestangen intern zu verspannen, Sacklöcher verhindern wegrutschen, gekonterte Hutmuttern verspannen leicht schräg gestellte Stangen, Nachspannen ist vermutlich unvermeidbar, weil das Holz sich verdichtet, nachgibt und verformt.
Ich habe zwar schon Subwoofer zum Wandern gebracht, aber noch nie Chladnifiguren darauf erzeugen können.
Die Spanten vom Schiffsbau findet man bei B&W Matrix Lautsprechern wieder, eine sparsame Variante könnte ein inneres Bretterkreuz (Multiplex), das die 4 Seitenwände verbindet und zusätzlich eine trapezförmige Stütze zur Rückwand hat. Wenn man nun mit einer Gewindestange den Magneten mit der Rückwand verspannt, der auf dem Kreuz aufliegt, koppeln Vibrationen an ein Gehäuse mit kleinen Teilflächen, die Einkopplung geschieht unsymmetrisch. Das lässt eine Verlagerung der Probleme zu hohen Frequenzen hin erwarten.

Ich benutze 2 antiparallele Bässe in 45° Eckaufstellung mit Raumkorrektur und Laufzeitausgleich. Die hornförmige Ankopplung an den Raum verbessert den Wirkungsgrad immens. Der Kräfteausgleich im Gehäuse ist sicherlich auch hilfreich. Aber der akustische Schallpegelzugewinn verbessert den Störabstand beträchtlich.
Das heißt nicht, dass ich an Dipol/Kardioid nicht auch sehr interessiert wäre - wobei diese Gehäuseformen auch nicht frei von Biegewellen sein können.
Mein Blotevogel Schwingungsaufnehmer ist leider in einem Kunststoffgehäuse eingegossen, damit wenig geeignet, solche Schwingungen aufzuspüren, Laserinferometrie übersteigt die privaten Möglichkeiten, die Sensitivität von Fingerkuppen reicht zwar aus, um einen Testton am Tonarmrohr zu fühlen, aber beim Mittel- oder Hochtöner versagt sie. Methoden, mit Spiegel und Laserpointer scheitern an der Trägheit des Auges.
Deshalb habe ich ein Tonabnehmersystem mit abgenutzter Nadel am Stativ befestigt und die Schallwandvibrationen gegen die in den Ständer eingekoppelten Schwingungen verglichen. Sehr deutlich wurde der Tiefpass vor dem Tieftöner erkennbar. Mein Ziel, Klangunterschiede bei Lautsprecherständern zu erklären, habe ich damit nicht erreicht, denn die Schwingungen gingen bis zum Rohr unmittelbar neben den Bodenspikes messbar durch. Und die Schlussfolgerung, der Übergang zwischen Spike und Ständer sei entscheidend, wollte ich nicht voreilig ziehen.
Das könnte auch beim Subwoofer ein interessanter Aspekt sein.
Grüsse Hans Martin
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