Frequenzabhängige Basisbreite, Korrekturbedarf bei Aufnahmen
Verfasst: 18.08.2014, 14:52
Hallo Forenten,
ich mache einen neuen Thred auf, weil ich bestehende Threads, welche sich u.A. mit
einer frequenzabhängigen Modifikation der Stereo-Basisbreite - rechnergestützt oder als
Lautsprecherimplementation - nicht stören möchte.
Um es vorweg zu nehmen: Ich habe aus Neugier über die hier im Forum laufenden Projekte
und Experimente zunächst an drei Tagen vermehrt vergleichend mit einem Mid-Side Prozessor
als Freeware Tool Hörversuche durchgeführt und verschiedene Einstellungen verglichen.
Die verwendeten Werkzeuge:
Das MS Prozessor Tool stammt von dieser Seite http://www.terrywest.nl/utils.html und heißt "MS Mid Side Signal Processor".
Es ist ein VST Plugin, welches ich mit einer VST Bridge (Installationprogramm "vst_bridge_v1_6.exe")
an Winamp als Media Player betrieben habe.
Setting A:
Setting B:
Neutrales Setting:
Alle Regler in den Frequenzbändern "Low","Mid" und "High" für M-Signal und S-Signal auf 0
Besonderheiten:
Das Tool scheint einen "Bass Boost" durchzuführen, den ich mit den "Tilt" Schaltern oben halbrechts
hoffentlich einigermaßen neutralisiere konnte. Das Tool liefert selbst im Bypass Modus keine absolute Neutralität, deshalb empfehle ich mit den Schaltern wie gezeigt zu arbeiten und für vergleichende Tests die Regler zu verwenden.
Vorgehensweise und Ziel:
Es geht mir hier nicht darum, ein Tool als "Dauer"-Komponente in der Signalverarbeitungskette zu empfehlen, sondern einzig und allein darum, in drei Frequenzbändern sowohl das Mid- als auch das Side Signal beeinflussen zu können und damit die Stereobasisbreite frequenzselektiv manipulieren zu können.
Ihr habt mich hier im Forum nämlich ganz schön "angefixt" und ich wollte selbst ein wenig experimentieren, um mir einen Eindruck zu verschaffen.
Ich habe also bereits am Samstag begonnen mit Setting A
-------------------------------------------------------------------------
Ich habe Testaufnahmen verschiedener Genre gehört (eine Shortlist kann ich bei Interesse gerne nachreichen), und von Zeit zu Zeit zwischen modifizierter Basisbreite und "neutraler" Regler Stellung gewechselt. Die subjektiven Eindrücke von ersten Tag lassen sich so beschreiben:
(SA: Der erste Hörversuch: "Euphorie")
- Fast alle Aufnahmen klangen besser, nachdem eine "bevorzugte Reglerstellung" gefunden war.
- Glaubhaftere mittige Phantomschallquellen bei Gesang
- Weniger diffuser und "gesammelterer" Eindruck im oberen Hochton
- Lokalisation der Phantomschallquellen "ruhiger" und "stabiler", besonders bei hohem Hochtonanteil und
starker seitlicher Plazierung.
- Der befürchtete Effekt - nämlich "mono-artige" Verklumpung in der Stereomitte - trat nicht ein:
Was ohne MS-Prozessor vorher eindeutig links oder rechts war, das blieb bei gewählter Einstelllung
auch dort, sogar mit subjektiv vergleichbarer Auslenkung aus der Stereomitte.
(SO: Nach längerer Pause, etwas tieferer Höreindruck: "Relativierung und Ernüchterung")
- Der "zentrierende" und "beruhigende" Effekt bleibt bestehen, einige Aufnahmen erhalten eine glaubwürdigere Räumlichkeit.
- Es tauchen Zweifel am positiven Effekt bei einer Untermenge der Aufnahmen auf: Beispielsweise - "schön abgemischte" Cymbals klingen u.U. etwas stumpfer, weniger luftig und lassen auch subjektiv "Detail" vermissen.
- Es gibt Aufnahmen und Einzelpassagen, wo die "Neutralstellung" - also das Original Mastering - für mich eindeutig besser ist und auch nicht unter einer "übertriebenen Diffusivität" im Hochton leidet, die es "zwingend zu korrigieren gilt".
(Mo: "Differenzierende Relativierung"):
- Weniger ist (manchmal) mehr, ich teste "Setting B" als eine etwas zurückhaltendere Modifikation von M- und S- Signal.
- Die im Hochton als "gut" empfundenen Aufnahmen behalten ihre Qualitäten nun weitestgehend.
- Der "fokussierende" Effekt tritt trotzdem noch ein.
- In dieser Einstellung kann ich den Effekt in meiner Hörsituation "für die meisten" Aufnahmen gutheißen,
ob es wirklich immer eine Verbesserung ist, sei dahingestellt.
Grundsätzliche Überlegungen
--------------------------------------
1) Ist es realistisch anzunehmen, es gäbe eine individuelle frequenzabhängige Korrektur der Basisbreite
- ausschließlich an Hörraum und Hörer gebunden - welche "immer stimmt" weil als Voraussetzung alle Aufnahmen in dieser Hinsicht "gleich falsch" wären ?
2) Wie sieht es mit der Kompatibilität zur Laufzeitstereophonie aus ?
Bei Laufzeitstereophonie erhalte ich durch MS-Processing ganz andere Ergebnisse als bei
Intensitätsstereophonie, wo die Signale bis in den Hochton eine wesentlich höhere Korrelation aufweisen.
Selbst wenn beim Mastering kein MS Prozessor oder Shuffler - sinnvoll - eingesetzt wurde, so wird es aufgrund des Panning einzelner Instrumente eine gewisse "inhärente Korrektur" der Basisbreite m.E. oft bereits aufnahmeseitig geben: Eine Diskantgeige verlangt wahrscheinlich nach etwas anderen Werten für die Pegeldifferenz zwischen den Kanälen als ein Cello, um die Instrumente jeweils vergleichbar zu plazieren. Das ist jedoch meine Spekulation, ich bin kein Tonschaffender:
Vielleicht mag ja @ebs dazu etwas sagen ... ?
Trotz der grundsätzlichen Berechtigung des Ansatzes "frequenzabhängige Basisbreite", halte ich eine Lösung mit "pauschaler Korrektur" für alle Aufnahmen derzeit für "leicht naiv".
Auch die möglichen Fehlerursachen (wir können auch neutraler von "Abweichungen" der frequenzabhängigen Stereoabbildung sprechen ) liegen nicht zwingend an meinem Hörraum und "meiner HRTF", sondern u.U. viel allgemeiner an Differenzen zwischen
- dem jeweiligen raumakustischen Studiosetting beim Mastering
- dem Lokalisationseindruck des Tonschaffenden (auch durch seine individuelle HRTF)
und dem Setting bei mit daheim.
Eine echte "Pauschal-Korrektur" erscheint mir ziemlich aussichtslos, jedenfalls ist m.E. - rein aus Ursache-Wirkungs Prinzipien heraus - eine pauschale Korrektur mit dem Ergebnis "alle Aufnahmen klingen jetzt besser" nicht möglich.
Auch z.B. David Griesinger argumentiert hier bei Korrekturmaßnahmen mittels "Spatial Equalizer" immer mit bestimmten Aufnahmen, die sich durch jeweils spezifische Eigenheiten auszeichnen.
Trotzdem höre ich derzeit mit MS Prozessor und möchte die Erfahrung nicht missen: Danke also an alle hier, die sich mit der Thematik befassen, für Eure Anregungen.
Jedoch weiß ich jetzt noch nicht, was sich daraus für mich entwickelt. U.a. bessere Kompatibilität zur Laufzeitstereophnie ließe sich m.E. mit einer reinen Lautsprecherimplementation der "frequenzadaptiven Basisbreite" erreichen.
Andererseits ist dann die Korrektur - nach Basisbreite und Frequenzabhängigkeit - quasi "in Stein gemeißelt" - durch individuelle Basisbreite jeweils der Tieftöner, Mitteltöner und Hochtöner und kann kaum sinnvoll geändert werden.
Ein Gerät zum "Re-Mastering" - und darum geht es hier m.E. in Teilasekten - ist vielleicht doch als parametrierbares Gerät (ganz gleich ob Hardware- oder Softwarelösung) grundsätzlich besser handhabbar als eine starre Lautsprecheranordnung, die im Prinzip für jede Aufnahme, die es wiederzugeben gilt, gleich bleibt.
Ich bin relativ verunsichert, wie man damit umgehen soll ...
Jedoch mit fixen Parametern über die eigene Tonträgersammlung auf der Festplatte zu "bügeln" und die Originale womöglich aus Platzmangel dann wegzuwerfen - weil man sie ja "verbessert" hat - halte ich für eine ganz schlechte Idee.
Herzliche Grüße
Oliver
ich mache einen neuen Thred auf, weil ich bestehende Threads, welche sich u.A. mit
einer frequenzabhängigen Modifikation der Stereo-Basisbreite - rechnergestützt oder als
Lautsprecherimplementation - nicht stören möchte.
Um es vorweg zu nehmen: Ich habe aus Neugier über die hier im Forum laufenden Projekte
und Experimente zunächst an drei Tagen vermehrt vergleichend mit einem Mid-Side Prozessor
als Freeware Tool Hörversuche durchgeführt und verschiedene Einstellungen verglichen.
Die verwendeten Werkzeuge:
Das MS Prozessor Tool stammt von dieser Seite http://www.terrywest.nl/utils.html und heißt "MS Mid Side Signal Processor".
Es ist ein VST Plugin, welches ich mit einer VST Bridge (Installationprogramm "vst_bridge_v1_6.exe")
an Winamp als Media Player betrieben habe.
Setting A:
Setting B:
Neutrales Setting:
Alle Regler in den Frequenzbändern "Low","Mid" und "High" für M-Signal und S-Signal auf 0
Besonderheiten:
Das Tool scheint einen "Bass Boost" durchzuführen, den ich mit den "Tilt" Schaltern oben halbrechts
hoffentlich einigermaßen neutralisiere konnte. Das Tool liefert selbst im Bypass Modus keine absolute Neutralität, deshalb empfehle ich mit den Schaltern wie gezeigt zu arbeiten und für vergleichende Tests die Regler zu verwenden.
Vorgehensweise und Ziel:
Es geht mir hier nicht darum, ein Tool als "Dauer"-Komponente in der Signalverarbeitungskette zu empfehlen, sondern einzig und allein darum, in drei Frequenzbändern sowohl das Mid- als auch das Side Signal beeinflussen zu können und damit die Stereobasisbreite frequenzselektiv manipulieren zu können.
Ihr habt mich hier im Forum nämlich ganz schön "angefixt" und ich wollte selbst ein wenig experimentieren, um mir einen Eindruck zu verschaffen.
Ich habe also bereits am Samstag begonnen mit Setting A
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Ich habe Testaufnahmen verschiedener Genre gehört (eine Shortlist kann ich bei Interesse gerne nachreichen), und von Zeit zu Zeit zwischen modifizierter Basisbreite und "neutraler" Regler Stellung gewechselt. Die subjektiven Eindrücke von ersten Tag lassen sich so beschreiben:
(SA: Der erste Hörversuch: "Euphorie")
- Fast alle Aufnahmen klangen besser, nachdem eine "bevorzugte Reglerstellung" gefunden war.
- Glaubhaftere mittige Phantomschallquellen bei Gesang
- Weniger diffuser und "gesammelterer" Eindruck im oberen Hochton
- Lokalisation der Phantomschallquellen "ruhiger" und "stabiler", besonders bei hohem Hochtonanteil und
starker seitlicher Plazierung.
- Der befürchtete Effekt - nämlich "mono-artige" Verklumpung in der Stereomitte - trat nicht ein:
Was ohne MS-Prozessor vorher eindeutig links oder rechts war, das blieb bei gewählter Einstelllung
auch dort, sogar mit subjektiv vergleichbarer Auslenkung aus der Stereomitte.
(SO: Nach längerer Pause, etwas tieferer Höreindruck: "Relativierung und Ernüchterung")
- Der "zentrierende" und "beruhigende" Effekt bleibt bestehen, einige Aufnahmen erhalten eine glaubwürdigere Räumlichkeit.
- Es tauchen Zweifel am positiven Effekt bei einer Untermenge der Aufnahmen auf: Beispielsweise - "schön abgemischte" Cymbals klingen u.U. etwas stumpfer, weniger luftig und lassen auch subjektiv "Detail" vermissen.
- Es gibt Aufnahmen und Einzelpassagen, wo die "Neutralstellung" - also das Original Mastering - für mich eindeutig besser ist und auch nicht unter einer "übertriebenen Diffusivität" im Hochton leidet, die es "zwingend zu korrigieren gilt".
(Mo: "Differenzierende Relativierung"):
- Weniger ist (manchmal) mehr, ich teste "Setting B" als eine etwas zurückhaltendere Modifikation von M- und S- Signal.
- Die im Hochton als "gut" empfundenen Aufnahmen behalten ihre Qualitäten nun weitestgehend.
- Der "fokussierende" Effekt tritt trotzdem noch ein.
- In dieser Einstellung kann ich den Effekt in meiner Hörsituation "für die meisten" Aufnahmen gutheißen,
ob es wirklich immer eine Verbesserung ist, sei dahingestellt.
Grundsätzliche Überlegungen
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1) Ist es realistisch anzunehmen, es gäbe eine individuelle frequenzabhängige Korrektur der Basisbreite
- ausschließlich an Hörraum und Hörer gebunden - welche "immer stimmt" weil als Voraussetzung alle Aufnahmen in dieser Hinsicht "gleich falsch" wären ?
2) Wie sieht es mit der Kompatibilität zur Laufzeitstereophonie aus ?
Bei Laufzeitstereophonie erhalte ich durch MS-Processing ganz andere Ergebnisse als bei
Intensitätsstereophonie, wo die Signale bis in den Hochton eine wesentlich höhere Korrelation aufweisen.
Selbst wenn beim Mastering kein MS Prozessor oder Shuffler - sinnvoll - eingesetzt wurde, so wird es aufgrund des Panning einzelner Instrumente eine gewisse "inhärente Korrektur" der Basisbreite m.E. oft bereits aufnahmeseitig geben: Eine Diskantgeige verlangt wahrscheinlich nach etwas anderen Werten für die Pegeldifferenz zwischen den Kanälen als ein Cello, um die Instrumente jeweils vergleichbar zu plazieren. Das ist jedoch meine Spekulation, ich bin kein Tonschaffender:
Vielleicht mag ja @ebs dazu etwas sagen ... ?
Trotz der grundsätzlichen Berechtigung des Ansatzes "frequenzabhängige Basisbreite", halte ich eine Lösung mit "pauschaler Korrektur" für alle Aufnahmen derzeit für "leicht naiv".
Auch die möglichen Fehlerursachen (wir können auch neutraler von "Abweichungen" der frequenzabhängigen Stereoabbildung sprechen ) liegen nicht zwingend an meinem Hörraum und "meiner HRTF", sondern u.U. viel allgemeiner an Differenzen zwischen
- dem jeweiligen raumakustischen Studiosetting beim Mastering
- dem Lokalisationseindruck des Tonschaffenden (auch durch seine individuelle HRTF)
und dem Setting bei mit daheim.
Eine echte "Pauschal-Korrektur" erscheint mir ziemlich aussichtslos, jedenfalls ist m.E. - rein aus Ursache-Wirkungs Prinzipien heraus - eine pauschale Korrektur mit dem Ergebnis "alle Aufnahmen klingen jetzt besser" nicht möglich.
Auch z.B. David Griesinger argumentiert hier bei Korrekturmaßnahmen mittels "Spatial Equalizer" immer mit bestimmten Aufnahmen, die sich durch jeweils spezifische Eigenheiten auszeichnen.
Trotzdem höre ich derzeit mit MS Prozessor und möchte die Erfahrung nicht missen: Danke also an alle hier, die sich mit der Thematik befassen, für Eure Anregungen.
Jedoch weiß ich jetzt noch nicht, was sich daraus für mich entwickelt. U.a. bessere Kompatibilität zur Laufzeitstereophnie ließe sich m.E. mit einer reinen Lautsprecherimplementation der "frequenzadaptiven Basisbreite" erreichen.
Andererseits ist dann die Korrektur - nach Basisbreite und Frequenzabhängigkeit - quasi "in Stein gemeißelt" - durch individuelle Basisbreite jeweils der Tieftöner, Mitteltöner und Hochtöner und kann kaum sinnvoll geändert werden.
Ein Gerät zum "Re-Mastering" - und darum geht es hier m.E. in Teilasekten - ist vielleicht doch als parametrierbares Gerät (ganz gleich ob Hardware- oder Softwarelösung) grundsätzlich besser handhabbar als eine starre Lautsprecheranordnung, die im Prinzip für jede Aufnahme, die es wiederzugeben gilt, gleich bleibt.
Ich bin relativ verunsichert, wie man damit umgehen soll ...
Jedoch mit fixen Parametern über die eigene Tonträgersammlung auf der Festplatte zu "bügeln" und die Originale womöglich aus Platzmangel dann wegzuwerfen - weil man sie ja "verbessert" hat - halte ich für eine ganz schlechte Idee.
Herzliche Grüße
Oliver