Aktivmonitor auftrennen/digitale Weiche

KSTR
inaktiv
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Beitrag von KSTR »

dietert hat geschrieben:gelegentlich muss ich das mal vorzeigbar dokumentieren.
Dringend, weil ich merke wir haben komplett aneinander vorbeigeredet aufgrund unklarerer Nomenklatur. ;-) Ich war bei den rein analogen Differenzweichen (bzw allen TPXOs) mit HP+TP=1, und deren Nachteilen. Und halt der Aufhänger
Die Ansicht, die hier im Forum manchmal geäußert wird, dass man die Mankos einer konventionellen (Nicht-Differenz-) Weiche nachträglich mit einem FIR korrigieren kann, teile ich nicht. Die impulstreue Wiedergabe wie bei einem Breitbänder ist meiner Ansicht nach nur mit einer Differenzweiche möglich.
... was nun beides falsch ist, weil : Eine in den Wegen 0° phasenstarre konventionelle Trennung (zB LR4) mit allpassiger Summe ist, nach inverser Phasenvorausentzerrung des Allpassverhaltens, ja per Definition *identisch* mit der entsprechenden (numerischen) Weiche mit linPhase-Kernen die in der Summe 1 ergeben und damit die eine aus der anderen per Differenz mit der 1 gewonnen werden kann, qed. Wovon man sich leicht in Acourate überzeugen kann.

Aber, du rechnest ja garnicht per Konvolution/FIR, sondern es handelt sich offenbar um eine (und dann mE definitiv) falsch bezeichnete delayed-subtractive Technik (aber digital mit FIFO und IIR implementiert) mit HP=1'-TP, 1' ist die verzögerte 1, und somit ist das ja keine Differenzweiche mit HP+TP=1 wie bisher besprochen auf meine Nachfrage. Oder handelt es sich doch noch um was anderes?

Dass (im Fall) die Wege durchgehend 0° phasenstarr sein können (sind sie das, oder nur an der Trennfrequenz?) ist mE nicht klar und idR auch nicht generell gegeben bei diesem Typ Weiche...
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo KSTR,

wenn es irgendwo eine schriftliche Ausarbeitung zu der Behauptung gäbe, dass man die nicht-impulstreue Wiedergabe einer LR4-Weiche durch Vorausentzerrung mit einem FIR für beliebige Audiosignale wieder hinkriegt, würde mich das interessieren.

Ich habe den Verdacht, dass so eine Aussage mit dem Nyquist-Theorem vergleichbar ist: Was wissenschaftlich eindeutig und beweisbar ist, kann bei der technischen Anwendung noch unangenehme Überraschungen bringen, nämlich bei nichtstationären Signalen. Deswegen arbeiten High-End Audiosysteme ja inzwischen doch eher mit höheren Samplingfrequenzen als 44,1 KHz.

Und deswegen empfehle ich, lieber gleich eine digitale Differenzweiche (Vanderkoy) zu benutzen, anstatt die Fehler einer Analogweiche mit einem vorgeschalteten FIR-Rechner zu kompensieren.

Grüße,
Dieter T.
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Es gibt logischerweise eine Grenze dadurch, dass z.B. eine Weiche erzeugt aus IIR-Filtern eben infinite ist, wohingegen das FIR-Filter finite, also endlich, ist. Ergo geht da die Länge des FIR-Filters mit ein (neben der Rechengenauigkeit).

Nun, Fehler sind im Prinzip nichts anderes als Abweichungen, die ausserhalb einer Toleranz liegen. Somit ist es letztlich eine Frage der Toleranz, die nun jeder für sich selbst festlegen kann.

Praktisch kann man z.B. eine Weiche digital messen und eine entsprechende Pulsantwort beschreiben. Diese lässt sich in Minimalphase und Exzessphase zerlegen. Dabei beschreibt die Minimalphase den Frequenzgang der Weiche, die Exzessphase das Allpassverhalten. Wenn man nun die Exzessphase zeitlich umkehrt hat man schon die gewünschte Vorausentzerrung.

Was sich dann auch durch praktische Anwendung jederzeit nachvollziehen lässt. Ein nettes Tool dafür (ich bitte um Nachsicht für meine Voreingenommenheit :D ) wäre z.B. Acourate

Grüsse
Uli
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Uli hat es jetzt perfekt gesagt bereits, aber man dazu auch das white-paper von Bruno Putzeys zu seinem Lautsprecher (Grimm LS-1) lesen, wo genau so ein inverser Allpass-Kernel einer LR4-Trennung (IIR) zur Anwendung kommt, per FIR, mit dem Vorteil sehr klein und resourcenschonend zu sein ggü reinem FIR.
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo,

das angegebene Paper zum Grimm LS-1 habe ich gefunden, danke. Die immer neue Wiederholung der Behauptung ersetzt aber nicht eine sachliche Erklärung bzw. Überprüfung. Z.B. ist die dort angegebene Über-Alles Impulsantwort sicherlich mit einem Log-Sweep gemessen und nicht mit Transienten. Das darf man vermuten, weil direkt darunter ein Phasendiagramm erscheint. Das meinte ich mit quasi-stationären Signalen. Und die erneute Untersuchung der Winkelabhängigkeiten bei der "einzig richtigen Lösung" fehlt. Eventuell waren die Ergebnisse ähnlich chaotisch wie zuvor.

Zurück zum Thema: Eine impulstreue, steilflankige, digitale Differenzweiche erscheint mir als die bessere Lösung, von mir aus mit Acourate, wenn dieses sowieso zum Einsatz kommen soll.

Grüße,
Dieter T.
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

dietert hat geschrieben: Z.B. ist die dort angegebene Über-Alles Impulsantwort sicherlich mit einem Log-Sweep gemessen und nicht mit Transienten. Das darf man vermuten, weil direkt darunter ein Phasendiagramm erscheint. Das meinte ich mit quasi-stationären Signalen.
Nee, da liegen jetzt wieder Verwirrungen vor.

1) Die diskrete Fourier-Transformation eines Pulses liefert immer Betrag und Phase vs Frequenz, welche dann geplottet werden können. Wie der Puls gewonnen wurde ist egal.

2) Ein Messung mit einem echten Puls liefert genau dieselben Daten wie Farina'scher Log-Sweep+Konvolution, bloß in der Praxis wesentlich schlechter bis unbrauchbar, weil a) nicht genug Energie bzw miserables Signal-Rausch-Verhältnis und das b) noch umso mehr, weil das Spektrum weiß ist (erst recht keine Energie im Bass). Völlig unrealistische Betriebsbedingungen zudem. Niemand misst Lautsprecher jemals mit Impulsen genau aus dem Grund, ausser zur Kontrolle evtl. Knacke aus Funkenstrecken werden gelegentlich für die Messung von Mikrofonen verwendet, zur Bestimmung der oberen Grenzfrequenz.

Ein Log-Sweep ist letzlich nicht anderes als ein in die Länge gezogener Puls (weil Sweep), und mit rosa Spektrum (weil logarithmisch). Faltung mit seiner korrekten Inversen zieht ihn wieder zusammen, kippt das Spektrum wieder nach 'weiß' und separiert zudem die Klirrprodukte untereinander und vom Hauptsignal. So betriebt man das Chassis / den LS mit vergleichsweise realistischen Signalbedingungen und erreicht guten Störabstand (das geht auch mit anderen Signalen, zB MLS-Rauschen als weitere bekannte Möglichkeit).

==> Das Argument, dass quasi-stationnäre Signale vs Transienten andere Resultate ergäben ist Mumpitz... wobei es sogar ein bischen stimmt, aber wenn dann misst man eher mit Pulsen Mist als mit Sweeps...
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo KSTR,

der Tonfall passt mir nicht, solche Vokabeln wie "Mumpitz" habe in einer Sachdiskussion nichts zu suchen. Insgesamt würde ich erstmal festhalten, dass bisher ein sachlicher Beleg, eine Erklärung oder eine Ausarbeitung der Behauptung fehlt, dass man die Impulsfehler einer LR4-Weiche mit einem FIR vorausentzerren kann. Hier geht es keineswegs um Ja/Nein, sondern man möchte schon einen Eindruck bekommen, wie gut das eigentlich geht, wie groß die Korrekturen sind usw. Und bitte, wenn ich behaupte, einen impulstreuen Lautsprecher zu haben, dann messe ich Impulse.

Die bessere Lösung ist selbstverständlich gleich eine steilflankige, digitale Differenzweiche a la Vanderkoy, in hochwertigen Lautsprechersystemen inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Die Grundidee von Torben, einen kommerziellen Monitor durch Auftrennen der Wege und Ansteuerung mit einer digitalen Weiche zu veredeln, ist vollkommen richtig.

Dieter T.
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Dieter,

ein lineares zeitinvariantes System (LTI) antwortet auf einen Puls mit seiner Pulsantwort, die das Systemverhalten des LTI-Systems komplett beschreibt. Dabei ist der anregende Puls ein Dirac-Puls mit definitionsgemäß unendlich großer Pulshöhe und unendlich kleiner Pulsbreite.

In der Praxis gibt es diesen Puls nicht. Bei digitalen (binären) Systemen ist die kleinste Pulsbreite eine Abtastbreite und die maximale Höhe = 1. So kann man denn auch einen LS mit einem solchen Signal testen. Da aufgrund der Beschränkung der Energiegehalt klein ist, wird sich z.B. ein Tieftonchassis nicht wirklich bewegen. Ein weiterer Nachteil ist, dass bei der Messung ein parallel mit aufgenommenes Störsignal (z.B. der Umgebung) 1:1 im Messergebnis niederschlägt.

Man kann aber auch ein Messsignal X verwenden, welches beliebig anders ist, solange zu diesem Messignal eine Inverse Y = 1/X existiert so dass gilt:
X * Y = 1 (* = Convolution)

So macht man das mit einem Logsweep und einem inversen Sweep.
Weil dann für ein zu untersuchendes System A gilt:
A * X = B
und
B * Y = A
D.h. man will A messen und bekommt als Messergebnis B. Das wird mit der Inversen Y gefaltet und so hat man dann das Messergebnis A.

Soweit die Theorie. Es ist nochmals gesagt im übrigen völlig egal wie das Messignal aussieht. Der Vorteil beim Logsweep ist, dass durch die zeitliche Spreizung zum einen genügend Energie eingebracht wird (der Tieftöner reagiert damit auf jeden Fall) und zum anderen der inverse Sweep wie ein zeitlich variables durchstimmbares Filter wirkt, so dass Störfrequenzen von Nebengeräuschen mit ausgefiltert werden.

Nun ein Beispiel. Gegeben ein 3-Wege-System mit LR4-Weiche (der Hochpass ganz links entspricht der Annahme, dass der LS nicht bis 0 Hz runter spielt)

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Die Sprungantwort (zur besseren Veranschaulichung etwas nach rechts rotiert) sieht dazu so aus:

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Also das bekannte Verhalten mit Hochtöner zuerst, dann Mitteltöner, zuletzt der Tieftöner

Nun wird aus der Pulsantwort die Exzessphase gerechnet und zeitlich invertiert

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Die Pulsantwort der reversierten Exzessphase wird nun als FIR-Filter verwendet und mit der ursprünglichen LR4-Pulsantwort convolvt. Die Sprungantwort sieht dann wie folgt aus:

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Ich hoffe, dies entspricht nun Deinen Erwartungen.

Grüsse
Uli
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo liebe Fachleute,
dietert hat geschrieben:...wenn ich behaupte, einen impulstreuen Lautsprecher zu haben, dann messe ich Impulse...
dieser Ansatz kommt mir nicht so weit hergeholt vor! ... ich akzeptiere und verstehe die bereits agegebenen Gegenargumente, aber mir kam da die Idee, z.B. die Soli der SQAM CD herzunehmen und z.B. aus den kurzen Solostücken kurze Ausschnitte der Einschwingvorgänge oder Anblasgeräusche verschiedener Instrumente auszuschneiden, deren Wiedergabe in ihrem Verlauf zu messen und auf dem Oszilloskop oder per digitaler Aufnahme anzusehen inwieweit Original und Wiedergabe pegel-/zeitverlaufsmäßig einigermaßen übereinstimmen. Natürlich spielen hier Mikrofon- und -vorverstärker, Reflektionen, Nachhall usw. usw. kräftig mit hinein (kann also sein dass das gar nicht praktikabel ist). Aber an sich fände ich einen solchen Ansatz, zumindest zur Ergebniskontrolle irgendwie erstmal bestechend, denn daraus ließe sich natürlich keine Korrektur rechnen...

Gruß,
Winfried

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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Wenn man unbedingt im Zeitbereich direkt messen will:
man schleppe box in RAR, misst 70hz rechteck... und stellt fest es ist das exakt gleiche wie gesweepte IR gemessen und mit dem Rechteck gefaltet
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo in die Runde,

nun, ein Rechtecksignal ist ja wieder so ein stationäres Signal. Dass die Vorentzerrung bei solchen Signalen einigermaßen funktioniert, wenn man bei der Einrichtung des FIR alles richtig gemacht hat, das kann ich mir schon vorstellen: Das FIR wird dann unterschiedliche Frequenzanteile im einkommenden Audiosignal unterscheiden und entsprechend manipulieren. Die offene Frage war ja, ob das auch für Transienten funktioniert. Diese Frage wird durch den Rechtecktest nicht beantwortet.

Testsignale, die ich schon benutzt habe, um den wichtigen Übergang Mittel- zu Hochton bei 2 KHz anzuschauen, sind einzelne 500 Hz Schwingungen, die ich mit 50 Hz (oder stochastisch) sende, damit man auf dem Oszillograph was sieht. Ich habe dabei keinen Rechteck genommen, sondern einen softwareseitig geclippten Sinus, um die Oberwellen für den Hochtöner zu erzeugen, ohne das Anti-Alias-Filter im DAC zu Überschwingern anzuregen.

Grüße,
Dieter T.
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Bei einer sorgfältigen erstellten Impulsantwort (per Logsweep) ist die Faltung mit einem sinnvollen Testsignal immer effektiv identisch mit der Direktmessung des Testsignals unter gleichen akustischen Bedingungen, und genau so überprüft man auch diesen Umstand, nämlich ob LTI-Bedingungen vorliegen (siehe auch nochmal Ulis Post dazu).... sprich, mach es einfach und du wirst sehen dass es so ist... oder auch wenn es nicht so ist : zB wenn ich den Sweep für einen Hochtöner "zu heiß" fahre und die Schwingspule zu warm wird, verstimmt sich das Chassis und wird während des Sweeps deutlich leiser. Geht dieser von tief nach hoch, erscheint ein nicht wirklich vorhandener Höhenabfall in der Messung. Wenn ich das Chassis generell überfahre und merklich den LTI-Bereich überschreite oder das Ding einfach eine komplette Gurke ist, dann sehe ich auch unrealistische bzw verschiedene Daten je nach dem wie ich messe, also mit welcher Methode.

EDIT: Oder anders gesagt: habe ich einmal eine richtig gemesse Pulsantwort brauche ich danach nichts mehr 'live' messen, solange ich die LTI-Bedingungen nicht extrem verletze. Genau so werden heute Lautsprecher entwickelt, ich messe in situ die Chassis mit Sweeps (auch unter Winkeln, auch die Impedanz, ggf. mit verschiedenen Pegeln um das Klirrverhalten mit zu erfassen), danach passiert die komplette Entwicklung virtuell, am Schluss wird nochmal (stichprobenmäßig) überprüft ob das virtuelle Verhalten sich auch am fertigen Produkt messtechnisch einstellt, und fertig (ggf mit einigen Iterarationen durch Hörproben für die Feinabstimmung, die aber ebenfalls mit per FIR emulierten Weichen ablaufen -- auch und gerade für passive, weil das artet ja andernfalls total aus). Würde das Messen mit Sweeps und das Anwenden von FIR-Filtern nicht astrein transparent funktionieren, sowohl theoretisch wie praktisch, könnte dieses Arbeiten so niemals funktionieren, tut es aber... die zug. Software heißt LSPCad, nicht umsonst.
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

dietert hat geschrieben:Das FIR wird dann unterschiedliche Frequenzanteile im einkommenden Audiosignal unterscheiden und entsprechend manipulieren. Die offene Frage war ja, ob das auch für Transienten funktioniert.
Äh, jetzt dämmert es mir wo dein Verständnisproblem liegt.
FIR-Filter arbeiten direkt im Zeitbereich -- auch wenn Faltungen mit größeren FIR-Kernen oft per Hin-und Hertransformation in den (komplex-wertigen) Frequenzbereich bearbeitet werden weil das rechentechnisch günstiger ist.
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo in die Runde,

vielleicht haben andere Leser ja ähnliche Verständnisprobleme, aber keinen Bock, sich von einem Profi "verarzten" zu lassen. Inzwischen habe ich mir den Beitrag von Uli in Ruhe angesehen. Erstmal ehrlichen Dank an Uli. Will mal versuchen, das nachzuvollziehen.

Er zeigt uns, welche typischen Fehler die Linkwitz-Riley-Weiche bei Transienten produziert. Die Beiträge für Mittel- und Tiefton erscheinen zeitlich verzögert und mit Überschwingern behaftet. Wenn man bei Ulis Grafik genau hinsieht, kann man die beiden Spitzen für Hoch- und Mittelton unterscheiden. Die LR4-Weiche macht aus meinem Audio-Transienten A also

1) A ->(LR4)-> A + F

wobei F der Fehleranteil ist, der sich hauptsächlich aus Mittelton- und Tieftonsignal zusammensetzt. Diese Beiträge sind fehlerhaft natürlich nur im Sinne fehlender Impulstreue. Sie sind von derselben Größenordnung wie A, insofern als zwei von drei Signalanteilen zur falschen Zeit kommen.

Wenn ich einen impulstreuen Lautsprecher haben möchte, müssen die fehlerhaften Beiträge zeitlich verschoben werden. Wenn ich Uli richtig verstehe, fügt der Convolver dem Audio ein Korrektursignal K hinzu. Der Signalweg wird also:

2) A ->(Convolver)-> A + K ->(LR4)-> A + F + K + KF

Dabei soll KF der entsprechende Fehleranteil des Korrektursignals sein. Leider hat Uli das Signal A + K des Convolvers nicht geplottet. Die Korrektur- und Fehlerbeiträge von FIR und LR4-Weiche heben sich weg, wenn:

3) F + K + KF = 0

Uli zeigt, dass es eine solche Lösung gibt, auch wenn man sie in seiner Grafik mit dem FIR-Kernel kaum erkennen kann. Wenn man Ulis letzte Grafik mit dem korrigierten Signal anschaut, sind die falschen, verzögerten Signale aus Mittel- und Tieftonkanal verschwunden. Das wurde wohl dadurch erreicht, dass ähnlich große Korrektursignale subtrahiert wurden, d.h. K ist genau wie F in derselben Größenordnung wie A. Die restliche Welligkeit im Signal ist vom 20 Hz Rumpelfilter.

Der Convolver
a) bringt durch Beimischung zusätzlicher Audiosignale die falschen Transienten aus Mittel- und Tieftonkanal zum Verschwinden und
b) fügt neue, zeitlich korrekte Transienten im Mittel- und Tieftonkanal hinzu.
Jedem Ingenieur sollte klar sein, dass die Kompensation a) in der Realität nie perfekt funktioniert, sondern typischerweise Restfehler von 1 % oder so verbleiben. In den Modellrechnungen von Uli kommt sowas natürlich nicht vor und in dem Grimm LS-1 White Paper würde man einen 1 %-Fehler auch nicht erkennen.

Bei einer digitalen Differenzweiche gibt es die beschriebenen Komplikationen nicht. Das ist der Grund, warum ich digitale Differenzweichen jederzeit bevorzuge und auch empfehle, selbstverständlich gern in Verbindung mit FIR-Convolvern für die Raumkorrektur. Dabei würde ich die Boxen auch wieder so aufstellen, dass die DRC-Korrekturen möglichst klein bleiben.

Grüße,
Dieter T.
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Beitrag von KSTR »

dietert hat geschrieben:Bei einer digitalen Differenzweiche gibt es die beschriebenen Komplikationen nicht.
Dazu müsstest du deine delayed-subtractive Weiche mal konkret vorstellen, damit wir eine sinnvolle Diskussionsgrundlage haben für diesen Satz. Du bist aber auch ein Hartnäckiger ;-)
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