Restaurierung Backes & Müller BM 6 (Thomas)

tegeje
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Beitrag von tegeje »

Ich muss nochmal zurückkommen auf das Material und die Fertigung von Sensorspulen.

Für den Mittelton Teil kann ich nachvollziehen, dass die Sensorspule aus 0,03 mm dünnem Kupferdraht gefertigt ist. Die Spule besteht aus 2 Wicklungen, die hintereinander geschaltet ca. 250 Ohm Widerstand ergeben. Jede Wicklung müsste ungefähr 200 Umdrehungen haben, unter der Vorgabe, dass mein Draht 15 Ohm / Meter Widerstand hat. Ein erster Versuch war schon ganz viel versprechend. Bei Untersuchung der BASS Sensorspule sieht es dagegen noch recht unsicher aus.

Die Spule meines funktionierenden Bass-Chassis hat ca. 2500 Ohm. Auch diese Spule ist durch 2 hintereinander geschaltete Einzelspulen realisiert. Dem Augenschein nach sind aber deutlich weniger Wicklungen als 200 verwendet worden, und dennoch ist der Widerstand mit 2500 Ohm überproportional größer, im Vergleich zur MT Sensorspule.

Hier stehe ich vor dem Rätsel, welcher Art der Draht ist, aus dem die Spule gefertigt worden ist.
Es gibt ja neben den 'normalen' Kupferdrähten auch spezielle Legierungen, die einen sehr viel höheren Widerstand pro Länge liefern.

Es wäre für mein weiteres Vorankommen sehr hilfreich, wenn jemand diese Rätsel lösen könnte. Wenn dazu noch eine Aussage käme, wieviel 'Umdrehungen' die rechteckigen kleinen Spulen haben sollen, wäre das super.

LG
Thomas
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Thomas

Auch wenn es fast 3 Monate her ist das ich hier im Forum war.

Die Sensorspule im Bassbereich wird ebenso aus ganz normalen dünnen Kupferdraht bestehen. Wie viel Windungen jetzt eine Spule hat, kann dir vielleicht der Michael [BM Fan] sagen. Der hat glaube ich schon mal Sensorspulen neu gewickelt.

Ich vermute aber, das die Windungszahlen die gleiche ist oder sogar mehr.

Wie groß der Gleichstromwiderstand ist habe ich ehrlich gesagt noch nie gemessen.


Ralph
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tegeje
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Beitrag von tegeje »

Nach langer Zeit kann ich jetzt Positives melden - die Boxen spielen wieder und hören sich ganz anständig an. Die defekte TT Sensorspule habe ich jetzt mit 100 Windungen mit meinem 0,03 mm dünnen Kupferdraht auf einem Stück alter Bahncard ersetzt. Die Gegenkopplung lässt sich damit gut einstellen.

Ich habe hier verschiedene Anleitungen für die Einstellungen der Gegenkopplung vorliegen - die sich aber leider widersprechen. Kann mir noch mal jemand eine solche alte (und praktisch erprobte) Anleitung für die Einstellung meiner alten Verstärkermodule und Chassis hier posten?

Es würde mich doch sehr freuen, wenn ich die bisher gute Hörerfahrung mit diesen Boxen noch steigern kann, indem ich die optimalen Einstellungen finde.

Die Mitteltöner musste ich ersetzen - habe in der Bucht 2 Exemplare erstehen können, die zwar auch nicht ganz okay waren, aber wo die GK-Spulen soweit heil und am richtigen Platz waren.

LG
Thomas
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Thomas

auf der Netzteilplatine befindet sich eine einsame Lötöse, wenn man diesen Kontakt mit Hilfe einer Prüfstrippe gegen Masse schaltet, fallen die Lautsprecherelais ab.

An der jeweiligen Endstufe Oszillograf an einer der Emitterwiderstände des Endtransistors anschließen.

NF Genertor am Eingang der Box anschleßen.

Bei öffnen des Lautsprecherelais mit Hilfe der Prüfstrippe sollte sich die NF-Spannung am Emitterwiderstand erhöhen.

Das Verhältnis der Wechselspannung am Emitterwiderstand zwischen geöffneten und geschlossenen Lautsprecherrelais ergibt den Gegenkopplungsfaktor bei der eingestellten Frequenz des Tongenerartors.

Tieftonkanal.

Frequenz 800Hz Pegel gut warnehmbare Lautstärke , aber noch nicht so. das der Nachbar sich beschwert.
( einige 100 mV ).

Gegenkopplungspsoti von komplett zu schrittweise im Uhrzeigersinn in Richtung auf drehen und durch zwischenzeitlichen öffnen des LS Relais den Gegenkopplungsfaktor ermitteln.

Sollte es dabei schlagartig direkt laut pfeifen, so ist die Gegenkopplungsspule mit den Anschlüssen zu vertauschen.

ansonsten.

Sie sollte etwa den Faktor 3 erreichen können, ohne das ein leises Pfeifen auftritt.

Sollte ein leises Pfeifen auftreten , Gegenkopplung zurück drehen, bis Pfeifen verschwindet.

Bei geschlossenes Relais Frequenz durchdrehen bis ca 3KHz. Es darf keine Resonanazsüberhöhungen auftreten. Ansonsten Gegenkopplung zurückdrehen bis Resonanz verschwindet.

Mitteltonkanal

Frequenz ca 2KHz

Verfahren wie bei Tieftonkanal. Frequenz diesmal bis ca 8KHz durchdrehen.

Hochtonkanal.

Gegenkopplung so weit aufdrehen, das bei ca 21KHz die Resonanz nicht höher als Faktor 1,3 wird.

Sonst wird die Gegenkopplung des Lautsprechers instabil.

DerGgegenkopplungsfaktor wird bei ca 8-10KHz dann auf Faktor 1 abgefallen sein.
Bei 800Hz sollte sie aber Faktor 10 und höher sein.

Ein eventueller Buckel oder Loch im abgestrahlten Frequenzgang des Hochtöners kann man in gewissen Grenzen mit dem Reihenwiderstand des Integrators in der Frequenzweiche beeinflussen.

Dazu Messmikrofon direkt vor den Hochtöner postieren und den Freuenzgang aufnehmen.

Bitte mache nicht den Fehler und drehe die Gegenkopplung des Hochtöners zu weit auf. ( Ich habe schon Resonanzüberhöhungen Faktor 3 gesehen. Die Frequenz bei der die Gegenkopplung auf 1 abfällt erhöht sich nur sehr wenig. Dafür klingen die Höhen aber dann schärfer und irgendwann wundert man sich das die Rückplatte zum Spiegeleibraten sich erhitzt.

Die Resonanzfrequenz von 21KHz kommt vermutlich durch die erste Partialresonanz der Membran.

Da dreht sich die Phase des Gegenkopplungssignales schlagartig um mehr als 180° Die Resonanzüberhöhung ist nur wenige 100Hz breit, also ganz schmal.

Frequenzgang stellt man am besten akustisch ein. Lautsprecher nacheinander auf exakt die selbe Position in einen akustisch möglichst trockenen Raum postieren. Mikrofon Mittig der Box in ca 0,5m Abstand postieren, und auf gleichen Pegel einstellen. Eingangspegel ca 0,5 V.

Zuvor sollte man die in der Serviceanleitung vorgegebenen Pegel einstellen, den Tieftonpegel bei einer Box übernehmen, und die anderen Kanäle danach angleichen.

Vorsicht !! Sowohl der gemessene Pegel am Emitterwiderstand als auch der akustische Pegel ändert sich gewaltig wenn man die Rückwand rausnimmt. Vielleicht wäre es hilfreich die Frequenzgangpotis nach außen zu führen.

Ralph Berres

Viel Sp
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tegeje
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Beitrag von tegeje »

Hallo Ralph,

vielen Dank für die wieder einmal sehr ausführliche Antwort. Ich spiele das mal durch und werde dann über die Ergebnisse berichten. Dauert aber wohl wieder ein wenig.....
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Thomas

Hier hat wohl meine Tastatur gehangen

DerGgegenkopplungsfaktor wird bei ca 8-10KHz dann auf Faktor 1 abgefallen sein.
Bei 80Hz sollte sie aber Faktor 10 und höher sein.

Ich meinte natürlich 800Hz.

Viel Erfolg

Ralph Berres

Edit Rudolf: Hab's in deinem Originalbeitrag geändert.
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tegeje
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Beitrag von tegeje »

So - zugeschraubt und mal ein paar Musikstücke drauf - Pata Pata von Daudè - zum ersten mal höre ich, dass Trommeln aus grossen Fellen gemacht werden. Beeindruckend :D

Heute Nachmittag gehen die beiden Stücke jetzt ins Freie zur Gartenparty - Tochter wird 30 !
Nach dem Belastungstest stelle ich dann auch noch ein Paar Bilder ein.
Allen Ratgebern, besonders Ralph und Winfried vielen herzlichen Dank für die fundierten und hilfreichen Posts.
:cheers:
Thomas
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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Bitte denke daran das insb3esonders der Hochtöner wegen der kapazitiven Abtastung keine große Feuchtigkeit verträgt.

Auch können diese Lautsprecher keine all zu hohen Schalldrücke dauerhaft produzieren, wie es im freien leicht erforderlich sein könnte.

BM6 waren ursprünglich nie als PA Lautsprecher gedacht, und würden das thermisch nicht überleben.

Trotzdem Herzlichen Glückwunsch zu deinen neu restaurierten BM6. Und viel Erfolg bei der Gartenparty ( bei hoffentlich strahlenden Sonnenschein ).

Wie wäre es mit einen detaillierten Reparaturbericht?

Ralph Berres
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Thomas,

herzliche Gratulation zu Deinem Erfolg! Was für eine respekteinflößende Arbeit! Und dass die Schätzchen auch noch befriedigend musizieren: Was will man da noch mehr? Also viel Vergnügen damit!

Viel Spaß auch bei der Gartenfete! Ich möchte Ralphs Vorsichtsmahnung unterstützen und zwar mit einem Tipp:
Markiere Dir die Lautstärke am Lautstärkesteller, die Du im Raum mit einem mittelmäßig ausgesteuerten Musikstück "auf Dauer noch gut aushältst ohne leider machen zu wollen" und stell die Boxen erst dann ins Freie. Ich rate dann beim Aussenbetrieb möglichst nicht über die markierte Stellung hinauszugehen, dann sollten die LS diesen PA-Betrieb eigentlich "aushalten". Falls die markierte Lautstärke draussen zu gering sein sollte brauchst Du evtl. mehr Lautsprecher und Verstärker :cheers:

Gruß,
Winfried

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tegeje
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Beitrag von tegeje »

Liebe Foren-Leser,
der Anregung zu einem Reparaturbericht will ich gerne folgen. Auch will ich eine Anfangs von mir gestellte Frage noch beantworten:
tegeje hat geschrieben:Ich muss nochmal zurückkommen auf das Material und die Fertigung von Sensorspulen.
....
Hier stehe ich vor dem Rätsel, welcher Art der Draht ist, aus dem die Spule gefertigt worden ist.
Es gibt ja neben den 'normalen' Kupferdrähten auch spezielle Legierungen, die einen sehr viel höheren Widerstand pro Länge liefern.
Dazu lässt sich das BM Manual BM3 BM6 BM12 B20 BM8 Vision aus. Unter der Überschrift "Die Physik der Gegenkopplung" auf Seite drei führt BM aus:
Beim Tief- und Mitteltonkanal der Modelle BM6 und BM12 zum Beispiel entspricht der Aufnehmer in seiner Wirkung einem hochwertigen Tauchspulmikrofon- eine winzige Spule mit etwa 200 Windungen aus feinstem Kupferdraht - er ist nur 0,018 Milimeter dünn - ist mit der Lautsprechermembran fest verbunden.....
Kupferlackdraht mit 0,018 mm Durchmesser , möglichst noch als Back-Lackdraht, ist mir leider nicht verfügbar.
Stattdessen habe ich Draht mit 0,03 mm Durchmesser verwendet, und statt Verbacken mit UHU Endfest 300 auf dem Träger fixiert.
Die so erzeugte Spule für den Bass Sensor habe ich auf ein Stück alte Bahncard gewickelt nach folgendem Schema:
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als fertiges Produkt:

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Nachdem ich die losen Sensormagnete mit J.B.Weld Zwei-Komponentenkleber wieder richtig auf der Polplatte verklebt habe, kam die neue Sensorspule in exakt der gleichen Ausrichtung wie die alte Spule in der Bass-Schwingspule verklebt zum Einsatz. Obwohl meine Spule von den elektrischen Werten recht weit vom angestrebten Original entfernt ist, kann ich doch einen GK Faktor von ca. 3 bei 200 Hertz einstellen. Wenn ich da weiter aufdrehe, kann ich Schwingneigungen und Verformungen des Signals auf dem Scope beobachten.
Aber irgendwann muss erst mal Schluss sein mit mit theoretischen Betrachtungen und Messungen - wie es klingt ? Sehr gut !
Der Frequenzgang dazu sieht so aus:
(Aufgenommen aus ca. 30 cm Entfernung, was das 'zackige' der Messung ausmacht.)
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Beeindruckend finde ich die geringen Abweichungen zwischen den beiden Boxen, da ja die einzelnen Chassis nicht aus einer grossen Marge paarig selektiert wurden, sondern aus verschiedenen Quellen stammen, unterschiedliche Historien haben und unterschiedlich alt sind.

Was habe ich rückblickend alles angefasst:

- Elektronik:
Alle Elkos ausgetauscht gegen neue, bewährte Marken (Panasonic FC), Die TL082 getauscht gegen OPA2134, de TL074 gegen neue TL074 getauscht.
Die Pegel und GK Potis gegen neue gekapselte Potis getauscht.

Problemfälle:
Der Hochspannungsteil ist extrem 'sensibel' IMMER die vorgesehenen Pins kurzschliessen, bevor irgendwas an dem Inneren der BM6 gearbeitet wird. Ein ungewollter Kontakt ist sehr schnell hergestellt, und damit die Hochspannungserzeugung kaputt. Als Ersatz für den HV Transistor MPSU60 habe ich den BF762 verwendet. Achtung: Die Pins sind unterschiedlich belegt !

Verkabelung der Hochtöner:
Durch mehrfaches Öffnen und Schliessen der BM6 wird die Verkabelung beansprucht. Wenn plötzlich nur noch extrem leise Signale aus dem Hochtöner kommen, kann es daran liegen, das eine Ader der Verkabelung gebrochen ist. Wenn diese Ader dann auch noch die Masseverbindung ist, so ist wahrscheinlich auch der FET Impedanzwandler auf der Platine im BM6 Hochtöner selbst 'gestorben'. Da der BC264 nur schwer zu kriegen ist, habe ich einen BF245 als Ersatz genommen.

Austausch des Mittelton-Sensors:
Den Mitteltonsensor zu erneuern habe ich aufgegeben. Stattdessen habe ich mir 2 gebrauchte MT besorgt, die zwar auch das Symptom der gelösten Sensormagnete aufwiesen, wo aber die Sensorspule selbst noch Kontakt hatte. Nach erneutem Verkleben der Sensormagneten liefen die MTs wieder wie vorgesehen. Das Glätten der abgelösten Kallotte auf einer entsprechend geformten Glühbirne und Einkleben mit Uhu Endfest 300 war dann noch kosmetischer Natur.

Und so sehen die beiden Boxen jetzt aus:

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Nochmals meinen Dank an alle Foren-Teilnehmern die mir mit Rat und Dokumentationen geholfen haben.

Liebe Grüße,
Thomas
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wgh52
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Beitrag von wgh52 »

Hallo Thomas,

danke für deinen aufschlussreichen Bericht! Zu den vielen mutigen Selbstreparaturen: Meinen Respekt! ...und wie's aussieht haben die Schätzchen die Feuertaufe bei der Party der Tochter wohl auch überlebt! :cheers:

Na dann Glückwunsch und weiter viel Spaß!

Gruß,
Winfried

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Ralph Berres
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Beitrag von Ralph Berres »

Hallo Thomas

Wenn ich mir den gemessenen Frequenzgang deiner beiden Boxen betrachte.

Wie hast du den gemessen?

Mir kommt ein wenig der Verdacht, das du zuviel Pegel im Tieftonkanal eingestellt hast.

Eventuell auch ein Tick zu wenig Pegel im Hochtonkanal.

Ansonsten.

Mein Respekt hast du.

Ralph Berres
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