Tieftontreiber aus Elektroorgeln, kann man da was machen?

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Keksstein
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Tieftontreiber aus Elektroorgeln, kann man da was machen?

Beitrag von Keksstein »

Hallo zusammen,

in meinem Bekanntenkreis wurden 3 defekte Elektronische Orgeln aus den 60er-80er Jahren verschrottet, als Sammler und Jäger konnte ich mir dir Treiber sichern. Nun liegen 6 Tief(mittel)töner im Regal und ich frage mich ob man damit noch was anfangen kann.

2 der Chassis lassen sich als Dr. Böhm P21 identifizieren, 2 Treiber sind von Fane tragen aber keine Beschriftung. Die 2 anderen Treiber waren nicht Original in der Orgel, sind auch nicht so hochwertig gefertigt wie die Fane oder Dr. Böhm Treiber. (einfacher Blechkorb wie man es in den 50ern und 60ern in den Radios sieht) Alle Treiber erinnern von der Aufhängung an PA-Chassis, Membrane sehr steif aber leicht und Papiersicke.

Ich überlege mir gerade welcher Gehäuseform die Orgeln entsprochen haben könnten, offene Schallwand? (Gehäuse sind ja hinten geöffnet bzw. mit dünner Pappe verschraubt gewesen) Dagegen spricht aber die harte Aufhängung, QTS wird wohl eher niedriger sein. Lässt sich daraus vielleicht ein Subwoofer bauen oder sind solche Treiber nur auf Wirkungsgrad ausgelegt gewesen? Wenn man keine Orgel großen Gehäuse möchte, was für Bauformen könnten sonst noch funktionieren? Ich weis natürlich ohne TSP wird es schwierig ein Gehäuse auszulegen, das ganze ist auch mehr als interessanter Versuch gedacht. Ich kann es nicht leiden wenn etwas im Schrank verstaubt und vielleicht bekommt man mit einer (kleinen) offenen Schallwand endlich meinen Tiefton in den Griff durch das Dipolverhalten.

Danke schonmal!

Gruß,
Jan
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo Jan,

witzig: eines dieser P21 brachte mir vor Jahren mal ein Freund vorbei. Es gefiel mir rein von der Machart und mit der Möglichkeit, als 4- oder 16-Ohmer betreibbar zu sein so gut, daß ich gleich nach einem zweiten Ausschau gehalten habe. Beide lagern allerdings seit Jahren im Keller, da ich mein Zeitbudget für's liebe Hobby maßlos überschätzt hatte. :oops:

Immerhin weiß ich aus zurückliegender Recherche noch, daß es auch mal separate Boxengehäuse mit diesen Chassis gab - soweit erinnerlich mit einem Hochtöner namens P12 oder P17(?) Irgendwo in den Tiefen einer Uralt-Festplatte müßte ich sogar noch Info dazu haben. Das Problem ist halt, diese noch aufzufinden. :|

Übrigens ist zumindest die ältere Version des P21 (mit AlNiCo-Magnet am schicken Hammerschlag-Korb) praktisch identisch mit einem historischen Chassis von Lorentz, dem LP 312- wie ich erst vor wenigen Monaten zufällig herausfand. Möglicherweise findet sich auf diesem Wege etwas brauchbarere Info im Netz (?). In jedem Fall denke ich, daß diese Chassis für größere ventilierte/halboffene Gehäuse Beachtung verdient haben - auch wenn man damit wohl nicht zu Hiend-Ergebnissen gelangt.

Soviel erst einmal für den Moment - Weiteres gerne, wenn die gelegentliche Suche hier etwas zutage fördert.

Viele Grüße
Eberhard
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Keksstein
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Beitrag von Keksstein »

Hallo Eberhard,

genau so ging es mir auch, das Chassis ist ziemlich massiv aufgebaut, fand ich faszinierend.

Zu dem Lorenz Treiber findet man schon mal wesentlich mehr als zu dem Dr. Böhm Treiber, danke!

Hier habe ich noch gemessene TSP zum P20 gefunden:

http://www.hifi-forum.de/viewthread-104-29260.html

QT = 0,65 wäre schon was für offene Schallwand, werde es mal auf einen Versuch ankommen lassen. Auch wenn es nicht High End wird, interessant finde ich es auf jeden Fall. :)

Gruß,
Jan
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Jan,

Lp(2.83V/1m) = 100 dB sind beeindruckend, Fs = 91Hz eher nicht. Als Tieftontreiber würde ich das nicht bezeichnen. Ohne Subwoofer wird der Spaß bei Musik zu kurz kommen, denn unterhalb der Resonanzfrequenz fällt der FG nur noch ab, und die Luftfedersteife im Gehäuse hebt die Resonanzfrequenz sogar noch an.

Auf einer offenen Schallwand strahlt der Bass und Mittelton auch nach hinten ab, da wünscht man sich einen passenden Hochtöner mit ähnlicher Charakteristik. Für ein backloaded Horn liegen die klassischen Parameter nicht im richtigen Bereich. Transmissionline wäre vielleicht denkbar.

Früher, als man Thiele und Small Berechnungen noch nicht kannte, wurden Chassis gebaut, die nicht immer ganz glücklich in irgendwelche Gehäuse passten. Heute verfügen wir über genügend Simulationssoftware, um zu sehen, was geht, bevor das Holz zugesägt wird. Es kommt auch heute noch vor, dass Chassis produziert werden, die in keiner Anwendung optimal eingesetzt werden können, früher kam es allerdings häufiger vor ... Und der Begriff "optimal" wird heute anders interpretiert als vor 40 Jahren, geringer geworden sind unsere Ansprüche jedenfalls nicht.

Grüße Hans-Martin
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Verkaufen ist z.B. auch eine Option.
Dieses Dinger könnten z.B. für kleine Gitarrenamps verwendet werden. Oder batteriebetriebene Aktivboxen für Camping und Lagerfeuer (dank dem hohen Wirkungsgrad braucht es keinen grossen Amp).

Wofür sie definitv nicht geeignet sind, ist ein Subwoofer.

Gruss

Charles
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Charles,

wenn ich oben lese "als 4- oder 16-Ohmer betreibbar", so könnte man daraus schließen, dass es sich um Doppelschwingspulenchassis handelt. Dann wäre es sicherlich denkbar, die Chassis zu regeln, das wurde ja alles schon mal von Cay-Uwe durchgekaut. So könnte doch noch was draus werden.

Grüße,
Dieter T.
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Dies könnte theoretisch zwar gehen. Aber m.E. macht es wenig Sinn, aus einem Chassis mit Hilfe einer Regelung Teifpass herauszuprügeln, welches von Natur aus mit Tiefpass gar nichts am Hut hat. Viel Hub werden die Dinger auch nicht können.

Aber Deine Idee mit der Regelung ist an sich nicht schlecht: Vielleicht könnte man die Chassis als geregelten low-mid in einer wirkungsgradstarken Männerbox einsetzten. Das wäre wohl dann effektiv eine Premiere. Doppelschwingspulenchassis, welche nicht nur reine Woofer sind und zumal noch einen hohen Wirkungsgrad aufweisen sind nämlich nicht häufig zu finden.

Gruss

Charles
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo Charles,

hatte eigentlich "regeln" vorgeschlagen, nicht "prügeln"! Erst mal wäre halt zu klären, was für Ansprüche bestehen, wieviele Chassis Doppelschwingspulen haben, was das Hubvolumen eines Chassis ist usw.

Habe hier zwei Boxen stehen, die mit so altmodischen Heco 200 mm Doppelschwingspulen-TT bestückt sind (HW200SCP44100I, Stückpreis 35 € bei ebay). Die haben etwa xmax = +/- 4,5 mm und es sind insgesamt vier Stück, zwei in jeder Box in impulskompensierter Anordnung und mit einem auf 22 Hz konfigurierten Regler. Diese TT haben keine Polkernbohrung und keine hinterlüftete Spinne, aber die Anlage macht echten Bass und das Hubvolumen ist für einen Wohnraum völlig ausreichend.

Bei einem ungeregelten Tieftöner hat man ja immer Probleme unterhalb der Eigenresonanz, deswegen muss die Eigenresonanz am besten am unteren Ende oder unterhalb der Nutzbandbreite liegen. Bei einem geregelten Tieftöner kann es sogar Vorteile haben, wenn die Eigenresonanz innerhalb der Nutzbandbreite liegt, denn auf der Eigenresonanz geht der TT ja besonders "leicht", d.h. man schont den Antrieb, wenn die Resonanz etwas höher liegt. Die mechanische Eigenresonanz meiner Hecos liegt bei 45 Hz frei und bei 82 Hz in der gedämmten Box.

Wer sich einen Regler nicht zutraut, könnte vielleicht auf die Idee kommen, diese leichten Chassis mit Zusatzgewichten runterzustimmen. Den Versuch kann man sich sparen, ohne Regelung ist der Antrieb zu schwach.

Grüße,
Dieter T.
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Hallo Dieter

Wenn ein Chassis schon im nicht eingebauten Zustand eine Resonanzfrequenz von 90 Hz hat, wird diese durch Einbau noch weiter nach oben getrieben. Das Ding dann als SUB- Woofer zu verwenden hat für mich dann schon etwas von prügeln, auch wenn es mittlels Regelung gemacht wird. ;)
Probieren kann man es ja. Aber der Einsatz als geregelter Low Mid in einer wirkungsgradstarken Box hätte eben auch was !

Ich habe zwei von diesen Dungern hier:

http://www.eighteensound.it/print/ProdID=75

Die haben laut Datenblatt ein Xmax von +- 5 mm, also etwas mehr als wie Deine alten Hecos. Ich würde die aber niemals als Subwoofer einsetzen, daür funktionieren sie als Mitteltöner zu gut !
Gruss

Charles
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Zwodoppelvier
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Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo zusammen,

mir kommt die oben angegebene Resonanzfrequenz von ca. 90 Hz etwas zu hoch vor. Habe selbst beide Varianten des P21, mit AlNiCo- und Ferrit-Magnet. Wenn man auf die Konusse tippt, hört man doch die Eigenfrequenz - soweit erinnerlich, lag die eher im Bereich grob um 50-60 Hz.
Die Idee mit der Regelung ist natürlich sehr interessant, hatte damals nie daran gedacht, obwohl mir der geregelte Sub aus der Elrad ("Gondor") bekannt war.

Übrigens gibt es in der Bucht gerade die von mir früher einmal gesehenen Boxen ->
http://www.ebay.de/itm/Standboxen-von-e ... SwfZhXNNFS

Zitat: "...Maße der Boxen sind H 83, B 35, T 24"

HIER sieht man weiter unten auf der Seite die LS-Chassis an ihrem Arbeitsplatz in der Orgel. Man erkennt dort auch die Breite der Sicke.

Soviel für den Moment.

Viele Grüße
Eberhard
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dietert
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Beitrag von dietert »

Hallo miteinander,

dafür hatte ich eigentlich die Zahlen zu meinen geregelten Boxen angegeben. Wenn man solche Doppelschwingspulenchassis in eine ausreichend große Box einbaut, kann man ja hinterher entscheiden, wie man den Regler abstimmt. Wenn die mechanische Eigenresonanz also bei 120 Hz statt 82 Hz liegt, wäre eine Abstimmung auf 30 oder 35 Hz statt auf 22 Hz realistisch, was ja für die allermeisten Zwecke völlig ausreichen würde.

Bei meinen Boxen habe ich übrigens nur je einen Verstärker für beide Tieftöner. Dabei habe ich die Antriebsspulen in Serie geschaltet und die beiden Sensorspulen parallel. So erreicht man eine bessere Verkopplung der beiden Chassis, und für die Gegenkopplung braucht man ja sowieso nur 1/20 oder so des Pegels. Dass es so gut funktioniert, hat auch mit einer kurzen und ziemlich massiven Abstützung von einem Magneten direkt zum anderen zu tun, für die Impulskompensation. Das rückseitige Chassis ist ein höherwertiger Ersatz für die Bassreflexöffnung, und - wie gesagt - vier solche Heco Chassis waren für € 140,- zu haben.

Grüße,
Dieter T.
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