Koaxtreiber BMS4590 an JBL2360 Horn

phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

So etwas wäre auch noch sexy:

http://horns-diy.pl/de/horns/biradial/biradial-2/

Ist zugegebenermassen etwas teuer und CD ist es auch nicht. Wäre aber definitiv auch ein cooles Teil für ein grosses MTM mit einem BMS Coax und zwei 15ern.

Gruss

Charles
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Nochmal eine Frage: Anscheinend haben Kompressionstreiber prinzipbedingt einen gewissen Klirr K2. Dazu wurde oben gesagt, dieser sei hörpsychologisch weniger störend. Das habe ich schon öfter gelesen, aber noch nie eine Begründung dafür. Kann man das irgendwie verstehen?
Hallo Dieter

K2 bedeutet, dass ein Oberton, genau eine Oktave höher hinzugefügt wird. Musikalisch gesehen ist dies das "zweitkonsonanteste Intervall" (sorry für das Wortgebilde), das es gibt. K3 entspricht einer Oktave und einer Quinte und ist auch immer noch nicht schlecht in dieser Beziehung. Das ist der Grund, wieseo k2 und k3 an sich weniger Störend sind als z.B k4, k5 usw. Was aber dazukommt ist der Umstand, dass die Nichtlinearitäten, welche den Klirr verursachen, auch Intermodulationsverzerrungen zur Folge haben. Je höher die Ordnung, desto komplexer wird das Intermodulationsspektrum.

Dann kommen noch weitere Effekte dazu, wie z.B. der Verdeckungseffekt: Je näher ein unerwünschter Spektralanteil frequenzmässig an einem Gewünschten ist, desto stärker wird er vom Nutzsignal verdeckt. Natürlich vorausgesetzt, dass der Nutzton lauter ist, als der Störton. Deshalb ist Klirr höherer Ordnung auch bei kleinerem Anteil störend als Klirr niedriger Ordnung. Um genau zu sein verdeckt nicht wirklich der eine Ton den anderen, der Effekt entsteht im Gehör selber und hat mit der Selektivität der Haarzellen zu tun.

Der Effekt, welcher den k2 bei den Horntreibern erzeugt, beruht auf einem nichtlinearen Verhalten der Luft und nimmt mit abnehmender Aussteuerung ab. Der Effekt betrifft auch keine Nulldurchgänge. Deshalb verdeckt diese Art von Klirr auch keine feinen Signalanteile. Man kann das vergleichen mit den Single Ended Verstärkern ohne Gegenkopplung. Diese werden mit kleinerer Aussteuerung auch linearer und verdecken deshalb auch keine feinen Nuancen im Signal, im Gegensatz z.B. zu unglücklich konstruierten Gegentaktverstärkern.

Einer meiner Horntreiber (JBL 2426) weist bei einer Ansteuerung mit einem Watt um etwa 1 % Klirr auf, laut Datenblatt. Dabei ist zum Vergleich anzumerken, dass die meisten Kalottenhochtöner den hierbei erreichten Schallpegel gar nicht dauerhaft abgeben könnten. Und die Ohren selber weisen bei diesen Pegeln auch schon einen höheren Klirr als 1% auf.

Gruss

Charles
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Mattias
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Beitrag von Mattias »

Huch,

da ist irgendwie zwischendrin ne Antwort von mir auf der Strecke geblieben.

Nochmals zum Klirr (den Harmonischen) und unangenehm bzw. noch vertretbar (oder kritisch bzw nicht so kritisch).

Kleiner Widerspruch zu der Aussage von Charles, daß K3 nicht so kritisch wäre, der macht die größten Probleme (die anderen ungradzahligen mit).

Zunächst: Die geradzahligen Klirranteile sind bezogen auf die Grundgrequenz die doppelte, vierfache ... Frequenz. Diese sind bei natürlichen Instrumenten (und Schwingungsvorgängen) nahezu immer vertreten, viel weniger die ungradzahlige Frequenzen. Kommt nun durch Nichtlinearitäten in der Wiedergabekette auf eh vorhandene (dominate gradzahlige) Frequenzanteile noch etwas drauf, so verändert das den Klangcharakter weniger, als wenn "neue" (sprich kaum vorhandene) ungradzahlige Frequenzanteile dazu kommen/hervortreten und somit zu einer deutlicheren Klangveränderung führen.

Übrigens, die oft heißgeliebten Röhrenamps (auch die fürs Wohnzimmer) machen vorrangig gradzahlige Harmonsiche (k2, k4, k6 ... in abfallender Amplitude) und werden grad wohl deshalb nach wie vor gern genommen.

Ungradzahlige Klirranteile rühren oftmals von Begrenzungen her, z.B. Clipping, nicht die gradzahligen Anteile. Beim Clipping kommt als erstes sehr stark der K3 hoch. Ein Rechteck (sehr unangenehm) hat k3 mit 1/3 Intensität der Grundfrequenz, k5 mit 1/5, k7 mit 1/7 usw... Selbst bei synthetisierten Sounds werden ungradzahlige Harmonische eher wenig eingesetzt (es sei denn, es soll bewußt sehr "rauh" klingen).

Der Aussage, daß k4, k5 ... die Probleme machen ist somit teilweise zu widersprechen. Allgemein soll aber gelten, daß wenn schon Klirr, dann zumindest mit stetig abfallendem Spektrum, sonst solls noch unangenhmer sein.

Und ja, Hornlautsprecher haben obendrein abhängig von Ihrer Bauart unterschiedliche Klirrprobleme. Diese stehen jedoch in Verbindung mit Wirkungsgrad und Abstrahlung, sodaß hier je nach Anspruch immer der individuelle Kompromiss zu suchen wäre.

Grüße
Mattias
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Ich wage einmal zu behaupten, dass k5 schlimmer ist als k3, sogar bei deutlich kleinerer Amplitude. Das Aggressive vom Rechteck kommt acuh von den Anteilen höherer Ordnung. Weiche CLipper (wie z.B. übersteuerte Gegentakt Röhrenamps) erzeugen auch einen deutlichen k3 Anteil.

Alle symmetrischen nichtlinearen Kennlinien erzeugen ungeradzahlige harmonische, sowohl solche die bei kleiner Aussteuerung auftreten (z.B. Class B Uebernahmeverzerrungen) wie auch solche, die bei hoher Austeuerung auftreten (Clipping, Bandsättigung). Softes Clipping z.B. erzeugt einen dominaten Anteil von k3 und der ist häufig nicht sehr störend. Hartes Clippijng enthält starke Anteile von k5 und höher und das stört dann deutlich. Wobei dass auch hartes Clipping bei der Produktion von Tonträgern eingesetzt wird. Ich kenne einen bestimmten solchen, welcher sogar als audiophil gilt. :wink:

gruss

Charles
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Mattias
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Beitrag von Mattias »

Horrido,

bei der Diskussion ob k3 oder k5 oder ... mehr zum Tragen kommt darf nicht außer Acht gelassen werden, in welchen Frequenzbereich der Klirranteill fällt. Da höherzahliger Klirr eher in den pegelemfindlicheren Bereich des Gehörs fällt, wird dies u.U. zu einer erhöhten Sensibilität führen.

Mal ein Beispiel:

1kHz mit k3 auf 3kHz fällt auf den emfindlichsten Bereich, der k5 mit 5kHz ist schon wieder etwas raus,
600Hz mit k3 auf 1,8kHz wird hinsichtlich des k3 unkritscher sein, die 3kHz auf k5 landen jedoch auf der emfindlichsten Stelle. Da greift k5 dann eher durch.

Ein paar schöne Auslassungen zu Klirr sind hier zu finden, leider "nur" in Sachen gradzahlig zu ungradzahlig:

http://www.lowbeats.de/hifi-mythen-teil ... nen-klang/

k4, k5, k6 werden ausgesprochen selten bei Lautsprechern angegeben, vielleicht liegt das auch daran, daß diese Anteile deutlich kleiner sind als k2, k3. Habe meine Leistungmessung bei 40W mal hinsichtlich k4,k5,k6 durchgeschaut. k4 liegt ca Faktor 50-100 unter k2, k5 ebenfalls ca Faktot 50-100 unter k3 (im HT etwas schlechter, aber die Klirranteile liegen dabei > bei 20kHz (wobei mir der Frequenzgang des B&K Mulitfieldmikros über 20kHz nicht bekannt ist)).

Grüße
Mattias
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hi Matthias

Glückwunsch zu dem Horn, einer meiner Wunschträume von damals :)
Die Klirrmessung ist phenomenal gut!
Frequenzgang auch. Finde jede Suche nach Alternativen.... befremdlich :D Seltsam dass du nicht 100% happy bist. Vielleicht schwer das Abstrahlverhalten an den passenden Treiber unten rum zu koppeln?
Versuch mal ob es mit zwei 38ern im OpenBaffle je Seite zusammen passt.
Dürfte ähnlich sein und gut verschmelzen.

Interessant ist eine Sache die mir vor langer Zeit aufgefallen ist.
Hörner haben kaum Klirr abgesehen vom K2 der sehr hoch ist. Dieser steigt analog zur Hals-Übersetzung.
Die Drücke und Kompressionsfehler am PhasePlug und Hals müssen brachial extrem sein.
Wie kann man das beseitigen?

Ich habe die Rück-Kammer des Treibers (GEhäuse am Magneten) durch Hartschaum verkleinert. Als Test.
Schon hat sich der K2 halbiert.
Ist wohl doch nicht die Luft wie die Literatur sagt, sondern die asymmetrische Last die der Treiber sieht. Nach Vorne ins Horn strahlt es sich schwerer. Wegen Strahlungswiderstand. Logisch irgendwie.
Verkleinere ich die Rückkammer, wird der Druck ähnlicher, höher, Widerstand von Rein- und Raus-Bewegung wird angeglichener. Folglich ist die negative und positive Sinus Periode wieder formgleich.

Dann habe ich eine Kalotte angefertigt welche ähnlich der Membran geformt ist.
Diese Kalotte hat 120% Durchmesser der Membran und sitzt wie eine Kuppel luftdich direct auf der Membran.
Ca 1cm Abstand.
Respektive ist das Rückvolumen brutal winzig.

Ergebnis, die Kompression auf beiden Seiten war so gleich dass der K2 fast auf K3 Niveau absank.
Klanglich phenomenal!

Dann gibt es noch einige Resonanzen im Wasserfall welche beim Ausklingen die Frequenz erhöhen, nach oben schwingen. Check mal ob diese gleichzeitige schmalbandige Peaks im Klirr haben wenn du höher auflöst.
Dann kommt nämlich Problem 2:
Die extremen Drücke im Hals bringen das labile JBL Plastik zum schwingen.
Mach die Messung nochmal während du mit beiden Händen besonders kräftig den Hornhals hinter dem Treiber "umklammerst" und anpresst.
Verbessert es sich teilweise.... folgender Lösungsvorschlag:
Umwickel das Horn rückseitig mit Bitumen-Anti-Dröhnmatte. Am besten mehrfach und presse es mit Kabelbindern fest an.

Danach sollte alles um Welten besser klingen.

Gruß
Josh
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Derzeit arbeite ich an weiteren Klirrmaßnahmen.
Ich möchte hauchdünne Basotect schichten in die Mitte des Halses anbringen.
Erste Test zeigen: billiger Schaumstoff ist scheisse :D

Ergebnis aber zuversichtlich:
Der Schaumstoff killt Resonanzen und Reflektionen.
Er dämpft mechanisch wie ein sanfter Tiefpass.
Das muss ich elektrisch durch EQ wieder ausgleichen im Hochton.
Dadurch steigt der Klirr im Hochton. Dessen Kx Komponenten liegen aber im Ultraschall, also egal, die elektrische Last oben rum vertretbar, dem Horn sowieso egal.

Riesen Vorteil: die Oberwellen Komponenten aus dem Mittelton werden um ca 6-10dB abgesenkt.
Diesen ist die Anhebung des EQ ja egal, bleiben gleich.
So verringert man den Klirr nochmal signifikant auf ein Drittel.

Etwas tricky ist feinfühlig offenporigen Schaumstoff sehr dünn zu bekommen und zu platzieren.
Je nach Übertragungsbereich.

Gruß
Josh
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hornguru hat geschrieben: Ich habe die Rück-Kammer des Treibers (GEhäuse am Magneten) durch Hartschaum verkleinert. Als Test.
Schon hat sich der K2 halbiert.
Ist wohl doch nicht die Luft wie die Literatur sagt, sondern die asymmetrische Last die der Treiber sieht. Nach Vorne ins Horn strahlt es sich schwerer. Wegen Strahlungswiderstand. Logisch irgendwie.
Verkleinere ich die Rückkammer, wird der Druck ähnlicher, höher, Widerstand von Rein- und Raus-Bewegung wird angeglichener. Folglich ist die negative und positive Sinus Periode wieder formgleich.
...
Ergebnis, die Kompression auf beiden Seiten war so gleich dass der K2 fast auf K3 Niveau absank.
Klanglich phenomenal!
Hallo Josh,
ich sehe zunächst die durch Volumenreduktion erhöhte Treiber-Resonanzfrequenz, die nun durch das Horn besser belastet und bedämpft wird.
Ich vermute, dass, wie bei geschlossenen Tieftongehäusen, die Verkleinerung ebenfalls die Resonanzgüte erhöht.

Ich fürchte, dass die Vorstellung "asymmetrische Last" zu falschen Vorstellung führt. Das Horn vor der Membran sollte für positive wie negative Auslenkungen der Membran gleiches Verhalten zeigen, sonst hätten wir ja bei jder Ankopplung einer Membran an die Luft bei Druck und Sog eine Verzerrung, die bei zunehmender Bündelung des Chassis (beim Tiefmitteltöner) steigt. Das ist aber nicht der Fall, der Klirr steigt zu tiefsten Frequenzen hin an, wo die Ankopplung an die Luft schlechter wird.

Ich habe mal gelernt, dass das Horn eine tiefere Frequenz als die Treiberresonanz abdecken sollte, um diese zu bedämpfen, dann ist die Übergangsfrequenz der Weiche angemessen oberhalb beider zu gestalten. Das ist aber schon sooo lange her... und manchmal wächst der Erkenntnisstand mit der Zeit.
Bei Avantgarde lässt man den Treiber des großen Kugelwellen-Mitteltonhorns nach nach unten ohne Hochpass arbeiten, vielleicht, um per Verstärkerdämpfungsfaktor darüber mehr Kontrolle zu bekommen, was das Horn nicht schafft.
Umwickel das Horn rückseitig mit Bitumen-Anti-Dröhnmatte. Am besten mehrfach und presse es mit Kabelbindern fest an.
Wäre Eingießen nicht die beste Lösung? Das Bitumen ist gegenüber dem Kunststoff doch erheblich weicher und nachgiebiger.
Grüße Hans-Martin

P.S. Dr.Earl Geddes hat Hörner/Waveguides mit Schaum gefüllt, um die gewünschte Richtcharakteristik zu erreichen: http://www.gedlee.com
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Hallo Hans-Martin

Bei dem Waveguide von Earl Geddes wird die Richtcharakteristik durch die Form erzeugt. Es dient übrigens erst in zweiter Linie der Erhöhung des Wirkungsgrades. Der Schaumstoff dient der Reduktion von sogenannten High Order Modes (HOM). Diese werden duch Reflektionen im Horn/Waveguide und durch unterschiedliche Ausbreitungspfade im Horn/Waveguide verursacht. Diese sind u.A. für den welligen Frequenzgang von Hörnern verantwortlich. Das Waveguide nach Geddes hatvon Natur aus schon weniger dieser HOMs und mit dem Schaumstoff werden sie weiter reduziert, indem der direkte Weg zwischen Treiber und Hornmund am wenigsten gedämpft wird und alles andere eben stärker (bedingt durch den längeren Weg durch den Schaumstoff). Der Nachteil ist, dass man die zusätzliche Dämpfung kompensieren muss. Für Heimanwendungen sind die Pegelreserven von Hornkombinationen derart hoch, dass das ohne Weiteres geht.

Diffraktionshörner wie das vorliegende JBL Modell haben relativ ausgeprägte HOM. Der kleine Bruder, das 2344 mit einem 2426 Treiber misst sich definitiv schlechter als eine andere, billigere Hornkombi von mir (Eighteensound XT1086 mit Faital Pro HF10AK). Beim Hören ist mir dies aber piepegal. Wer einmal den Bläsereinsatz bei dem Titelstück von "Children of Sanchez" mit Livepegel auf einem guten Hornsytem gehört hat, möchte sich das nicht mehr mit Hochtonkalotten antun.

Gruss

Charles
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hallo Hans Martin!
Schöne Idee mit dem ganz eingiessen.
Ein Freund hat mal einen Innenanstrich mit Dick Bitumenmasse gemacht. Auch sehr effizient. Leider stank es bestialisch :D
Ja die Matten sind nur ein einfacher leichter Weg. Amazon, 50 Tacken, wickeln, fertig.
Sicher geht das noch besser. In Beton gießen wäre am besten. Klappt aber nur wenn man ein Gehäuse drum hat. Bei den riesen Teilen....

Das mit der asymmetrischen Last kann eine falsche Vorstellung sein.
Bin mir da noch nicht sicher. Es funktioniert aber, der K2 ist weg!
Ich kam darauf bei ein paar Tests mit URPS Subwoofern.
Die zerren auch wenn man TT in 3 Liter Gehäuse zwecks Fs 150Hz steckt.
Dort sollte Druck und Sog auch gleich sein.
Aber irgendwoher muss der Klirr ja kommen.
Vielleicht wirkt das zb komprimierte Volumen so stark auf die Membran dass es bei der Gegenbewegung einen extra Schub bekommt und der Sog überschwingt?
Jedenfalls kommt der K2 durch die Ungleichheit der positiven und negativen Wellenformen.
Hier den Druck beidseitig stark zu halten hat viel gebracht.

Was die Hörner angeht. Viele der Theorien sind sehr alt, seltenst belegt und es hat kaum jemand weiter entwickelt.
Daher Versuchsaufbau mit einem Freund, ein Laser vor die Membran gespannt. Sollte mal zur Regelung eingesetzt werden, rauscht aber zu stark. Jedenfalls kann man sehr schön Hub Diagramme zur Messung damit machen. Bis max 6mm.

Tieftöner dann offen, geschlossen, front und backloaded Horn eingespannt, Sweep auf Pegel und Hub gemessen und verglichen.

Sehr interessant ist dass Hörner den Hub auch noch unterhalb der Grenzfrequenz (oder ich sage lieber Haupteffizienzbereich) noch bedampft!! Und zwar egal ob front oder Backloaded.
Ein Treiber fällt normalerweise unterhalb der Fs mit 12dB / Oktave ab weil der Hub gleich bleibt. Normal jede Oktave tiefer gleicher Pegel braucht vierfachen Hub = 12dB Differenz.
Das Horn hat selbst unterhalb der Fs-Horn noch 9dB Effizienz. Fällt also flacher ab. Bei gleichem Hub.
Das wird natürlich zusammen mit dem mechanischem Hochpass des Treibers noch nicht so viel dass man es nutzen kann, Backloaded mit akustischem Kurzschluss noch weniger.
Trotzdem entlastet es den Treiber im Hub.
Wenn zb offen hat man ja 24dB Okt Abfall. Dieser reduziert sich auf 21dB im Fernfeld.
Im Haupt-Effizienz Bereich des Horns liegt der Gewinn ziemlich zuverlässig immer bei genau 12dB bzw eine viertelung des Hubs bei gleichem Pegel.

Also Vergleich Tieftöner zwei Oktaven unterhalb fs macht weniger Hub mit Horn als geschlossen.
Deswegen sehe ich das relativ. Der Strahlungswiderstand verschwindet ja nicht aprubt. Auch immer noch besser als kein Horn. Also macht man das Horn einfach so wie man es braucht und hat immer Gewinn.

Die Resonanzgüte vermute ich hier weniger. Mein Mitteltöner spielt normal mit großem Volumen bis 350Hz runter. Mit Mini-Kammer bis 450Hz. Durch die harte Einspannung von Metallsicken sollt das Equivalentvolumen der TSP ohnehin so klein sein dass es kaum auf Volumen reagiert. Zumal Hörner so gut wie garnicht auf TSPs reagieren.
Die Reduzierung des K2 bei mir funktionierte auch noch 3 Oktaven uber der fs, dort hatten die TSP sicher keinen Einfluss mehr, bei 3-4kHz viel zu hoch.

Für mich immernoch ein weitgehend unerforschtes Land die akustischen Strahlungsimpedanzen der Hörner, welche so garnicht auf irgendwas der Herren Thiel und Small reagieren.

Gruß
Josh
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Für mich immernoch ein weitgehend unerforschtes Land die akustischen Strahlungsimpedanzen der Hörner, welche so garnicht auf irgendwas der Herren Thiel und Small reagieren.
Guckst Du hier :wink: :

http://users.ece.gatech.edu/mleach/pape ... nPaper.pdf

Gruss

Charles
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phase_accurate
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Beitrag von phase_accurate »

Das Modell nach Thiele und Small betrachtet die Treiber/Einbau Kombination als Hochpass. Bei Frequenzen, die genügend hoch über der Grenzfrequenz eines Hochpasses liegen, kommt es auf die Hochpassfunktion selber nicht mehr drauf an, d.h alle Hochpässe haben da eine Durchgangsdämpfung gegen null - zumindest theoretisch. Dann übernehmen andere Effekte die Oberhand bezüglich Frequenzgang. Deshalb ist das Modell nur in einem beschränkten Bereich gültig in der Praxis.
Wie das Leach Paper zeigt, sind die TSPs für die Berechnung von Hörnern aber durchaus NICHT irrelevant. Bei einem Front loaded Horn z.B. wird die Rückkammer idealerweise so gross dimensioniert, dass fb auf dem geometrischen Mittel zwischen unterer und oberer Grenzfrequenz des Horns zu liegen kommt. D.h. es ergeben sich so sehr kleine Rückkammern, welche selber auch schon den Hub unterhalb der Grenzfrequenz des Horns begrenzen und zwar auf kleinere Werte, als man mit einer normal dimensionierten closed Box erreichen würde.
Das Leach Paper verwendet übrigens ein Modell, welches von Anfang an ein Bandpass ist, was ja alle Horn/Treiber Kombinationen in der Praxis auch sind. wie jedes Modell ist es natürlich nur endlich genau. Ist aber immerhin besser als "Blindflug".

Es gibt ein sehr gutes Programm zur Simulation von Hörnern (und anderen Konstruktionsprinzipien) genannt AJHorn:

http://www.aj-systems.de/

Das folgende Freeware Programm wird übrigens von Amateuren häufig verwendet:

http://www.hornresp.net/

Meine persönliche Meinung zu Hörnern ist, dass sie sehr viel Spass machen können. Vor allem wenn man ab und zu gerne "Gas gibt" so wie ich. Bei den heutigen Verstärkerleistungen gibt es aber für den Bassbereich zumindest interessantere Alternativen. Der Wirkungsgrad von Kühlschrankgrossen Closed Box und Reflex System ist nicht soooo viel schlechter als derjenige von Basshörnern gleicher Grösse und Grenzfrequenz :wink: :

http://www.reyaudio.com/large-e.html

Gruss

Charles
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hi Charles

Interessantes Dokument!

Ja Treiber im Gehäuse mit hohem Vas Äquivalentvolumen dann mit Frontloaded Horn. Gestehe da gibts es noch leichte Interaktion von TSP und Horn. Etwas. Aber auch nicht 100%, wie du sagst besser als im Dunklen fischen.

Schwierig wird es bei offenen Treibern die einseitig vom Horn belastet werden.
Hier scheinen die TSP ganz raus zu sein und das Horn dominiert.
Habe früher viel mit Breitbändern Backloaded gemessen.
Ob die da Qts 0.6 oder 0.3 oder 0.2 hatten... Völlig egal.

Das Klipsch mit geschlossener Rückkammer reagiert auch nicht wirklich auf die TSP aber auch nicht so wie ein Front Horn. Hier streut wohl der Raum noch viel rein. Macht das ganze wirklich schwierig.

Eigentlich gut genug um irgendwie zu funktionieren. Besonders wenn man nur minimalphasig abstimmt, etwas Terzglättung mit EQ und gut...
Wenn man versucht mehrere unterschiedlich konstruierte Hörner aber linearphasig zu kombinieren.... und muss die Minphasen Flanken kennen zur Phaseninvertierung... oh Gott. Wollte mir schon öfter das Leben nehmen :D

AJHorn ist mir lange bekannt und sicher ganz gut zum Draften.
Die Flanken bekommen sie trotzdem nicht hin. Sind Backloaded mit 4ter und Frontloaded mit 2ter Ordnung berechnet. Was schlichtweg nicht stimmt. Siehe oben, nach meiner Messung 1.5 bzw 3.5te Ordnung :)
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Mattias
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Beitrag von Mattias »

Hallo in die Runde,

muß meine längere Abstinenz entschuldigen, habe einiges anderes um die Ohren gehabt (und immer noch etwas).

Die Modellüberlegungen von Josh (asymmetrische Last) finde ich ganz gut, denn gradzahliger Klirr wird ja durch Asymmetrien verursacht. Da paßt dann das Experiment mit den Ergebnissen in dieser Denkweise gut zusammen.

Ich hab letzte Woche gesehen, daß es "Filter Hose" als eingeschränkte freeware gibt. Damit war der Druck groß, weil zu Testzwecken der Kostenfaktor nicht gleich ganz ausufert, das mit den vorhandenen Messwerten simulativ durchzuspielen. Nach einigen Startschwierigkeiten (Dezimalkomma statt Dezimalpunkt wenn deutsches OS läuft) kam ich dann weiter.

Filter Hose bietet 512 Taps fürs FIR-Filter, arbeitet mit 2k FFT Auflösung (=> 23Hz Frequenzauflösung) bei 48kHz. Habe meine 48kHz Messdaten in 2k FFT passend exportiert (Mag + Phase) und manuell in Filter Hose eingebunden. Das ergab dort folgenden Frequenzgang:
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Das hinterlegte Fenster stellt den Bereich dar, in dem Filter Hose korrigieren soll (440Hz-16kHz). Der sich damit ergebende FIR-Filterfrequenzgang ist dieser:
Bild
FIR-Filter plus Horn würden zu guter letzt (natürlich erstmal rein rechnerisch) folgendes Verhalten zeigen:
Bild

Das sieht zunächst so vielversprechend aus, daß ich nun riskiere, mir opneDRC-DI zu holen und zunächst einfach daheim dem Gehör die Möglichkeit der Bewertung zu geben. Und vor allem funktioniert es, nur den Frequenzbereich der Hörner anzufassen und Rest unangetastet. Somit kann ich openDRC zwischen TerzEQ und Digitalweiche schieben. Ferner will ich erst danach auf den Messtisch. Bin gespannt, ob durch die "Vorechos" der FIR-Filterei das Ausschwingen eine (positive) Änderung erfährt.

Soweit mal endlich wieder ein kleiner weiterer Zwischenschritt, viele Grüße
Mattias
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Hornguru
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Beitrag von Hornguru »

Hi Matthias

Hab mir Filterhose auch schon mal unter die Lupe genommen.
Ich rate die Finger davon zu lassen.
Besonders wenn es das einzige Tool und dann noch Vollversion sein muss.
Es kann fast nix und kost n heiden Geld.

Wenn ich die schmalen Peaks in der mittleren Inverse sehe wird mir ja übel.
Die Speungantwort wird aussehen wie ein verängstigtes Stachelschwein :D

200€, es kann nicht messen, ist limitiert auf kurze Filter, hat ausser einem Fenster keine Glättung, Kann keine Weichen erstellen, arbeiten mit minimal und linearphase ist super umständlich (man muss alle Impulse getrennt verarbeiten) und und und....
Ich finde die sind echt mutig.
Imho wäre es Freeware ganz nett und würde max 10€ Donaten.

Was Acourate für die paar Mark mehr kann, da liegen keine Welten sondern Universen dazwischen.
Und ob dir der kastraten Inder Sonntag Nachmittag innerhalb 1 Stunde die Email beantwortet wenn du nicht weiter kommst mag ich auch bezweifeln. Sorry fürs politisch inkorrekte ;)

Wenn es kostenlos oder erstmal ein Versuch sein soll würde ich immer wieder wie schon gemacht auf REW und Rephase zurückgreifen. Ist halt Gefummel, kostet Zeit. Acourate macht das in Gleiche in 5% der Zeit :D
Aber man hat mit Rew&Rep auch ne gute Lernkurve.

Gruß
Josh
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