Messung und Beseitigung von S-Lauten

ESM
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Beitrag von ESM »

Hi Alex,

was die in Acourate angezeigten IACC Werte anbetrifft, kann ich mir auch keinen wirklichen Reim darauf machen. Hier die IACCs, als die Lautsprecher noch so standen, dass ich die sLaute deutlich hören konnte:

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hier nach dem Lautsprecherschieben, sLaute weg:

Bild

sie sind sogar etwas schlechter geworden, obwohl es sich besser anhört.

- was mir auffällt: dein IACC late ist sensationell gegenüber meinem.
- was mir noch auffällt: bei dir verschlechtert sich der IACC late nach der Korrektur dramatisch (-37%).
- was mir noch im Vergleich zu deinen Werte auffällt ist die Gewichtung. Hat der late Wert ein höheres Gewicht als die kurzen? Anders ist es nicht zu erklären, denn die ersten 3 Werte sind bei mir klar höher als bei dir.

Was lernt man jetzt draus? Ehrlich gesagt frage ich micht, welchen Mehrwert diese Werte für uns haben können.

Den Tip zum Extrahieren des Diffusschalls probiere ich bei Gelegenheit aus und stelle das Ergebnis hier rein. Danke!

Edit:
der dritte Punkt in meiner Auflistung steht wohl nicht im Zusammenhang mit den ersten 3 Werten, sondern sagt etwas anderes aus:
IACCE3 The interaural cross-correlation coefficient determined for a time period of 0 to 80 milliseconds. It is the average of the values measured in the three octave bands with mid-frequencies of 500, 1000 and 2000 Hz. It has been shown to be a sensitive measure for determining the apparent source width (ASW) of a performing entity as heard by a person seated in the audience.
Gruß Erwin
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Jahresprogramm
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Beitrag von Jahresprogramm »

Hallo Erwin,

grundsätzlich werden die IACC-Werte in
- IACC-Früh 0-80ms
- IACC-Spät 80-500...ms
- IACC-Gesamt 0-500...ms
unterschieden. Die Werte werden per diesen etwas unkommoden Integral (siehe Link) berechnet. Uli hat da glaube ich noch etwas verfeinert, um die sehr sprunghaften Spitzen und Löcher im FG zwischen Li und Re zu matchen.

Uli hat für IACC in Acourate in folgende Werte hinterlegt:
- IACC-Früh 0-10ms, 0-20ms und 0-80ms
- IACC-Spät 80ms-Puls Ende (sind bei 48kHz Abtastrate ca. 1,24Sek)
- IACC-Gesamt 0ms-Puls Ende
ESM hat geschrieben:- was mir auffällt: dein IACC late ist sensationell gegenüber meinem.
Das hat sich mit dem DBA bei mir eingeschlichen. :wink:
ESM hat geschrieben:- was mir noch auffällt: bei dir verschlechtert sich der IACC late nach der Korrektur dramatisch (-37%).
Verschlechterung ist es wohl keine, ansonsten würde der IACC-Gesamt schlechter werden. Es ist nur so, das gewisse Anteile früher kommen und somit eher in den Zeitbereich des IACC-Wertes 0-80ms rutschen.
ESM hat geschrieben:- was mir noch im Vergleich zu deinen Werte auffällt ist die Gewichtung. Hat der late Wert ein höheres Gewicht als die kurzen? Anders ist es nicht zu erklären, denn die ersten 3 Werte sind bei mir klar höher als bei dir.
Die "Gewichtung" wird vielleicht etwas klarer, wenn man das Integral anschaut. Wenn wir nur den Zeitbereich 80ms bis Puls Ende betrachten und dort kaum mehr Energie vorhanden ist, hat dann der dort berechnete Wert wenig Einfluss auf den Wert "IACC-Gesamt".
ESM hat geschrieben:Was lernt man jetzt draus? Ehrlich gesagt frage ich micht, welchen Mehrwert diese Werte für uns haben können.
Es ist mal wieder so, dass man die Werte deuten muss (damit tue ich mir z.Z. schwer). Des Weiteren gibt es auch noch IACC-Werte für unterschiedliche Frequenzbereiche, die Uli in Acourate nicht implementiert hat.
ESM hat geschrieben:Edit:
der dritte Punkt in meiner Auflistung steht wohl nicht im Zusammenhang mit den ersten 3 Werten, sondern sagt etwas anderes aus:
Siehe oben: Es wird in Acourate nicht nach Frequenzbereichen unterschieden.

Grüße
Alex
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Bitte nicht den IACC überbewerten. Der Wert ist SEHR empfindlich gegenüber einer Reihe von Einflüssen.
Eine zeitliche Verschiebung (Subsampleshift) eines Diracs um 1/(2*fs) zu einem Referenz-Dirac reduziert z.B. den IACC von 100% auf 68%.

Mich wundert manchmal die Zahlengläubigkeit. Einerseits wissen wir, dass uns die Daten anscheinend immer noch nicht genügend Klarheit geben, weshalb wir z.B. S-Laute hören. Andererseits diskutieren wir den IACC wie die PS-Leistung eines Rennboliden.

Acourate macht keine frequenzbezogene Auswertung, vergleicht also schlichtweg die Pulsantworten. Der Wert wird auch andersherum als bei Konzertsälen verwendet, wo die Nachhallzeit wichtig ist. In der zitierten Literatur sind da ja hohe IACC-Werte eher schlecht.

Mir geht es mit dem Wert einfach schlichtweg darum, einen Wert zu haben, der etwas über die Gleichheit der linken und rechten Stereo-Wiedergabe aussagt. Dabei spielt der Direktschall sicherlich auch die größere Rolle, daher die frühen IACC-Werte. Der späte IACC-Wert wird insofern weniger wichtig, als dass das gemeinsame Links-Rechts-Ausklingen eines Signals ja schon von der kontinuierlich laufenden Musik überdeckt wird.

Grüsse
Uli
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Jahresprogramm
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Beitrag von Jahresprogramm »

Hallo Uli,
uli.brueggemann hat geschrieben:Andererseits diskutieren wir den IACC wie die PS-Leistung eines Rennboliden.
Eigentlich war das nicht meine Absicht, deshalb habe ich auch mehrmals betont, dass der IACC-Wert eine "Mimose" ist. Ich habe ebenfalls geschrieben, dass ich z.Z. mit 60-70% gut höre. Früher waren es um die 80% aber nicht zwingend besser. Anderseits wollen wir ja gewisse Grenzen definieren um die Werte mit irgendwas assozieren zu können: Z.B. über 80% ist eine sehr gute Stereoabbildung möglich (sehr viele PS :D ). Das ist nur zu menschlich.

Mein letzter Beitrag sollte eigentlich nur die Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen IACC-Werten, die Acourate einem ganz wunderbar nach der Messung und nach dem Macro 5 präsentiert, zeigen.

Je länger man sich mit dem Wert auseinandersetzt, umso besser kann man auch die Ergebnisse deuten. Z.B. beruhen meine aktuelle Werte auf der Tatsache, dass ich an der Decke und an den Seitenwand für frühe Reflexionen in Müllbeutel eingepackte Minerallwolle als Absorber nutze. Dabei wird der Hochton, welcher als Erstrefelxion in den IACC bis 10ms voll reinspielt, vom Müllbeutel sehr ungleichmäßig ab ca. 8-10kHz reflektiert. Hören tue ich damit nicht schlechter - eher besser. Nur ist mit jetzt klar, warum der IACC schlechter wird. Will sagen: Es lohn sich durchaus sich mit dem Wert auseinander zu setzten. Man sollte nur, wie Du es, lieber Uli, immer wieder sehr deutlich sagst, diese Grenzen gut oder schlecht nicht für bare Münze nehmen. :cheers:

Grüße
Alex
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Wenn man den Kopf bewegt, ändert sich mMn der Direktschall weniger, der Diffusschall mehr. Unser Gehör gleicht da manches aus, deshalb läuft da nicht viel Störung auf, bei natürlichen Ereignissen wird die Ortung sogar schärfer, bei Stereo zieht es den Hörer zum Sweetspot.´

Eine Frage, die ich Uli schon einmal gestellt hatte, allerdings unter einem anderen Aspekt, zielte auf die Berechnung des Diffusschalls, nachdem der Direktschall aus der Gleichung herausgezogen ist. In diesem Thread hier ginge es mir darum, eine Frequenzgangberechnung in einem speziellen Zeitfenster zu machen, um die Verschärfung der S-Laute im FG aufzuspüren, ohne den Direktschallanteil, der ja offenbar einwandfrei kommt und mit seiner Intensität alles andere zudeckt.

Der Lautsprecher als Ursache für die Schärfe wurde ausgeschlossen (Exemplare getauscht, keine Änderung des standortbezogenen Problems). Welchen FG ergeben die reflektierten Schallanteile?

Es ist auch die Frage zu klären, warum die Verschärfung beim Lautsprecher lokalisiert wird. Ist das ein Haas-Effekt, oder ein Summenlokalisationsproblem, das innerhalb der ersten 3 Millisekunde auftritt? Letzteres ist mMn unwahrscheinlich, denn dann würde eine Phantomschallquelle aus Direktschall vom LS und dem reflektierten Schall von der Reflexionsstelle lokalisiert.

Also würde ich, um Erwins oder Alex' Frage zu beantworten, wenigstens die ersten 3 ms des ankommenden Pulses Direktschall wegnehmen, womöglich dauert der dummerweise aber länger, bedingt durch Ein/Ausschwingvorgänge an Chassis, Weiche und Raum. Da die tiefen Töne langsamer ein/ausschwingen, müsste man für die Auswertung diesen Frequenzbereich mehr unterdrücken, um die Auswertung zeitlich früher beginnen zu können, wenn der Umweg 1m gar unterschneidet, was weniger als 3ms bedeutet (über den Daumen).

Ein häufig gespielter Bass bei 60Hz hat etwa 16ms Wellenlänge, eine Box mit Resonanzfrequenz bei 40Hz schwingt mit 25ms pro ganze Schwingung aus, entsprechend 8,60m Wegstrecke. Wenn man bedenkt, dass ein realer Kontrabass zwischen 0,5-0,9sec benötigt, um einen tiefen Ton voll auszubilden, beim Cello zwischen 0,2-0,5sec (Wikipedia-Wissen), bei einer luftgeblasenen Kirchenorgel kann man auf die Uhr schauen, wann der tiefste Ton voll da ist, sind Zeiten im Millisekundenbereich fast gar nichts.

Ich sehe in der Impulsauswertung bei 0,125s den ersten Puls und ausklingen bis 0,129s, dann folgen irgendwann nennenswert starke Reflexionen. Da sind 4ms Abstand und mehr. In der klassischen Betrachtung von S-Laute-Verschärfung geht man von einer Auffälligkeit im Bereich zwischen 6-10kHz aus (S-Laute sind von Natur aus scharf).

Vermutlich ist eine messtechnische Einkreisung der S-Laute Verschärfung ohne die erste starke Direktschallwelle eine große Herausforderung an die Messtechnik, die ich keineswegs beherrsche. Ich kann leider diesbezüglich nur laut denken und argumentieren, wo es vermutlich nicht lang geht oder wo mMn die Hürden liegen. Wer mit Acourate versiert ist, sieht vielleicht eine Lösung.

Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Im Prinzip kann man natürlich versuchen, den Direktschall herauszulösen. Bloss, wo hört der Direktschall auf und fängt der Diffusschall an?

Mit Acourate kann man ja direkt auf einen Puls eine frequenzabhängige Fensterung anwenden. Z.B. mit 15 Zyklen. Und das Ergebnis vom Originalpuls subtrahieren. Der Rest könnte denn als Diffusschall interpretiert werden, ich selbst werde aber bei so einer Betrachtung nicht wirklich schlauer.

Und bitte noch einmal zu bedenken: das linke Ohr hört bei der Wiedergabe den linken LS, aber auch den rechten LS (das ganz normale Übersprechen). Merkt man spätestens, wenn man den linken LS mal abschaltet. D.h. wir nehmen eine Summenpuls bestehend aus den Antworten der beiden LS inkl. Raumeinfluss je Ohr wahr. Es ist m.E. der Summenpuls zu betrachten und zwar je nachdem wie denn auch die LS stehen.

Nun kann man auch die gemessenen Pulse mit Acourate addieren, aber dabei sind die jeweiligen Laufzeiten und Beeinflussungen durch die Kopfgeometrie (Filter ...) zu berücksichtigen.
Man kann also viele Dinge tun und rechnen, das zuletzt bleibende Problem ist es, den verbleibenden Kaffeesatz richtig zu deuten. :cheers:

Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Uli

Da das Problem nur am linken Lautsprecher klebt, wäre der erste Test, mit Musik den Einfluss des rechten Kanals zu prüfen, dann R weglassen. Zischt es dann immer noch, verzichtet man auf die Messung des Monosignals aus beiden LS, das sollte den Vorgang vereinfachen.

Ich werde heute nachmittag mal den Kaffeefilter nicht gleich wegwerfen, mal sehen, welchen Satz der schreibt...

Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hans-Martin hat geschrieben: Da das Problem nur am linken Lautsprecher klebt, wäre der erste Test, mit Musik den Einfluss des rechten Kanals zu prüfen, dann R weglassen. Zischt es dann immer noch, verzichtet man auf die Messung des Monosignals aus beiden LS, das sollte den Vorgang vereinfachen.
Hans-Martin,

wie war das mit dem Wald und den Bäumen?
Hätt' ich auch direkt darauf kommen müssen. :cheers:

Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Uli

Wenn beide Kanäle gemeinsam gemessen werden, ist das Ergebnis völlig anders als wenn beide gemeinsam gehört werden, folgt man Günter Theiles Dissertation zum Thema Lokalisation.

Demnach wäre es eine große Vereinfachung, wenn das Problem auch nur bei Betrieb eines Kanals auftritt. Bei Monobetrieb über 2 LS wird es nahezu unmöglich, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.

Ich denke immer daran, dass man die Fletcher-Munson Kurven nicht mit Mikrofonen am Ohr bestimmen kann. Viele andere Dinge auch nicht. :cheers:

Es wird Zeit, den Kaffee aufzubrühen...

Grüße Hans-Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Mein Kaffeesatz hat mir Folgendes aufgezeigt und indirekt mitgeteilt:

Wie man sieht, sieht man nichts.

Konsequenz: man muss genauer hinschauen und wenn man dann immer noch nichts sieht, fängt man an, anhand der Fakten etwas zu simulieren und anhand des theoretischen Ergebnisses gezielt noch genauer hinzuschauen.

Wir haben etwas in der Hand, das ist Erwins Raumimpuls.
Der zeigt für links den Direktschall bei 0,125, gefolgt von deutlich erkennbaren Pulsen, die in zeitlichen Abständen erscheinen. Diese Zeitabstände lassen sich in der Simulation mit einem Logsweep oder weißem Rauschen, einem um diesen jeweiligen Zeitraum verzögerten Logsweep (oder weißes Rauschen) aufaddieren und die Hüllkurve der Summe lässt sich mit Spektralanalyse auswerten. Audacity bietet alles, was man braucht.

Hier der erste Screenshot von der Kaffeesatzleserei:

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Mit Audacity habe ich 15 s weißes Rauschen generiert und in 5 weitere Spuren kopiert, alle hatten nun ein kohärentes identisches Rauschen. Aus Erwins Bild habe ich anhand der Peaks die Zeitversetzungen herausgelesen und um diesen Betrag die Balken gekürzt, am Ende weggeschnitten. Eine Zwischenprobe mit der Spektralanalyse zeigte eine Ungenauigkeit im Toleranzbereich besser als 0,3dB, deshalb habe ich auf den Screenshot verzichtet.

Dann wurden die Pegel den Werten der Peaks angepasst, die Erwins Raumpuls anzeigte, und die einzelnen Spuren mit ihren Enden an den Cursor verschoben, dadurch waren sie um den ursprünglich hinten gekürzten Betrag versetzt.

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Der markierte Bereich wurde herausgelöscht, damit die nachfolgende Spektralanalyse alle gewünschten Spuren gleichwertig erfasst (die Bewertung nach Pegel war schon vorausgegangen).

Die Peaks bei 0,129 (Spur1), bei 0,1298 (Spur2), bei 0,130 (Spur3), bei 0,1328 (Spur4), bei 0,1332 (Spur5), bei 0,147 (Spur6) können nun beliebig gegeneinander gemischt werden, indem man sie markiert und die Spektralanalyse aufruft. Der Hauptpuls bei 0,125s wurde bewusst herausgenommen, die Simulation machts leicht möglich.

Hier der resultierende FG von Spuren 2+3:

Bild

Der resultierende FG von Spuren 2,3,4 und 5:

Bild

Der resultierende FG aller 6 Spuren:

Bild

Vertikale Skalierung der Spektralanalyse is 1dB, die horizontale ist logarithmisch, wegen der geschätzen Zeitpunkte erhebt die grafische Darstellung keinen Anspruch auf absolute Präzision.

Mir ging es nur darum, etwas im Kaffeesatz zu lesen. Da die Methode und Vorgehensweise dieser Simulation nun klar ist, kann Erwin anhand bestens aufgelöster Auswertung mit den realen Zahlen/Verzögerungen operieren. Audacity gibt es gratis.

Grüße Hans-Martin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Ach und nochwas kann man schön sehen: Je mehr Schallwege mit unterschiedlichen Laufzeiten sich mischen, umso mehr verliert der Höhenanteil an Pegel.

Die Simulation hat gegenüber einer realen Messung eine bestechende Deutlichkeit...

Grüße Hans-Martin
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ESM
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Beitrag von ESM »

Hallo Hans-Martin,

danke das Du dich so intensiv mit meinem Thema beschäftigst!!

Audacity wird das geringste Problem sein, allerdings habe ich wirklich nur im aller entferntesten Sinne eine Ahnung von dem, was Du da gemacht hast, und noch weniger, wie man es selbst macht und noch weniger, wie ich selbst dem Problem jetzt näher kommen kann, geschweige denn, wie eine Lösung abgeleitet werden könnte. :oops: Dazu bin ich dann wohl zu sehr Hörer und Konsument zu wenig Ingenieur, Wissenschaftler oder Akustikexperte.

Einzig das Ergebnis lässt mich vermuten, dass es einen Kammfiltereffekt darstellen soll. Haben Relexionen immer unweigerlich Kammfilter zur Folge?

Ist mein Pulse so überdurchnittlich reflexionsbehaftet? Ich kann es mangels Vergleich gegenüber einer anderen, ganz normalen, durchschnittlichen Hörraumpulseantwort leider nicht einschätzen. Dass eine Pulseantwort im rein theoretischen Idealfall nur einen einzigen Peak und dann eine Linie haben sollte ist mir klar.

Um überhaupt ansatzweise zu verstehen, was Du da simuliert hast, folgende Frage: Du hast in Audacity die zeitlichen Peaks in ein syntetisches Rauschen (weiße Rauschen) reinsimmuliert, oder hast Du meine Pulseantwort geladen und damit gearbeitet?

Den Kammfiltereffekt als solchen hatte Alex ja schon mal weiter oben im Thread mit den zwei Peakss (bzw. dem Abstand der zwei Peaks) demonstriert:
Alex hat geschrieben:Ergebnis:

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Handelt es sich bei deiner Simulation um einen ähnlichen Ansatz, oder liege ich völlig daneben?

Danke und Gruß
Erwin
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Erwin

Es ist lediglich ein einfacher Versuch, das zu erwartende Signal am Sitzplatz herzuleiten, auf der Basis des von die eingestellten Impulsdiagramms (s.u). Um deine Frage zu beantworten, habe ich es nocheinmal mit anderen Worten versucht zu beschreiben und fett hervorgehoben, wo ich auf dein Material aufgesattelt habe.

Dabei ist zunächst Weißes Rauschen angenommen, welches die Spektralanalyse von Audacity als linearen FG anzeigt. Auch habe ich (zunächst bewusst fälschlich) ein gleichmäßiges Rundstrahlverhalten einer idealisierten Punktquelle angenommen.

Jeder nennenswerte Strahl, der das Ohr erreicht, wird als 1 Peak dargestellt (s.u.), und für jeden Strahl wird eine Spur angelegt, in die das identische Rauschen kopiert wird. Bei identischem Ursprung/Deckungsgleichheit spricht man auch von korreliertem Rauschen, der Physiker nennt es kohärent. Unkorreliertes Rauschen macht hier keinen Sinn, die finale Analyse würde versagen.

Da wegen der Umwege zeitliche Verzögerungen auftreten, kommen die Signale am Ohr unterschiedlich spät an. Wie spät und wie laut, zeigt dein Impulsdiagramm

Bild

und die Ausschnittvergößerung zur genaueren Feststellung des Abstands zwischen den Pulsen

Bild

wobei die Frage nach der genauen Ablesung aufkommt, weil hier offenbar schon stark geglättet wurde.

Um die Verzögerung präzise einzustellen, wählte ich das Ende, die Skalierung von Audacity mit Ctrl1 hinreichend zu spreizen. Wer genau hinsieht, stellt fest, dass ich um Faktor 10 mehr gespreizt habe, um die Genauigkeit zu verbessern, die Spektralanalyse verschiebt sich auch um Faktor 10, deshalb habe ich dort die Skalierung weggeschnitten. Ich hätte natürlich auch statt die voreingestellten 44,1kHz auf 192 arbeiten können, aber da hätte ich den Pfad der Gewohnheit verlassen, und nachfolgende Diskussion verursacht.

Am Ende um den Betrag der Verzögerung gekürzt und auf das Ende synchronisiert erschien mir als einzige gangbare und überschaubare sichere Methode, schließlich alle Enden gegen den Cursor zu verschieben, womit sie zu dem aus den ablesbaren Werten interpolierten verzögertem Eintreffen gebracht werden, wie sie in der obigen Impulsdarstellung erscheinen.

Da unterschiedlich lange Wege auch Pegelverluste beinhalten, wurde die Amplitude der Pulse auf die entsprechenden Spuren angepasst. Sie erscheinen also am Endpunkt unterschiedlich intensiv.

Jetzt kann man bei Audacity die Spektralanalyse anwenden, auf einzelne Spuren, um zu prüfen, ob der FG noch gerade verläuft, auf mehrere ausgewählte Spuren, aus denen die Analyse eine Summe bildet und darstellt. Je mehr Spuren gewählt sind, umso unüberschaubarer wird der resultierende FG.

Man könnte nun eine Liste abarbeiten, jede Spur gegen jede mixen. Das machte für mich aber keinen Sinn, diesen zeitraubenden Akt vorzunehmen. Denn die Simulation vernachlässigt etwas Wichtiges, das Richtverhalten der Box, welches ich nicht kenne. Aus der Zeitverzögerung kann man mit der Fadenmethode die Richtung des Umwegs bestimmen. Den FG der Box in dieser Richtung sollte man in der Simulation per Equalizer auf die Spur übertragen.

Die Lästigkeiten der Wiedergabe müssen in der Aufnahme spektral enthalten sein, hier die vermutlich unbehandelte Spektralanalyse eines Acapella Stücks mit einem deutlich erkennbaren Buckel um 6kHz.

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Dem stehen De-Esser gegenüber

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Ziel der Simulation ist nun, aufzuspüren, auf welchem Weg die größten FG-Welligkeiten entstehen, die in diesem kritischen Bereich Betonung bringen, hier sehr deutlich:

Bild

... was meiner ursprünglichen Annahme entspricht, die sich aber nicht durch Dämpfungsmaterial beheben ließ.

Die Frage bleibt, ob das Material wirklich geeignet war, wenn die erwartete Wirkung ausblieb, ob es falsch platziert war oder nicht großflächig bzw dick genug (Minimum 3cm Schaum, mehr als 1/4 Wellenlänge Dicke, wirksam im Bereich von Schallschnelle, die leider an der Wand direkt auf 0 geht), oder ob es nicht dieser Schallstrahl ist, der die Störung verursacht.

Zu jeder Suche gehört, nicht zu früh aufzugeben, aber auch der Gedanke, dass man den Schlüssel dort suchen muss, wo er verloren wurde, und nicht unter der Laterne, wo das Licht die Suche erleichtert, aber nichts zu finden ist.

Natürlich ist der von mir beschrittene Weg der Simulation nichts anderes, als entlang von Laternen die Suche zu begünstigen, die Simulation ist gewissermaßen nichts anderes als gewisse Laternen einzuschalten. Ob sie an der richtigen Stelle stehen, ist damit leider nicht gesagt.

Grüße Hans-Martin
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Jahresprogramm
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Beitrag von Jahresprogramm »

Hallo,

das Ergebnis der Addition mit weißem Rauschen ist doch sehr überraschend. Fürs Verständnis habe ich mal in Acourate die ersten fünf markanten Reflexionen des linken Kanals (Erwins Messung "vorher") unter Berücksichtigung der zeitlichen Abstände und der Lautstärke zum Puls addiert:

Hier der Puls und die Reflexionen:
Bild

und der resultierende FG:
Bild

Bei Addition der Diracimpulse kommt kein zu den Höhen hin abfallender FG raus.
Nicht vergessen sollte man, dass ich bei dem Versuch den gleichen Fehler gemacht habe wie Hans-Martin und bin davon ausgegangen, dass die Reflexionen den gleichen Amplitudenverlauf wie der Puls haben.

Was sagt uns das? Ist das Rauschen des Generators von Audacity doch nicht Zufällig verteilt? Ich weiß es nicht. :?

Wir suchen die ganze Zeit etwas, von dem wir ausgehen, das es da ist. Vielleicht ist es besser nach etwas zu suchen, was nicht da ist. :mrgreen:
Auslöschungen durch schwingende Elemente in der Nähe der LS... Fensterscheiben, Schränke, usw.

Wie kommt man hier weiter?
Ich bin total aufgeschmissen, denn ich trinke gar kein Kaffee :(

Grüße
Alex
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Jahresprogramm hat geschrieben: Bei Addition der Diracimpulse kommt kein zu den Höhen hin abfallender FG raus :?
Nicht vergessen sollte man, dass ich bei dem Versuch den gleichen Fehler gemacht habe wie Hans-Martin und bin davon ausgegangen, dass die Reflexionen den gleichen Amplitudenverlauf wie der Puls haben.
Hallo Alex
Ich habe mich bei der Simulation sowohl mit dem Zeitversatz als auch mit der Amplitude am entsprechenden Raumimpuls orientiert (wie der 2. Audacity Screenshot zeigte):
Bild
War das falsch?
Vielleicht hast du im Bild den Direktschallpuls erwartet? Den hatte ich erklärtermaßen rausgelassen, weil (weiter oben argumentiert) der Effekt der Verschärfung nicht so zeitnah liegen kann, dass es zur Summenlokalisation kommt.
Was sagt uns das? Ist Rauschen des Generators von Audacity doch nicht Zufällig verteilt? Ich weiß es nicht. :?
Das Rauschen wird berechnet und das dauert etwas. Die Spektralanalyse kann zur Kontrolle als Gegenprobe jederzeit gemacht werden, den erkennbaren Toleranzbereich gab ich mit 0,3dB an, was man angesichts starker Schwankungen im Raum vernachlässigen kann.
Wir suchen die ganze Zeit etwas, von dem wir ausgehen, das es da ist. Vielleicht ist es besser nach etwas zu suchen, was nicht da ist. :mrgreen:
Auslöschungen durch schwingende Elemente in der Nähe der LS... Fensterscheiben, Schränke, usw.
Das passt nicht wirklich ins Bild. Denn die wären stationär wie der Sitzplatz und seine Umgebung. Der Schall breitet sich vom Lautsprecher in einem weiten Winkel aus, der LS (LS L<>R austauschbar) ist auch nicht die Ursache, denn nach Erwins Beschreibung macht ein neuer Standort den großen Unterschied.
Wie kommt man hier weiter?
Ich bin total aufgeschmissen, denn ich trinke gar kein Kaffee :(
Mit mehr Kreativität hinsichtlich neuer Methoden.
Bei mir kommen nach 6 Becher Tee 1 Becher Kaffee...
Grüße Hans-Martin
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