Hallo Jakob
Jake52 hat geschrieben: ... Ob das nun ein typisches Verhalten eines Dipol zeigt oder allgemein gültig ist ...
Ein gemessener Frequenzgang wird sich von Messung von Messung verändern,
1. wenn der Messabstand verändert wird
1.1. In den Höhen durch unterschiedliche Laufzeiten der Diffraktionseffekte an den Schallwandkanten bis zum Mic
1.2. Im Tief-Mitteltonbereich durch unterschiedliche Laufzeiten der Bodenreflexion
2. Wenn der Messwinkel verändert wird
2.1. Infolge der Abstrahlcharakteristik /-Geometrie der Wandler
2.2. Infolge desselben Mechanismus wie in Pt. 1.1. erwähnt
3. Wenn der Lautsprecher im Raum verstellt wird
3.1. Durch ein unterschiedliches Muster der Wandreflexionen
3.2. Durch eine unterschiedliche, durch die Wandnähe bedingte Strahlungsimpedanz (s.u.)
3.3. Durch unterschiedliche Anregungen von Raummoden
4. ...
Bei Dipolen ist Effekt 3.2. besonders stark ausgeprägt, wesentlich ausgeprägter als bei Monopolen. In meinem Beitrag vom 3.3.2014 habe ich dazu schon mal was geschrieben (
viewtopic.php?f=6&t=2348):
http://imagizer.imageshack.us/v2/xq90/547/c7mq.jpgDas, was Deine beiden Kurven zeigen, scheint mir ein Gemisch zu sein aus Artefakten 1 ... 4. Da sind auch die Raumspezialisten gefragt.
Ich halte nicht besonders viel von einer Einzelmessung, welche einen Idealglatten Frequenzgang zeigt. Ich korrigiere zunächst meine Einzelchassis "raumblind" und mit Durchschnittswerten, welche ich aus unterschiedlichen Messungen gewinne: Ich messe jeweils aus ca. jener Distanz, welche dem vorgesehenen Hörabstand entspricht. Dann schneide ich in der Impulsantwort sowohl die erste Raumresonanz weg, als auch alles, was danach kommt. Das simuliert für höhere Frequenzen in etwa einen schalltoten Raum und ergibt einen schön glatten Frequenzgang, der meistens ca. ab 300Hz brauchbar ist (unter 300Hz ist bei einem Dipol sowieso in den meisten Fällen eine Gerade mit -6dB/Okt opportun - da braucht es gar keine Messung). Ich messe jedes einzelne Chassis aus 0°, 10°, 20°. Sowohl horizontal, als auch vertikal. Dann werden die 5 Messungen gemittelt. Und dieser gemittelte Frequenzgang wird als Ausgangsbasis für die Weichenkorrektur verwendet. Das geht dann über mehrere Zyklen iterativ so weiter, bis dass ein möglichst eng tolerierter Kompromiss gefunden ist.
Nach diesem Prozedere ist bereits die Filterherstellung für die Einzelchassis sehr approximativ und in der Sorge um einen Durschnittswert, welcher in etwa gleich falsche Ergebnisse über +-20° horizontal und vertikal ergibt. Ich bin meistens zufrieden, wenn ein Gesamtsystem darüber hinaus eine korrekte Sprungantwort zeigt (LinPhase) und die Impulsantwort in der ersten Millisekunde einigermassen homogen verläuft.
Die Über-Alles-Korrektur erfolgt ebenso als Kompromiss über verschiedene Messungen. Denn mit einer Über-Alles-Korrektur, welche onAxis eine perfekte Messung ergibt, muss nur allzu oft eine Verschlimmbesserung der Off-Axis hingenommen werden.
Aber wie gesagt, ich gehe davon aus, dass Deine beiden Kurven auch von unterschiedlichen Rauminterferenzen geprägt sind.
+-2dB-tolerierende Grüsse
Simon