Peter (I.Q. Level 5, Neumann KH 120 A, Behringer B2031A)

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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hans-Martin,

ich meinte es auch ernst beim Thema deiner Frage. Also möge man nicht entsorgen, sondern verlagern.

Gruß

Jochen

P.s.: Und Dank an Peter für die Nachsicht.
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Peter Ruhrberg
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Beitrag von Peter Ruhrberg »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:Sowas kann man nicht als Kochrezept zum Nachahmen nehmen.

Sicher nicht, und das ist auch gut so. War es vielleicht diese Skizze? Eine andere Skizze vom Trio Fontenay müsste ich auch noch irgendwo haben, möchte aber jetzt nicht danach fahnden gehen.

Hans-Martin hat geschrieben:Jeder Abstand hat für mich seinen eigenen Klang, auch wenn man versucht, mit guter Planung, Vorabsimulation von Decken- und Seitenwandreflexionen allen Plätzen gleichermaßen gerecht zu werden.
Die unterschiedliche Klangwirkung ergibt sich schon zwangsläufig aus der unterschiedlichen Entfernung zur Schallquelle, daran kann auch die perfekteste Raumakustik nichts ändern. Deswegen gehört ja auch eine gewisse Kunst dazu, gestaffelte Mikrofonaufstellungen - falls notwendig - so miteinander zu mischen, dass der Gesamtklang nicht auseinanderfällt.

Hans-Martin hat geschrieben:So gesehen scheint es mir zuviel verlangt, authentischen Orchesterklang von einer Aufnahme zu bekommen, wie man ihn Live dort erlebt hat.
Das geht schon deswegen nicht, weil ein Mikrofon prinzipiell anders „hört“ als der Mensch. Vor allem kann es etwas nicht, was beim subjektiven Hören ganz leicht fällt: nämlich zu hören, was wir hören wollen. Eine Zweimikrofonaufnahme am notorischen Konzerthörerplatz „8. Reihe Mitte“ wirkt daher meistens unbefriedigend, sobald man gewisse Qualitätskriterien anlegt:

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Oder beispielsweise diese (von solchen Listen habe ich übrigens mehrere):

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Der erwähnte Band „Stereofonie-Aufnahmetechnik“ listet einige empirisch ermittelte Unterschiede beim Hören mit offenen und geschlossenen Augen am optimalen Hörerplatz im Konzertsaal:
- die Richtungsauflösung wird scheinbar geringer
- die Tiefenstaffelung des Orchesters erscheint kleiner
- der wahrgenommene Hörwinkel verringert sich
- der Mithall wird als von allen Seiten kommend wahrgenommen.
Hans-Martin hat geschrieben:Warum bringen gekreuzte Achten weniger Bass?
Weil ein Achtermikrofon ein reiner Druckgradientenempfänger ist, der im Prinzip auf die Druckdifferenz zwischen den beiden Schalleinlassöffnungen anspricht. Die Druckdifferenz sinkt aber mit zunehmender Wellenlänge. Nierenmikrofone zeigen ebenfalls diesen Tiefenabfall, wenn auch nicht so stark. Eine eventuelle elektrische Gegenentzerrung hat etwa dieselbe Wirkung wie das von dir erwähnte Bändchenmikrofon:
Hans-Martin hat geschrieben:Kavi Alexander (Waterlily Records) hat bei Mahlers 5.Sinfonie in St. Petersburg mit Bändchenmikrofonen gearbeitet, deren Resonanzfrequenzen bei 2,3 und 2,7Hz lagen.
Bändchenmikrofone sind grundsätzlich tiefabgestimmt, weil die Teilchenschnelle bei größeren Wellenlängen abnimmt. Deswegen kann der Frequenzgang zu den Tiefen hin gerader wirken als beispielsweise bei Kondensatormikrofonen. Leider macht es das Bändchen auch um den gleichen Faktor empfindlicher gegenüber Luftströmungen, Bewegungen des Mikrofons relativ zur umgebenden Luft etc., das heißt gegenüber Effekten, wo die Membran vorwiegend aus einer Richtung in Schwingung versetzt wird.

Mit Bändchenmikrofonen gibt es außerdem meist das Problem eines relativ geringen Übertragungsfaktors, und damit möglichweise ungenügenden Rauschabstands. Bei Mahlers Fünfter herrscht allerdings oft solch ein Radau, dass möglicherweise auch ein Bändchenmikrofon genügend Ausgangsspannung liefert. Bändchenmikrofone sind häufig schwach in der Höhenwiedergabe ab 12 kHz.

Hans-Martin hat geschrieben:In der Spektralanalyse der Aufnahme sichtbar, zuerst aufgefallen an der Flatterbewegung meiner Bässe, ich vermute, angeregt von der aufsteigenden Körperwärme im Auditorium.
Dies sind i.d.R. unerwünschte Begleiterscheinungen einer Aufnahme. Übrigens kann man diese auch bei manchen Druckempfängern mit genügend tiefer Grenzfrequenz (also kleiner Ausgleichsöffnung) feststellen. Nur handelt es sich dort ausschließlich um Druckschwankungen (= richtungsunabhängig) und nicht um leichte Luftströmungen oder -verwirbelungen. Solche Störungen würden sich also - im Gegensatz zu Gradientenempfängern - auch durch einen aufgesetzten Windschutz nicht verringern. Man kann den Vergleich auch leicht selber mit einer genügend weit entfernt zuschlagenden Türe durchführen: Beim Druckmikrofon fliegt die LS-Membran glattweg heraus, bei einem Achtermikrofon bewegt sie sich kaum.

Hier noch etwas zu seltsamen Frequenzgängen, die oft durch einen willkürlich gewählten - weil leider nicht genormten - Messabstand verursacht werden (Ausnutzung des Nahbesprechungseffektes):
http://sengpielaudio.com/TraueKeinemGer ... nzgang.pdf

Hans-Martin hat geschrieben:Eine zu trockene Aufnahme macht keinen Spaß, aber ein guter Fokus der Instrumente ist mir doch deutlich wichtiger als "Räumlichkeit". Ich gerate eher in den Sog der Musik, wenn die Instrumente förmlich greifbar erscheinen (und die Obertöne nicht seitlich von den Grundtönen weghuschen).
Wie Klaus Matthes hier vermutlich gesagt hätte: „Das geht dann doch schon stark ins Geschmackliche.“ Will sagen, für Tonverantwortliche ist und bleibt es ein Ding der Unmöglichkeit, ein Klangbild zu schaffen, das jeden Hörer zufriedenstellt. Das fängt schon damit an, dass ein und dieselbe Aufnahme den einen zu trocken und den anderen zu hallig erscheint. (Ganz zu schweigen von den zahllosen Individual-Wiedergabeanordnungen und Hörräumen, die allesamt anders klingen.)

Hans-Martin hat geschrieben:Aber eine Frage habe ich noch, angesichts des obigen Jugendfotos: Können wir Brillenträger überhaupt perfekt hören? Ohne Brille klingt es für mich immer besser als mit, vermutlich weil weniger Knochenschall eingetragen wird, der von der Brille mit ihrem FG-Einfluss auch noch verändert wird. Ob hier ein die alte Kassenbrille (Horngestell) dem Metall überlegen ist?
Ob man es glaubt oder nicht: Bei der Balanceeinstellung habe ich von Anfang an die Brille fast immer abgelegt (sogar bei Kopfhörerwiedergabe!), auch bei diesem Mitschnitt mit den langen Haaren von vor über 40 Jahren. Ob man nun mit oder ohne Brille objektiv besser hört oder nicht, war mir schon immer ziemlich wurscht: sobald sie mich stört, kommt sie weg. Und vor der Brille auf dem Bild hatte ich ein klassisch hässliches Kassengestell der frühen 1970er Jahre, damit konnte ich schon gleich gar nicht richtig zuhören …

Grüße, Peter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Peter Ruhrberg hat geschrieben:
Hans-Martin hat geschrieben:Sowas kann man nicht als Kochrezept zum Nachahmen nehmen.
Sicher nicht, und das ist auch gut so. War es vielleicht diese Skizze? Eine andere Skizze vom Trio Fontenay müsste ich auch noch irgendwo haben, möchte aber jetzt nicht danach fahnden gehen.
Hallo Peter,
gemeint war Trio Fontenay und ebs hat es hier beschrieben.
Danke für die Zeit, dich so intensiv mit meinen Fragen auseinanderzusetzen!
Hertzliche Grüße Hans-Martin
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Peter Ruhrberg
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Beitrag von Peter Ruhrberg »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:ebs hat es hier beschrieben.
Danke, das Blatt war es, was ich als Vorlesungsskript noch in Erinnerung hatte. Hatte auf meiner HD halt nur in Eberhards Bilddateien gesucht und dabei überhaupt nicht an die pdf's gedacht ...
Hans-Martin hat geschrieben:Danke für die Zeit, dich so intensiv mit meinen Fragen auseinanderzusetzen!
Aus dem verlinkten Artikel entnehme ich, dass Eberhard viele Themen aus meinen vorigen Beiträgen längst selber gründlich beharkt hat, und ich bemerke auch mit Vergnügen, dass er (bislang) größtenteils ins selbe Horn stößt wie ich. :D

Grüße, Peter
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Peter Ruhrberg
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Beitrag von Peter Ruhrberg »

Noch etwas, wo wir gerade so nett über Stereofonie plaudern …

Den meisten von euch wird vermutlich die Analogue Audio Association längst ein Begriff sein. Mir selber war dieser Verein bislang praktisch unbekannt, doch für das nächste jährlich stattfindende Analog-Forum am kommenden Wochenende in Krefeld (zufällig mein Wohnort) wurde ich vor wenigen Tagen spontan eingeladen, und zwar zu einer Teilvorführung der frühesten erhaltenen Stereo-Magnetbandaufnahmen aus den Jahren 1943/44. Soweit ich es erkennen kann, soll dies stattfinden am Samstag (29.10.) um 14 Uhr und am Sonntag um 13-14 Uhr.

Der Anlass für die Einladung an mich war simpel: Offenbar war ich der einzige, der kurzfristig Interviewausschnitte aus den 1980/90er Jahren mit Helmut Krüger zusammenstellen konnte, einem der beiden damals Tonverantwortlichen für die Stereo-Aufnahmeexperimente bei der RRG.

Falls noch jemand von euch zufällig an dieser Veranstaltung teilnehmen sollte, wäre das ja eine günstige Gelegenheit, sich vielleicht mal Guten Tag zu sagen, oder so :cheers:

Grüße, Peter
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tovow
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Beitrag von tovow »

Hallo Peter,

auch von mir ein herzliches Willkommen in AH-Forum. Es ist schon beeindruckend, dein Tontechnik-Werdegang / deine Kenntnisse und ich bin überzeugt davon, dass sie dem AH-Forum bestimmt sehr hilfreich sein werden.

Was mich überrascht hatte, als ich dich gegoogelt habe, war, dass die erste Seite hieß: Willkommen bei der Alexander-Technik. Von der ich noch nie etwas gehört hatte. Aber mich sehr Interessiert.

Ich wünsche dir viel Freude und regen Informationsaustausch hier im Forum.

Beste Grüße
Theo
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Peter Ruhrberg
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Beitrag von Peter Ruhrberg »

Hallo Theo,
tovow hat geschrieben:Alexander-Technik. Von der ich noch nie etwas gehört hatte. Aber mich sehr Interessiert.
Hui das ging ja schnell, irgendwann wäre vermutlich sowieso drauf gekommen: Ja, ich bin tatsächlich in zwei Berufen unterwegs :cheers:

Mit der Tonmeisterei hatte ich zwar schon mit Ende zwanzig sämtliche vorstellbaren Meriten erworben (kein Wunder, wenn einer so früh damit anfängt), leider aber auch so heftige Rückenschmerzen, dass ich kaum noch Geräte schleppen oder mich nach Kabeln bücken konnte. Wie man sich vorstellen kann war das eine längere Arie, doch AT stellte sich für mich schließlich als wirksame Abhilfe heraus, und das bis heute.

Eigentlich hatte ich nie den vorgehabt, dann auch noch Lehrer zu werden, das hat sich im Laufe der Zeit - wie so vieles in meinem Leben - ganz selbstverständlich so ergeben. Nun leben beide Tätigkeiten in friedlicher Koexistenz in mir - bis mir eines Tages vermutlich die Ohren abfallen :lol: Dann werde ich (hoffentlich) noch unterrichten können, was offen gestanden mindestens so spannend, abwechslungsreich und bereichernd für alle Beteiligten ist wie der schönste Schall und Rauch ...

Auch Eberhard konnte bei seinen massiven körperlichen Beschwerden und Behinderungen von meinem "Zweitberuf" so sehr profitieren, wenn ich ihn besuchte, dass er ganz ungefragt und von sich aus mir eine kleine Unterseite auf seiner Website einrichtete. Für diese Hochachtung auch auf meinem zweiten Fachgebiet bin ich ihm heute noch dankbar.

Grüße, Peter
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Bernd Peter
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Beitrag von Bernd Peter »

Hallo Peter,

AT Lehrer ist notiert, so ein Grundkurs vor Beginn der anstrengenden Hörsessions beim nächsten Forentreffen ließe sich doch sicherlich einbauen. :wink:

Zurück zur Musik:

Wo stehen wir bei der Aufnahmetechnik eigentlich, sind ja doch schon einige Jahrzehnte ins Land gegangen?

Darf man sagen, an Technik ist alles da, man muß nur wissen, wie man die für die konkrete Situation am besten einsetzt?

Ist es mehr ein learning by doing in diesem Beruf?

Gruß

Bernd Peter
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Peter Ruhrberg
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Beitrag von Peter Ruhrberg »

Bernd Peter hat geschrieben:Wo stehen wir bei der Aufnahmetechnik eigentlich, sind ja doch schon einige Jahrzehnte ins Land gegangen?
Ähm … so allgemein ist das nicht leicht zu beantworten -- oder es dauert ewig …
Meine persönlicher Eindruck ist, dass im Bereich der Elektroakustik die entscheidenden Grundlagen größtenteils in den 1920-50er Jahren gelegt wurden und sich seitdem auch nicht wirklich verändert haben, so oft auch jemand kam, der das Rad neu erfinden wollte. Auf dieser Basis haben unsere tontechnischen Ahnen wirkliche Pionierleistungen am laufenden Band vollbracht, die fünfzig oder sechzig Jahre später noch durchaus Gnade bis Bewunderung in unseren heutigen kritischen Ohren findet.

Wenn ich die heutige Zeit kommentieren soll, möchte ich das an einem Beispiel tun: Wann immer Eberhard mir bei meinen Besuchen zum Abschied seine AES-Journale der gerade vergangenen Monate in die Hand drückte, meinte er regelmäßig etwas wie: „Vielleicht kannst du ja was damit anfangen.“ Kaum an meinem S-Bahn-Zielbahnhof angelangt, landeten die hellblau-glänzenden Heftchen allesamt im nächsten Abfallbehälter, denn im starken Gegensatz zu früher finden sich dort so gut wie keine Artikel mehr, die für gestandene Tonleute irgendeinen praktischen Wert besitzen. Viel zu häufig werden mehr oder weniger irrelevante Nebenthemen zu wissenschaftlichen Sensationen umstilisiert, und dies von Autoren, deren Mangel an praktischer Erfahrung im Fach aus allen Knopflöchern springt. Hier – wie woanders auch – zeigt sich m.E. mit steigender Tendenz, dass mehr und mehr Taube von zunehmend Blinden angeleitet werden.
Bernd Peter hat geschrieben:Darf man sagen, an Technik ist alles da, man muß nur wissen, wie man die für die konkrete Situation am besten einsetzt?
Ich denke ja. Die Technik scheint mir mittlerweile weit besser zu sein als ein fundiertes Fachwissen um sie. Doch die Technik allein macht’s nun mal nicht …
Bernd Peter hat geschrieben:Ist es mehr ein learning by doing in diesem Beruf?
Ich denke bei der Elektroakustik verhält es sich wie mit anderen Berufen, deren „Ausgangsmaterial“ vor allem mit naturwissenschaftlichen Phänomenen zu tun hat: Was im Endeffekt am meisten zählt ist die Erfahrung, welche durch eine stetige Serie von Experimenten entsteht, bei denen die konsequente praktische Umsetzung von Kenntnissen der theoretischen Grundlagen unseres „Fachs“ die Hauptleitlinie bildet.

Eine Idealform einer wirklich fundierten Tonmeister-Ausbildung habe ich mir übrigens nie als ein akademisches Studium vorgestellt, sondern mehr wie in einem Lehrberuf, wo der Hauptfokus auf einer engen und stetig wachsenden Verbindung zwischen Theorie und Praxis liegt.

Nur die Praxis kann zeigen, was eine Theorie wert ist, doch muss eine Theorie zunächst verstanden worden sein, damit die Praxis nicht ins oberflächliche Herumwurschteln ohne Kenntnisse relevanter Zusammenhänge ausartet und am Ende keiner mehr weiß, warum es schon wieder nicht klingen will – getreu dem Spruch des leidgeprüften Akustikers: „Wenn Rechnung und Messung übereinstimmen, ist wahrscheinlich beides falsch.“

Ich sehe schon, die Geschichte wird länger und länger, je mehr ich mich damit – wieder einmal – auseinandersetze. Also mach ich jetzt fürs erste mal wieder Schluss :wink:

Grüße, Peter
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Peter Ruhrberg hat geschrieben:Aus dem verlinkten Artikel entnehme ich, dass Eberhard viele Themen aus meinen vorigen Beiträgen längst selber gründlich beharkt hat, und ich bemerke auch mit Vergnügen, dass er (bislang) größtenteils ins selbe Horn stößt wie ich :D
Hallo Peter,

es waren 25 Beiträge von ebs, dann überraschte uns die traurige Nachricht, die mich eine Kerze anzünden ließ.

Ich habe erlebt, dass man auf eine qualifizierte Frage von anerkannten Tonleuten auch eine persönliche individuelle Antwort bekommt, seien es Stan Ricker, Doug Sax (Sheffield), Bob Katz (Chesky), Tony Faulkner, Eberhard Sengpiel, Jens Blauert, Günter Theile, David Griesinger, Jan-Eric Persson (opus3), Klaus Genuit (Head Acoustics), Fritz Sennheiser (mit FS liegt allerdings schon 40 Jahre zurück). Das hat mich ermutigt, weiter zu fragen. Eberhard schien stets unerschrocken und gab bereitwillig und überzeugend Auskunft, zugleich ausgiebig, was ich sehr schätze.

Ich denke, dass wir mit 2 offenen Ohren irgendwann auf dieselben Zusammenhänge stoßen, die einen früher, die anderen später. Ich habe von Jüngeren gelernt, Dinge wahrzunehmen, auf die ich vorher nicht geachtet habe, von Älteren gelernt, Zusammenhänge zu deuten, und von Gleichgesinnten Puzzleteile gereicht bekommen, die das Bild vervollständigen. Ein gereifter bewusst hörender Toningenieur kann Zusammenhänge erkennen.

Enttäuschende Erfahrungen habe ich mit Bernie Grundman Studios gemacht (keine Antwort bekommen) und mit Siegfried Linkwitz, der mit Textbausteinen völlig an meinen Fragen zu seinen Aussagen seiner Webseite vorbei geantwortet hat, ob er sie nicht verstanden hat, oder ob er sie nicht verstehen wollte, kann ich nicht sagen.

Für mich bleibt das große tägliche Dilemma, dass ein Lautsprecher in Mono eine Monoaufnahme wunderbar wiedergeben kann, aber dassselbe Monosignal von 2 LS im gleichseitigen Dreieck mit dem Hörer doch anders klingt. wenn der Solist oder der Kern der Aufnahme sich in der Mitte abspielt, dann können Stereo und High-Fidelity sich gegenseitig nur ausschließen. Man hat entweder mehr mehr vom einen oder mehr vom anderen. Der Hörer hat kaum Möglichkeiten, das Stereosignal wieder auseinanderzunehmen und individuell mit EQ zu behandeln, das muss schon mit geeigneter Mikrofonierung und im Studio beim Downmix gemacht worden sein.

Tja, da komme ich dann zur Gretchenfrage: Welche Aufnahmen kann man kaufen, die überzeugende Authentizität haben (und wer war wohl näher dran als der Aufnahmeleiter, der als Ohrenzeuge sicherlich auch die Aufnahme angehört hat)?

Hertzliche Grüße Hans-Martin
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rpaul
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Beitrag von rpaul »

Hallo Peter,
Peter Ruhrberg hat geschrieben:Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass nach vierzig Jahren Berufspraxis und tausenden von Experimenten aller Art ich es für prinzipiell unmöglich halte, mit den heute vorhandenen technischen Mitteln - egal wie aufwendig oder kostspielig - ein ursprüngliches Klangbild in originaler Form in einen Hörraum zu transportieren.
Zitierhinweis: Ich verwende mal Teile Deiner Formulierungen in meiner Frage:
Wäre es d. M. n. möglich, mit den heute vorhandenen technischen Mitteln (Lautsprechern) - egal wie aufwendig oder kostspielig - ein ursprüngliches Klangbild in originaler Form im Ursprungsraum, also am Ort der Entstehung, zu reproduzieren?

viele Grüße
Robert
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Peter Ruhrberg
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Beitrag von Peter Ruhrberg »

rpaul hat geschrieben:Wäre es d. M. n. möglich, mit den heute vorhandenen technischen Mitteln (Lautsprechern) - egal wie aufwendig oder kostspielig - ein ursprüngliches Klangbild in originaler Form im Ursprungsraum, also am Ort der Entstehung, zu reproduzieren?
Dazu stellt sich mir sofort eine andere Frage, die von der Wiedergabegüte der LS unabhängig ist:
Wo soll dieses ursprüngliche Klangbild herkommen?

Um das Problem hinter der Frage zu verdeutlichen, möchte ich gerne aus den privat veröffentlichen Memoiren meines Mentors Klaus Matthes mit dem Titel "Der manipulierte Klang" zitieren. Ich war bei der erwähnten Veranstaltung damals dabei und kann mich noch gut daran erinnern, dass ich dieselben Überlegungen und Bedenken hatte, was die akustischen Gegebenheiten und Schwierigkeiten des Experiments betrifft. (Idee und Konzept dazu stammten übrigens von Karl Breh, den ich in diesem Kreise wohl kaum vorstellen muss.)

Bei der "hifi" im Messe-Kongresszentrum Düsseldorf im Juni 1978 fand eine besondere Demonstration der Fachzeitschriften „Fono Forum“ und „HiFi Stereophonie“ statt. Diese wollten beweisen, dass die Stereo-Aufnahmetechnik so weit entwickelt sei, dass sie es mühelos mit einer Live-Darbietung aufnehmen könne. Meiner Meinung nach ist eine solche Demonstration von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wenn man dem Vortrag eines Künstlers oder eines Ensembles live zuhört und zusieht, hört man zu einem Drittel mit den Augen. Das heißt, man hört sich das Klangergebnis im positiven Sinne zurecht. Bei der Wiedergabe über Lautsprecher fällt die optische Hilfestellung weg. Zusätzlich verdoppelt sich die (in diesem Falle für Musik ungünstige) Akustik eines Saals, ....

Unglücklicherweise hatte neben dem Beethoven Streichquartett op. 59/3 der Veranstalter sich auch noch für eine eilige, öffentliche Produktion ein besonders problematisches Stück ausgesucht, das "Forellenquintett", das Franz Schubert als Auftragskomposition für ein Tafelklavier schrieb, weswegen die dynamischen Angaben auch zum Lauten hin ausgerichtet sind. Leider nehmen heutige Pianisten diese Angaben immer noch wörtlich, sogar auf einem Steinway D oder Bösendorfer Imperial, und die Streicher spielen schon bei Fortestellen auf verlorenem Posten, ganz zu schweigen von den Abschnitten in dreifachem Fortissimo im dritten und vierten Satz.

Ich versuchte also unter vielen Erklärungen für das Publikum eine Aufstellung mit zahlreichen Einzelmikrofonen, denn von der Akustik des Saales (einem Kongress-Saal, im Nachhallverhalten ausgelegt für die Verständlichkeit von Wortbeiträgen) war nichts Gutes zu erwarten, und ich bekam die Balance irgendwie hin, aber eben nur irgendwie. ... Die Vorführung des fertigen Bandes über die beiden riesigen Lautsprecher im Saal war für meine Ohren schlichtweg eine Katastrophe ... Die gleiche Akustik in einem Saal, einmal im Original und dann ein zweites Mal als Verdoppelung über Lautsprecher müssen schon vom Prinzip her schlecht klingen, und der verantwortliche Redakteur des „Fono-Forum“ zeigte sich entsprechend enttäuscht.


Dieses Experiment wäre meiner Ansicht nach auch dann misslungen, wenn die Akustik des Aufführungsraums optimal gewesen wäre:

Entweder man nimmt so auf, dass Instrumente und Raumanteil optimal verschmelzen, hat dann aber bei der Wiedergabe den Raumanteil "doppelt".

Oder man versucht die Einzelinstrumente so stark vom Raum zu trennen wie möglich, was nur durch Nahaufstellung mit entsprechend vielen Mikrofonen funktioniert. Diese hat jedoch zur Folge, dass fast alle Naturinstrumente in den Stützkanälen unschön klingen werden, weil Instrumente eben nicht nur in der Mikrofonrichtung abstrahlen, sondern die wirkliche und lebendige Klangfarbe jedes Instrumentes sich erst aus der Summation aller Klangfarben gemäß seiner Abstrahlcharakteristik (die sich notabene mit jeder gespielten Lage ändert) plus der starken Reflexionen an den nächstliegenden Begrenzungsflächen zusammensetzt.

Darüber hinaus sind fast alle Orchesterinstrumente so konstruiert und intoniert, dass ihre charakteristischen Klangfarben erst ab einer gewissen Entfernung optimal zur Geltung kommen. Anders gesagt: Instrumenten- und Raumklang bilden eine Einheit, und eine Stradivari in einem reflexionsarmen Raum klingt schlichtweg unschön.

Ich hoffe es wird deutlich, weswegen ich denke, dass das beste Original immer noch das Original ist, und eine Konserve immer eine Konserve bleiben wird.

Grüße, Peter
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Zum Thema Verdoppelung bei der Wiedergabe einer Aufnahme im selben Raum empfiehlt es sich, die letzte MIT-Vorlesung von Amar Bose anzuschauen. Er führt im ersten Teil seiner Rede das Ergebnis vor bis hin zu Versechsfachung. Spannend und lehrreich.

Grüsse
Uli
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rpaul
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Beitrag von rpaul »

Hallo Peter, Hallo Uli,

Danke für die sehr anschauliche Antwort und den Hinweis.

viele Grüße
Robert
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Für Acourate-Anwender noch ein kleiner Tipp zu meinem Beitrag: einfach einmal hergehen und mit FIR-Functions - wav-Filter eine Musikdatei mit den gemessenen Pulsantworten eines Raums falten (dazu vorher die Pulsantwort auf max. 0 dB normalisieren). Das kann man dann auch mehrfach hintereinander tun und sich dann das jeweilige Ergebnis anhören.

Grüsse
Uli
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