das Thema eröffnen möchte ich mit einem kurzen prägnanten Auszug aus der Magisterarbeit "Wahrnehmbarkeit klanglicher Unterschiede von Hochtonlautsprechern unterschiedlicher Wirkprinzipien" von Andreas Rotter (https://www2.ak.tu-berlin.de/~akgroup/a ... s_MagA.pdf):
Das heißt in anderen Worten, von uns wahrgenommene Klangunterschiede verschiedener Hochtöner beruhen hauptsächlich - sofern die Treiber innerhalb ihrer Spezifikation betrieben werden und damit die Klirrwerte niedrig bleiben - auf Unterschieden im Amplituden- und Phasengang sowie der jeweiligen Abstrahlungcharakteristik bei Interaktion mit dem Hörraum und zum Teil natürlich auch der Schallwand.Abschließend kann festgehalten werden, dass im Fall von ausgeschlossener Interaktion mit Raum und Schallwand, bei axial in Amplitude und Phase linearisierten Treibern im linearen Betrieb keinerlei Differenz mehr zwischen Lautsprechern mit unterschiedlichen Wandlerprinzip, unterschiedlichen Membranmaterial oder -ausdehnung besteht.
Bedenkenswert sind ferner die Klirrmessungen im Anhang: Sieger ist hier eine Gewebekalotte, kein Magnetostat, Bändchen oder AMT. Dies entspricht auch den Ergebnissen von Zaph. Dazu außerdem noch ein paar Messwerte aus der Hobby-HiFi Ausgabe 05/2007:
Jeder Lautsprecher bündelt entsprechend seiner Abmessungen in der jeweiligen Dimension. Eine runde Bauart wie bei einer Kalotte bündelt dementsprechend horizontal/vertikal identisch, wohingegen bei einem rechteckigen AMT (hochkant) die Abstrahlung in den unterschiedlichen Dimensionen verzerrt ist, sprich eine stärkere Bündelung vertikal auftritt, als horizontal. Letztere Abstrahlcharakteristik dürfte theoretisch weniger im Einklang mit normalen Konuslautsprechern spielen, im Raum somit eventuell eine unharmonische Diffusschallantwort erzeugen. Zu einer (unechten) D'Appolito-Konstruktion dürfte sie hingegen ganz gut passen.ESS AMT (565 €): k3 0,1-0,3 %, deutlich verzögertes Ausschwingen bei 1 kHz
Eton ER4 (342 €): etwa gleiche Klirrwerte wie ESS AMT, Nachschwingen bei 500 Hz
Scan Speak 66000 (240 €): k3 0,02-0,1 %, sehr sauberes und bestens kontrolliertes Ein-/Ausschwingen
Scan Speak 70000 (350 €): k3 0,00-0,1 %, extrem schnelles Einschwingen und perfektes Ausschwingen
Visaton KE 25 (125 €): k3 0,02-0,3%, vorbildliche Sprungantwort und perfektes Großsignalverhalten
Der dem AMT-Prinzip häufig nachgesagte weiche angenehme Klang hat somit vermutlich seinen Ursprung in der Lautsprecher-Raum-Interaktion üblicher Hörräume, das heißt oft schlecht bedämpfte und/oder diskrete Fußboden- bzw. vor allem Deckenreflektionen, welche aufgrund der stärkeren vertikalen Bündelung weniger stark Einfluss nehmen können. Dem Raum wird unter Winkel schließlich weniger Hochtonenergie zugeführt.
Allgemein lässt sich festhalten, dass in einem normalen Hörraum stets die Summe aus Direkt- und Diffusschall gehört wird, sprich dort Hochtöner anderer Abstrahlcharakteristik zwangsläufig anders klingen müssen, es in diesem Zusammenhang aber wohl keine allgemeingültigen Aussagen zur klanglichen Überlegenheit einzelner Konzepte geben kann.
Definitive Überlegenheit sehe ich bei einem AMT ansonsten nur, wenn besonders hohe Pegel bei gleichzeitig niedriger unterer Grenzfrequenz gefordert werden.
Ich möchte ferner einen weiteren Aspekt ansprechen, nämlich den Zusammenhang zwischen bewegter Masse und Impulsverhalten. Angepriesen wird bei dem AMT-Prinzip häufig die größere effektive Membranfläche bei gleichzeitig geringer bewegter Masse (wobei aufgrund der extrem viel größeren Fläche übrigens auch die Masse bedeutend höher ist als bei Kalotten). Dies soll die Impulspräzision verbessern. Ist dies wirklich so?
Zu der Wirkung einer veränderten Membranmasse bei gleichbleibender Membranfläche habe ich folgendes gefunden (Zitat aus HiFi-Forum):
Bei Nubert gibt es eine etwas ausführlichere Erklärung hierzu (aus "Flächenstrahler und Membranmasse"; http://www.nubert.net/g-nubert/Flaechen ... rMasse.pdf):Höhere Membranmasse bewirkt:
- Verringerung des Wirkungsgrades
- Absenken der Resonanzfrequenz
- Anstieg der Güte
Eine niedrigere obere Grenzfrequenz, und damit ein irgendwie langsameres Einschwingen, ist nicht daran gekoppelt (zumindest nicht direkt).
Ich würde dieses ganze Thema nun gerne zur Diskussion stellen! Mich treibt in letzter Zeit vor allem die Frage umher, ob das aktuell groß angesagte AMT-Prinzip tatsächlich theoretisch wie auch praktisch das überlegenere ist, oder aber sich mit Kalotten mindestens ebenso gute Ergebnisse erzielen lassen?Leichte Membranen und Impulspräzision
Aus vielen Kundengesprächen hören wir immer wieder das "Grundgefühl" heraus, für schnelle und exakte Impulsverarbeitung wäre eine leichte oder 'fast massefreie' Lautsprechermembrane vorteilhaft. - Obwohl das 'gefühlsmäßig einleuchtend' erscheint und von einigen Herstellern auch immer wieder als Werbeargument verwendet wird, ist es dennoch unrichtig!
Durch höhere Membranmasse verringert sich bei gleichen Antriebskräften zwar die Beschleunigung der Membran; - aber genau im gleichen Maß wie der Schalldruckpegel im eingeschwungenen Zustand - Nach Pegelausgleich (z.B. durch höhere Verstärkerleistung oder stärkeres Magnetfeld) hat man aber wieder genau die gleiche Impulspräzision wie vor der Masseveränderung.
Somit hat die Masse der Membrane nichts mit deren "Impulsschnelligkeit" sondern mit dem Wirkungsgrad zu tun. Kalottenhochtöner haben gegenüber Bändchen und Elektrostaten zwar oft schwerere Membranen, aber im Normalfall einen wesentlich stärkeren Antrieb als die Bändchen. Gute Kalotten haben trotz höherer bewegter Masse gegenüber Folienlautsprechern meistens Vorteile im Impulsverhalten, im Wirkungsgrad sowie im Klirrverhalten und sind wesentlich robuster.
Meine persönliche Hörerfahrung mit AMT-Hochtönern ist relativ durchwachsen, lässt somit bisher keine sicheren Schlüsse zu. Beim JET-Hochtöner von ELAC, besonders gut zur Geltung kommend in der aktuellen AIR-X Serie, gab es für mich keine auffallend negativen Punkte, in den Aktivlautsprechern angenehm räumlich und wohlklingend, in den Passivlautsprechern eventuell etwas flach und spitz, aber durchaus genießbar. Das Adam Äquivalent hingegen hatte für mich irgendetwas nerviges harsches, war aber ansonsten ebenfalls ganz in Ordnung. Der Mundorf AMT in den Abacus Lautsprechern ist dagegen wieder unauffällig und lässt keinen Grund zur Klage, am besten hier natürlich in der Concerto Grosso. Am meisten konnte mich jedoch der größere Mundorf in der Merovinger canTare in seinen Bann ziehen.
Mit Ausnahme des letzteren konnten mich die AMT-Hochtöner insgesamt nicht wirklich übermäßig beeindrucken, zumindest sich nicht deutlich von der Kalotten-Konkurrenz abheben. Phantastisch ist z.B. die Visaton KE 25 Kalotte in der Schanks Audio Prisma 2, oder natürlich die ganzen geregelten Kalotten der Silbersand-Modelle.
Hoffentlich wird es interessanten Input geben, ich selbst kann leider mangels Wissen wenig Fundiertes beisteuern. Ich bin jedenfalls überaus gespannt auf eure Beiträge!
Beste Grüße,
Jannis