dietert hat geschrieben:
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Beide Membranen sehen aus wie Alu, also Alukalotte und Alukonus. Tatsächlich sieht der Konus aber von der Rückseite aus wie Pappe, es ist also eine Verbundkonstruktion.
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Die Originaltieftöner, die ich bei meinen beiden M-Audio SBX-10 Subwoofern durch geregelte Doppelschwingspulenchassis ersetzt habe, haben auf der Vorderseite Carbonfasergeflecht, auf der Rückseite aber auch eine Schicht Pappe.
Hallo Dieter,
solche Verbundkonstruktionen oder Kompositmaterialien findet man tatsächlich recht häufig und sie erweitern die Möglichkeiten erheblich ...
Hallo zusammen,
Membranen aus dämpfend beschichtetem Papier sind ebenfalls bereits Kompositmaterialien. Dabei ist der "Klassiker", daß ein Material eher "Biegesteifigkeit" beiträgt und ein anderes eher "Dämpfung".
Sandwich Membranen wie z.B. "Zellaton" verfolgen die Strategie, mit einer sehr leichten Füllschicht zwischen zwei Deckschichten auch die Dicke der Membran - und damit deren Biegesteifigkeit - erheblich zu steigern, ohne dabei allzuviel Masse zu bekommen.
Eine ähnliche Strategie verfolgen Materialien mit Deckschichten und Wabenkern dazwischen, dabei müssen Deckschichten und Wabenkern nicht aus demselben Material bestehen.
Gewebemembranen - z.B. aus Kevlar - nutzen die inhärente Reibung der Fasern untereinander auch zur Dämpfung (von Partialschwingungen), wobei diese Eigenschaft mit der "richtigen" Menge und Konsistenz an verbindendem und abdichtendem Harz unterstützt wird.
Hochtonkalotten aus Gewebe haben ähnliche Eigenschatften, wobei auch aus Seidengewebe äußerst leichte Membranen hergestellt werden können, was bei einer hinreichend kleinen und strukturell steifen Membran ebenfalls Eigenmoden aus dem Hörbereich verdrängen kann, so daß sie im Idealfall im Ultraschall zu liegen kommen ...
Im Prinzip ist aber auch z.B. eine (Voll-) Metall-Inverskalotte mit innen aufgeklebtem Schwingspulenträger - der oft nicht ganz außen auf dem Membranradius sitzt, sondern kleiner ist - bereits ein Komposit. Denn der "Ring aus Kleber" mit angesetztem Träger ändert die Eigenschaften der "puren Metallkalotte" bereits erheblich.
Ebenfalls wichtig sind bei allen Membranen die Sicken, die z.B. für die ersten möglichen Eigenfrequenzen einen angenähert "reflexionfreien" Abschluss bilden können und/oder erheblich zur Dämpfung beitragen können.
Allen Materialien und Materialkombinationen (Verbundwerkstoffen, Kompositen) ist gemeinsam, daß es keinen "Materialklang" geben kann, solange sich die Membran rein kolbenförmig bewegt.
Sobald sie jedoch beginnt, in sich zu schwingen, gibt es potentiell auch "Materialklang", aber die Frage ist, ob dieser auch "hörbar" in Erscheinung tritt: Dazu müssen (vereinfacht) im Prinzip 2 Bedingungen erfüllt sein (oder "überschritten" werden):
- die Biegewellen auf der Membran müssen sich ähnlich schnell oder scheller als Luftschall ausbreiten, damit eine nennenswerte Abstrahlung der Biegewellen (Partialschwingungen oder "Eigenmoden" sind "stehende" Biegewellen) in die "entferntere Umgebung" überhaupt erfolgt.
- der Abstand zwischen jeweils benachbarten Eigenfrequenzen muss (im Einzelfall oder auch auch im Mittel) eine gewisse Bandbreite - je nach Resonanzgüte der benachbarten Moden - überschreiten, damit Eigenmoden als solche wahrnehmbar werden (Kriterium der sog. "modalen Überlappung") (*).
Es ergeben sich also "Schlupflöcher", selbst bei Membranen, die "in sich" schwingen, einen "materialtypischen Eigenklang" zu vermeiden. Gut durchkonstruierte Biegewellenwandler dürfen z.B. keinen "Materialklang" hervorrufen, obwohl ihre Membran sich nicht kolbenförmig bewegt.
Bei üblichen Kolbenmembranen strebt man oft an, daß sie sich im hauptsächlich genutzten Frequenzbereich "annähernd kolbenförmig" bewegen und im Frequenzbereich darüber zumindest "unauffällig" verhalten (**).
Für "vollkommen" kolbenförmige Bewegung müssten alle Membranen eines Lautsprechers stets hinreichend klein im Vergleich zur Wellenlänge(***) sein: Bei gewisser geforderter unterer Grenzfrequenz und auch Pegeln ist das angenähert evt. ab 3-4 (****) Wegen aufwärts möglich, mit 2 Wegen jedoch kaum: Es sind dann kreative Konzepte im Mittel- und Hochton gefragt, die zwar meist nicht mehr "perfekt kolbenförmig" arbeiten, aber "Materialklang" trotzdem erfolgreich vermeiden können.
Die Konstruktion von "Kolbenmembranen" und "Biegewellenmembranen" hatte im Lautsprecherbau von Beginn an eine gewisse Überschneidung ... denn man kann das eine nicht erreichen, ohne etwas vom anderen zu verstehen.
Eine wirklich sehr hochwertige Biegewellenmembran muss jedoch u.a. eine so hohe modale Überlappung erreichen, daß auf eine kolbenförmige Membranbewegung - die sie dafür zu steif machen würde - im gesamten Übertragungsbereich am besten ganz verzichtet wird.
Viele Grüße
Oliver
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(*) Auch als "Modal Overlap Factor" (MOF) beschrieben: "Wieviele weitere Eigenmoden finde ich innerhalb der Bandbreite einer Eigenmode im Mittel ?"
Stark "vereinzelte" Moden müssen dann sehr geringe Resonanzgüten aufweisen, und/oder die Phasengeschwindigkeit von Biegewellen auf der Membran muss bei der betreffenden Eigenmode deutlich kleiner als die von Luftschall sein. Dies ist eine typische Kombination von Strategien, die man bei Tief-Mitteltönern wählen kann, bei denen eine "Mitnutzung" der Partialschwingunsbereiches nicht ganz vermieden werden kann.
(**) z.B. bei einem typischen 180mm Tief-/ Mitteltöner für 2-Wege Systeme, der mit Übernahmefrequenzen noch oberhalb 2Khz einsetzbar sein soll, ist eine "streng kolbenförmige" Bewegung im gesamten genutzten Frequenzbereich nicht mehr möglich, schon gar nicht im Bereich um und oberhalb der Übernahmefrequenz.
(***) Eigentlich klein in Relation zur Biegewellenlänge auf der Membran, die allerdings frequenz- (Dispersion von Biegewellen) und richtungsabhängig ist.
(****) Bassreflex-Systeme können hier u.a. einen
entscheidenden Beitrag leisten, den benötigten Membrandurchmesser für Tieftöner zu reduzieren. Vgl. dazu z.B. u.a. Nubert "NuVero 60".