Hallo Zusammen,
ja so ist das mit der Kohärenz, man kann sie abstrakt sprachlich/musikalisch (als "Zusammenhang") sehen, oder auf Wellenphänomene bezogen und hier das Augenmerk auf den zeitlichen Aspekt oder den räumlichen Aspekt legen.
Das sind mindestens 3 mögliche Aspekte und deshalb finde ich den Begriff besonders im Zusammenhang mit der Beschreibung von Höreindrücken als unglücklich, denn die Verwendung ist in der Regel nicht geklärt und führt oft zu Missverständnissen.
Hier im Forum wird m.E. sehr häufig nicht in räumlichen Ausprägungen von Schallfeldern gedacht, sondern eher mit Bildern von Aufbauten aus der Elektrotechnik und der Optik (die oftmals auch weniger Dimensionen aufweisen) gearbeitet, die dann auf das Schallfeld übertragen werden ...
Ich hatte oben davon gesprochen, daß interferierende Lautsprecher (auch Stereo LS als Gesamtsystem) keine (räumlich) zusammenhängenden Wellenfronten mehr erzeugen, wie dies etwa bei punktförmigen Elementarstrahlern oder Linienstrahlern der Fall ist.
Eine stationäre Überlagerung der Abstrahlung zweier kohärenter LS - z.B. idealsierter Punktstrahler - im Raum führt zu einem Interferenzmuster.
Jetzt hat Harald oben die "Interferenzfähigkeit" angesprochen, die durch eine "zeitliche Kohärenz" der Stereosignale erhalten bleiben soll, und die Frage gestellt, inwiefern Jitter diese Interferenzfähigkeit beeinträchtigt.
Wenn ich das Interfenzmuster (zwei LS strahlen dazu versuchsweise ein stationäres Testsignal also einen Dauerton ab) als räumliche Ausprägung des Schallfeldes sehe und mir überlege:
"Welche Information steckt in diesem Interferenzmuster eigentlich dem Wesen nach drin ?"
Dann komme ich zu dem Ergebnis, daß hauptsächlich Information über den Standort der beiden Lautsprecher darin steckt.
Denn eine "echte" mittige Schallquelle - die auch ein LS sein könnte - würde kein Interferenzmuster erzeugen im Gegensatz zu zwei LS, die versuchen eine mittige Phantomschallquelle in der Wahrnehmung des Hörers herzustellen.
Deshalb kann man bei Jitter m.E. fragen: "Wird die gemeinsame Hauptabstrahlkeule zweier kohärent abstrahlender LS - die in der Medianebene (Stereomitte) liegt und bei hohen Frequenzen sehr viel schmaler ist als bei tiefen - durch den Zeitversatz merklich aus der Mitte ausgelenkt ?"
Das habe ich oben für übliche Jitterwerte verneint und es war meine Antwort auf "meine Interpretation" von Haralds Frage nach der "Interferenzfähigkeit" der Stereosignale.
Wir benötigen eine zeitliche und pegelmäßige Übereinstimmung der Signale aus linkem und rechtem LS für die Wahrnehmung einer mittigen Phantomchallquelle: Das ist wichtig und unbestritten.
Aber was ist das Interferenzmuster im Raum bei stationären Signalen z.B. aus der Stereomitte (Signal für beide LS gleich) für uns vom "Nutzwert" ?
Es ist vor allem ein Artefakt der Stereophonie, welches die Ortung der Lautsprecher eher ermöglicht als verhindert und neben anderen Effekten dafür sorgt, daß für Hörplätze außerhalb der Stereomitte mit merklichen Qualitätseinbußen zu rechnen ist.
Eine gute Raumakustik zusammen mit passenden LS
mildert diese Interferenzmuster ab, wie sie im Freien und in schalltoten Räumen auftreten, indem sie u.a. seitliche Spiegelschallquellen hinzufügt, die allerdings mit dem LS Direktschall nicht zu korreliert sein sollen und keine zu hohen Pegel aufweisen dürfen. Eine L vs. R Symmetrie soll trotzdem (Laufzeit, Spektrum statistisch) beibehalten werden.
Diese Basis-Fähigkeit eines LS zum Aufbau eines "zuträglichen" Schallfeldes zum stereophonen Hören in Räumen, drückt sich bei Lautsprechern vor allem über die Ausgewogenheit der Frequenzgänge nahe der Achse und das Rundstrahlverhalten insgesamt aus. Dieses Rundstrahlverhalten bleibt auch bei Anwendung von DSP Maßnahmen zur hörplatzbezogenen Korrektur prinzipiell bestehen.
Hörerpräferenzen bei Lautsprechern bezüglich Frequenzgang und Rundstrahlverhalten sind u.a. durch die Arbeiten von Floyd Toole so gut untersucht, daß Prädiktionsverfahren basierend auf Frequenzgängen und frequenzabhängigen Bündelungsmaßen existieren, die Urteile von Testhörern sehr gut vorhersagen können.
@Hans Martin:
Hörerpräferenz - für eine bestimmte LS-/Raum Interaktion - spielt sich also offenbar zunächst weitgehend außerhalb der von Dir o.g. Eigenschaften für "Fokussierung" und "Kohärenz" ab.
Es gilt daher m.E. zunächst, einen Hörer - optional auch mit Anwendung hörplatzbezogener DSP-Korrektur - durch Treffen seiner Präferenzen dazu zu bewegen, so lange im Hörraum lauschen zu wollen, daß er auf Feinheiten in der Lokalisationsschärfe (wir kamen vom Thema Jitter in digitalen Ketten ...) überhaupt noch achten kann und will.
Das gilt auch für Hörer, die etwas außerhalb der Stereomitte sitzen und die dann evt. Lust bekommen, sich auch mal in die Mitte zu setzen: Wer vorher schon "rausgegangen" ist (wenn auch nur innerlich), der setzt sich erst gar nicht mehr in die Stereomitte, um jetzt noch "gesondert" auf die Lokalisationsschärfe zu achten. Dabei gehe ich jetzt von "Musikhörern" aus, nicht von "auditiven Masochisten".
Wenn der Hörer also den Raum schon verlassen hat, weil ein Setup alles ignoriert, was etwa über Kontinuität des Rundstrahlverhaltens von LS, bevorzugte Raumfrequenzgänge, Ausprägung von Spiegelschallquellen so alles beachtet werden kann und soll, dann bleibt die Lokalisationsschärfe für sich allein betrachtet m.E. ein rein akademischer Aspekt.
Im Idealfall geht natürlich vom Rundstrahlverhalten der LS über Raumakustik und Gleichheit der Stereokanäle alles so Hand in Hand, so daß wir in einem ausgewogenen, langzeit-angenehmen und gleichzeitig lokalisationsscharfen und auch "räumlich-glaubhaften" Höreindruck schwelgen können ...
Auf dem Weg dahin, gibt es ja u.a. dieses Forum ...
Grüße Oliver