dietert hat geschrieben:ich teile Hans-Martins Erwägungen nicht, seine Gedankenmodelle sind mir oft allzu theoretisch und wenig praxisrelevant.
Hallo Dieter,
mir ist völlig bewusst, dass es keine vollständigen Modelle gibt, die die Praxis exakt nachbilden.
An der Clausthaler Uni lud mich ein Schulkamerad ein, zur Semesterbeginnvorlesung des Profs für Experimentalphysik zu kommen, die Vorlesung sei immer wieder ein Highlight im gesamten Semester.
Ein Satz, den ich mir gut gemerkt habe, lautete: Wenn Theorie und Praxis exakt übereinstimmen, sollte man beides gewissenhaft überprüfen, denn es lieggt vermutlich ein Fehler vor.
Das bedeutet für mich, ich stell mich blöd und hör mir zunächst die Alternativen im Vergleich an. Sich blöd stellen hilft, aufgeschlossen zu sein für die noch unerkannten Effekte, Voreingenommenheit hilft nicht weiter, sondern behindert eher. Grundsätzlich teste ich auch das Gegenteil, wenn ich es umzusetzen weiß.
Im Laufe der Jahre kommen da so einige Beobachtungen zusammen, mit der Zeit kann es sogar gelingen, den roten Faden zu entdecken, der die Dinge widerspruchsfrei verbindet.
Klar können über den Schutzleiter unter bestimmten Bedingungen Ströme fließen.
Das liest sich ja schon anders als
dietert hat geschrieben:Bei einer vernünftigen Netzinstallation bleibt der Schutzleiter grundsätzlich stromfrei, d.h. der von Hans-Martin vorgetragene Ansatz ist unzutreffend.
Es ist nicht die Netzinstallation, sondern es sind die angeschlossenen Geräte, die den Schutzleiter "belasten". Außerdem gibt es zwischen den Gerätegehäusen kapazitive Kopplungen, und Netzkabel haben induktive Eigenschaften, weshalb eine Netzspinne mit kurzen Abständen zum Knotenpunkt hilfreich sein kann.
Hier wird aber steif und fest behauptet, dass bei einem geschirmten Netzkabel die Funktion der angeschlossenen Hifi-Komponente davon abhängt, ob diese Ströme über den Schutzleiter, über die Abschirmung oder über beides fließen. Sowas konnte ich nicht feststellen, deswegen habe ich Schutzleiter und Abschirmung bei meinen Netzkabeln an beiden Enden verbunden, um einen möglichst großen Querschnitt zu bekommen.
Bei meinem ersten CD-Player konnte ich auf der Signalmasse sehr schön die interne Clock sehen oder darauf bezogen getaktete Störungen. Ich habe an meinem CD-Player ein abgeschirmtes Kabel mit 5 Innenleitern je etwa 1,5qmm. Nicht nur die Laufrichtung machte einen hörbaren Unterschied, auch wo der einseitig offene Schirm aufgelegt war. Ich war verblüfft, dass mir eindeutig besser gefiel, wenn der Schirm am geräteseitigen Ende an den Schutzleiter angeschlossen ist, und nicht am netzseitigen Anfang des Kabels. Der Trafo bzw. das Gerät ist schutzisoliert, eine Schutzerde ist nicht unbedingt anzuschließen. Die Cinchbuchsen haben eine Halteschraube, die den Kontakt zwischen GroundPlane und Gehäuse hart herstellt. Ich habe den vom Gerätegehäuse isoliert eingebauten Trafo mit EI-Kern über 15 Ohm auf Schutzerde gelegt.
Und ja, es gibt noch andere Hersteller geschirmter Kabel, es spricht aber auch nichts gegen Lapp.
http://www.lappkabel.de/unternehmen/mar ... lflex.html Lapp Ölflex hat eine PVC Ummantelung der Leiter - also wirklich nix Besonderes. Über Mittelklasse kommen PVC-Kabel selten hinaus. Von der Ölbeständigkeit profitiert man im Wohnzimmer sicher nicht. Es gibt aber von Lapp auch andere Kabel, z.B. mit irgendeinem PTFE-Derivat. Es lohnt sich, sowas mal zu testen. Ich habe da mal ein Muster (Netzkabel mit PTFE oder ähnlich) von jemand bekommen, was er Lapp zuordnete. Das Kabel ist "schneller", es ist erheblich fester, der Klang des angeschlossenen Gerätes ist klarer. PE, PTFE, geschäumtes PTFE (GoreTex) sind Alternativen, über deren jeweilige VDE Zulassung ich aber nicht zu befinden habe. Wenn von mir hier etwas " steif und fest behauptet" wird, dann der Zusammenhang zwischen Festigkeit des Leiters und Einfluss auf den Klang in Richtung kontrollierter und klarer.
Aber ich bin ja zugegebenermaßen blöd und probiere erst möglichst blind aus, bevor ich mir eine Meinung bilde, das geschieht natürlich in der Musikhörpraxis.
Wenn man den Netzstecker umdehen kann, hat man schon Alternativen, ebenso mit der Laufrichtung, ebenso, wenn Schirm, wo er aufgelegt wird (5) nämlich beidseitig, an der Quelle, am Verbraucher, in der Mitte, gar nicht. Bei einer abgeschirmten Leitung homogenisiert der Schirm über seinen gleichen kapazitiven Bezug zu jedem Leiter das Feld um ebendenselben (geht gut bei symmetrischen Leitungen, nicht bei 3-adrigen, besser bei 2-adrigen oder bei 4 + Zentralleiter). Auf dem Schirm ist dann die halbe Spannung. Der Proximity-Effekt macht sich bei verdrilltem Litzenkabel weniger störend bemerkbar, er bedeutet, wo das elektrische Feld größer ist, nimmt die Elektronendichte zu.
Wer alle Kabel auf den Boden legt, muss sich über eine Klangverschlechterung nicht wundern, denn die kapazitive Kopplung zum zumeist schwimmend verlegten Estrich kann zumindest bei LS-Kabeln zu passiv-LS deutlichen Einfluss auf die Brillanz und Auflösung nehmen. Man mag über Kabelbrücken geteilter Meinung sein. Mit einem Oszi und einem Kuchenblech als Sensor isoliert auf 2 leeren CD-Hüllen kann man die Veränderungen am Boden aufzeigen, wenn man Netzkabel hochlegt oder fallen lässt.
Es ist eine bewährte Methode, den Vorverstärker als zentralen Erdungspunkt der Anlage zu wählen.
Die einseitig aufgelegten Schirmungen sollten zu ihm weisen. Auf diese Weise gibt es die geringste Interaktion zwischen den Kabeln, weil alle Schirme dasselbe Potential tragen. Bei den quasi-symmetrischen Audiokabeln (Cinch/RCA ist 2-polig, das Kabel ebenso + Schirm, der Schirm wird zum VV hin angeschlossen) kann man natürlich den Schirm auch beidseitig anschließen, was das Kabel auf ein vereiertes Koax reduziert.
Wer gefahrlos mit Netzkabeltests vorankommen will, kann Verstärker -> Kabel -> pass. LS als Versuchsaufbau wählen, die Impedanzverhältnisse sind recht ähnlich zu Netz -> Kabel -> Trafo. Ich fand die Klangunterschiede jedenfalls wiedererkennbar in beiden Set-Ups.
Grüße Hans-Martin
P.S. Wer auf Laborwerte schwört, sollte mal Lautsprecher in denselben Raum stellen, in dem die Messung gemacht wird, mit praxisnahen Abständen und Lautstärkepegeln. Und nicht einzelne Testtöne nacheinander, sondern komplexe Gemische von Grund- und Obertönen einer Frauenstimme, und vielleicht 1-2 Instrumente Begleitung. Gar nicht so einfach, relevante, übertragbare Ergebnisse für Objektivisten bereitzustellen. Der Hörtest ist für mich immer an erster Stelle. Die Neugier fragt dann nach dem Warum bei den Unterschieden.
P.P.S.
Das versprochene Lösungswort lautet: Schutzleiter