Harald (AGM 5.4; FM 202; BM 8, BM 6; Abacus A-Box 10, C-Box 2)

audiophile Biografien unserer Mitglieder
Forumsregeln
Bei Vorstellungen steht die persönliche, subjektive Erfahrungswelt des Verfassers im Vordergrund. Insbesondere soll die Vorstellung als "Visitenkarte" des Mitglieds gewürdigt bzw. respektiert werden. Dialoge sollten hier vorrangig mit dem Verfasser und nicht mit Dritten geführt werden. Siehe auch die Forumsregeln.
Antworten
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9117
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

nihil.sine.causa hat geschrieben:So einfach diese Maßnahmen sind, umso erstaunlicher ist m.E. ihre Wirkung. Das Klangbild ist ruhiger und die Bühne erscheint tiefer. Gerade letztes ist für mich ein klares Zeichen, dass sich etwas getan hat.
Lieber Störquellenvermeider Harald,

denkt man einige Jahre zurück, zeigten die Testberichte Top-CD-Player einiger Hersteller, deren Netzteile für Analog- und Digitalsektion mit getrennten Netztrafos gespeist wurden (ebenso gab es strikt getrennt versorgte D/A-Wandler), sogar Geräte mit 2 Netzkabeln gab es.

Wenn man schon Schaltnetzteile aus dem Raum verbannt, darf man auch darüber hinausgehend nachdenken, ob man reine Analogtechnik vor Rückwirkungen der digital arbeitenden Geräte durch deren Netzteile bewahrt, indem z.B. durch Trennung der Netzleisten eine bessere Entkopplung geschieht, die unvermeidbare Kabelinduktivität konstruktiv ausnutzend. HM Strassner legt dafür Doppellochferrite in die Zweige seiner Netzverteileisten.

Ringkerntrafos und Digitaltechnik halte ich für eine unglückliche Kombination, zu stark ist die kapazitive Kopplung der Wicklungen. Batteriebetrieb*, der auf einfache Weise per Diode am Netzteilelko vor dem Spannungsregler eingespeist wird, wäre mein Vorschlag der ersten Stunde.

Für mich wäre allerdings ein weiteres Indiz neben der Bühnentiefe ein Merkmal für Ruhe im Klangbild, nämlich der Solist im Vordergrund, der sich noch deutlicher von den Begleitmusikern abhebt, einen Schritt zu auf den Hörer macht - wenn die Anfangszeitlücke** deutlicher erfahrbar ist.
Grüße Hans-Martin

*es war mein 7. Beitrag hier vor 7 Jahren :cheers:

** Eberhard Sengpiel hat die Anfangszeitlücke hier erklärt:
http://www.sengpielaudio.com/DieAnfangs ... ndruck.pdf
Bild
beltane
Aktiver Hörer
Beiträge: 3164
Registriert: 14.11.2012, 09:58
Wohnort: Hannover und Göttingen

Beitrag von beltane »

Hallo Harald,

Deine durch das Verbannen von Schaltnetzteilen, den Einsatz von W-LAN etc. gemachten positiven Erfahrungen hinsichtlich des Klangs kann ich nur nur bestätigen. Ebenfalls meide ich wie Du Beleuchtung im Hörzimmer, falls machbar!

Dies sind alles kleine aber wichtige Massnahmen zur Gewinnung eines optimalen Hörergebnisses.

Viele Grüße

Frank
Bild
SolidCore
Aktiver Hersteller
Beiträge: 1863
Registriert: 12.12.2014, 10:38
Wohnort: NRW / Moers

Beitrag von SolidCore »

Hallo zusammen

Ich bin da ein wenig skeptisch gegenüber dem Verbannen von Netzteilen, und Lampen. Auch vom Nachbar strahlt Wlan herüber, Handyfrequenzen sind allgegenwärtig, Radiowellen usw. Dass sich Störungen von Schaltnetzteilen auslöschen, nur weil sie nun 5 Meter weiter erst ins gleiche Stromnetz zurückstrahlen, ist unwahrscheinlich. Wenn überhaupt, dann nur, wenn man alle erdenklichen "Störer" auf eine andere Phase legt als die Musikanlage. Meine letzten Versuche, statt einer "sauberen" Phase einfach alle Hauptsicherungen im Haus zu trennen, und nur die Anlage allein laufen zu lassen, hatte leider keinen erwarteten Klangvorteil.

Eine einseitige Lichtquelle stört eher die Wahrnehmung im Kopf, als über das Stromnetz. Das kann man ganz einfach herausfinden, wenn man beim Musikhören ein seitliches Fenster hat, welches Außenrollos besitzt. Fällt dadurch Licht herein, stört es die bekannte Wahrnehmung von Nachts. Fährt man das Rollo herunter, wird die Abbildung besser, meint man zumindest. Deshalb hört man in dieser Konstellation auch nachts "eingebildet" besser. Ganz gleich, ob das Rollo oben oder unten ist.

Gruss
Stephan
Bild
Zwodoppelvier
Aktiver Hörer
Beiträge: 1267
Registriert: 07.07.2010, 12:38
Wohnort: Raum Köln / Bonn

Beitrag von Zwodoppelvier »

Hallo miteinander,

zu "modernen" Leuchtmitteln eine Erfahrung: vor einiger Zeit versuchte ich, eine Radiosendung im Zimmer unserer Tochter weiterzuverfolgen und mußte feststellen, daß der UKW-Empfang massiv beeinträchtigt war. Viele Sender, welche die kleine Anlage sonst sauber empfangen hatte, waren unanhörbar.
Als ich genervt das Deckenlicht ausschaltete (die Schreibtischlampe gab das gemütlichere Licht), waren die Störungen sofort weg.

Soweit erinnerlich war eine dieser 230V-LED-"Birnen" mit E14- oder E27-Schraubsockel die Ursache. In diesen vergleichsweise winzigen Teilen steckt wohl ein Mini-Schaltnetzteil mit mangelhafter Filterung/Abschirmung.

Mir scheint möglich
- diese Schaltnetzteile stören auch andere Geräte als UKW- und AM-Empfänger
- sie wirken evtl. auch negativ stressend auf das menschliche Nervensystem; Elektrosensible wissen Bescheid.

Insofern sehe ich die Ächtung der guten alten Glühbirne durch den Gesetzgeber in gleich mehrfacher Hinsicht als unzulässige Bevormundung :x

Viele Grüße
Eberhard
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Eberhard,
Zwodoppelvier hat geschrieben:Soweit erinnerlich war eine dieser 230V-LED-"Birnen" mit E14- oder E27-Schraubsockel die Ursache. In diesen vergleichsweise winzigen Teilen steckt wohl ein Mini-Schaltnetzteil mit mangelhafter Filterung/Abschirmung.
Danke für den Hinweis. Genau diese Art von LEDs hatte ich bei mir im Hörraum auch. Deutlich besser ist es, sie auszuschalten oder eben die Halogenbirnchen zu verwenden.



SolidCore hat geschrieben:Ich bin da ein wenig skeptisch gegenüber dem Verbannen von Netzteilen, und Lampen. Auch vom Nachbar strahlt Wlan herüber, Handyfrequenzen sind allgegenwärtig, Radiowellen usw. Dass sich Störungen von Schaltnetzteilen auslöschen, nur weil sie nun 5 Meter weiter erst ins gleiche Stromnetz zurückstrahlen, ist unwahrscheinlich. Wenn überhaupt, dann nur, wenn man alle erdenklichen "Störer" auf eine andere Phase legt als die Musikanlage.
Meine Stromversorgung ist in Bezug auf die separierte Phase seit vielen Jahren schon optimiert. Die Schaltnetzteile, die offenbar immer noch gestört haben, liefen auf einer anderen Phase als die verschiedenen Komponenten der Audio-Kette. Warum die Störung aufgetreten ist, kann ich nicht sagen. Wir hatten das Experiment aber vor einigen Wochen in Wöllstein gemacht und jetzt auch in meinem Hörraum: der Audioqualität meiner Abhörkette hat es definitiv gut getan, die kleinen Schaltnetzteile zu entfernen. Sehr simple Empirie. Schnell probiert und wenn es Dir keine Vorteile bringt, dann brauchst Du die Maßnahme ja auch nicht.

WLAN, Mobilfunkfrequenzen und Radiowellen habe ich nach wie vor. Bei WLAN kann ich ja ein- und ausschalten. Da höre ich bei mir keinen Unterschied. Inwieweit die anderen elektromagnetischen Wellen stören, weiß ich nicht. Aber nach dem Motto "glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.", mach' ich mir da keinen Kopf.

Viele Grüße
Harald
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Tonbandgerät als Analogquelle

Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Analogfans,

zu meiner HiFi-Kette gehören auch Tonbandmaschinen. Das ist etwas exotisch, aber ich habe beim Aufbau dieses Teils meiner Abhörkette viel gelernt. Bevor ich mein Setup hier beschreibe, will ich Euch kurz erläutern, wie ich auf die Senkelmaschinen gekommen bin.

Schon als Schüler und Student hatte ich meine Musik hauptsächlich auf Tonbändern gespeichert. Ich hatte zunächst eine Uher SG 561 ROYAL

Bild

Es handelte sich um eine Maschine mit Kopfträger für ¼ Spur und mit den Bandgeschwindigkeiten 19,05 cm/s, 9,53 cm/s, 4,76 cm/s und sogar 2,38 cm/s. Später kam eine Revox B77 ½ Spur dazu mit den Bandgeschwindigkeiten 19,05 cm/s und 9,53 cm/s.

Ich erinnere mich noch gut an die Überlegungen, welches Bandmaterial ich bei der Revox verwenden sollte. Ein neues 1100m Band Maxell XL I auf einer schicken Aluspule mit 26,5 cm Durchmesser kostete Mitte der achziger Jahren ca. 68,- DM. Damit konnte ich bei 19,05 cm/s und Stereo ½ Spur gerade mal 96 Minuten aufnehmen. Das war dann ziemlich schnell teurer als eine CD oder LP (wobei ich recht früh mit LPs aufgehört hatte). Lediglich bei Mittschnitten von Radiosendungen war das Band konkurrenzlos. Und natürlich bei Mikrofonaufnahmen (aber das war damals noch kein ernsthaftes Thema für mich).

Sobald man aber anfing, Einbußen in der Qualität hinzunehmen (1/4 Spur, 9,53 cm/s oder noch langsamere Bandgeschwindigkeiten) wurde es auch sehr günstig. So konnte ich auf ein für Amateurzwecke übliches Doppelspielband mit 18 cm Spulendurchmesser (720 m) auf meiner Uher in 4,76 cm/s pro Spur 252 Minuten aufzeichnen. Bei ¼ Spur in Mono waren das 16 Stunden und 48 Minuten. Ich hatte also die Qual der Wahl.

Später hatte ich weniger Zeit für Radioaufnahmen, die CD als Musikquelle wurde immer wichtiger und die Bandmaschinen landeten dann Mitte der 90er Jahre im Schrank. Und so hätte es immer weiter bleiben können, wenn sich nicht – frei nach Monty Pythons – gewisse neumodische Theorien über die Signalverarbeitung als verbesserungswürdig erwiesen hätten. Die eine oder andere Grenze der Digitaltechnik haben wir auf Forumstreffen bereits ausführlich vorgeführt und diskutiert.

Die ganze Geschichte kann man hier nachlesen:
1. Einführung: Der Mytek Digital Stereo192 ADC – ein state-of-the-art Analog-Digitalwandler
2. Der Schock - erster Digitalisierungstest einer Schallplatte
3. Tests mit dem Mytek G-ADC
4. Zweiter Digitalisierungstest einer Schallplatte - Ende der Fahnenstange?
5. Direktvergleich an Mikrofonkette Analog vs. A/D D/A
6. Direktvergleich an Mikrofonkette Analog vs. A/D D/A – Fortsetzung
7. Test des STAGETEC TrueMatch RMC und des Acousence arfi-ad
8. Vergleich zwischen Analog und ADDA auf dem Forumstreffen am 04. und 05. Juli 2015
9. Hilft M/S-Konversion vor der AD-Wandlung?
10. Wie gut spielt die M15A nach dem G-Tuning? (Analog-Direktübertragung, Analog-Hinterband und ADDA im Vergleich)
11. DAC-Vergleich vs. Analog M15A, Forumstreffen 2016

Für mich ist das Thema Analog- vs. Digitalklang einfach ein Hobby und breites Experimentierfeld. Und ich sehe das in keinster Weise ideologisch. Dennoch steht es für mich außer Frage, dass sich jede Signalverarbeitungstechnik am flüchtigen Schallfeld einer Life-Aufführung orientieren sollte. Experimente mit Stereo-Mikrofonen und analoger Direktübertragung zeigen zwar große Unterschiede zwischen Ur-Schallfeld im Aufnahmeraum und reproduziertem Schallfelld im Hörraum. Aber ich habe bislang noch keine Tonkonservierung erlebt, welche die Qualität der analogen Direktübertragung hätte erhalten können. Weder analog noch digital.

Entstehen durch analoge Aufzeichnung messbare und gut dokumentierte Artefakte wie Bandrauschen, FG-Veränderungen, Gleichlaufschwankungen etc., ist die Digitaltechnik auf messtechnischer Ebene der Analogtechnik haushoch überlegen. Und dennoch hört sich das Analogsignal am Ausgang einer ADDA-Kette anders an als die analoge Direktübertragung. Vor allem der Raumeindruck (Stichwort Bühnentiefe) wird flacher und Körperhaftigkeit der Reproduktion geht zurück bei Anwendung von digitaler Aufzeichnung. Glücklicherweise bleiben diese Eigenschaften Raumeindruck und Körperhaftigkeit bei hochwertiger analoger Aufzeichnung recht gut erhalten. Und aus diesem Grund eignen sich die Bandmaschine als Analogquelle zum Test von Digitalisierungsketten. Denn so muss das flüchtige Original nicht immer wieder neu erzeugt werden und AB-Vergleiche zwischen verschiedenen Digitalisierungsketten werden in guter Näherung möglich, denn die Bandmaschine sorgt für eine relativ gute Reproduzierbarkeit des Analogsignals.

Die Idee, mir eine wirklich „professionelle“ Bandmaschine zuzulegen, hatte ich schon lange – ein alter Traum eben. Die großen bewegten Spulen haben mich immer fasziniert. Aber es gab keinen vernünftigen Grund und nihil sine causa ist ja schließlich mein Motto. Das ADDA-Experimentierfeld kam mir also sehr gelegen und habe ich den Schritt dann gemacht. Über meine gertifizierte Telefunken M15A habe ich bereits ausführlich geschrieben.

Leider ist das Bandmaterial, das ich zur Verfügung habe, eingeschränkt. Andererseits macht es mir wirklich große Freude, eine gute Masterbandkopie zu hören. Wenn also eine hervorragende Wiedergabemaschine da war, dann brauchte es ja „nur“ noch eine zweite Maschine mit gertifizierten Aufnahmeverstärkern, um auf entsprechend hohem Niveau Bandkopien anfertigen zu können. Auch diesen Schritt habe ich umgesetzt. Die beiden Bandmaschinen sind mittlerweile fest installiert und spielen unter optimierten Bedingungen. Da mag es auch mal wieder eine Verbesserung geben, aber der derzeitige Stand ist so gut, dass es sich lohnt, darüber zu berichten.

Ganz herzlichen Dank möchte ich bei dieser Gelegenheit nochmal an Peter Ruhrberg sagen. Ohne seine profunde Hilfe wäre ich bei dem Thema Bandmaschine gescheitert. Peter hat mir die beiden M15A hergerichtet, mir die Grundlagen nahe gebracht und mir viele Tricks & Kniffe ausführlich gezeigt. Vom Umgang mit den Tonbändern, dem Entmagnetisieren der Tonköpfe, über das Einstellen des Azimut bei unbekannten Aufnahmen bis hin zur Einmessung der Vormagnetisierung und der Aufnahmeverstärker auf neues Bandmaterial. Unter seiner Anleitung habe ich als „Fingerübung“ selbst ein Bezugsband erstellt und dabei sehr viel über die Stärken und Schwächen der alten Magnetbandtechnik gelernt. Danke natürlich auch an Gert, denn ohne seine Unterstützung wäre ich mit der Klangqualität der M15A niemals so weit gekommen.

Fortsetzung folgt mit der Beschreibung der Abhörkette.

Viele Grüße
Harald
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9117
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Harald,
gerade bin ich über deinen Link zu diesen Thread http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 65#p105877 gestolpert, wo du 2 Brauner in XY koinzident anordnest und Ulis Cleaner-Idee in Analog anwendest. Habe ich das richtig verstanden, dass du deine Stereo-Bandaufnahmen in M/S gewandelt aufzeichnest und bei der Wiedergabe wieder zurückverwandelst?
Mit ähnlichen Vorteilen, wie wir sie von der AD/DA-wandlung kennen?
Grüße Hans-Martin
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Hans-Martin,
Hans-Martin hat geschrieben:Habe ich das richtig verstanden, dass du deine Stereo-Bandaufnahmen in M/S gewandelt aufzeichnest und bei der Wiedergabe wieder zurückverwandelst?
Mit ähnlichen Vorteilen, wie wir sie von der AD/DA-wandlung kennen?
Die M/S Kodierung vor der Aufnahme war lediglich eine Studie. Denn die Übertrager, die ich dazu verwende, haben so ihre klanglichen Besonderheiten. In neuerer Zeit verwende ich allerdings gerne ein MS-Hauptmikrofon (Neumann KM 183 Kugel als M, KM A mit KK 120 Acht als S). Dieses Signal rechne ich vor der Aufnahme nicht nach LR um mit den bekannten Vorteilen.

Um L/R Phasenfehler der Bandmaschine zu kompensieren, werde ich es auch mal mit MS bei der Bandaufnahme versuchen. Ist eigentlich eine gute Idee. :wink:

Viele Grüße
Harald
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

3.3 Analoge Bandmaschine

Beitrag von nihil.sine.causa »

Liebe Analogfreunde,

ich setze die Beschreibung meiner Audio-Kette(n) ...

1. Stromversorgung, Erdung und LAN
2. Symmetrische Signalkabel und Masseverbindung
1a. Maßnahmen zur Vermeidung von HF-Einflüssen
3. Stereo Quellen
3.1 Stereo Haupt-Quelle für digitales Material
3.2 DAW-Abhörquelle

… heute fort mit dem Thema

3.3 Analoge Bandmaschine

Über meine Motivation zum Thema Bandmaschine und zur Selektion meiner M15A hatte ich ja schon einiges geschrieben. Ebenso hatten wir das Thema, wie die Wiedergabe- und Aufnahmeverstärker g-tuned wurden. Hier soll es jetzt um den konkreten Aufbau für den Betrieb gehen.

Die Wiedergabemaschine sitzt in ihrer grundsoliden Vollmetall Siemens Truhe. Die unterschiedlichen leitenden Teile dieses Gehäuses sind „von Haus aus“ miteinander über Erdkabel verbunden. Ich habe also nicht widerstehen können, das Ganze zu erden. Gleiches gilt für die unterhalb des Maschinenkastens angebrachte 19 Zoll Einheit. Aber dazu gleich noch mehr.

Bild
M15A Wiedergabemaschine in ihrer Truhe

Das also ist meine Wiedergabe-Maschine, vorgesehen für ¼ Zoll Tonband, Stereo d.h.Trennspur 0,75mm, Vollspur-Löschkopf, Bandgeschwindigkeiten wahlweise 7,5 in/s und 15 in/s (19,05 cm/s und 38,1 cm/s), CCIR Entzerrung und für Bandwickel mit äußerer Schichtlage ausgelegt.

Klappt man die Truhe auf, so sieht man das Anschlussfeld. Bei dieser Maschine handelt es sich um Buchsen für Großtuchelstecker.. Natürlich ist hier alles anders als bei XLR, aber ich mag diese Technik.

Bild
Tuchel-Anschlussfeld und abgedeckter Verstärker

Für die Ausgänge benötigt man männliche Stecker und die Belegung ist endlich einmal logisch: Pin 1 entspricht „+“, Pin 2 entspricht „-“ und Pin 3 entspricht 0V. Damit ist 0V spiegelsymmetrisch zu „+“ und „-“. Und die Stecker sind wie kleine Messer, die in den Buchsen einen sehr guten Halt bekommen. Warum hat sich das nicht durchgesetzt?

Unter dem Anschlussfeld sitzen die Verstärker-Steckeinheiten schön geschützt von einer dicken Metallplatte. Ob Ihr es mir glaubt oder nicht, aber mit dieser Metallplatte ist das Klangbild einen Tick besser, weil klarer als ohne. Schrauben wir diese Platte ab, so kommen die Steckplätze.

Bild
Verstärker-Steckeinheiten (hier nur für Wiedergabe)

Hier seht Ihr die zwei Wiedergabeverstärkerkarten, aber die rechts daneben liegenden Steckplätze für die Aufnahmeverstärker sind nicht belegt. Warum? Weil es sich um eine reine Wiedergabemaschine handeln soll. Ich möchte verhindern, dass ich, wenn ich einmal versehentlich auf den dicken roten Aufnahmeschalter komme, ein Stück Band lösche. Solche Feinheiten sind bei dieser Maschine genial einfach gelöst. Zieht man nämlich die Aufnahmeverstärkerkarten heraus, so kann man die Aufnahmetaste drücken, ohne dass die Aufnahme aktiviert wird. (Der Löschkopf wäre auch ohne Aufnahmekarten noch in Funktion, aber die Steuerungslogik der Maschine verhindert das.) Mit einem Handgriff ist die Maschine also von einer Wiedergabe-/Aufnahmemaschine in eine reine Wiedergabemaschine umgebaut. Und so etwas geht ganz ohne Firmware-Update und ohne langwieriges Umkonfigurieren etc. Ist das nicht cool?

Für die Karten habe ich einen eigenen Koffer präpariert. Hier ist Platz für den Tonkopfträger, zwei Wiedergabe- und zwei Aufnahmeverstärkerkarten sowie für die HF-Karte für Vormagnetisierung und Löschfunktion. Dieses Set „gehört“ zusammen und muss beim Einmessen der Maschine aufeinander abgestimmt werden. Das ist aber unabhängig vom eigentlichen Laufwerk, sprich von der jeweiligen M15A. So könnte Peter die Einmessung bei sich vornehmen, ohne dass ich das Laufwerk der M15A von Bonn zu Peter karren müsste und wieder zurück.

Bild
Kartensatz für eine M15A (hier für die Aufnahme-Maschine)

Unterhalb der Maschine habe ich zwei Einheiten zur Rauschunterdrückung eingebaut. Oben ein Dolby 363 für Dolby A und Dolby SR, wie es international gebräuchlich war und vor allem auch für Schallplattenproduktionen verwendet wurde. Unten ein Telcom c4 System, wie es besonders im Rundfunkbereich standardmäßig verwendet wurde. Über das Dolby-System und sein g-tune wurde übrigens bereits ausführlich berichtet. Das war ein irrsinniger Aufwand für Gert.

Nun wozu braucht es diese Rauschunterdrückungseinheiten? Wenn ein Masterband mit – sagen wir – einem Dolby A Kompander aufgezeichnet wurde, so wird eine Zwischenkopie 1:1 vorgenommen, also ohne Dolby-A-Expansion. Erst beim letzten Schritt, unmittelbar vor dem Plattenschnitt oder eben beim Abhören des Bandes, wird der Expander eingesetzt. Für diesen Zweck habe ich diese beiden Expander zur Verfügung.

Bild
Dolby-Spielbetrieb (hier Dolby A), in die Ausgänge rechts sind die Anschlüsse für den Vorverstärker G-HA 1 gesteckt.
Dekoder Dolby A / Dolby SR oder Telcom c4.
  • Dolby 363, 2 Kanäle, Cat No. 300 Karten zur Kodierung / Dekodierung von Dolby A oder Dolby SR
  • Telcom c4 2x Einschubkarten - ANT Telcom mit C4 Eurokarten Typ C4 E F2
Bei eigenen Analog-Aufnahmen – die ich davon abgesehen ja nicht mit der Wiedergabemaschine sondern mit meiner separaten M15A Aufnahmemaschine mache, verwende ich kein Rauschunterdrückungssystem. Ich bin zwar empfindlich, was Feindynamik, Räumlichkeit, Transientenwiedergabe etc. betrifft, aber das Rauschen stört mich bei der M15A überhaupt nicht. Und da der Rauschunterdrückungs-Kompander ein unglaublich heftiger Eingriff in die an sonsten hervoragende Signalqualität darstellt, verzichte ich gerne darauf. Wenn aber halt bei der Aufnahme ein Rauschunterdrückungs-Kompander eingesetzt wurde, so muss ich eben bei der Wiedergabe einen Expander betreiben, sonst kann ich mit dieser Aufnahme nichts anfangen.

Um den Bezugspegel der Maschine zu überprüfen, den Azimut nachzustellen, Dolby A auf den korrekten Pegel einzustellen und natürlich für die richtige Aussteuerung bei der Aufnahme, verwende ich moderne Technik, das – wie Fujak es mal genannt hat – Schweizer Taschenmesser für den Audio-Fan: ein RME Fireface UC.

Bild
Pegelkontrolle mit Hilfe eines Fireface UC. Pegelanzeige durch PPMulator3 (Anzeige nach DIN 45406, Integrationszeit 10ms / 90%, Relaxationszeit 1,8s für 24dB) und RME DIGICheck Goniometer. Hier am Beispiel der Bezugspegeleinstellung für Dolby A auf 320 nWb/m

Um bequem hin- und her"schalten" zu können, habe ich mir ein kleines Steckfeld gebaut. Verkabelt und verlötet mit meinen eigenen Kabeln. Bei diesen Studiogeräten mit erdfrei symmetrischen Schnittstellen habe mit der Konfiguration braunC --> orangeC sehr gute Erfahrungen gemacht. Das Steckfeld selbst schadet dem Klang erstaunlicherweise nicht hörbar, so dass ich es – zumindest zum Abhören – gerne verwende.

Bei der Tonbandwiedergabe hat es sich übrigens bewährt, den massiven Grounding-Bügel der M15A zu öffnen und die Gehäusemasse parallel zu den Signalkabeln von der Bandmaschine zum Vorverstärker zu ziehen. Hierzu dient mir ein zweckentfremdeter Klinkenstecker.

Etwas Anderes ist es, wenn ich ein Band digitalisieren möchte. In einem solchen Fall verbinde ich die Komponenten so direkt wie möglich. Für diesen Zweck habe ich auch für meinen ADC ein Plätzchen vorgesehen in dem großen faradayschen Käfig unten auf einer massiven Schieferplatte.

Bild
Digitalisierungsstation mit arfi-adc2 und arfi-psu auf ein 4cm hohen Schieferplatte

Ach ja, wenn ich rein analog höre, schalte ich das gesamte Digitalnetz (das über optische Verbindung in meinen Hörraum kommt) komplett ab, schalte das Fireface aus und fahre den Computer herunter.

Und wenn sie nicht spielt, die Bandmaschine, decke ich sie ab...

Bild
M15A vor Staub geschützt durch ein einfaches aber schönes Tuch

Viele Grüße
Harald
Bild
Hans-Martin
Aktiver Hörer
Beiträge: 9117
Registriert: 14.06.2009, 15:45

Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Harald,
das ist ja eine schöne Fortsetzungsgeschichte.
Ich hätte allerdings eine transparente Scheibe (Polycarbonat, wie z.B beim Motorradhelmvisiser) klappbar über die Aufnahmetaste geklebt, die mich (das Band) vor versehentlicher Aufnahme bewahrt, und nicht noch eine zweite Maschine angeschafft, deren Köpfe dann noch sorgfältig auf die Aufnahmemaschine ausgerichtet werden müssen.
Womit ich bei meinem eigentlichen Thema bin, nämlich der Tonkopflebensdauer.
Aufnahme und Wiedergabeköpfe unterliegen einem gewissen Verschleiß, und wenn hier die kurzlebigeren Vacodur (und nicht die umstrittenen langlebigen Glas/Ferrit-) Köpfe eingesetzt sind, über die beide das Band bei Aufnahme wie bei Wiedergabe schleift, obwohl nur einer der Köpfe benötigt wird, kommt man (hoher Suchtfaktor vorausgesetzt) auch in wenigen Jahren an den Punkt, dass der Aufnahmekopf mit seinem Abschliff die Bandkanteneinfräsung überschreitet und der Band-Kopfkontakt nachlässt. Das merkt man dann bei der Aufnahmequalität, während mangelnder Band-Kopfkontakt bei der Wiedergabe weniger deutlich durchschlägt.
Diese Erfahrung habe ich zumindest bei Revox mit den Revodur-Köpfen gemacht, deren Einfräsungen noch breiter aussehen als bei den Telefunken-Köpfen und damit eine größere Brauchbarkeitsdauer versprechen. Und wenn ich vermuten darf, dass Revodur (andere Bezeichnung außerhalb Studer/ReVox auch Recovac) und Vacodur auf Vaccumschmelze Hanau als Lieferanten hinweisen, die Abriebfestigkeit vergleichbar ist, wird das irgendwann zum Kostenfaktor, der im Studiobetrieb wohl keine bedeutende Rolle spielt. Für den Preis eines neuen Kopfsatzes kann man schon eine komplette Bandmaschine gebraucht bekommen.

Bilder, die ich von den M15-Köpfen im WWW gesehen habe, hatten teilweise unsymmetrisch* angeschliffene Kopfspiegel, was mE auch auf eine weiter verkürzte Lebenserwartung mangels optimaler Justage hinweist. *Spalt nicht in der Mitte der Schlifffläche, oder trapezförmiger Abschliff.
Ich will hier allerdings nicht Peter unterstellen, er habe keine gute Justagearbeit geleistet, vielmehr geht es mir um die allgemeine Frage, warum die Hersteller bei den vielen Wiedergabedurchläufen auch immer den Aufnahmekopf mit verschleißen, wo doch eine einfache Vorrichtung das Band von Löschkopf und A-Kopf abheben könnte, wie es beim Umspulen für alle Köpfe zur Schonung gemacht wird.
Händisch umschwenkbare Excenter bei den Bandführungen im A-Kopf Bereich könnten schon reichen, das Band vom A-Kopf fernzuhalten, wenn dieser nicht gebraucht wird.
Bei einer reinen Wiedergabemaschine würde ich sonst soweit gehen, dass ich den A-Kopf ausbaue und als Reserve zur Seite lege (schreibt der sparsame Tonbandfan).
Grüße Hans-Martin
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Lieber Hans-Martin,

herz(t)lichen Dank, dass Du Dir das so genau durchgesehen hast. Und danke für Deine kritischen Fragen. Das Thema Bandmaschine liegt mir ja ziemlich am Herzen, wie sicher unschwer zu erkennen ist. Und dazu stehe ich, auch wenn jetzt nicht so viel Feed-back aus unserem Forum zu erwarten ist. Ich kann das gut verstehen, denn das ist für uns ein ziemliches Orchideen-Thema. Wer dann aber mal eine analoge Masterbandkopie ungefiltert hört … aber ich schweife ab.
Hans-Martin hat geschrieben:Ich hätte allerdings eine transparente Scheibe (Polycarbonat, wie z.B beim Motorradhelmvisiser) klappbar über die Aufnahmetaste geklebt, die mich (das Band) vor versehentlicher Aufnahme bewahrt, und nicht noch eine zweite Maschine angeschafft, deren Köpfe dann noch sorgfältig auf die Aufnahmemaschine ausgerichtet werden müssen.
Ja, das hätte ich auch machen müssen, wenn Telefunken nicht diese nette Funktion eingebaut hätte, durch Entfernen der Aufnahme-Verstärkerkarten die Maschine komplett zu einer reinen Wiedergabemaschine umfunktionieren zu können.

Die Aufnahme-Maschine ist aus zwei Gründen notwendig. Zum einen handelt es sich um ein Ersatz-Laufwerk. Tonkopfträger und Verstärker-Steckeinheiten kann ich ja nach belieben tauschen zwischen den Maschinen. Zum anderen halte ich eine vollwertig funktionierende M15A vor, damit ich Tonbänder analog kopieren kann. Sonst hätte es kein zweites Laufwerk gebraucht. Und die gertifizierten Verstärker-Steckeinheiten waren ja auch ursprünglich alle in derselben M15A verbaut.

Eine Feinheit kommt noch dazu. Ich kann ebenso mit den nicht-gertifizierten Aufnahmeverstärkern aufnehmen und den nicht-gertifizierten Wiedergabeverstärkerkarten abspielen. Dann haben wir so etwas wie eine Original-Konstellation (bis auf die Tatsache, dass vielleicht der eine oder andere Kondensator nicht mehr so ganz frisch, aber immer noch innerhalb der von Telefunken vorgegebenen technischen Toleranz ist). Und das ist für sich genommen auch interessant und eröffnet eine eigene Spielwiese für historisierende Betrachtungen.
Hans-Martin hat geschrieben:Womit ich bei meinem eigentlichen Thema bin, nämlich der Tonkopflebensdauer.
Zu den Materialien kann ich wenig sagen. Aber ich kann Dir ganz viele Gründe nennen, weshalb mich die Tonkopflebensdauer momentan nicht so sehr umtreibt. Ich greife mal zwei heraus:

Erstens höre/betreibe ich meine Bandmaschinen zwar regelmäßig aber doch nur während einer sehr begrenzten Anzahl von Betriebsstunden hinweg, so dass ich noch viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte so weitermachen könnte, ohne dass die Kopfspiegel an die Grenze geraten würden. (In der Zwischenzeit höre ich ja vor allem digitale Aufnahmen, wenn ich ehrlich bin.)

Zweitens hat Gert die Verstärkerschaltungen simuliert und Peter hat auf Basis dieser Daten meine Verstärker-Steckeinheiten durchgemessen und feinjustiert. Die von Peter angebrachten korrigierenden Bauteile, die im Ergebnis den FG wunderbar glatt machen, kannst Du hier am Beispiel der Rückseite einer gertifizierten Aufnahme-Verstärkerkarte sehen.

Bild

Bei dieser Betrachtung / Messung ist auch der Kopfverschleiß mit eingegangen und ein paar Tausend Betriebsstunden später müsste das auch wieder umgelötet werden, denke ich mal.

Die Magnetbandtechnik ist schon ein sehr spezieller Ausschnitt unserer Audio-Welt. :cheers:

Viele Grüße
Harald
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Hans-Martin,

zwischenzeitlich habe ich zwei Informationen von Peter Ruhrberg erhalten, die ich nachreichen möchte.
Hans-Martin hat geschrieben:Aufnahme und Wiedergabeköpfe unterliegen einem gewissen Verschleiß, und wenn hier die kurzlebigeren Vacodur (und nicht die umstrittenen langlebigen Glas/Ferrit-) Köpfe eingesetzt sind, [...]
Nach den Angaben von Telefunken sind die Vacodur Köpfe erst nach > 10.000 Stunden verschlissen, bezogen auf das recht raue PER 525 Tonband. Das dauert auch bei meinen Maschinen noch eine Weile.
nihil.sine.causa hat geschrieben:Bei dieser Betrachtung / Messung ist auch der Kopfverschleiß mit eingegangen und ein paar Tausend Betriebsstunden später müsste das auch wieder umgelötet werden, denke ich mal.
Bei Änderung der Kopfdaten durch Verschleiß muss kein von Peter verbautes festes frequenzkorrigierendes Glied verändert werden, da diese die Verstärkereigenschaften korrigieren sollen, nicht die Kopfdaten.

Zur Korrektur der Kopfeigenschaften sind die Einstellglieder vorgesehen und ausreichend. 8)

Viele Grüße
Harald
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

4.1 Stereo-Lautsprecher mit Double Bass Array (DBA)

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo zusammen,

bei der Darstellung meiner Abhörkette(n) fehlt noch das Herzstück: die Lautsprecher. Ich will Euch heute etwas über meine Stereo-Lautsprecher mit dem Double Bass Array in meinem Hörraum erzählen. Wie immer ein Überblick über die bisherigen Abschnitte:

1. Stromversorgung, Erdung und LAN
2. Symmetrische Signalkabel und Masseverbindung
1a. Maßnahmen zur Vermeidung von HF-Einflüssen
3. Stereo Quellen
3.1 Stereo Haupt-Quelle für digitales Material
3.2 DAW-Abhörquelle
3.3 Analoge Bandmaschine
4. Lautsprecher

4.1 Stereo-Lautsprecher mit Double Bass Array (DBA)

Meine AGM 5.4 habe ich nun schon seit über 5 Jahren und ich bin damit nach wie vor sehr zufrieden. Hinzu gekommen sind schon vor vielen Monaten Subwoofer von AGM, die ich als Gegenbass-Säulen einsetze. Darüber möchte ich endlich mal berichten. Aber ein kurzer Rückblick mit Link-Sammlung muss auch sein.


Evaluation

Nachdem ich in 2011 beschlossen habe, es mit Kopfhörern als Haupt-Abhöre nicht weiter zu versuchen, vor allem weil ich die in-Kopf-Lokalisation nicht in den Griff bekommen habe, begann ich Anfang 2012 mit der Evaluation meiner Lautsprecher. Ich bin dabei systematisch vorgegangen und würde das wieder so ähnlich tun. Ich habe immer dieselbe Quelle (seinerzeit ein G-Sneaky) und Trackliste verwendet, die Lautsprecher möglichst im Nahfeld gehört und bin immer nach dem gleichen LS Bewertungsschema vorgegangen.

Im Ergebnis sind es dann die AGM 5.4 geworden. Besonders bewährt hat sich die sehr gute Analogtechnik, die rein analoge Signalverarbeitung, die Sensorregelung (ohne irgendwelche Ausfälle) und vor allem die Verteilung der vier Bass-Chassis im Raum.


Problemfeld Tiefbass

In meinem kleinen Hörraum mit seiner Ausdehnung von nur 4,74 m in Hörrichtung gibt es nämlich ein grundlegendes Problem mit dem Bass. Die Fundamentalresonanz in Hörrichtung liegt bei ca. 36 Hz, was dummerweise ziemlich nahe bei einem einem D1 (Kontra-D) liegt. Wenn das erklingt, dann gibt das mächtig Druck auf die Ohren – nicht gerade mein Klangideal. Um Tiefbass zu genießen gab es daher drei Möglichkeiten: den Raum verlassen und den Bass nur draußen hören, gar keinen Tiefbass wiedergeben oder eben ein Double Bass Array (DBA) verwenden, mit dem der Tiefbass zwar wiedergegeben aber kurz darauf an der Rückwand durch destruktive Interferenz ruhig gestellt wird.

Die vier Bass-Töpfe der AGM 5.4 strahlen jeder für sich eine Kugelwelle ab, was in guter Näherung zu einer ebenen Welle aufaddiert. Das ist – neben der Form des Hörraums – eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ein DBA funktioniert. Eine andere Voraussetzung ist, dass der Gegenbass ebenfalls eine möglichst ebene Welle produziert. Das ist bei den neuen AGM Gegenbass-Säulen der Fall. Hier ein Bild im Vergleich AGM 5.4 und AGM Sub:

Bild

Dann braucht es noch eine Zutat für den DBA. Es darf keine Phasendrehung geben zwischen Haupt-LS und Gegenbass. Hierfür hat Gert eine Gegenbass-Platine entwickelt. Das Tiefton-Signal < 100 Hz wird hinter der S-Weiche der Haupt-LS abgegriffen und auf einen eigenen Ausgang geroutet. Hier das Anschlussfeld an der 5.4

Bild

Der AGM Sub wiederum besitzt einen Eingang, der Phasendrehungen vermeidet und das Signal direkt der Endstufe zuleitet:

Bild

Übrigens, um ganz sicher zu sein, dass das richtig funktioniert, habe ich Haupt-LS und Gegenbass-Säulen einander gegenüber gestellt, das Signal entsprechend geführt (kommt gleich genauer) und invertiert auf den Gegenbass ausgegeben. Dann habe ich den Haupt-LS einen kräftigen Tiefton zu fressen gegeben (z.B. 50 Hz). Ergebnis: Durch das Gegenüberstellen und die Inversion gibt es einen bemerkenswert gut funktionierenden akustischen Kurzschluss und das 50 Hz Signal verschwindet nahezu. 8)


Konfiguration des DBA

Nun braucht man noch ein Verzögerungsglied für den DBA, denn der Bass soll den Hörraum einmal durchlaufen, bevor das Gegensignal von den Gegenbässen kommt. Hierzu hat sich ein G'fizierter Behringer DCX 2496 bewährt. Schematisch sieht das so aus:

Bild

Die Einstellung des DBA habe ich wieder mit zwei Mikrofonen vorgenommen, so wie hier beschrieben.

Das Prinzip: Da die Haupt-LS nicht direkt an der Frontwand stehen, was klanglich gut ist, erzeugen die vier Bass-Töpfe (näherungsweise) zwei ebene Wellen. Eine läuft zum Hörer hin und eine andere läuft zunächst auf die Frontwand, wird dort reflektiert und kommt dann erst beim Hörer vorbei. Ich nenne sie mal die direkte und indirekte Haupt-LS-Welle. Um beide Wellen durch destruktive Interferenz auszulöschen, muss der Gegenbass-Array also zweimal feuern mit invertiertem Signal (und ohne Phasendrehung bitte). Das erste Feuer erzeugt eine Welle, die die direkte Haupt-LS-Welle "auslöscht", sobald diese beim Gegenbass angekommen ist. Und das zweite Feuer erzeugt etwas später eine zweite Welle, die die indirekte Haupt-LS-Welle "auslöscht". Wer das mit dem Doppelfeuer genauer nachlesen will, findet hier eine Herleitung mit Simulationen.

Die resultierende Einstellung an meinem Behringer ist derzeit wie folgt:
  • Eingänge A und B: 0 dB
  • Ausgänge 1 und 2 (erstes Gegenfeuer): -8 dB Signalpegel, Verzögerung entsprechend Schallaufzeit von 3,60m
  • Ausgänge 3 und 4 (zweites Gegenfeuer): -12,4 dB Signalpegel, Verzögerung entsprechend Schallaufzeit von 5,55m

Fazit

Durch die ideale Geometrie der AGM Subs greift der Gegenbass nun nochmals deutlich besser als früher. „Wie klingt's?“, höre ich Euch fragen. Nun – um ehrlich zu sein – gar nicht. :oops: Der DBA tut seinen Dienst und auch Aufnahmen mit Tiefbass-Anteilen lassen sich genießen, ohne dass es Druck auf die Ohren gibt.

Das dargestellte Stereo Lautsprechersystem läuft immer mit auch bei Mehrkanal. Der Tiefbass wird dann auf die Haupt-LS geleitet und die Gegenbässe tun ihre Arbeit. Als Rears setze ich jetzt die Silbersand FM 202 ein. Center ist nach wie vor eine um 90° gedrehte BM 6. Für die nächsten Monate ist eine Optimierung der Mono-Abhöre geplant, dann werde ich wieder berichten.

Ach ja, die AGM 5.4 sind über folgende Kabel am Vorverstärker angeschlossen braunC → farblosC.

Viele Grüße
Harald
Bild
RS.schanksaudio
inaktiv
Beiträge: 682
Registriert: 08.08.2015, 12:42
Kontaktdaten:

Beitrag von RS.schanksaudio »

Hallo Harald,
nihil.sine.causa hat geschrieben: Durch die ideale Geometrie der AGM Subs greift der Gegenbass nun nochmals deutlich besser als früher.
hattest Du Dir in dem Kontext einmal die sehr empfehlenswerten Untersuchungen von Nils angeschaut? Dort sind verschiedene Aufstellungspunkte der Treiber im Raum und deren Effekte simuliert:

http://hannover-hardcore.de/infinity_cl ... nungen.pdf

Viele Grüße
Roland
Bild
nihil.sine.causa
Aktiver Hörer
Beiträge: 1506
Registriert: 28.07.2011, 12:31
Wohnort: Bonn

Beitrag von nihil.sine.causa »

Hallo Roland,
RS.schanksaudio hat geschrieben:hattest Du Dir in dem Kontext einmal die sehr empfehlenswerten Untersuchungen von Nils angeschaut? Dort sind verschiedene Aufstellungspunkte der Treiber im Raum und deren Effekte simuliert: http://hannover-hardcore.de/infinity_cl ... nungen.pdf
Ja klar, Nils macht tolle Grundlagenarbeit! Mein Raum ist von den Dimensionen her ungünstiger als der von Nils simulierte Raum und meine Haupt-LS stehen nicht direkt an der Wand. 4 Treiber pro Gitter sind bei mir in der Praxis deutlich besser als 4 Treiber vorn und 2 Treiber hinten.

Viele Grüße
Harald
Bild
Antworten