Es wird mal wieder Zeit über weitere trinaurale Fortschritte zu berichten. Dabei hat sich in der Zwischenzeit einiges getan, und es sind noch weitere Aktionen in der Pipeline.
Mittlerweile habe ich tatsächlich meine Hochtonhörner bekommen. Die zuerst hergestellten Hörner sind im Nirwana verschwunden. Sowohl DHL Polen, DHL Deutschland und der Forwarder in England sind nicht in der Lage gewesen, das versehentlich falsch addressierte Paket zurückzusenden. Letztlich wurden dann neue Hörner hergestellt. Das hat mich dann aber Monate aus dem angedachten Ablauf geworfen. Und insofern ging es dann bei Holger et.al. früher los als bei mir.
Nun gut, es sieht derzeit bei mir so aus:
Ganz aufmerksame Betrachter stellen schnell fest, dass im Mitteltonbereich derzeit kein Horn werkelt. In der Tat möchte ich das hier auch nicht haben, mich würde klar die Optik stören. 400 Hz brauchen beim Horn eben doch einen gewissen Durchmesser. Also flugs einmal einen Soda-Lautsprecher verwenden. Der heisst so, weil er so da ist. Unauffällig wäre auch noch eine Abacus C2, oder eine senkrecht angeodnete Soundbar. Muss ich alles mal antesten, wenn ich Zeit habe. Und ich habe auch noch weitere Kandidaten im Hinterkopf.
Da ja sowieso Raum bzw. die Lautsprecher korrigiert werden, rede ich mir das nun schön, dass es keine wirklich große Rolle spielt.
Der Preis für die bessere Optik ist dann "bloss" ein höherer Klirr. Das können Hörner ja nun definitiv besser. Da ich aus Platzgründen aber schon beim Bass auf Hörner verzichte ... Das neue Stichwort lautet eben: hybrid
Und was hat sich nun hinsichtlich der trinauralen Theorien und Ansätze getan? In der Tat gibt es da einiges zu bedenken und das geht dann ja doch über ein einfaches Verwenden der in den Audio-Foren gern veröffentlichten Standardformel hinaus. Über deren Nachteil hatte ich ja auch schon berichtet.
M.b.M.n. ist ein gut abgestimmtes System die Grundvoraussetzung. Wenn das jemand ohne Messen und Raum-/Lautsprecherkorrektur hinbekommt, so soll das so sein. Generell ist es aber gut zu wissen was man hat. Das schliesst zumindest Messungen mit ein.
Beginnen wir mit dem Thema Messen. Bei einer horizontalen Mikrofonaufstellung mit Mikrofonspitze zum Center muss man berücksichtigen, dass dabei die Stereo-LS dann gegenüber dem Center leicht abfallend gemessen werden. Bei üblicher Aufstellung sind das dann ca. -0.6 dB bei 10 kHz. Insofern ist dann für L und R eine andere Kalibrierkurve anzuwenden. Eine andere Lösung ist die Ausrichtung des Mikros nach oben. Das braucht natürlich eine passende Kalibrierung. Ich selbst mag nicht so gern so messen, da Deckenreflektionen einen stärkeren Anteil bekommen.
Gerzon hat ja nun einen Rotationswinkel als Basisparameter eingeführt. Variiert man diesen nun von 90° hinunter bis zu 0° stellt man fest, dass der Center-LS immer mehr Arbeit übernimmt. Beim Hören zeigt sich dann dass bei immer kleinerem Winkel die Bühnenbreite immer enger wird. An dieser Stelle lässt sich gegensteuern, Gerzon hat hier einen weiteren Parameter aufgezeigt, der die Breite beeinflußt. Das ist eigentlich nichts Neues, es wird im Studiobereich gern als Basisbreitenregelung verwendet. Es gab früher sogar mal Verstärker mit einem solchen Regler.
Auch bei AcourateFlow gibt es schon lange diesen Parameter. Also erst einmal nichts Neues.
Nun hat Pekonen sich das Übersprechen zwischen den drei Lautsprechern L - C - R angeschaut, siehe
http://elias.altervista.org/html/3_speaker_matrix.html. Er verwendet dabei nicht unmittelbar den Rotationswinkel sondern den Faktor p, aber es ist trotzdem vergleichbar. Hierbei findet er einen optimalen Winkel von 41.8° (p=5/6) bei dem seiner Meinung nach das Übersprechen am besten ist. Allerdings hat er an dieser Stelle nicht den Breitenparameter berücksichtigt. Untersucht man nun den sich hiermit ergebenden Parameterraum findet man am Ende, dass sich das nun endgültig optimalste Crosstalkverhalten beim Gerzon-Winkel 35,26° ergibt. Hierbei haben dann alle Verhältnisse Cs/Ls, Ls/Cs und Ls/Rs gleichzeitig den maximalen Wert von 6.0206 dB, an dieser Stelle treffen alle Kurven an einem Punkt zusammen
Spannend hierbei ist übrigens für mich die Frage, wie Gerzon auf diesen Winkel kommt. Soweit klar ist, dass sich der Winkel 35.26° als arctan(sqrt(2)/2) ergibt (der Winkel 54.74° übrigens als arctan(sqrt(2)). Wenn jemand einen Tipp weiss, wie hier die Wurzel aus 2 mit reinfunkt, wäre ich dankbar. Und spannend ist dann, dass für den optimalen Crosstalk der Parameter Breite den Wert von Wurzel aus 3 = 4.77 dB aufweist.
Anhören tut sich diese Einstellung bei gewissen Stücken übrigens überwältigend. Was sich dann um einen drumherum, also auch hinten abspielt, z.B. bei Chocolate Chip Trip von Tool, glaubt man zuerst nicht.
Fürs entspannte Hören wird man dann aber vermutlich doch eher zu größeren Rotationswinkeln und kleineren Werten für die Breite greifen.
Mich erinnert das Hören mit diesen Parametern jedenfalls stark an Vorführungen mit BACCH-Filtern.
Ach ja, und dann gibt es noch die subjektive Klangverfärbung beim Center, beschrieben u.a. durch Floyd Toole und Bob Stuart. Was passiert da eigentlich? Hierzu ein weiteres Bild
Dargestellt ist im Prinzip der Schalllaufweg beim Stereohören. Der Schall kommt vom linken LS zum linken Ohr und ebenso vom rechten LS zum linken Ohr. Der Schallweg von rechts ist hier gelb dargestellt. Da sich das Ohr links von der Mitte befindet und überdies der Schall noch um den Kopf drum herum muss ist der gelbe Weg um ca. 8 cm länger als der schwarze Weg. Das macht bei 343m/s Schallgeschwindigkeit eine Verzögerung um 0.233 ms. Durch Addition linker und rechter Schall entsteht ein Kammfilter mit der niedrigsten Auslöschfrequenz von ca. 2100 Hz, dann 6.3 kHz usw.
Und nun? Wir sind es schlichtweg gewohnt, so zu hören. Der Toni im Studio hört es auch so und mischt so ab, dass es ihm gefällt.
Kommt nun aber derselbe Schall von vorn vom Center fällt dieses Kammfilter weg und wir hören eine andere Tonalität. Die logische Maßnahme ist also ein passendes Gegenfilter. Theoretisch richtig wäre ja eine Anhebung z.B. der 2.1 kHz bei Stereo, praktisch geht das in die Hose. Das Kammfilter ändert sich ja mit Höoposition, Kopfdrehung etc. Dann würde der Boost definitiv negativ wahrgenommen werden. Also doch nichts mit theoretischer Richtigkeit. Ergo verbleibt als richtige Maßnahme, dass man beim Center ein solches Kammfilter dazurechnet, also bei 2.1 kHz etc. einen passenden Dip erzeugt. Fazit: der Center muss passend korrigiert werden, im Fall von Acourate wird dieselbe Zielkurve wie bei L und R angewandt, zusätzlich aber mit Dips bei 2.1 kHz und 6.3 kHz versehen. Da diese PeakingEQ-Filter aber auch noch Frequenzen dazwischen herunterziehen hebe ich diese wiederum mit einem peaking Filter bei 4.2 kHz wieder aufs Target-Niveau an. Ich wende z.B. so einen Dip von -3 dB mit Güte Q=2 bei 2100 Hz, einen Peak von 0.8 dB bei 4.2 kHz (Q=2) und einen weiteren Dip bei 6.3 kHz von -2 dB mit Q=2.
Letztlich muss es der geneigte Hörer aber für sich selbst herausfinden, gibt es doch mit mehr Lautsprechern ja auch mehr Komplikationen. Wie schon richtig bemerkt wurde, erzeugen ja z.B. L+C als auch C+R ebenfalls Kammfilter. An dieser Stelle überholt die Realität klar die Theorie.
Mittlerweile habe ich auch kräftig am AcourateConvolver geschraubt, bin aber noch nicht fertig (ACRemote ist noch offen). Es braucht damit nicht mehr die vielen Kanäle, wie Holger sie in seinen Beiträgen aufgelistet hat. Hier ein Beispiel der neuen Oberfläche:
Für eine bessere Vergleichbarkeit und Bewertung der trinauralen Einstellungen lässt sich dann dabei zwischen zwei Parametrisierungen und reinem Stereo auch während der Wiedergabe umschalten.
Fazit: generell macht es mir viel Spass, beim trinauralen Hören Sachen neu zu entdecken, die ich früher nicht so wahrgenommen habe. Ich bleibe also am Ball.
Viele Grüsse
Uli