Rimsky-Korsakov - Scheherazade & Stravinsky - Petrushka (Fedoseyev)

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Melomane
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Rimsky-Korsakov - Scheherazade & Stravinsky - Petrushka (Fedoseyev)

Beitrag von Melomane »

Hallo,

da fand sich neulich eine Melodiya-Produktion im Einkaufskorb, weil gerade verbilligt im Angebot. Also auf gut Glück mitgekauft. Erwartet habe ich nicht viel: Ok, der Dirigent Vladimir Fedoseyev ist mir zwar namentlich bekannt von alten Eurodisc-Übernahmen aus der UdSSR. Aber ich habe die Einspielungen nicht als herausragend in Erinnerung. Meine damaligen Ohren halt. Dann ein Tschaikowsky-Symphonie-Orchester. Na, da will sich wohl eine Ansammlung sonst nicht untergekommener Musiker mit einem großen Namen schmücken. Also will ich nur mal kurz in die Produktion reinhören...

Und dann das! Es kommt ja nicht so häufig bei mir vor, dass mich eine Produktion derart gefangen nimmt. Als Vergleich fällt mir spontan Peter Maags alte Decca-Einspielung von Mendelssohns "Schottischer" ein. Hier bei Fedoseyev fühle ich mich ähnlich an die Hand genommen und durch die Musik geführt, nicht im Sinne einer Präsentation, sondern im Sinne der emotionalen Ansprache. Es handelt sich um Livemitschnitte aus den Jahren 2003 (Scheherazade) und 2007, veröffentlicht dann 2017, offenbar zum 85. Geburtstag des Dirigenten.

Und die Liveaufnahmen sind vorzüglich gelungen, insofern sie das Konzerterlebnis glaubhaft vor Ohren führen. Ich sehe mich im Konzertsaal, der vom Spiel der Musiker angeregt wird und "atmet". Die Musiker agieren gewissermaßen als ein großer "Organismus", nicht als Ansammlung von Orchestergruppen. Aber es wird keineswegs alles zugekleistert. Man kann durchaus die Orchestergruppen und die solistisch agierenden Mitglieder wahrnehmen, aber der Gesamteindruck bleibt der eines einzigen großen Klangkörpers. Und das Dirigat passt zu dem, was das Beiheft als die Äußerung eines Kritikers zitiert. Sinngemäß: Bei Rimsky-Korsakov diente die Orchestrierung der orientalischen Anmutung (hm, etwas überspitzt möchte ich meinen), Stravinsky habe zusätzlich noch energetischen Impetus dazu gegeben. Nun ja, ich kann mich nicht erinnern, den 4. Satz der Scheherazade so faszinierend bei meinen anderen Aufnahmen gehört zu haben. Und ebensowenig den Petrushka als derart großartiges Orchesterstück, so viel Spaß auch andere Einspielungen machen.

Ach ja, der Fedoseyev ist 1932 geboren und lebt auch immer noch. Und das Orchester hat nicht nur einen großen Namen, sondern auch eine große Tradition als eines der namhaften Orchester des UdSSR:

https://de.wikipedia.org/wiki/Tschaikow ... _Rundfunks

Also ich bitte um Nachsicht und verneige mich vor dieser Aufnahme. Da fühle ich mich doch in der Hinsicht als Westdeutscher, dass der musikalische Blick eben in erster Linie nach Westen gerichtet war und der Osten eher unterbelichtet erschien.

Hier noch der link zu discogs:

https://www.discogs.com/de/release/1382 ... Scheheraza

Zum Schluss noch: Die Aufnahmen wollen analog sein. Zumindest sagt die CD-Verpackung ADD. Wenn das stimmt, mag das vielleicht auch den Eindruck von natürlichem Fluss und samtigem Orchesterspiel miterklären. Samtig durchaus positiv zu verstehen, keinesfalls als weichgespült. Jedenfalls haben die an der Produktion Beteiligten, Musiker wie Technik, für mein Empfinden einen hervorragenden Job gemacht. Hut ab dafür!

Nachtrag: Alle Eindrücke beruhen auf einmaligem Hören "nur" mit Kopfhörer.

Viele Grüße

Jochen
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