Richard Wagner - neue Lesarten

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
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matia100
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Beitrag von matia100 »

Hallo Jörg,

ich nehme den Faden mal auf
alcedo hat geschrieben:Das erscheint mir ein interessanter Aspekt (den man gegebenenfalls in einem gesonderten thread weiterführen könnte
und ohne hier stören zu wollen hätte ich nichts dagegen wenn wir die Diskussion an anderer Stelle fortführen.
"...Am Ende aber bleibt auch hier die Erkenntnis, dass trotz intensivster Arbeit an der sprachlichen Gestaltung ... manche Sänger zu verstehen waren, andere nur bedingt.
Ich habe mich bei so mancher Konzertkritik schon mal gefragt ob der Rezensent überhaupt im Saal saß. Und da ich die Premiere am 14.Juni selbst auf gutem Platze miterlebte, kann ich nur sagen daß der oder die KritikerIn vermutlich vor den standing ovations den Saal verlassen haben muß.
Die Frage aber, was sich über diesen historischen Rückgriff substantiell Neues über das Werk oder die Figuren erschlossen hat, diese Frage steht im Raum
Ich hatte bereits im Vorjahr die konzertante Neuaufführung unter Marek Janowski rein akustisch genossen, aber diese Aufführung unter Kent Nagano mit historisierender Instrumentenbestückung (teilweise Nachbauten von Hörnern) und vor allem den außergewöhnlichenen sängerischen Darstellungen (Deklamierung, Spiel und Gesang) hat durchweg näher ans Musiktheater heran geführt.
jedoch nur wenig an klanglicher Finesse und theatral-grundierten Doppelbödigkeiten zu erleben war."
Diesem Kritiker kann ich nicht folgen, das Gegenteil war der Fall.

Nachdem ich mir im August den ganzen Ring noch einmal in Bayreuth gegönnt habe kann ich nur sagen, solche Projekte wie das "Wagner - neu hören" von Kent Nagano vorangetrieben wird sind vielleicht die Rettung des Musiktheaters oder zumindest von Wagners Rezeptionen.

Die Premiere für die "Walküre" ist für den 24.5.24 in Dresden voraus terminiert. Eine Empfehlung!

Viele Grüße
Matthias
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alcedo
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Richard Wagner - neue Lesarten

Beitrag von alcedo »

Guten Abend, Matthias

ja, ich finde es auch hilfreich, wenn wir dies in einem neuen Faden diskutieren könnten.
Vorschlag (in Anlehnung an den Titel des Förderprojekts): "Wagner - neue Lesarten"
Übrigens finden sich unter diesem Link auch sehr interessante Infos dazu:
https://wagner-lesarten.de/bundesforderung.html

Schön zu hören, dass du positive Erfahrungen mit der Aufführung des "Rheingolds" gemacht hast, Matthias. Ich kenne leider nur die Presserezensionen ...
Aber die Walküre lasse ich mir nicht entgehen. Hier in Köln findet sie am 24.3.2024 statt.

Viele Grüße
Jörg

edit: wie gewünscht wurde der Beitrag abgetreten. Nun füllt den Thread mit Leben :) . Gruß Thomas
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alcedo
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KI-gesteuerte Rezensionen zum "Ring des Nibelungen" ;-)

Beitrag von alcedo »

Guten Abend,

dieser Post passt zwar nicht wirklich zum Thread-Titel, andererseits ...

Jedenfalls las ich im Urlaub einen interessanten Artikel über KI-Sprachmodelle wie CHAT-GPT und seinen Hauptkonkurrenten Google Bard mit dem Titel "Reviews Of Solti's Recording of the Ring Cycle by: AI, Fredrick Nietzsche and Hanslick."
Die Idee dabei sei nach den Autoren "... haben wir uns überlegt, welche Einblicke dieses Programm bieten würde, als wir um eine Rezension von Soltis Aufnahme des Rings baten. Sie finden die Rezension unten. Aber Rezensenten sind wankelmütige Geschöpfe, und so baten wir das Programm, eine negative Rezension zu schreiben, was es auch prompt tat. Aber unsere Neugierde ging noch weiter. Was wäre, wenn Wagners anfangs glühender Verehrer Nietzsche und sein berüchtigtster Kritiker Hanslick heute noch leben würden? Welche Meinung würden sie zu Soltis Aufnahme äußern? Die folgenden Ergebnisse sind zwar ungewiss, aber dennoch fesselnd."

Die sehr interessanten Ergebniss könnt ihr hier nachlesen:
http://www.the-wagnerian.com/2023/05/re ... .html?m=1

Viele Grüße
Jörg
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo,

hier noch einige Ergänzungen zum Projekt:

https://www.sueddeutsche.de/kultur/ring ... -1.4736029
Ein spannender Bericht über die Anfangsidee von 12/2019

https://www.koelner-philharmonie.de/med ... -08-18.pdf
Das lesenswerte Programmheft der Kölner (Wieder-)Aufführung des "Rheingolds" vom August 2023 als PDF-Datei.

Viel Spaß damit,
Jörg
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo,

heute hat der Vorverkauf zu Wagners Walküre mit Nagano in Köln am 24.3.2023 begonnen
(https://www.koelner-philharmonie.de/de/ ... lkure/3494). Mein Ticket habe ich :cheers:

Sollte noch jemand aus dem Forum dort hingehen, können wir uns gerne vorher oder in der Pause treffen ;-)

Beste Grüße
Jörg
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Melomane
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Beitrag von Melomane »

Hallo,

ist geplant, diesen Ring auf Tonträgern zu veröffentlichen? Ich habe nach kurzer Recherche nichts finden können.

Viele Grüße

Jochen
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Jochen

Diese Frage hatte ich mir auch schon gestellt und keinerlei Info hierzu gefunden. Inzwischen läuft eine diesbezügliche Anfrage beim Veranstalter - bin auf die Antwort gespannt.

Viele Grüße
Jörg
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matia100
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Beitrag von matia100 »

Hallo,

meine Suche nach Mitschnitten war bislang ebenfalls erfolglos. Gleichwohl gibt es diverse Gesangspartien als einzelne Schnipsel im Internet die nahelegen dass zumindest das Dresdner Konzert aufgezeichnet wurde.

Die Walküre in Dresden ist im übrigen für den 9.5.24 17:00 terminiert (anders als oben in meinem Post angegeben).

Bleibt in jedem Fall spannend.

VG
Matthias
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo

am Sonntag ist nun endlich das Konzert unter dem Dirigat von Kent Nagano in Köln.
Geht noch jemand aus dem Forum dort hin? Dann könnten wir uns vor dem Konzert oder in der Pause auch gerne treffen ...

Beste Grüße
Jörg
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kontrabass
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Beitrag von kontrabass »

wie war denn die Aufführung in Köln ? Was gibt es zu berichten ?

Michael
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Guten Morgen,

mein Kurz-Resümee: scheinbar Bekanntes in mitunter ungehörtem Tongewand.

So lautete auch die Überschrift in der Programmankündigung zum Konzert. Was den Orchesterklang betrifft, so war recht deutlich die stark kammermusikalische Ausrichtung des Dirigats von Kent Nagano zu hören. Viele Details wurden hervorgehoben – und ja, vieles habe ich so noch nie zuvor gehört. Wagnertypische Instrumente wie originale Wagnertuben als auch ein Stierhorn kamen zur Geltung. Insgesamt eine ungewohnte Transparenz und Luftigkeit bei weniger „wabernden Wellen“, die sonst öfter mal geboten werden. Ich hatte stellenweise sogar den Eindruck, dass nun viel mehr instrumentale „Solo-Stellen“ in der Walküre vorhanden seien als ich es gewohnt war. Ein anderes Beispiel: beim Auftreten Hundings werden Holzschlegel laut gegen eine harte Kante geschlagen, die sonst nicht zu hören sind. Wo kommen die her und was soll dies bedeuten? Das wird leider nicht beantwortet – auch nicht in dem absolut nicht informierenden Programmheft, in dem nur die übliche Inhaltsangabe und die Werbetexte der Musiker abgedruckt sind. Kein Wort zu den Erkenntnissen der neuesten Forschung – schade!

Das eigentlich „neue“ Alte ist bei dieser historisch-informierten Aufführungspraxis, dass die Sprechmelodie im Vordergrund steht, auch als sprechendes Singen bezeichnet. Das ist allerdings ungewohnt und es dauerte ein wenig, bis es mich nicht mehr irritierte. Dabei ist es weniger die so viel zu lesende unterschiedliche Aussprache des Vokals „G“ (es soll bis zu 6 Varianten davon geben) oder das „Zungenspitzen-R“ (Vibrant) im Gegensatz zum heute benutzten „Reibe-R“. Das kann man durchaus auch bei den hier schon oft zitierten Aufnahmen wie beispielweise Solti vernehmen. Tatsächlich ist es der Sprechgesang und die unterschiedliche Betonung von Silben. Wenn beispielweise Hunding statt „Hau-s“ oder „Hau-us“ nun „Ha-us“ sprechsingt, oder „Ma-hl“ anders betont, lässt das Aufhorchen. Der entstehende Gesamteindruck ist interessant: hier meine ich echte normale Menschen zu hören („auch Götter sind nur Menschen, zumindest menschlich“) und nicht wie sonst romantische Helden(verklärung). Allerdings – ich mag die althergebrachte und seit 50 Jahren gewohnte Version (noch) lieber. Bin wohl doch ein Kunstbanause 😇

Die Sängerriege war für mein Empfinden größtenteils ausgezeichnet: Derek Welton als Wotan mit gut gestaltender Bassbariton-Stimme, die Sopranistin Christiane Libor als erfahrene Brünnhilde, die hervorragend disponierte deutsch-britische Sopranistin Sarah Wegener als Sieglinde oder auch die Schweizerin Claude Eichenberger als zänkische Fricka.

Also alles gut? Ja und nein. Ich tat mich wirklich schwer, eine Oper konzertant zu hören (obwohl dass doch dem „Plattenhören“ daheim sehr ähnlich ist). Wenn ich eine Aufführung besuche, dann gehört für mich das Bühnenbild unbedingt zu einer Oper – das habe ich in der Tat schmerzlich vermisst! Obgleich die Sänger sich viel haben einfallen lassen, um dieses Manko zu mildern. So lasen sie nicht einfach vom Blatt ab, sondern sangen opernerfahren auswendig. Oftmals ohne Begleitung – maximale Wortverständlichkeit. Auch standen sie nicht stocksteif am Bühnenrand, sondern sangen entweder hoch oben von der Empore (Brünnhilde), traten sich kämpferisch gegenüber oder drehten sich demonstrativ voneinander weg oder bahnten sich gar als Walküren ihren Weg durchs Parkett (Walkürenritt). Quasi minimal theater.

Fazit: hochinteressant und spannend einerseits, gewöhnungsbedürftig und irritierend andererseits.

PS: eine Anmerkung noch – die Kölner Philharmonie war (fast) ausverkauft. Dennoch dürfte ich den Altersdurchschnitt wohl gesenkt haben ;-)

Viele Grüße
Jörg
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Michael,

du hast ja explizit nachgefragt.
kontrabass hat geschrieben: 25.03.2024, 14:49 wie war denn die Aufführung in Köln ? Was gibt es zu berichten ?
Michael
Wie ist denn deine Meinung, dein Eindruck, deine Erfahrung oder auch gerne deine gegenteilige Wahrnehmung?
Es soll hier ja kein einseitiger Austausch stattfinden ... ;-)

Viele Grüße
Jörg
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kontrabass
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Beitrag von kontrabass »

Leider. Kann ich keine eigenen Eindrücke mitteilen, weil ich krankheitshalber das Bett hüten musste. Sehr schade, wenn man die geschilderten Eindrücken und die Kritik in der Presse (KStA) liest.

Michael
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alcedo
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Beitrag von alcedo »

Hallo Michael

das ist allerdings wirklich Pech.
Ich wünsche dir eine schnelle Genesung und langanhaltende Gesundheit.

VG
Jörg
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Beitrag von alcedo »

Hallo,

für die Wagner-Interessierten unter uns seien hier noch die mir bekannten weiteren Termine dieser Walküre-Aufführung (nach Prag, Amsterdam und Köln) genannt:

am 01.05. in Hamburg,
am 09.05 in Dresden und
am 21.08.2024 in Luzern

Ergänzend hier Besprechungen des Kölner Konzerts:
https://www1.wdr.de/radio/wdr3/musik/op ... n-104.html
https://www.ksta.de/kultur-medien/walku ... ner-764528

Viele Grüße
Jörg
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