1. Allgemeine Informationen über Abacus APC
Die Firma Abacus ist ein kleines Familienunternehmen, was von Karl-Heinz Sonder gegründet wurde und von ihm geführt wird - seit ein paar Jahren auch zusammen mit seinem Sohn Hanno Sonder, der ja seit ein paar Wochen auch Mitglied des Forums ist. Neben den Abacus APC Lautsprechern stellt die Firma auch 2-Wege Aktiv-Monitore (A5 und A10) her sowie den Subwoofer (Modell "RiBass 12"). Darüber hinaus konstruieren sie auch Verstärker auf der Basis des sogenannten Rieder-Verstärkers, der nach dem Transkonduktanz-Prinzip arbeitet. Dieses Verstärker-Prinzip ist auch die Grundlage aller Abacus-Lautsprecher, in deren Verstärkermodulen die sog. APC-Technik implementiert ist.
Dazu der Originaltext auf deren Homepage in Auszügen:
Die Regelung beinhaltet keinen DSP sondern ist ein rein analoger Regelkreis. Es findet also keine doppelte Wandlung statt (wie in der Abacus A-5 und A-10 durch den dort eingebauten DSP) - was mir persönlich wesentlich sympathischer ist. Für Klangverbiegungen auf hohem Niveau setze ich ja Acourate ein. Der hier vorgestellte Laustprecher ist übrigens der große Bruder einer kleineren Version (APC 12-23B), welche nur 12 Liter Netto-Volumen aufweist und kleiner TMT-Chassis eingebaut hat.Abacus hat geschrieben:Die ABACUS APC (Amplifier Phase Controlled) Aktiv-Lautsprechertechnik reguliert die Eigenschaften von Lautsprechern und Frequenzweichen. Der Bass geht unbegrenzt tief, unabhängig von der Größe der Lautsprechersysteme und Gehäusegröße.
Basis ist der bereits beschriebene ABACUS-Transkonduktanzverstärker in Class-A/B-Schaltung. Dieser erkennt die Lautsprechereigenschaften. Dazu dient die Gegeninduktionsspannung (Rückwärtsstrom), die ein Lautsprecher immer liefert, sobald sich die Membrane bewegt. Die Rückmeldung wird im Verstärker mit dem Programmsignal verglichen. Die Arbeit der Lautsprecher ist so unter Kontrolle.
Aber da ist noch die Frequenzweiche, die den jeweiligen Lautsprechersystemen die Arbeit zuweist.
Eine Frequenzweiche dreht die Phase. Das heißt Töne kommen zu früh oder zu spät. Ob nun eine Frequenzweiche mechanisch oder elektrisch, passiv oder aktiv arbeitet, spielt dabei keine Rolle.
Dieses Übel beseitigt ABACUS. Der Rückwärtsstrom wird direkt an jedem der Lautsprechersysteme, also hinter der Frequenzweiche, abgezapft. Diese Information enthält nun alle Eigenschaften aus Schallwandlern und Weichen. So regelt der Verstärker auch die Phasen- oder Zeitfehler der Frequenzweichen aus. Eine beliebige Zahl Schallwandler in der “aktiven” Lautsprecherbox verhält sich dank ABACUS Technik wie ein Breitband-Lautsprecher.
Abacus APC - Front-LED:
Die grüne LED zeigt die Betriebsbereitschaft an, die rote LED die Aktivierung des Begrenzers.
Abacus APC - Rückseite:
Abacus APC - Rückseite Anschlüsse:
Dass der Lautsprecher bereits mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Buckel hat, erkennt man auch an dem übersichtlichen Anschluss-Terminal: Cinch-Eingang und die Zuleitung für die Stromversorgung aus dem externen Netzteil.
Abacus APC - Rückseite Regler:
Hier kann zum einen die Übertragung im Bassbereich in Oktav-Schritten begrenzt werden, um dadurch einen höheren Gesamtpegel zu erreichen; ich habe die Lautsprecher allerdings durchgängig mit der Stellung 16Hz getestet.Zum anderen kann der Eingangspegel in einem sehr weiten Bereich eingestellt werden. Bei Ansteuerung durch einen VV ist 0,25V ein guter Wert.
Technische Daten:
Nettovolumen: 24 Liter
Abmessungen: 230×549×253 (BxHxT)
Tiefmitteltöner: 2x170mm
Kalottenhochtöner: 1x25mm
Übertragung linear und phasenlinear: <16 bis >22.000 Hertz
Untere Grenzfrequenz: 16Hz bei 0dB (14 HZ -1,5 dB)
Übergangsfrequenz TMT/HT: ca. 2,5 KHz
Preis: Paar EUR 2.000,- Esche schwarz / EUR 2.100,- Buche hell
2. Aufstellung der Abacus APC
Generell sollten LS, die eine Membran-Auslenkung bis 16Hz aufweisen und zugleich solche Leichtgewichte wie die Abacus-APC darstellen, eine "künstliche Masse" erhalten, damit sie keine Gegenbewegung ausführen. Ich habe jede Box mit 15 Kg beschwert (hier zeigt sich wiedereinmal die im wahrsten Sinne gewichtige Überlegenheit des gedruckten Wortes gegenüber dem virtuellen Dokument ). Nebenbei auch ein kleiner Belastungstest für die handwerkliche Qualität des Gehäuses.
Auf der Rückseite gibt es neben einer Möglichkeit, den Eingangsspegel zu justieren noch eine Knopf, mit dem man die Übertragung bis 16 Hz, bis 32 Hz und bis 64 Hz einstellen kann. Die beiden letzteren Stellungen ermöglichen, größere Pegel zu fahren, ohne dass die Box an ihre Leistungsgrenze kommt. Ich habe die Lautsprecher allerdings durchgängig mit der Stellung 16Hz getestet.
Die Abacus APC wurden mit einem sogenannten Line-Treiber, einem Vorschaltgerät geliefert, welches Einflüsse des Vorverstärkers und des zuleitenden Cinch-Kabels neutralisieren sollen; es wird zwischen Vorverstärker und Box eingeschleift.
Kurz zur Akustik meines Hörraumes: Er beträgt etwa 40 qm mit einigen Dachschrägen und einer unregelmäßiger Wandgeometrie u.a. durch Mauervorsprünge und große Gauben. Das Stereodreieeck befindet sich nur in einem Teil des Hörraumes - der Rest ist der ursprünglichen Bestimmung des Raumes geschuldet... . Dadurch befinden sich die Stellplätze der Lautsprecher auch nicht in einer symmetrischen Raum-Umgebung. Die Akustik hat eine NHZ von 300ms bis 400 Hz und steigert sich dann fortlaufend bis 16 Hz auf 600 ms. Also eine normale Wohnraumakustik, die durchaus noch besser sein könnte und insofern ein ideales Testumfeld darstellt, weil repräsentativ für die meisten Räume, in denen man Musik hört - wenn man nicht gerade einen eigenen optimierten Hörraum sein eigen nennt.
Daten zur Aufstellung
Abstände:
Stereobasis= 2,80 m
Abstand Membran-Zentrum -> Ohrenposition Hörplatz = ca. 3,00m
Abstand Membran-Zentrum -> Wand= 1,00m
Abstand Membran-Zentrum -> Seitenwand R = 0,80m
Abstand Membran-Zentrum -> Seitenwand L = 0,40m
Abstand Hörplatz -> Rückwand 2,10m
Vertikale Achse:
Höhe Membran-Zentrum des Hochtöners = 0,95m (ich hatte leider keinen höheren, festen Stand)
Ohrhöhe am Hörplatz = ca. 1,10
Es ergibt sich dadurch ein leichter Winkel in der Vertikalen
Horizontale Achse:
0° (exakte Einwinkelung auf Achse zum Ohr - die innenliegende Seite der LS-Gehäuse ist gerade eben nicht mehr zu sehen)
3. Setup
Wiedergabekette:
Netbook -> USB -> Hiface -> Apogee Big Ben -> RME Fireface UC -> VV Symphonic Line RG 10 MKIII -> Abacus APC LS
OS: WinXP SP3
Software-Player: Foobar 1.0
Mess-Setup
Mikrofon: Behringer ECM 8000 (kalibriert)
Mikrofon-VV: RME Fireface UC
Mess-Software: Acourate
Musikmaterial:
WAV und FLAC 44.1/16bit bis 192KHz/24bit vorzugesweise Klassik (Kammer- und Orchestermusik, Orgelmusik, Percussion) und Jazz (Big Band, Trio, Quartett z.T. mit Vocals).
4. Erster Höreindruck
Am Anfang jedes Hörtests steht für mich prinzipiell die Messung. Aber dieses Mal war die Neugier zu groß, dass ich von diesem Prinzip abwich und erstmal die Lautsprecher hören wollte - zunächst ohne Acourate korrigiert, als so, wie Gott (bzw. Herr Sonder) sie schuf. Und bereits das war - vor allem bezogen auf den Bassbereich - beeindruckend. Zwischendurch musste ich zu meinem Subwoofer gehen, um nochmals zu kontrollieren, ob er wirklich ausgeschaltet war. Es ist schon unglaublich, dass dieser Lautsprecher, der wie eine überdimensionierte Regalbox anmutet, wirklich diesen Bass erzeugt, und dann noch in dieser Präzision. Er wirkt weder aufgedickt noch schwachbrüstig. Wenn das Musikmaterial 50Hz fordert, überträgt er auch nur bis 50 Hz. Wenn es tatsächlich bis 16 Hz runter soll, dann tut er auch das.
Auch die Höhen klingen für meine Begriffe sehr gut: sehr feinzeichnend, ohne schrill oder scharf zu klingen. Sibyllanten kommen ohne Verschmieren oder Schärfe rüber. Die Mitten klar und verfärbungsfrei - bei Gesangsstimmen (Chor und Solo) klingen sie leicht belegt. Das hängt sicher auch mit meiner Raumakustik zusammen, weil ich das von meinen LS ebenfalls kenne, (mit Acourate auskorrigiert, ist dieses Phänomen verschwunden).
Die räumliche Abbildung ist auf den Punkt. Die Lokalisierung ist in Breite und Tiefe vorhanden (soweit die Aufnahmen das hergeben), die Phantommitte steht wie festgenagelt. Der abgebildete Raum ist konsistent d.h. er fällt nicht zwischen den LS auseinander sondern klingt als ganzer. Das Bedürfnis einen Center-Speaker einzubinden, kommt also nicht auf .
Soweit also der erste (sehr positive) Eindruck ohne Digitale Raumkorrektur. Nun folgten die Messungen mit anschließender Filter-Berechnung.
5. Messungen
I. Messungen Nearfield
Zunächst machte ich 4 Nearfield-Messungen mit 10cm, 20cm, 30cm und 50cm. Das Mikrofon befand sich stets auf Achse zur Schallwand des LS, und war genau zwischen HT und oberen TMT. Man kann an den nachfolgenden Grafiken erkennen, dass bei 10cm das Klangbild in die beiden HT- und TMT-Chassis zerfällt. Deutlich sieht man, wenn der HT einsetzt. Bei 50cm Mess-Abstand ist der FG deutlich linearer (bereits ab diesem Abstand hört sich der LS auch als konsistente Schallquelle an), bei 90cm (nicht in der Abbildung) kann man den Übergang TMT/HT nicht mehr erkennen , dafür aber sind noch stärkere Raumeinflüsse erkennbar wie auch in der Grafik bereits bei 50cm - in Form von Phasendrehungen und Auslöschungen. Sie lassen den FG insgesamt zappeliger werden. Insofern bitte ich diese Gegebenheiten bei der Beurteilen der Mess-Schriebe zu berücksichtigen. In einem RAR würden die Grafiken aussagekräftiger ausfallen.
Abacus APC Nearfield - FG + Step:
Der beste Kompromiss waren 30cm (braune Kurve, sodass ich diese vorzugsweise hier darstelle. Hinsichtlich des FG kann man erkennen, dass dieser LS tatsächlich seine 16Hz wiedergibt - mit den bereits oben beschriebenen hörrelevanten Einschränkungen.
Abacus APC Nearfield - FG 30cm + Step:
In der Sprungantwort fällt der gleichmäßige fast idealtypische Verlauf nach der eigentlichen Impulsspitze auf. Der Impuls selbst scheint mir invertiert zu sein mit einem auffälligen "Zacken". Mit der Excess-Phase Korrektur durch Acourate wird die Sprungantwort dann aber wieder "vom Kopf auf die Füße" gestellt (siehe unter II. Messungen Hörplatz).
II. Messungen Hörplatz
Dann folgten die Messungen am Hörplatz, die aufgrund des stärker dominierenden Raum-Einflusses, nur noch bedingt etwas über die LS aussagen.
Abacus APC - FG + Step 3,00m:
In der korrigierten Messung sieht das Ganze ziemlich ähnlich, wie bei meinen eigenen LS aus:
Abacus APC normal - FG + Step 3,00m korrigiert:
Bereits bei der Messung kamen die LS übrigens an ihre natürliche Grenze im Bassbereich. Es gab ein laut vernehmbares Knacken, und der LS kappte den Signalfluss rigoros. Ich musste also einen leiseren Mess-Pegel fahren als üblich. Um dennoch einen guten Störpegel-Abstand zwischen Sweep-Signal und Umgebungsgeräuschen zu erreichen, habe ich den Sweep vorsdichtshalber auf 120sec. pro Kanal erweitert.
Es folgte dann die Berechnung der Filter. Ich habe mich für eine moderate Korrektur entschieden. Für die Acourate-Anwender unter Euch:
Makro 1: 20/10 (Kanalidentisch), Long Psychoacoustic, HF-Treatment 22.000Hz, und hier wurde die Mic-Calibrierung eingeschleift.
Makro 2: Subsonic-Roll-Off: 15 Hz, Base-Line-Absenkung: -2dB, die komplette Target-Curve beließ ich ansonsten linear.
Makro 4: 2/3 - 2/3 (Hier habe ich auch gleich die Option "Generate 32bit WAV-Filter" für sämtliche Sample-Frequenzen aktiviert, um mir weitere Messungen (bzw. die Umrechnungsprozedur zu sparen.
6. Hörtests
Vorab möchte ich hierzu bemerken, dass dieser Hörtest subjektiver Natur ist. Jemand anderer könnte also auch zu anderen Eindrücken gelangen. Mein Äußerungen über den Lautsprecher Abacus APC sowie auch einige meiner Kommentare zu dieser oder jener Aufnahme sollten entsprechend verstanden werden. Nach dieser einleitenden Klarstellung nun weiter im Programm:
Nachdem die Filter erstellt waren, wurde der Foobar-Convolver damit gefüttert. Dann folgten einige Stunden Hören. Das war der genussvolle Teil des Tests. Zunächst - solange mein Hörvermögen noch frisch war - fütterte ich die Lautsprecher mit meinen vertrauten Teststücken. Der Vergleich zur unkorrigierten Konfiguration war sehr deutlich. Die Lautsprecher legten nochmal um einiges zu. Erwartungsgemäß vor allem der Bass (Moden-Reduktion) so wie die räumliche Abbildung. Ich beziehe mich im folgenden immer auf einen Vergleich zu meinem gewohnten LS-Setup (siehe hier: http://www.aktives-hoeren.de/viewtopic. ... 3&start=60)
Ich hoffe, es ist verständlich, dass ich mich bei diesem Lautsprecher zwar nicht allein aber doch schwerpunktmäßig vor allem auf die Bass-Wiedergabe konzentriere, weil sich vor allem hier ein konstruktives Alleinstellungsmerkmal dieser Laustsprecher manifestiert.
Für den Bassbereich nehme ich u.a. gerne die CD "Pomp&Pipes". Wer sie kennt, der weiß, welche Pegel im Bass durch die Pedalregister der Kirchenorgel mobilisiert werden. Und da das ganze in einer Kirche aufgenommen wurde (mit entsprechender Hall-Akustik), braucht es schon sehr präzise LS, damit das ganze nicht eine Klangsoße wird. Hier ein Beispiel aus dem ersten Stück der CD: S. Karg-Elert - Praise The Lord. In der untenstehenden Grafik sind die letzten 10sec. dargestellt. Besonders der Schlusston nach dem eigentlichen Schlussakkord schiebt 16 Hz mit hohem Pegel in den Hörraum. Eine absolute Herausforderung für Basstreiber (und für Fensterscheiben ).
Frequenz-Spektrum:
Konstruktionsbedingt konnte der Abacus APC nicht wie gewohnt meine Fensterscheiben erzittern lassen, aber doch einen beeindruckenden und vor allem sehr präzisen Bass-Pegel hervorbringen. Bei zu hohem Pegel setzte hier der Begrenzer abrupt ein und schaltete das Signal weg.
Zwar nicht ganz so weit hinab ("nur" bis 20Hz) aber dafür noch brachialer im Pegel geht es in der zweiten Hälfte des letzten Stückes auf gleicher CD zur Sache - J. Weinberger - Polka und Fugue. Hier gerät die Membran meines Subwoofer im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Häuschen:
Frequenz-Spektrum:
Auch hier packt die Abacus den Pegel in Original-Lautsärke nicht und steigt aus. Innerhalb ihres möglichen Pegelbereiches aber liefert sie einen präzisen Bass bis in den Keller. Vor allem der Anschlag der großen Trommel mit anschließendem tieffrequenten Nachschwingen hat Live-Charakter, man sieht förmlich das tieffrequente Flattern des Trommelfells vor sich.
Ein weiteres Teststück ist das erste Stück auf der Misa Criolla mit Mercedes Sosa (die leider vor etwas mehr als einem Jahr gestorben ist) - eine technisch perfekte und zugleich emotional mitreißende Aufnahme. Hier wird eine große südamerikanische Rahmentrommel mit einem Fell-Schlegel gespielt. Der Anschlag liegt etwa bei 32 Hz.
Frequenz-Spektrum:
Das Trommelfell schwingt dann tieffrequent bis etwa 25 Hz aus. Das Nachschwingen der Trommel fühlt man vor allem im Raum ähnlich wie das ausklingende Donnergrollen bei einem Gewitter. Zugleich muss der Anschlag aber leicht knackig hörbar sein, darf also nicht dumpf klingen. Wer mal eine große Rahmentrommel live gehört hat, weiß vielleicht, was ich meine. Zudem wird im 2. Teil dieses Musikstückes die Trommel jeweils im Auftakt und dann auf 1 angeschlagen, wobei das Fell beim Auftakt am Rand und auf Taktteil 1 mittig angeschlagen wird. Der erste Schlag klingt heller und knackiger, der zweite Schlag wuchtiger und tiefer. Darüber erklingt auf dieser Aufnahme ein großer Chor, der durch den tieffrequenten Schlag der Rahmentrommel nicht zugedeckt werden darf.
Das erste Mal habe ich diese Aufnahme im Herbst 2009 bei einem B&M Workshop mit Herrn Gülker auf einer BM 35 Line gehört. Dort klang die Rahmentrommel mit dem Chor absolut livehaftig. Und bei der Abacus? Sie klingt absolut präzise - allerdings auf Natur-Lautstärke gestellt, kommt sie wieder an ihr Limit. Zwar wurde diesmal der Begrenzer nicht aktiviert, aber die unterschiedlichen Anschläge der Trommel werden nicht so differenziert wie gewohnt dargestellt, was vor allem mit dem nicht ganz so ausgeprägten tieffrequenten Ausschwingen zusammenhängt. Auch der Chor kommt nicht mehr präzise durch, wie ich es auf meiner Anlage gewohnt bin. Fährt man den Pegel zurück, dann stimmt die Präzision wieder, dann aber fühlt man die Trommelschläge nicht mehr.
Soweit zu den Bass-Orgien. In Hinsicht auf die Präzision der Darstellung im Bassbereich klingt die Abacus APC im Vergleich zu meiner Kombination Standbox und angekoppelten Sub (ab 40Hz abwärts bis 18 Hz) präziser - beide LS-Konfigurationen auf den maximalen Pegel der Abacus APC eingeregelt. Damir aber die natürliche Original-Lautsstärke wichtig ist, würde ich dennoch hier meiner Kombination den Vorrang geben.
Nun zu den Höhen und Mitten:
Hier ist eines meiner Teststücke "One more Day" von Firend 'n Fellow, einem Duo mit Gesang und E-Gitarre, absolut hörenswert. Bei unpräzisen Hochtönern (oder verjitterten DACs), fangen sie an zu lispeln und klingen verwaschen in den dentalen und gutturalen Konsonanten - mit einem Satz: sehr bald sehr nervig. Mit den Abacus-APC klingt es einwandfrei - weder scharf und zischelnd noch verwaschen sondern natürlich klar und durchhörbar. Auch bei höheren Lautsärken klingt es klar, ohne scharf zu werden - wirklich sehr natürlich und damit sehr angenehm anzuhören.
Es folgten Katie Melua (CD "Piece By Piece"), deren Produktionen mir in aufnahmetechnischer Hinischt dadurch unangenehm auffallen, dass die tonal ohnehin schon hohe Stimme von Katie Melua auch noch mit einem viel zu starken Höhenanteil aufgenommen wurde - und zwar nicht nur im Dry-Kanal sondern auch noch Höhenanteil des Halls, der sich dadurch unnatürlich zischelig anhört. Wenn dann auch noch ein tonal schlecht abgestimmter LS oder ein verjitterter DAC in der Kette hängen, finde ich es ungenießbar. Hier zeigt sich die Abacus APC für meine Begriffe von der gnädigen Sorte: Mit diesen Lautprechern klingt es im korrigierten wie unkorrigierten Zustand zwar immer noch zu hell aber keineswegs scharf - eher seidig. Wer diese Aufnahme genießbar abbildet, überzeugt mich von der Qualität der Hochtonwiedergabe (die Adam S3X, die ich vo ein paar Monaten mit diesem Stück hörte, hatte das für meinen Geschmack nicht hinbekommen).
Livingston Taylor mit seinem "Isn't she lovely" ist ein guter Gradmesser, ob eine männliche Stimme belegt klingt oder klar durchkommt und mit der typischen Kopf-Resonanz von Livingston-Taylor hörbar ist. Außerdem muss das Pfeifen am Anfang hell und klar ohne Schärfe rüberkommen, es muss in jeder Tonlage das Anblas-Geräusch der Lippen deutlich zu hören sein und die leichte Vibration beim tiefsten Ton des Pfeifens. Zudem muss nicht nur die Stimme sondern vor allem das Pfeifen festgenagelt in der Mitte stehen, ohne frequenzabhängig ein Stück hin und her zu wandern oder sich zu verbreitern und zu verengen.Das tut es nämlich, wenn etwas in der Abbildung unkorrekt läuft (Phasendrehungen, Auslöschungen etc.). Auch hier absolut perfekt. Der Mann stand bei mir im Raum und hat mir persönlich ein Ständchen dargeboten.
Danach das Violinkonzert von Tschaikowsky mit Julia Fischer, eine 88.2-Aufnahme, die leider etwas dumpf aufgenommen wurde, aber nur dann ungenießbar wird, wenn der Hochtöner nicht präzise genug ist (oder der DAC zu geringe Detailauflösung bringt). Mit der Abacus-APC ist es eine Freude, diese Aufnahme zu hören. Leider kommt sie bei Original-Lautstärke im Bassbereich wieder an ihre Grenzen, und es klingt dann ein bißchen verwaschener; immerhin bleibt der Pegelbegrenzer der Lautsprecher inaktiv. Gerade diese Aufnahme in Verbindung mit der zu hell abgemischten Katie Melua markieren für mich zwei Extreme, die ein Lautsprecher im Hochton und oberen Mitteltonbereich leisten muss: einerseits klar und hell auflösend, andererseits nicht schrill und scharf werdend, was ich besonders bei Stimmen und bei Violinen und Blasinstrumenten heikel finde.
Dann noch ein paar Aufnahmen für die Räumlichkeit
Zuerst die 88.2-Aufnahme, die von Sir Charles Mackerras dirigierten Mozart-Symphonien (SCO) sowie die 9. Symphonie von Schubert in der Aufnahme des Berliner Radiosypmphonieorchesters in der AUDIO Pure Music- - Serie, die eine sehr gute Aufnahmequalität bietet. Man hört genau in den Raum und kann nicht nur die Instrumente sondern auch das Umblättern und jedes Husten des Auditoriums genau lokalisieren. Die Abacus ABC kann diese Live-Atmosphäre perfekt rüberbringen. Sie bildet die Größe des Raumes und des Orchesters ab - wie ich es von meinen LS kenne.
Dann noch ein bißchen Impulsfutter:
Dazu mussten die Lautsprecher das Drum-Gewitter von einem meiner Lieblingsschlagzeuger über sich ergehen lassen: Charly Antolini mit der CD "Knock Out". Im Rahmen seiner Grenzdynamik (ich möchte mich hier nicht andauernd wiederholen) spielt dieser Lautsprecher absolut knackig, tiefreichend, durchschlagend - in einem Wort: glaubwürdig. Man kann den Drummer sehen, hören und fühlen. Man bekommt ein Gefühl für die Größe der angeschlagenen Becken und Trommeln. Durch die kurzen Impulse konnte ich diese Stücke ohne Unterbrechungen des Begrenzers in Original-Lautstärke hören. Ich würde sagen, dass hier der Unterschied mit am größten zu meinen Lautsprechern war, was die Präzision und Schnelligkeit der Ein- und Ausschwingvorgänge anbelangt. Man hört hier die Meisterschaft von Charly Antolini heraus, der einerseits so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk spielt und dennoch dabei jede Menge Lebensfreude und Spontanität rüberbringt.
Zum Schluss hörte ich noch eine furiose Mischung aus Bassgewalt und Impulsfeuerwerk: Eine Einspielung der Alpensinfonie von Richard Strauß mit dem Cleveland-Orchestra - und zwar die beiden aufeinanderfolgenden Sätze "Stille vor dem Sturm" und "Gewitter". Die einzige Aufnahme, die ich kenne, welche das Gewitter so brachial und doch perfekt in die Musik eingebunden wiedergibt, sodass man fast den Eindruck gewinnt, es seien elektronische Effektgeräte zur Darstellung des Gewitters verwendet worden. In Wirklichkeit aber handelt es sich um ein meisterhaft aufspielendes klassisches Orchester mit dem üblichen Schlagwerk in hervorragender Mikrofonierung und Abmischung.
Wie man an der Grafik erkennen kann, hat die große Trommel ihren Anschlag bei 34 Hz und schwingt dann bis 25 Hz in den Keller aus; das ist bei den Pegeln eine Massage für die Magengrube. Sie wird z.T. in kurzen Abständen mehrfach kräftig angeschlagen.
Wird der Bass nicht präzise übertragen, tendiert das Schlagwerk zum undifferenzierten Wummern und Dröhnen. Man muss also die einzelnen Anschläge heraushören können; zugleich darf das tieffrequente Ausschwingen nicht das Orchester zuschmieren (die Violinen spielen hier sehr feinzeichnend und imitieren das Geräusch des Windes und - mit pizzicato - die Regentropfen). Mit der Abacus klingt es ein wenig präziser als mit meinen Lautsprechern - vor allem die einzelnen Anschläge der großen Trommel kommen klarer hervor. Leider ist aber auch hier kein Hören in Original-Lautstärke möglich.
7. Fazit
Ich kann nur sagen, der Abacus APC Lautsprecher ist ein beeindruckender Lautsprecher, der angesichts seiner Größe Staunen über die in den Raum geschobene Bass-Gewalt hervorruft. Allerdings kann auch er die Gesetze der Physik nicht außer Kraft setzen. Man kann bei naturbelassenen Pegeln - wie an mehreren Stellen berichtet - deutlich die Grenzen hören. Doch das Prinzip dieser Laustprecher hat mich ziemlich überzeugt. Auch mit dem limitierten Pegel klingt der Lautsprecher wie eine ausgewachsene Standbox.
Ich kann mir gut vorstellen: würden in einem etwas größeren Gehäuse zwei etwas größere TMTs mit mehr Hub durch leistungsstäkere Verstärkermodule befeuert werden, könnte der Lautsprecher das fehlende Pfund oben drauf packen. Das wird die überarbeitete APC-Modellreihe bis zu einem gewissen Grad sicher bieten (mehr dazu weiter unten).
Sicher: bei den jetzigen Lautsprechern könnte man ebenfalls wesentlich höhere Pegel erzielen, wenn man auf die letzte (oder gar die letzten beiden) Oktaven verzichtet. Aber gerade in der letzten Oktave entsteht ein nicht unwesentlicher Teil des Raum-Eindrucks, was man besonders gut hören kann bei Aufnahmen in der Kirche oder im Konzertsaal (z.B. Wiener Musikverein), wo sich die tieferen, langwelligen Bass-Frequenzen ungehindert ausbreiten können.
Doch der Bassbereich ist nur eines der klanglichen Aspekte (der mich allerdings zugegebenermaßen am meisten interessiert hat). Insgesamt ist dieser Lautsprecher tonal sehr stimmig. Besonders beeindruckt bin ich davon, dass der Übergang zwischen dem HT und em TMT so bruchlos gelingt, dass ich keinen Mitteltöner vermisse. Gerade bei Stimmen bin ich da besonders heikel. Da hat mich bislang noch kein 2-Weger überzeugen können. Dieser Lautsprecher klingt wie ein Dreiweger. Herr Sonder erklärte auch im Gespräch, dass es keine klar definierte Übergangsfrequenz gibt. TMT und HT sind mit einer flachen Filtercharakteristik verkoppelt, was man oben in der Nearfieldmessung 10cm gut erkennen kann, wo der HT langsam bei 2200 Hz "aufsteigt". Beide Chassis teilen sich die Arbeit in einem größeren Übergangsbereich, ohne dass es hier zu Interferenzen kommt - aufgrund der APC-Technologie.
Durch das APC-Prinzip verhalten sich alle drei Membranen in ihrem Schwingungsverhalten wie eine einzige Mebran - quasi wie ein Breitbandsystem. Undas hört man auch bei der räumlichen Abbildung: Absolut punktscharf und räumlich differenziert in Breite und Tiefe.
8. Ausblick
Im Gespräch mit Karl-Heinz Sonder erfuhr ich, dass ca. Mitte des kommenden Jahres eine Weiterentwicklung der APC-Lautsprecher auf den Markt kommen soll. Immerhin wurde das vorliegende Modell seit fast 25 Jahren (von kleinen Details abgesehen) nicht weiter entwickelt. Im einzelnen sind folgende Modifikationen projektiert:
- Das bisherige große Modell APC-24-23 wird in der zukünftigen Baureihe das "kleine" Modelle werden
- Das zukünftige "große" Modell soll im Gehäusevolumen leicht vergrößert werden, also ca. 30 Liter fassen
- Die TMT-Chassis werden dann auch größer sein, nämlich 2x20cm Durchmesser und mit größerem Hub versehen.
- Das bislang externe Netzteil soll nun in das Gehäuse integriert werden.
- Neben dem bisherigen Cinch-Anschluss ist auch ein symmetrischer XLR-Anschluss geplant.
- Die Einschaltautomatik wird optimiert ebenso der Begrenzer.
- Preislich wird das neue "kleine" Modell etwas teurer werden als die bisherige große Abacus APC 24-23, und das neue "große" Modell wird dann noch etwas mehr kosten.
Zum Schluss möchte ich Karl-Heinz Sonder danken, dass er mir nicht nur die Abacus APC Lautsprecher ohne die übliche Unkosten-Leihgebühr für meinen Test zur Verfügung gestellt hatte, sondern mir darüberhinaus in mehreren längeren Gesprächen ausführlich alle Fragen zu diesem Lautsprecher beantwortet hat. In den Gesprächen, die immer in einer entspannten und freundlichen Atmosphäre stattfanden, stach eines immer wieder hervor: Herr Sonder ist mit Leib und Seele Entwickler, Konstrukteur und Musikliebhaber. Und ich finde, dass man dieses auch aus seinen Lautsprechern heraushört.
Grüße
Fujak