Neil Young: Behaltet euren Dreck

Klangperlen und künstlerische Leckerbissen
hornblower

Beitrag von hornblower »

Franz hat geschrieben: Ist bei den Red Hot Chilli Peppers anscheinend auch so. Die tönen derart bescheiden (um es milde auszudrücken), daß man das schon als eine "Kunstform" anderen verkaufen kann.
Ja! Auch ein Beispiel für gelinde gesagt bescheidene Klangqualität. Vielleicht sollte Rudolf einmal eine Rubrik auf machen:

"Klangmüll, klangliche Rohrkrepierer"

Da hätte ich einige Fehlkäufe beizutragen.

Gruß Andreas
Ralf Koschnicke
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Beitrag von Ralf Koschnicke »

@Uli: Bitte lese meinen letzten Beitrag doch vielleicht nochmal genau, dann ist die Sache geklärt. Wenn die im Studio 24/192 aufgenommen und so gemastert haben, dann enthält die CD eben nur gut 15% der Daten. Das ist einfache Mathematik.

Eine richtige Einordnung dieser Erkenntnis ist dann natürlich ein ganz anderes Thema. Darüber brauchen wir uns glaube ich auch nicht zu streiten und deshalb hätte ich persönlich auch Skrupel vor solch einer Argumentation; das hatte ich auch bereits angemerkt. Dennoch bedarf es eben manchmal solch einfacher Formeln, um etwas zu bewegen. Bei Neil Youngs Aussage ist doch zumindest etwas Wahres dran, denn die Eindampfung auf 15% oder weniger bleibt nicht ganz folgenlos.

Nun aber bitte weg von den Zahlenspielen: "Nur dann hört man wirklich, was ich da mache", das war für mich der entscheidende Punkt an dem ich aufgemerkt habe und Lust verspüre, mir seine Platte mal zu kaufen. Das ist auch kein Widerspruch zu den Anmerkungen hier, dass seine Platten gar nicht so toll klingen. Die mit vielen technischen Details geführten Diskussionen um die unterschiedlichen Formate kratzen letztendlich dann doch immer nur an der Oberfläche. Wir sollten uns doch aber viel mehr fragen, warum gibt es Musik, warum wird musiziert, was will man damit erreichen, respektive warum wird Musik gehört, was erwarte ich als Hörer vom Musikhören, und damit also auch: was muss eine „Musikkonserve“ wirklich leisten.

Wunderbar getroffen von Frank:
frmu hat geschrieben:
Welch eine bescheidene Tonqualität, enttäuschend.
ja, wohl war ... auf einer Silbersand oder B&M wohl unhörbar ... :mrgreen:
Aber, z.B. Cowgirl in the Sand, Southern Man oder Words ist einfach geile Musik ...
Letztlich geht es dann nur leider – oder irgendwie doch auch zum Glück - um sehr schwer greifbare und höchst subjektive Dinge wie Aussagekraft, Atmosphäre, emotionale Wirkung, Unterhaltung, Genuss… Ich verwende so gerne das Beethoven Zitat "Musik muss man erst fühlen, dann lieben und dann verstehen", denn damit ist das Wesentliche eigentlich schon gesagt.

Natürlich kann mit besserer Aufnahmequalität der Klang auch besser werden – was auch immer mit „guter Klang“ gemeint ist. Für mich persönlich ist das zwar ein durchaus nicht unwichtiger aber dennoch nur ein Nebenschauplatz beim Werben für bessere Audiostandards. Das „fühlen“ und das „lieben“ ist für mich eher die treibende Kraft beim Streben nach besseren Formaten, denn letztlich ist es wohl bei den wenigsten Menschen das „verstehen“, das sie zum Musikhören bringt.

Es gibt meiner Erfahrung nach einen Zusammenhang zwischen der Fähigkeit von Audioaufzeichnungen, diese wesentlichen Zwischentöne der Musik zu übertragen, und der technischen Qualität. Gustav Mahler sagte einmal: „Das wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten“. Es scheint mir so, als ob genau diese Komponente zwischen den Noten, so schwer sie beim Interpretieren zu vermitteln ist, auch so schwer bei der Aufzeichnung zu bewahren ist. Lange bei der Analogtechnik gehalten und früh zu hochauflösenden Formaten getrieben haben mich nicht die technischen „Hochglanzeigenschaften“ wie Verzerrungs- oder Rauscharmut. Es waren zunächst einmal immer nur die musikalischen Aspekte. Hat man Künstler vor dem Mikrofon, die eine Aussage über „die richtigen Töne am richtigen Platz“ hinaus liefern und wurde das eingefangen, ist es einfach erschreckend, wie nivellierend sich die Reduktion auf CD oder gar MP3 auswirkt. Das heißt zwar nicht, dass man an einer CD nicht auch viel Freude haben kann. Nur man weiß auch nie was einem eigentlich entgeht. Ich schalte kein Radio mehr ein und klassische Konzerte am Fernsehen habe ich mir auch fast vollständig abgewöhnt. Manchmal probiere ich es nochmal, schalte dann aber spätestens nach fünf Minuten ab, weil ich zu oft einfach keinen Sinn darin erkennen kann. Sind die Künstler denn auf einmal so langweilig geworden …? Live-Erlebnisse im Konzert bestätigen das nicht. Wenn ich aber auf der anderen Seite genau weiß, wie langweilig und blass die Datenreduktion eine grandiose Musikdarbietung werden lässt, dann liegt der Verdacht doch nahe, dass die sehr bescheidene Datenrate, neben den anderen Begrenzungen im Produktionsprozess, nicht ganz unbeteiligt ist.

Genau so etwas steckt wohl in Neil Youngs Satz. Es geht ihm nicht um klangtechnische Gimmicks, sondern er hat als Künstler das Gefühl, dass ansonsten nicht das transportiert wird was er ausdrücken möchte: "Nur dann hört man wirklich, was ich da mache". Über den Klang seiner Platten kann ich nichts sagen, weil ich keine kenne. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass es ihm eben eher um musikalisch guten Klang geht und das nicht unbedingt zwingend technisch guten Klang meint. Idealerweise kommt beides zusammen, aber jeder mag unterschiedliche Prioritäten setzen...

Grüße
Ralf
Franz
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Beitrag von Franz »

hornblower hat geschrieben:Ja! Auch ein Beispiel für gelinde gesagt bescheidene Klangqualität. Vielleicht sollte Rudolf einmal eine Rubrik auf machen:
Ist nicht nötig. Erst kommt die Musik, dann die Aufnahmequalität. Leider gibt es viel zu viel gute Musik, die tonal eher bescheiden klingt. Trotzdem hör ich die selbst ab und an recht gern. Man muß nur wissen und erkennen können, welche Aufnahmequalität da spielt. Kann damit auch recht gut leben. Ich ärgere mich nur, wenn da jemand wie Neil Young die Fahne der Qualität hochhalten will und selbst eher bescheiden tontechnisch produzieren läßt. Aber er will es absichtlich wohl so. Nun denn. Soll er.

Gruß
Franz
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Ralf Koschnicke hat geschrieben:Nur man weiß auch nie was einem eigentlich entgeht.
Hallo Ralf,

fully agreed.
Mir ging es eben nicht um die mathematische Bewertung, die 85% mögen so zwar richtig sein. Aber ich denke, dass das NICHT gleichbedeutend ist mit: bei der CD sind 85% verlorengegangen.

Es können vielleicht schon 1% Unterschied sein, die verloren gehen und die doch etwas ausmachen.

Und ich stell selbst ja bei vielen Systemen immer wieder fest, dass mit einer Korrektur auf einmal Dinge zu hören sind, die einem vorher entgangen sind. Die man auch nicht vermisst hat, weil man ja nicht davon wusste. Und das wiederum selbst bei Wiedergabe per CD.

Dazu noch ein Zitat aus dem Begleitheft zur Drum&Track-Disc:
There was no artificial reverberation used to make this record; however, there is a definite amount of "room decay". When comparing components, if you hear a difference in the amount of "room", the component giving you more room is more accurate. We have found that low level information is the most easily lost in the playback chain, as well as being the hardest to capture in the recording studio
Grüsse
Uli
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

uli.brueggemann hat geschrieben: Und ich stell selbst ja bei vielen Systemen immer wieder fest, dass mit einer Korrektur auf einmal Dinge zu hören sind, die einem vorher entgangen sind. Die man auch nicht vermisst hat, weil man ja nicht davon wusste. Und das wiederum selbst bei Wiedergabe per CD.

Dazu noch ein Zitat aus dem Begleitheft zur Drum&Track-Disc:
There was no artificial reverberation used to make this record; however, there is a definite amount of "room decay". When comparing components, if you hear a difference in the amount of "room", the component giving you more room is more accurate. We have found that low level information is the most easily lost in the playback chain, as well as being the hardest to capture in the recording studio

Hallo Uli
Und das, wo die Sheffield Aufnahme invertiert daherkommt und bei entsprechender Kompensation noch räumlicher wird und weniger diffus...
Die XRCD-Überspielung ist teilweise brutal übersteuert, wo doch damals bei Sheffield Direktschnitt angesagt war und das parallel laufende Tonband nicht annähernd die bei 16Bit mögliche Dynamik erreichen konnte.

Stattdessen die Clipping-Übersicht der Sheffield Drum & Track Disc XRCD (eine andere Version habe ich leider nicht, ähnliche Tendenzen habe ich auch bei der Dire Straits Brothers in Arms XRCD):
track 1 : 3808 samples
track 2 : 3249 samples
track 3 : 18 samples
track 4 : 143 samples
track 5 : 211 samples
track 6 : 133 samples

Schockierende Ergebnisse, oder?

Zusammenfassend kann ich Dir nur zustimmen und wiederholen:
..dass mit einer Korrektur auf einmal Dinge zu hören sind, die einem vorher entgangen sind. Die man auch nicht vermisst hat, weil man ja nicht davon wusste. Und das wiederum selbst bei Wiedergabe per CD, sowie der teurer verkauften aufpolierten Nachbrenner.
Grüße Hans-Martin
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uli.brueggemann
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Beitrag von uli.brueggemann »

Hans-Martin,

die Drum & Track Disc CD zeigt folgende Clippings (Adobe Audition):
track1: 0/0 (links/rechts)
track2: 13/30
track3: 0/0
track4: 0/0
track5: 5/11
track6: 37/9

Damit liegt die CD besser als die XRCD.

Die Dynamikanalyse ergibt:
---------------------------------------------------------------------------------------------------------
DR True Peak Peak RMS ITU RMS Filename
---------------------------------------------------------------------------------------------------------
DR16 -0,17 dB -0,17 dB -19,21 dB -21,99 dB 01 Amuseum.flac
DR16 0,21 dB 0,00 dB -18,07 dB -20,76 dB 02 The Higher You Rise.flac
DR16 0,03 dB -0,42 dB -19,44 dB -22,16 dB 03 Wise to the Lines.flac
DR16 0,46 dB -0,53 dB -20,73 dB -23,73 dB 04 Le Ballade.flac
DR22 0,42 dB 0,00 dB -24,06 dB -27,32 dB 05 Improvisation.flac
DR19 0,26 dB 0,00 dB -24,23 dB -27,64 dB 06 Improvisation.flac
---------------------------------------------------------------------------------------------------------

Was sicher stimmt: die CD ist ebenfalls invertiert.

Grüsse
Uli
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Truesound
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Beitrag von Truesound »

realperfekt hat geschrieben:Süddeutsche Zeitung, Ausgabe vom 2./3.Juni 2012, Seite 15

In einem Interview mit Neil Young, unter der Überschrift „Behaltet euren Dreck“ Neil Young über die Rockmusik der Gegenwart, MP3-Dateien und Amerika

ist auszugsweise zu lesen:
Süddeutsche Zeitung hat geschrieben:SZ: „Americana“ erscheint auch als Blue-Ray-Disc. Für die die digitalen Daten nicht komprimiert werden. Warum?
Young: Eben deshalb. Weil es die einzige Möglichkeit ist, die Musik wirklich zu hören.
SZ: Wie bitte?
Young: Die vollständige Musik lässt sich nur auf Vinyl und eben auf Blue Ray hören. Andere digitale Medien bieten dagegen nur einen Bruchteil der Daten, die wir aufgenommen haben. CDs 15 Prozent, MP3 sogar nur 5 Prozent. Insofern sind es auch nicht die illegalen Downloads, die die Industrie bedrohen, sondern die technische Qualität des Produkts, das sie anbietet. Minderwertige Trägermedien wie MP3 und CD ruinieren das ganze Hörerlebnis. Wer zwei gesunde Ohren hat, sagt sich: Da mache ich nicht mit. Behaltet euren Dreck. Ich gehe lieber fischen.

Vielleicht hat er ja vor auf CD und für MP3 nur noch eine zermasterte Version anzubieten :mrgreen:

Vinyl und Blue Ray als härterer Kopierschutz wieder für die die überhaupt nicht kopieren wollen und die die es wollen machen das in kurzer Zeit.... die Geschichte wiederholt sich....... :roll:

Seine Platte Le Noise ist wirklich Noise.... wenn man in "Hitchhiker" den anfänglichen Pegelabfall mal nicht mitberücksichtigt hat das Stück nach der neuen R 128 Messung einen Loudness Range von 2,1 LU!?

Seine Harvest von 1972 auf einer CD kommt dagegen noch Streckenweise in "Old man" auf über 15 LU.....Loudness Range !

Marketing Altmeister Young :cheers:

Musiker sind Musiker und sollen es auch bleiben und Techniker eben Techniker.....

Die SZ konstatierte: Wie bitte? :lol:
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