FLOW als Lautsprecherimplementation?

RC23
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Beitrag von RC23 »

P.S.
RC23 hat geschrieben:.... Der Schlüssel liegt in den Folgen der Kantenbeugung des Schalls, wenn er "die Kante sieht" und dabei eine Schalldruckänderung um die Hälfte (sprich 6dB) erfährt, was zu einer zeitlichen Verschiebung des Signals für die betroffenen Frequenzen führt und so Direkt- und reflektierter Schall nicht mehr synchron sind.
Ersetze die zeitliche Verschiebung durch eine Phasenverschiebung, die um so eher entsteht, wenn die Schallwandgeometrie ungünstig (sprich kreisförmig oder quadratisch) ausfällt. Die Messergebnisse von Siegfried Linkwitz dokumentieren dies. http://www.linkwitzlab.com/diffraction.htm

Das Programm Edge von Tolvan Data kann dies auch sehr schön simulieren: http://www.tolvan.com/index.php?page=/edge/edge.php

Grüße

Rüdiger
Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Forenten

Es wird an der Zeit, mal von meinem FLOW-Dipol-Prototypexperimenten zu berichten

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Zum Bild: Hinter der 15cm starken akustischen Dämmplatte befindet sich, im Bild nicht sichtbar, eine Treppe nach unten. Die Lautsprecher stehen somit ca. 1.5m von der Rückwand (mit Balkenfachwerk) entfernt.

Habe also zunächst mal eine Galgenkonstruktion gemacht, in der Meinung, je nach Bedarf die Einzelchassis gegeneinander verschieben zu können. Das Ganze als Vierwegsystem aufgetrennt wie schon angekündigt bei 200Hz/640Hz/2000Hz, Filters by Acourate, Convolving by AcourateConvolver - what else? Der 12-cm-Hochmitteltöner von 640Hz-2kHz ist Mittenreferenz.

Der Hörtest offeriert eine Stereobühne, wie ich sie in meinen Selbstbauprojekten noch nie erlebt habe. Eine mir sehr vertaute Aufnahme (mittels Jecklin-Scheibe) einer Musikgesellschaft (Blech, Holz, Schlagwerke) tönt fast so dargestellt, wie ich besagte Musikgesellschaft aus dem Konzertsaal selbst kenne. Das "Atmosphärische" ist absolut authentisch. Laute Solostimmen in anderen Aufnahmen jedoch tönen gläsern - da stimmt was nicht.

Auf der Suche nach dem, was denn nicht stimmen könnte, checke ich zunächst mal einzeln die Hochtöner. Da fällt mir auf, dass in der Impulsantwort eine positive Zacke mitten in der Erholungsrampe nach dem Inintialimpuls zu sehen ist. Gehört dort nicht hin. Mittels der Cursoren in Acourate ermittle ich eine Laufzeit von 8.5cm. Easy. Nun bekommt der Hochtöner ein Segment (=kreisförmige partiale Schallwand) verpasst mit r=8.5cm. Schön. Die Zacke ist weg, die Impulserholung erscheint schön monoton. Als nächstes stören einige positive Buckel nach einer Laufzeit von 14.5cm. Also wiederum ein Stück Pappe an den Hochtöner hingepappt, mit r=14.5cm. Und so weiter, und so fort, iterativ ist es möglich, dem Hochtöner sehr hübsche Manieren angedeien zu lassen, mit einer Impulsantwort wie aus dem Bilderbuch. Die ganze Schallwand um den Hochtöner sieht zuletzt wie ein ovaloides Spiegelei aus, horizonal, der Dotter=Hochtöner dezentral. Und als Lohn der Angst ist der Schalldruck von 1.2kHz ... 20kHz auf etwas weniger als +-2dB linear.

Also alles Paletti? Pustekuchen. Was ich aus früheren entsprechenden Experimenten befürchtet habe, tritt nun ein. Bei einer Kontrollmessung aus einem horizontalen Winkel von ca. 30° habe ich Abweichungen vom zuvor mustergültigen Schalldruck von >+-5dB. Eigentlich logisch. Ein ovaloides Spiegelei, von der Seite her betrachtet, wird zum kreisrunden Spiegelei. Und ein kreisrundes Spiegelei ist bekanntermassen akustisch ungeniessbar. Somit ist der Ansatz des Systems mit individuell optimierten Minimalschallwänden doch nicht das gelbe vom Ei.

Der zweite Anlauf zum HW-FLOWglück ist aktuell im Staubstadium noch in der Werkstatt. Es wird wohl ein "Spinnersystem" geben, mit einer Riesenschallwand, welche möglicherweise nach innen im Stereodreieck kontinuierlich von Lautsprecher zu Lautsprecher durchgezogen wird. Und auf der Seite ca. 40cm über beide Tiefmitteltöner hinaus. Und in der Höhe ca. 1.50m messen wird, mit der Oberkante 50cm über dem Hochtöner. Nicht gedacht als operatives System für in die kleine Stube oder den Camper, sondern als experimenteller Prototyp, mit welchem die Theorie der hörphysiologischen Stereobabbild-Verirrungen bei Doppelimpulsen <0.7ms überprüft werden soll.

Bin mal gespannt, ob sich die Staubinhalationen bis zuletzt lohnen werden...

Grüsse
Simon

Ein PS noch für Rüdiger: Mach doch mal mit einem ausgestaubten Hochtöner und einigen Quadaratdezimetern Pappkarton eigene, kleine Experimente mit geometrisch einfachen Schallwänden.
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RC23
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Beitrag von RC23 »

Hallo Simon,

Respekt für Deine Basisarbeit neue Wege zu gehen.

Was ich in Deinem Experimentalaufbau nicht verstehe, ist, daß Du kurz hinter dem Dipol eine 15cm starke akustische Dämmplatte montierst. Möchtest Du eine geschlossene Box mit Bedämpfung durch die akustische Dämmplatte simulieren oder eine Dipol-Anordnung? Falls es ein Dipol sein soll, dann sollte er mehr Luft nach hinten bekommen, so etwa einen Meter oder mehr.

Grüße

Rüdiger
Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Rüdiger

Die Dämmplatte tut nichts zur (akustischen) Sache. Ich habe sie dort einfach aufgestellt, damit das Foto ruhiger wird und nicht durch das Treppengeländer dominiert wird.

Simon
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RC23
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Beitrag von RC23 »

o.k. verstanden, dann steht da doch ein echter Dipol mit 1,5 Meter Abstand, der so optimal arbeiten kann.

Rüdiger
Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Forenten

Ich bin nun mit meinem ersten >0.8msDiffraction-FLOW-Elaborat soweit, wenigstens in einer nativen Rohfassung:

Bild
Die Dinger sind je 1m50 hoch mal 95cm breit.

Da gibt es wohl noch viel Arbeit und Finetuning zu tun... Immerhin unterscheidet sich der erste Hörtest von jenem mit den freihängenden Einzelchassis dergestalt, als dass ich den Eindruck habe, dass die Stereodarstellung allgemein weniger "spektakulär-aufgelöst", sonder eher "homogener" daherkommt. Die Solistin im Weihnachtslied auf der Proprius z.B. wirkt anders, "intimer" eingebettet im gesamten Geschehen, als dass ich sie je gehört habe.

Es tönt immerhin bereits im nackten Rohbau derart vielversprechend, dass ich an diesem Konzept weitermachen werde - obschon mich dieser tönende Paravan dimensional langsam in etwa an jenen mehrkubikmetergrossen Audio-Irrsinn erinnert, mit welchem japanische Audiospinner ihre 12-quadratmetergrossstadtwohnungen vorzugsweise vollzumüllen pflegen. Beim Bauen lief mir denn immer wieder das Lied der Dinosaurier von Lonzo durch den Kopf: http://www.youtube.com/watch?v=Sd0omymJ_C8

Trial an Error goes on ... vielleicht auch in aesthetischer Hinsicht

最高の挨拶
Simon
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Hallo Simon
Respekt, da zeichnet sich eine Konkretisiserung ab, die beeindruckt.
Die mönströsen Abmessungen müssen wohl nicht sein, denn der Bassmitteltöner darf vermutlich tiefer positioniert werden, der Hochtöner hat daneben Platz, und der Mitteltöner darüber als höchstes auf Ohrhöhe verlangt dann nicht mehr soviel Schallwand über sich. Wenn man dann noch Acryl oder Echtglas seitlich ankoppelt, wird die optische Wirkung schon wohnraumfreundlicher.
Grüße Hans-Martin
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Daihedz
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Beitrag von Daihedz »

Hallo Hans-Martin
Hans-Martin hat geschrieben:... denn der Bassmitteltöner darf vermutlich tiefer positioniert werden, der Hochtöner hat daneben Platz, und der Mitteltöner darüber als höchstes auf Ohrhöhe ... Wenn man dann noch Acryl oder Echtglas seitlich ankoppelt, wird die optische Wirkung schon wohnraumfreundlicher ...
1. Ein Dipol parallel zu einer Ebene - im speziellen Fall zur Ebene des Fussbodens - zeigt eine max. Abschwächung der Schall-Leistung von -6dB bei 2*pi()*Abstand/lambda=1.9. Bei einem Wert von 0 erfolgt eine Verstärkung um 3dB, bei einem solchen von 1.1 eine solche von 0dB, dann folgt das Minimum bei 1.9 mit -6dB, bei 2.95 ist wiederum 0dB, bei ca. 3.7 +1.5dB und bei ca. 4.5 wieder 0dB etc. Ich habe in meinem Konstrukt die Höhe dergestalt gewählt, dass der Tiefmitteltöner bei seiner Grenzfrequenz von 200Hz und dem eingestellten Fussbodenabstand keine Abschwächung erfährt. Wenn der TMT nach unten verlegt wird, dann kann die Grenzfrequenz kompensierend etwas angehoben werden. Bei einem konstruktiven Minimum 75cm über dem Boden wäre das bei ca. 215Hz der Fall. Ist somit konzeptuell durchaus machbar.

2. Ich habe in meinen früheren Experimenten zu Horbach-Keele-Konfigurationen versucht, den Hochtöner möglichst nahe zum Hochmitteltöner hin zu placieren. Dabei habe ich folgende, eigentlich logische Erfahrung gemacht: Je näher zwei Chassis beieinander liegen, desto grösser werden die Beugungsartefakte, welcher das Nachbarchassis (z.B. der Hochmitteltöner) beim aktiven Chassis (in diesem Beispiel für den Hochtöner) erzeugt. Dies hat einerseits mit der Intensität der Schallenergie zu tun, welche desto grösser ist, je näher man auf der sich ausbreitenden Schalldruck-Halbkugel zu deren Zentrum hin rückt. Es hat aber auch mit dem Winkel zu tun, den das passive Chassis als Hindernis der sich ausbreitenden Schall-Halbkugel einnimmt. Je näher zwei Chassis beieinander stehen, desto grösser wird der Winkel, den die Chassis als Hindernis gegenseitig bilden. Und je grösser dieser Winkel wird, desto intensiver werden auch die Beugungsartefakte. Als dritter Faktor spielt das Abstrahlverhalten des Hochtöners ein Rolle. Breit-halbkugelig abstrahlende Hochtöner erzeugen logischerweise mehr Artefakte als keulenförmig nach vorne abstrahlende Hochtöner, da erstere mehr Schallenergie an den störenden Nachbarn anlegen als letztere. Deshalb bin ich davon abgekommen, zwei Systeme durch mechanische Modifikationen möglichst nahe zueinander zu bringen. Da mein Konzept (von der Grimm LS1 inspiriert) daraufhin abzielt, möglichst wenig psychoakustisch relevante Beugungsartefakte zu produzieren, finde ich den Vorschlag, dass der Hochtöner in der unmittelbaren Nachbarschaft gleich an zwei Chassis-Kratern Artefakte produzieren würde, wenig attraktiv. Da bleibe ich bei einem Line-Array HT-HMT-TMT, und nimm die daraus resultierende Bauhöhe in Kauf.

3. Sehr schön wirkt mit dem Exzenterschleifer mattiertes Acrylglas von ca. 12mm Stärke. Acrylglas hat eine adäquate Steife und eine hohe innere Dämpfung, und ist deshalb mein Lieblingsmaterial für Dipol-Schallwände. Acrylglas ist sicher wesentlich besser als MDF, und besser als Corian. Splittert auch nicht so wie Glas im Falle eines gröberen Unglücks.

Eine Frage habe ich schon noch: Weshalb soll der Hochmitteltöner auf Ohrhöhe, und nicht der Hochtöner? Bin bis jetzt immer von diesem Konstruktionsprinzip ausgegangen: Ohrhöhe=Hochtönerhöhe. Vielleicht muss ich dieses Credo revidieren, aber bitte erklär mir doch, weshalb dem so wäre.

Grüsse
Simon
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KSTR
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Beitrag von KSTR »

Zur HT-Höhe, ich finde eine akustische Achse, einen Blickwinkel "auf die Bühne" von etwa 10° nach *oben* am besten klingend. Es klingt größer und mächtiger und ich finde dass ich mir deutlich leichter eine von der Achse nach unten gehenden Höhenstaffelung illusionieren kann als eine Ausdehnung nach oben.

Das muss man halt ausprobieren was einem besser gefällt, ein klassisches "richtig" gibt es ja nicht. Ausserdem hängt stark von vertikalen Verhalten usw der LS ab.

Vlt. gibt es Untersuchungen was die Allgemeinheit präferiert?
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

Daihedz hat geschrieben: Eine Frage habe ich schon noch: Weshalb soll der Hochmitteltöner auf Ohrhöhe, und nicht der Hochtöner? Bin bis jetzt immer von diesem Konstruktionsprinzip ausgegangen: Ohrhöhe=Hochtönerhöhe. Vielleicht muss ich dieses Credo revidieren, aber bitte erklär mir doch, weshalb dem so wäre.
Hallo Simon
Hier einige unsortierte Gedanken dazu:
Aus der (nicht sichtbaren) Geländerhöhe, die sicherlich die 80cm nicht unterschreitet, habe ich auf eine Höhe des Hochtöners bei 1m geschlossen.

Je weiter die Hochtöner angehoben werden, umso mehr wird der wahrgenommene FG durch die Ohrmuschel /HRTF höhenbetonter, was das Mikrofon bei einer Messung nicht aufzeigen kann.

Eine Box mit inverser Chassisanordnung, wo der Hochtöner unter dem Bassmitteltöner angebracht ist, klingt in umgekehrter Stellung (HT über TT) merkwürdig, auch wenn das Ohr gegenüber der Boxenachse die gleiche Position einnimmt. Auch die inverse Chassisanordnung projiziert das Becken über die Trommeln, weil das mMn mehr auf Hörphysiologie zurückgeht als auf reale Chassisanordnung/Herkunft des Tons.

Ich habe mal einen Artikel gelesen, wo Filzstreifen um den Hochtöner dämpfende Einflüsse auf den von dir erwähnten Effekt haben sollten. Erstmals gesehen habe ich das bei der BBC LS3/5a.

Ich meine, dass das besonders im Überlappungsbereich zweier Chassis relevant ist, mit dem Tieftöner zum Mitteltöner, mit dem MT zum HT, nicht aber TT zu HT, wenn der MT deutlich mehr als 1 Oktave übernimmt.

Da man den Kopf eher zur Seite bewegt als auf und ab (ich meine dem Betrag in cm), spielen seitliche Zipfel eine wichtigere Rolle als vertikale, zumal wenn man nickt, es für beide Ohren dieselbe Änderung bewirkt.

Der Hochtöner strahlt in einem weiteren Winkel ab, der Membranmitteltöner in einem deutlich engeren (nahe Übergangsfrequenz), deshalb meine Bemerkung zur Ohrhöhe-Positionierung.

Viele Hochtöner haben auf Achse eine Überbetonung, die bei 15° nicht mehr ausgeprägt vorhanden ist. Sie können deshalb mMn eher von der Ohrhöhe abweichen als MT.
Das muss man natürlich von den vorhandenen Chassis und ihren Eigenschaften abhängig machen
Die Sprungantwort wird ja mit Acourate ausgeglichen.
Grüsse Hans-Martin
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hans-Martin hat geschrieben: Dr. Edeko hat Artikel geschrieben, in denen die Chassisanordnung als Lösungsansatz gewählt wurde.
Infinity IRS, I.Q. System 1, Celestion 3000/5000/7000, die meisten Lautsprecher mit einseitig seitlich abstrahlendem Tieftöner klingen besser mit dem Bass nach außen.
Hallo Hans Martin,

das Folgende ist als Ergänzung zu verstehen, keinesfalls als Kritik an Deinen Beobachtungen oder Recherchen ...

Mit dem FLOW Gedanken werde ich mich noch noch näher befassen, dazu hatte ich bisher noch keine Gelegenheit.

Was jedoch asymmetrische Anordnungen von Hochtönern auf Schallwänden angeht, insbesondere bei Dipolen: Impulswiederabe und Amplitudenfrequenzgang sind auf der Seite mit "kurzem" Abstand des Hochtöners meist besser als auf der Seite mit "langem" Abstand des HT zur Schallwandkante.

Das liegt m.E. daran, dass der Schall der durch Kantenbeugung entstehenden Sekundärschallquellen auf dieser Seite "zeitlich breiter" gegenüber dem Direktschall "verschmiert" (stärker dekorreliert) ist und Interferenzeffekte somit gegenüber der "langen" Seite tendenziell abgemildert sind.

"Hochtöner innen" liefert von daher bei LS mit asymmetrischer Anordnung der Hochtöner auf der Schallwand meist ohnehin das bessere Ergebnis ("HT innen" ist tendenziell die "Schokoladenseite").

Dieser Effekt dürfte u.U. die gehörmäßige Beurteilung des "reinen FLOW Effekts" beeinflussen.

Weitere tendenzielle Effekte durch verringerte Basisbreite der Hochtöner:

- ipsilaterale Reflexionen sinken im Pegel
- ipsilaterale Reflexionen erhalten größere Verzögerung gegenüber Direktschall
- ipsilaterale Reflexionen fallen beim Hörer etwas seitlicher ein

- contralaterale Reflexionen steigen im Pegel
- contralaterale Reflexionen erhalten geringere Verzögerung gegenüber Direktschall
- contralaterale Reflexionen fallen Beim Hörer geringfügig "frontaler" ein

Diese Effekte können bereits für sich genommen ein verändertes Empfinden von "Räumlichkeit" bewirken. Zu "Lokalisation" sage ich mal bewusst nichts, auch weil mir mögliche Effekte hier noch nicht klar sind. Dem Effekt von tendenziell oft zu frühen und im Pegel zu hohen ipsilateralen Reflexionen in Wohnräumen könnte in Einzelfällen - als Nebenwirkung - entgegengewirkt werden: Dies wäre dann aber ebenfalls kein reiner "FLOW" Effekt, sondern käme möglicherweise auch bei einer Vergrößerung der Wandabstände insgesamt zustande.

Um "Hardware FLOW via Lautsprecher Anordnung" vs. "konventionelle LS-Anordnung" zu testen, müsste man diese o.g. Effekte kompensieren, die für sich selbst durchaus - je nach Abhörsituation - als "Verbesserung" zumindest aber "Veränderung" wahrgenommen werden können.

Grüße Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Hans-Martin hat geschrieben: Eine Box mit inverser Chassisanordnung, wo der Hochtöner unter dem Bassmitteltöner angebracht ist, klingt in umgekehrter Stellung (HT über TT) merkwürdig, auch wenn das Ohr gegenüber der Boxenachse die gleiche Position einnimmt. Auch die inverse Chassisanordnung projiziert das Becken über die Trommeln, weil das mMn mehr auf Hörphysiologie zurückgeht als auf reale Chassisanordnung/Herkunft des Tons.
Hallo Hans-Martin,

bei den meisten LS - z.B. 2-Wege Regal LS - sehe ich einen klanglichen Unterschied beim "Umdrehen" eher darin begründet, daß die maximale vertikale Abstrahlung gegenüber der "Schallwandnormalen" (0-Grad) im Bereich der Übernahmefrequenz geneigt ist und eine Frequenzabhängigkeit aufweist.

Wenn man die "Mitte" zw. Tieftöner und HT auf Ohrhöhe legt und manche LS umdreht, dann klingen sie anders. Den Erhebungswinkel des Schalleinfalls durch den Hochtöner allein halte ich dabei nicht für eine "dominante" Ursache. Man kann ja bei Interesse im Einzelfall jeweils beides ausprobieren.

Ich kann mich erinnern, gelegentlich schon 2-Wege Regallautsprecher in bestimmten Abhörsituationen "umgedreht" zu haben, weil sie mir so "neutraler" oder einfach "angenehmer" erschienen ...

Auch messtechnisch lässt sich das im Einzelfall in einer konkreten Abhörsituation leicht vergleichen.


Zum bevorzugten Erhebungswinkel ...
KSTR hat geschrieben: Zur HT-Höhe, ich finde eine akustische Achse, einen Blickwinkel "auf die Bühne" von etwa 10° nach *oben* am besten klingend. Es klingt größer und mächtiger und ich finde dass ich mir deutlich leichter eine von der Achse nach unten gehenden Höhenstaffelung illusionieren kann als eine Ausdehnung nach oben.

Das muss man halt ausprobieren was einem besser gefällt, ein klassisches "richtig" gibt es ja nicht. Ausserdem hängt stark von vertikalen Verhalten usw der LS ab.

Hallo KSTR,

ich kann mich persönlich sowohl an "10 Grad abgesenkt" als auch an "10 Grad erhoben" oder "Ohrhöhe" - bezogen auf die Hochtonquelle - ganz gut adaptieren: Es sollte allerdings nicht viel mehr werden.

Auf den von mir bevorzugten Frequenzgang hätte der Erhebungswinkel eines abgehörten Lautsprechers bestimmt einen sehr kleinen aber merklichen Einfluss. Er fließt in die Abstimmung eines LS von meiner Seite als marginale - und unbewusste - HRTF Korrektur sicher mit ein ...

Grüße Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

O.Mertineit hat geschrieben: Wenn man die "Mitte" zw. Tieftöner und HT auf Ohrhöhe legt und manche LS umdreht, dann klingen sie anders. Den Erhebungswinkel des Schalleinfalls durch den Hochtöner allein halte ich dabei nicht für eine "dominante" Ursache. Man kann ja bei Interesse im Einzelfall jeweils beides ausprobieren.
edit, sollte besser heißen:

Wenn man die "Mitte" zw. Tieftöner und HT auf Ohrhöhe oder einen anderen fixen Erhebungswinkel (positiv oder negativ) legt und manche LS umdreht, dann klingen sie anders. Die Veränderung des Erhebungswinkels des Schalleinfalls durch den Hochtöner allein halte ich dabei nicht für eine "dominante" Ursache. Man kann ja bei Interesse im Einzelfall jeweils beides ausprobieren.

Grüße Oliver
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O.Mertineit
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Beitrag von O.Mertineit »

Daihedz hat geschrieben: 2. Ich habe in meinen früheren Experimenten zu Horbach-Keele-Konfigurationen versucht, den Hochtöner möglichst nahe zum Hochmitteltöner hin zu placieren. Dabei habe ich folgende, eigentlich logische Erfahrung gemacht: Je näher zwei Chassis beieinander liegen, desto grösser werden die Beugungsartefakte, welcher das Nachbarchassis (z.B. der Hochmitteltöner) beim aktiven Chassis (in diesem Beispiel für den Hochtöner) erzeugt. Dies hat einerseits mit der Intensität der Schallenergie zu tun, welche desto grösser ist, je näher man auf der sich ausbreitenden Schalldruck-Halbkugel zu deren Zentrum hin rückt. Es hat aber auch mit dem Winkel zu tun, den das passive Chassis als Hindernis der sich ausbreitenden Schall-Halbkugel einnimmt. Je näher zwei Chassis beieinander stehen, desto grösser wird der Winkel, den die Chassis als Hindernis gegenseitig bilden. Und je grösser dieser Winkel wird, desto intensiver werden auch die Beugungsartefakte. Als dritter Faktor spielt das Abstrahlverhalten des Hochtöners ein Rolle. Breit-halbkugelig abstrahlende Hochtöner erzeugen logischerweise mehr Artefakte als keulenförmig nach vorne abstrahlende Hochtöner, da erstere mehr Schallenergie an den störenden Nachbarn anlegen als letztere. Deshalb bin ich davon abgekommen, zwei Systeme durch mechanische Modifikationen möglichst nahe zueinander zu bringen.
...
Hallo Simon,

wenn Dir die Effekte durch "tiefe Mittelton Krater" in der Umgebung von breit strahlenden Hochtönern sehr wichtig sind - bzw. selbige zu unterdrücken - dann wäre evt. eine Abdeckung der Konus Membranen mit einem perforierten Blech oder einem anderen "Abdeckkörper" - ein Ansatz zum Experimentieren.

Lochbleche können - frequenzabhängig natürlich - einen ziemlichen "Wandcharakter" annehmen und bei "richtiger Auslegung" evt. eine glatte Schallwand gegenüber dem HT bei eher seitlichem Einfall auf das Blech "vortäuschen".

Auch eine Füllung des Kegels mit Schaumstoff wäre zu überlegen mit Abstand zur Membran, falls es möglich ist, den Mitteltöner dadurch nicht in der Abstrahlung wesentlich zu "behindern".

Nur so als Gedanke um mehrere Ziele unter einen Hut zu bringen ... ich kann Dein Anliegen teils verstehen, aber andererseits ist die dichte Montage von Treibern in Relation zur Wellenlänge an der Übernahmefrequenz auch ein "hohes Gut" ...

Wenn man es im konkreten Fall aber nicht ausreizen muss - weil "Übernahmewellenlänge" rel. groß gegenüber Treiber-Abstand - dann ist es evt. auch kein Thema ...


Weitere Möglichkeit: Waveguide oder absorbierende Schaumstoff, Filz ... Kragen - als "Pseudo Waveguide" - könnten die Abstrahlung des Hochtöners einengen.


Grüße Oliver
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Hans-Martin
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Beitrag von Hans-Martin »

O.Mertineit hat geschrieben:
Hans-Martin hat geschrieben: Dr. Edeko hat Artikel geschrieben, in denen die Chassisanordnung als Lösungsansatz gewählt wurde.
Infinity IRS, I.Q. System 1, Celestion 3000/5000/7000, die meisten Lautsprecher mit einseitig seitlich abstrahlendem Tieftöner klingen besser mit dem Bass nach außen.
das Folgende ist als Ergänzung zu verstehen, keinesfalls als Kritik an Deinen Beobachtungen oder Recherchen ...
Hallo Oliver
Mach dir keine Sorgen, ich sammle seit Jahrzehnten Informationen, Zusammenhänge in Theorie, die zu meiner Hörpraxis und den verbleibenden offenen Fragen passen. Internetforen bieten die Chance, auf Spezialisten zu treffen, die die Wissenslücken schließen können.

Ich hatte vor 30 Jahren Magneplanar Lautsprecher im Einsatz, derart eingewinkelt, dass die jeweilige Mittelachse auf meine Hörposition ausgerichtet war. Mit dem Hochtöner auf der Innenseite war die Abbildung stabil, außen war sie diffuser, wobei die Seitenwandreflexion durch das Dipol-Bündelungsverhalten weitgehend ausgeschaltet war.
Strecken- und laufzeitmäßig waren beide Kanten praktisch gegenüber dem Ohr gleichberechtigt.
So betrachtet kann ich deine Erklärung nicht aus Erfahrung nachvollziehen und bestätigen.
Bei paralleler Aufstellung sieht das natürlich gleich ganz anders aus.
Ohne Frage ist die Kantenbeugung ein wichtiger Aspekt, und bei Dipolen vermutlich ganz besonders.

FLOW geht auf grundlegende Erkenntnisse von Alan D. Blumlein 1932 zurück, den genialen Erfinder der Stereorille, nachdem auch die entsprechende Mikrofonkonstellation benannt wurde (gekreuzte Achten). Fehlt in der Aufnahme die Laufzeitinformation wegen koinzidenter Mikrofonaufstellung, oder weil Monosignale in ein Stereobild gepannt werden (hier auch wieder Griesinger....), ist eine Korrektur erforderlich, die ausgleicht, wo die natürliche Lokalisationsstrategie im Bereich unter 1kHz versagt. Die Ergebnisse verblüffen mit plastischerer Wiedergabe, besserer Fokussierung, mehr Ruhe und größerer Raumtiefe.
Grüße Hans-Martin
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