Bei Stockfisch wird heute (ich behaupte:) alles amplitudenkomprimiert, zumindest die etwa 20 CDs, die ich untersucht habe. Die bei Stockfisch gemasterte Hörtest 6 CD der Zeitschrift STEREO macht da selbst vor herausragenden Klassikaufnahmen nicht halt, wie der Vergleich mit einem Original zeigt.
Die Musik wird kastriert, sage ich, aufgehübscht, die anderen. Künstlerische Note, vom Mastering/Tonmeister eingebracht, sagen die nächsten, das hat Konzept, ist angewandte Routine, wird nicht mehr hinterfragt, sondern täglich angewandt. Mir gefällts, sagen die Verbraucher, und kaufen Stockfisch, das ist High-End, schreiben die Zeitschriften. Räumliche Tiefe findet man nur mit Einschränkung und es zeugt von bestem Equipment, wenn bei der Stimme die Zischlaute nicht nerven, schließlich haben sie durch die Anhebung bei der Kompression einen übertriebenen Level.
Wenn eine Schülerband beim ersten Auftritt Papas HiFi-Boxen zerschießt, wächst die Erkenntnis, das Live doch erheblich mehr Dynamik da ist, als man von der Konserve gewohnt ist. Eine Sara K. Live on Tour müsste einen deutlich höheren DR-Wert aufweisen, wenn da halbwegs Authentizität im Spiel ist.
Aber wie immer, die visuellen Reize überwiegen und kapern einen, und wer in der 10. Stuhlreihe Live dabei sitzt, fragt nicht nach DR oder Lip-Sync, obwohl der Ton zwangsläufig 40ms später kommt.
Auf der High-End (noch im Kempinski) kam bei einem Fleetwood-Mac-Video im Denon-Raum der Ton zeitlich zuerst, dann das Bild. Auf meinen Einwand 1 Stunde vor Messeende, so bestätigte der Vorführende, hatte das noch niemand bemerkt. Schon lustig, wenn der Anschlag hörbar ist, während der gezeigte Drumstick noch durch die Luft saust. Der Raum war gedrängt voll. Es gefällt.
Was beliebt, ist auch erlaubt.
Fällt bei der Tonkonserve der visuelle Anteil weg, so wird jder Tonmeister versuchen, mit zur Verfügung stehenden Mitteln einen Ausgleich zu schaffen, ohne Übertreibung geht es da nicht.
Auch kommt es vor, dass der Solist nachweislich gepatzt hat, der Tonträger hat es festgehalten, das Publikum nicht bemerkt. Erst zuhause, wo nur noch der Ton da ist, spult man zurück und hört bestätigt und verwundert, was man als Zeuge Live dabei nicht bemerkt hat. Wieviel Authentizität brauchen wir, und wie gut ist unsere Wahrnehmung als Zeugen vor Ort? Wirkt ein total neutraler Stream nicht auch langweilig?
Ich gönne Günter Pauler und seinem Team seinen Erfolg bei den Audiovielen.
Der fette Bass und die Kompression machen die Aufnahmen gut geeignet für die Leisehörer. Autofahrer-, Fahrstuhlmusik, man sollte nicht unterschätzen, welch großen Anteil diese am Markt haben.
Wenn der anerkannte High-Ender mit seinem Stockfisch-Label eine Trendwende weg von der Dynamikkompression hin zur Nutzung der außergewöhnlichen Stille in seinen dicken Klosterkirchgewölbemauern wagt, werden Fans des Labels womöglich den Verlust von Vordergründigkeit und Direktheit beklagen.
Grüße Hans-Martin